Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 12 AL 708/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 3/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Überbrückungsgeld ab 18. Juni 2001.
Die Klägerin ist Ingenieurin für Veterinärmedizin. Sie bezog von der Beklagten zuletzt Arbeitslosengeld (Alg) am 17. Juni 2001 mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 282,52 EUR nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 530 EUR (Leistungsgruppe C/1).
Am 28. Mai 2001 beantragte sie bei dem Arbeitsamt F die Bewilligung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Betreiberin eines Schnellrestaurants in B ab 18. Juni 2001. Im Antragsformular gab sie u. a. weiter an, der Gaststättenbetrieb werde mit einem Kredit finanziert, woraus sich sehr hohe Belastungen durch die monatlichen Zahlungen von Zinsen und Tilgungen ergäben. Sie werde die Gaststätte, die bisher als Familienunternehmen (Mutter mit zwei Töchtern) geführt worden sei, alleine weiterführen, da ihr Ehemann chronisch erkrankt sei. Sie rechne mit einer Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden am Tag bei einer siebentägigen Arbeitswoche. Dem Antrag fügte sie die Gaststättenerlaubnis vom 05. Juni 2001, die Gewerbeanmeldung vom 23. April 2001, beides ausgestellt von der Stadt B eine Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 6. Juni 2001, eine Rentabilitätsvorschau für das Gewerbe der Klägerin vom 13. Juni 2001, beide erstellt von der Sft mbH V & A, einen Lebenslauf sowie eine Bescheinigung über die Unterrichtung zum Gaststättengesetz der Industrie- und Handelskammer Frankfurt (Oder) 2001 bei. In der Rentabilitätsvorschau war für das 1. Geschäftsjahr ein verfügbarer Betrag für private Versicherung und Lebensunterhalt von 54,3 TDM unter Berücksichtigung u. a. von Zinsen für einen "GM-Kredit von 2,3 TDM" und "ERP/EKH-Kredit von 5,2 TDM" sowie "Tilgung"sleistungen von "21 TDM" angegeben.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 16. Juli 2001 die Bewilligung von Überbrückungsgeld ab. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Klägerin sei nicht gefährdet, weil das Schnellrestaurant bereits über mehrere Jahre existiere und der Betrieb ohne Unterbrechung fortgeführt werde.
Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2001 Widerspruch mit der Begründung ein, gegenwärtig bestünden Übergangsschwierigkeiten infolge des Kaufs des Betriebes. Derzeit sei nicht gesichert, dass allein der Kapitaldienst für den Kaufpreis ausreichend erwirtschaftet werden könne. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08. August 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Gründe aus dem angefochtenen Bescheid wiederholt und ergänzend ausgeführt, insbesondere dem Bericht der V&AS mbH sei eine positive Prognose bezüglich der Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb der Klägerin zu entnehmen gewesen. Deswegen stünde Überbrückungsgeld nicht zu.
Hiergegen richtet sich die am 16. August 2001 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage. Die Klägerin hat vorgetragen, es sei zwar zutreffend, dass sie langfristige Einnahmen aus dem übernommenen Betrieb zu erwarten habe. Der Kaufpreis für den Betrieb sei indessen erheblich gewesen, den sie vorfinanziert habe. Insoweit müssten nicht nur die laufenden Kosten des Betriebes bedient werden, sondern auch die Finanzierungskosten. Es sei nicht damit zu rechnen, dass sie im ersten und wohl auch im zweiten Jahr des Übergangs des Betriebes bereits Gewinne erwirtschaften werde. Umsatzeinbußen seien vielmehr zu erwarten. Zwar sei der Betrieb in der laufenden Saison ganz gut angelaufen. Rücklagen hätten für den Winter aber nicht gebildet werden können. Hieran ändere auch nichts, dass der Betrieb von den Rechtsvorgängern erfolgreich geführt worden sei. Es könne nicht von vornherein damit gerechnet werden, dass die erfolgreiche Betriebsführung fortgesetzt werden könne.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe nicht erst langfristig Einnahmen aus dem übernommenen Betrieb zu erwarten gehabt, sondern binnen kürzester Zeit. Sie habe den laufenden Geschäftsbetrieb mit drei Arbeitskräften übernommen. Dass durch den Inhaberwechsel Umsatzeinbußen eintreten würden, sei reine Spekulation. Umstellungskosten seien nicht weitergehend von der Klägerin unterlegt worden.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat mit den Beteiligten am 17. April 2002 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin hat die Klägerin so genannte kurzfristige Erfolgsrechnungen für die Monate Juli 2001 bis Januar 2002 betreffend ihre selbständige Tätigkeit zu den Gerichtsakten gereicht; wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Blatt 25 bis 31 der Gerichtsakten verwiesen.