L 21 R 1147/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RA 91/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 1147/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 31. Mai 2005 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Zusatzversorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - zur Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz - AVItech - sowie der in diesen Zeiten erzielten Arbeitsentgelte verpflichtet ist, und zwar für den Zeitraum vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1990.

Der 1940 geborene Kläger erlangte nach Besuch der am 15. Juli 1961 den Abschluss in der Fachrichtung Wasserwirtschaft. In der Zeit vom 1. August 1961 bis 30. Juni 1990 war er bei der bzw. (P beschäftigt, zunächst als Ingenieur, ab 1. Januar 1963 als Bereichsingenieur, ab Januar 1972 als Sektorenleiter, und ab 1. Januar 1988 als Direktor. In den Zeiten vom 1. Februar 1980 bis 30. Juni 1990 entrichtete der Kläger auch Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung im Beitrittsgebiet - FZR -.

Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde dem Kläger nicht ausgehändigt.

Im Jahr 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten als Zusatzversorgungsträger die Überführung von Anwartschaftszeiten zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz in die Rentenversicherung. Mit neuerlichem Antrag vom September 2003 machte er Anwartschaften für den Zeitraum 1. August 1961 bis 30. Juni 1990 geltend und gab ergänzend an, seine Aufnahme in die AVItech sei vorgesehen, aber wegen Kontingentierung nicht vollzogen worden. Mit Bescheid vom 29. September 2003, dem Kläger nach eigenen Angaben zugegangen am 4. Oktober 2003, lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. August 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) u. a. mit der Begründung ab, die vom Kläger am 30. Juni 1990 ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, sei jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Mit dem hiergegen am 6. November 2003 (Donnerstag) erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die P habe Produktionsaufgaben, z. B. Maßnahmen im Gewässerbau und im Deichbau, durchgeführt und hierfür bis zu 300 Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die P sei nicht in die Versorgungssysteme einbezogen gewesen.

Mit seiner am 3. Februar 2004 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und u. a. geltend gemacht, ihm sei nach langjähriger Tätigkeit als Ingenieur im Fachgebiet Wasserwirtschaft/Wasserbau die Leitung der Abteilung Investitionen/Gewässerunterhaltung übertragen und dabei mitgeteilt worden, es sei für ihn vorgesehen, die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz zu beantragen. Dazu habe es eine Anwartschaftsliste gegeben. Wegen der strengen Kontingentierung (in der Regel sei nur eine Aufnahmeurkunde pro Jahr in der Einrichtung verliehen worden) sei es zur tatsächlichen Aufnahme bis zum 30. Juni 1990 nicht mehr gekommen. Ihm seien zwei Mitarbeiter der P bekannt, denen die Beklagte Anwartschaften aus der AVItech anerkannt habe, obwohl diese Mitarbeiter über keine "Verleihungsurkunde" der DDR verfügt hätten. Eine Änderung der Entscheidungspraxis der Beklagten nach langjähriger Nichtbearbeitung seines Antrages aus dem Jahr 1999 dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 zu verpflichten, die Zeit vom 1. August 1961 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz Anlage 1 Nr. 1 AAÜG) sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist erstinstanzlich bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben.

Das Sozialgericht hat die Entscheidung des Landessozialgerichtes Brandenburg vom 10. März 2005 - L 21 RA 201/04 - beigezogen und in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2005 den Zeugen KW vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Anlage 1 der Sitzungsniederschrift (Bl. 33-36 GA) verwiesen. Mit Urteil vom 31. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 verpflichtet, die Zeit vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitentgelte festzustellen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger sei konkret zu Zeiten der DDR eine Versorgungszusage erteilt worden. Entsprechend einer mündlichen Zusage sei er in die Liste für diejenigen Beschäftigten der P aufgenommen worden, für die Anträge auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz gestellt werden sollten. Es sei davon auszugehen, dass eine zu DDR-Zeiten erteilte mündliche "Versorgungszusage" auch dann eine Versorgungsanwartschaft begründe, wenn es wegen Erfüllung der Kontingentierung oder aus Willkür nicht mehr zur Übergabe der Urkunde gekommen sei.

Gegen das der Beklagten am 8. Juli 2005 zugestellte Urteil hat diese am 26. Juli 2005 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen geltend macht, der Kläger erfülle nicht die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech; eine Einbeziehung käme deshalb nur in Betracht, wenn dem Kläger bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage im Sinne einer Einzelfallregelung erteilt worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Eine Versorgungszusage könne insbesondere nicht darin gesehen werden, dass der Arbeitgeber den Kläger für eine Einbeziehung vorgesehen und ihm zugesichert habe, einen Antrag auf Zusatzversorgung zu stellen. Denn die Versorgungszusage setze die Ausstellung eines entsprechenden Dokumentes, also einer Versorgungsurkunde voraus. Eine solche Versorgungsurkunde werde jedoch nicht vom Arbeitgeber ausgestellt, sondern von der staatlichen Versicherung der DDR. Betriebsleiter und andere betriebliche Einrichtungen in der DDR hätten lediglich einen entsprechenden Antrag stellen können. Da für den Kläger weder ein Antrag gestellt, noch eine Versorgungsurkunde erteilt worden sei, und auch die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech nicht vorlägen, fände demnach § 1 AAÜG auf den Kläger keine Anwendung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 31. Mai 2005 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht erhobene Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Feststellung der noch streitgegenständlichen Zeit vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech verurteilt.

Die Klage ist zulässig. Der von dem Kläger angegriffene Bescheid vom 29. September 2003 ist nicht gemäß § 77 SGG bestandkräftig geworden. Zwar hat der Kläger gegen diesen, ihm nach eigenen Angaben am 4. Oktober 2003 zugestellten, Bescheid nicht rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist nach § 84 SGG Widerspruch erhoben; denn sein Widerspruch ist erst am 6. November 2003 (Donnerstag) bei der Beklagten eingegangen. Diese Fristverletzung wurde jedoch dadurch geheilt, dass die Beklagte den Widerspruch nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern sachlich beschieden hat; damit ist die Bindungswirkung nach § 77 SGB entfallen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 77 Rdnr. 5a, § 84 Rdnr. 7).

Die Klage ist jedoch hinsichtlich des (noch) streitgegenständlichen Zeitraums vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1990 unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 ist insoweit rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den genannten Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG mit den erzielten Arbeitsentgelten feststellt.

Unzutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger einen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech hat. Denn die Vorschriften des AAÜG finden auf den Kläger keine Anwendung. Die Regelungen des AAÜG gelten gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte der Kläger noch nicht erworben; denn zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 war er noch nicht versorgungsberechtigt. Der Kläger hatte aber auch keine Versorgungsanwartschaft erworben. Solche Anwartschaften hatten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Personen

- die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), - für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung oder einem Einzelentscheid ergab oder - die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle abhängig war.

Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme der DDR Ermessens- oder Bewertungsspielräume für Entscheidungen des Arbeitgebers oder einer staatlichen Stelle in Bezug auf die die Einbeziehung in ein Versorgungssystem vorsehen oder einzelvertragliche Regelungen oder Einzelentscheide erlauben, sind sie bundesrechtlich gemäß Art. 9 Abs. 2 Einigungsvertrag unanwendbar. Denn es ist nicht Aufgabe des Bundesrechts, in der DDR im Einzelfall bloß mögliche, aber noch nicht vollzogene Zuordnungen von Beschäftigungen zu Versorgungssystemen nachzuholen. Nur wenn Einzelregelungen dieser Art tatsächlich vorlagen und über den 2. Oktober 1990 hinaus versorgungsrechtlich wirksam geblieben sind, kann sich aus ihnen im Rahmen ihres Verfügungssatzes eine bindende Zuordnung einer Beschäftigung zu einem Versorgungssystem ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 39/01 -, zitiert nach juris).

Dem Kläger ist bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage nicht erteilt worden. Er verkennt wie das Sozialgericht die rechtliche Bedeutung des Begriffs der Versorgungszusage. Diese liegt darin, dass der Begünstigte durch die Zusage ausdrücklich in ein Versorgungssystem einbezogen wird (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 9/04 R - zitiert nach juris). Dementsprechend wurde die Versorgungszusage zur AVItech gemäß § 3 der 2. DB auf Antrag der Werkdirektoren von volkseigenen Produktionsbetrieben oder der zentralen Verwaltungen von gleichgestellten Betrieben und nach Beschlussfassung durch den Leiter der Hauptverwaltung des zuständigen Fachministeriums durch die zuständige Versicherungsanstalt des Landes Brandenburg in der Form eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung" (Versicherungsurkunde) erteilt.

Ein solches Dokument über die zusätzliche Altersversorgung hat der Kläger nicht erhalten. Dass er nach seinem vom Zeugen W bestätigten Vorbringen im Jahr 1984 die mündliche Zusage erhalten hat, dass für ihn ein Antrag auf Erteilung einer Versorgungszusage gestellt werde, vermittelte keinen Anspruch auf Zusatzversorgung, weil diese Zusage für sich allein die Einbeziehung in ein Versorgungssystem nicht bewirken konnte. Dem Vorbringen des Klägers und den Angaben des Zeugen W ist auch nicht zu entnehmen, dass der dem Kläger zugesagte Antrag bis zum 30. Juni 1990 gestellt worden ist; ebensowenig gibt es Anhaltspunkte für die Existenz eines Beschlusses der Hauptverwaltung des zuständigen Fachministeriums, wonach der Kläger eine Versorgungszusage erhalten sollte.

Der Kläger hatte zudem keinen Versorgungsanspruch durch Einzelvertrag erworben. Insbesondere begründet die mündliche Zusage der Betriebsleitung der P für den Kläger einen Antrag auf Einbeziehung in die AVItech zu stellen, keinen Einzelvertrag im Sinne der Dritten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 488) und des § 46 des Arbeitsgesetzbuches vom 16. Juni 1977 (GBl. I S. 185). Gemäß § 2 Abs. 1 der Durchführungsbestimmung waren Einzelverträge schriftlich nach einem in der Anlage der Durchführungsbestimmung veröffentlichten Muster abzuschließen. Sie bedurften - wie die Versorgungszusage - der Bestätigung bzw. Zustimmung (§ 46 Abs. 2 Arbeitsgesetzbuch) des zentralen zuständigen Zentralorgans. Gemäß § 5 der Durchführungsbestimmung war in dem Einzelvertrag ausdrücklich zu bestimmen, dass der Beschäftigte Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung hat. An all den genannten Voraussetzungen fehlt es hier.

Nach dem am 01. August 1991 gültigen Bundesrecht und aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände hatte der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum auch keinen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG. Ein derartiger fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der Altersversorgung der technischen Intelligenz hängt nach der Rechtsprechung des BSG gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1990 (AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO vom 24. Mai 1951 2. DB von den folgenden Voraussetzungen ab, nämlich von

1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Der Kläger erfüllt jedenfalls nicht die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der AVItech. Erfasst von der Versorgungsordnung waren nur volkseigene Produktionsbetriebe. Die P war jedoch weder kein volkseigener Betrieb; sie war auch nicht einem solchem Betrieb gleichgestellt.

Die P war kein volkseigener Betrieb im Sinne der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 VO 1979 - (GBl. I S. 355). Durch die Eingrenzung auf volkseigene Betriebe beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVItech auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -, zitiert nach juris). Ein solcher "Betrieb" war die P nicht.

Die Wasserwirtschaftsdirektionen sind aus den ehemals bestehenden 16 zentralgeleiteten Betrieben der Wasserwirtschaft, die aufgelöst wurden, hervorgegangen (Ziffer I Nr. 3 Sätze 1 und 2 der am 15. Februar 1958 in Kraft getretenen Verordnung über die Vervollkommnung und Vereinfachung der staatlichen Organisation auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft vom 13. Februar 1958 - Wasserwirtschafts-VO 1958, GBl DDR I 1958, 188). Sie waren nachgeordnete Haushaltsorganisationen des Amtes für Wasserwirtschaft und Rechtsträger der zentralen wasserwirtschaftlichen Anlagen. Sie nahmen in ihrem Einzugsgebiet die technisch-wissenschaftlichen und administrativen Aufgaben der Wasserbewirtschaftung an den zentralen Wasserläufen und wasserwirtschaftlichen Anlagen wahr. Zu ihren Aufgaben gehörte u. a. die wasserwirtschaftliche Projektierung, die Wahrnehmung der Investitionsträgerschaft für zentrale wasserwirtschaftliche Maßnahmen, die Hochwasserabwehr und die Wahrnehmung der Unterhaltspflicht an den zentralen Wasserläufen (Ziffer I Nr. 3 Sätze 3 bis 6 Wasserwirtschafts-VO 1958). Nach § 1 der am 12. November 1959 in Kraft getretenen Anordnung über das Statut der Wasserwirtschaftsdirektionen vom 15. Oktober 1959 (GBl DDR I 1959, 809) - Wasserwirtschaftsdirektions-AO -, die das Statut der zentral geleiteten volkseigenen Wasserwirtschaftsbetriebe vom 13. Dezember 1952 und die Anordnung vom 04. November 1952 über die Bildung zentral geleiteter Wasserwirtschaftsbetriebe (§ 7 Abs. 1 und 2 Wasserwirtschaftsdirektions-AO) ablöste, waren die Wasserwirtschaftsdirektionen juristische Personen. Sie waren zentral geleitete Organe der Wasserwirtschaft in den Großeinzugsgebieten der Hauptwasserläufe und unterstanden dem Amt für Wasserwirtschaft. Die Wasserwirtschaftsdirektionen waren im Übrigen Haushaltsorganisationen (§ 6 Abs. 1 Wasserwirtschaftsdirektions-AO). Das (übergeordnete) Amt für Wasserwirtschaft war das zentrale staatliche Organ des Ministerrates zur Planung, Leitung und Entwicklung der Wasserwirtschaft und zur Koordinierung der wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Volkswirtschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über das Statut des Amtes für Wasserwirtschaft vom 05. Februar 1969 (GBl DDR II 1969, 129) - Wasserwirtschaftsamt-VO 1969). Es war juristische Person und Haushaltsorganisation (§ 18 Abs. 1 Wasserwirtschaftsamt-VO 1969). Mit Wirkung vom 01. Januar 1972 wurde das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft gebildet, das im Rahmen seiner Verantwortung die Aufgaben des bisherigen Amtes für Wasserwirtschaft übernahm (Ziffer 1 der Bekanntmachung über die Bildung von Ministerien vom 03. Januar 1972 (GBl DDR II 1972, 18)). Das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft war das Organ des Ministerrates zur Durchführung von Aufgaben der sozialistischen Landeskultur und des Umweltschutzes und zur Leitung und Planung der Wasserwirtschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Statut des Ministeriums für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, Beschluss des Ministerrates vom 23. Oktober 1975 (Gesetzblatt DDR I 1975, 699) - MUW-Statut 1975). Das Ministerium war juristische Person und Haushaltsorganisation (§ 16 Abs. 1 MUW-Statut 1975). Mit dem In-Kraft-Treten des Status mit seiner Veröffentlichung am 20. November 1975 trat zugleich die Wasserwirtschaftsamt-VO 1969 außer Kraft (§ 17 MUW-Statut 1975). Die genannten Vorschriften belegen, dass es sich bei den Wasserwirtschaftsdirektionen um zentrale staatliche Einrichtungen, nicht jedoch um volkseigene Betriebe gehandelt hat (so auch LSG Brandenburg, Urteil vom 2. Dezember 2003 - L 2 RA 254/02 -, zitiert nach juris). Die fehlende Rechtsform eines VEB wird schließlich dadurch bestätigt, dass die P nicht, wie es § 31 Abs. 1 der VO 1979 vorsah, die Bezeichnung "VEB" im Namen führte und im Rechtsverkehr ohne die Bezeichnung als "VEB" auftrat.

Die P war auch nicht nach § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt. Diese Norm listet die Betriebe und Einrichtungen der DDR auf, die den volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens versorgungsrechtlich gleichgestellt waren. Die Wasserwirtschaftsdirektionen werden dort nicht als gleichgestellte Betriebe genannt.

Die P ist auch nach ihrem Unternehmens- und Betriebszweck nicht den dort genannten Betrieben und Einrichtungen zuzuordnen. Allein in Betracht kommt auch nach dem Vortrag des Klägers das Vorliegen eines Versorgungsbetriebes (Wasser) im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Hauptzweck der Versorgungsbetriebe (Wasser) war nach dem der Versorgungsordnung zu Grunde liegenden Sprachgebrauch der DDR die Sicherung und Befriedigung des Wasserbedarfs von Haushalten und Betrieben, wobei zu den wichtigsten Aufgaben der Brunnenbau, die Schaffung von Entnahmestellen, der Ausbau und die Pflege der Leitungssysteme sowie die Abwasserentsorgung und -wiederaufbereitung gehörten. Hingegen hatten Wasserwirtschaftsdirektionen, wie bereits dargelegt, technisch-wissenschaftliche und administrative Aufgaben der Wasserbewirtschaftung zu erfüllen. Dazu gehörten die mit der Bewirtschaftung des Wasserangebots, der Nutzung, der Instandhaltung, dem Hochwasserschutz sowie dem Ausbau der Gewässer und der dazugehörigen Anlagen verbundenen Aufgaben (vgl. auch Thüringer LSG, Urteil vom 24. Januar 2005 - L 6 RA 13/04 -, zitiert nach juris). Hauptaufgabe der P war demnach nicht die Sicherung und Befriedigung des Wasserbedarfs von Haushalten und Betrieben.

Der Kläger kann darüber hinaus nicht im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie auf Grund seiner beruflichen Qualifikation als Ingenieur den in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech genannten Gruppen gleichgestellt werden. Den Gerichten ist es im Hinblick auf das Verbot von Neueinbeziehungen im EV untersagt, eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den einzelnen Versorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus vorzunehmen. Das Verbot der Neueinbeziehung ist auch verfassungsgemäß; der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR ohne Willkür anknüpfen (vgl. hierzu: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 16). Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen.

Sofern die Beklagte Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz bei anderen ehemaligen Mitarbeitern der Wasserwirtschaftsdirektionen festgestellt haben sollte, ohne dass diese in das Versorgungssystem konkret einbezogen waren, wären diese Bescheide rechtswidrig. Das auf die Erteilung eines solchen rechtswidrigen Bescheides gerichtete Begehren des Klägers findet in Artikel 3 GG keine Stütze. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht.

Da der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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