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 23. Dezember 2004 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Rechtsvoraussetzungen für das Überbrückungsgeld erfüllt, denn sie habe am 18. Juni 2001 eine selbständige Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden aufgenommen, damit ihre Arbeitslosigkeit beendet, vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit drei Monate lang Arbeitslosengeld bezogen und eine Stellungnahme der V&AS mbH als fachkundige Stelle vorgelegt. Die Beklagte sei zwar zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt habe, weil der Lebensunterhalt von ihr vom Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit an sichergestellt worden sei. Sie habe aber neben der wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht sämtliche Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft und der Interessen der Klägerin berücksichtigt. Insoweit habe die Beklagte eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen. Dennoch seien die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht aufzuheben gewesen. Dies folge aus § 42 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Eine Aufhebung der im Streit stehenden Bescheide komme hier deswegen nicht in Betracht, weil offensichtlich sei, dass die Verletzung der Verpflichtung der ordnungsgemäßen Ermessensausübung durch die Beklagte die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Vielmehr gehe auch das Gericht davon aus, die Beklagte hätte die Bewilligung von Überbrückungsgeld auch dann abgelehnt, wenn sie in Kenntnis ihrer Verpflichtung eine Abwägung der Interessen der Klägerin mit denen der Versicherungsgemeinschaft unter Berücksichtigung des Zweckes der Leistung vorgenommen hätte. Grund der Ablehnung sei nämlich die Tatsache gewesen, dass das Gaststättengewerbe bereits seit mehreren Jahren existiert habe und von der V&ASmbH eine positive Prognose bezüglich der Einnahmen abgegeben worden sei. Hieraus habe die Beklagte eingeschätzt, dass die Klägerin von Beginn an Einnahmen erwirtschaften werde, die zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes dienten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) wird auf Blatt 39 bis 47 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12. Januar 2005 Berufung zum Landessozialgericht für das Land Brandenburg, nunmehr Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten seien wegen Ermessensfehler aufzuheben. Es könne zwar sein, dass § 42 Satz 1 SGB X auch auf Ermessensentscheidungen anwendbar sei. Dies führe aber nicht dazu, dass das Gericht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Beklagten habe setzen dürfen. Sie habe in bescheidensten Verhältnissen gelebt, was andauere. Bereits seit 2001 habe sie die Mietzahlung an ihren Sohn einstellen müssen. Deswegen habe es Streitigkeiten mit ihm gegeben. Allein aus der Tatsache, dass der Gaststättenbetrieb, der von ihr übernommen worden sei, seit Jahren schon existiert habe, folge überhaupt nichts. Es dürfte Gerichts bekannt sein, dass - erst recht im gastronomischen Bereich - in schlechten Zeiten, die gegenwärtig für diesen Sektor bestünden, permanent Betriebe geschlossen werden müssten, und zwar auch Betriebe, die schon Jahre existiert und funktioniert hätten. Der Betrieb, den sie übernommen habe, sei ein durchaus personenbezogener Betrieb. Mit Rücksicht darauf habe die frühere Inhaberin in dem Betrieb auch für eine Übergangszeit noch weiter gearbeitet. Es habe sich dann aber herausgestellt, dass die frühere Inhaberin an einer ordnungsgemäßen Weiterführung des Betriebes gar nicht interessiert gewesen sei und dass dadurch eigentlich nur unnötige weitere Kosten verursacht worden seien. Ferner habe auch die Tochter der früheren Inhaberin in dem Betrieb mitgearbeitet. Auch diesbezüglich habe es nach der Übernahme des Gaststättenbetriebes Auseinandersetzungen gegeben. Der Betrieb sei immer noch nicht lebensfähig. Allein aus der Prognose des Steuerberaters, die ersichtlich deswegen gefertigt worden sei, um überhaupt Kreditmittel zu bekommen, sei nichts zu folgern. Der Steuerberater habe die kurzfristig nach Übernahme des Betriebes eintretenden Schwierigkeiten nicht berücksichtigt und nicht berücksichtigen können. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung habe sie der Beklagten alle Einzelheiten ihres Betriebes und ihrer finanziellen Schwierigkeiten - sowohl im Betrieb als auch privater Art - dargelegt. Ihr sei Überbrückungsgeld zu gewähren.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. August 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag vom 28. Mai 2001 auf Gewährung von Überbrückungsgeld ab 18. Juni 2001 zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und auf die Darlegungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, die Klägerin erfülle schon nicht das Tatbestandsmerkmal " zur Sicherung des Lebensunterhalts" für eine Gewährung von Überbrückungsgeld. Aber selbst wenn dieses unterstellt würde, habe sie das Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Hinsichtlich der Ausführungen der Rentabilitätsvorschau sei darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin die Angaben der durch sie selbst eingereichten Unterlagen vorzuhalten habe. Sie könne nicht rechtmäßig einerseits eine positive Rentabilitätsvorschau zum Zwecke des Nachweises der Existenzfähigkeit - ebenfalls eine der Voraussetzungen des Überbrückungsgeldes - vorlegen und - wie sie es nunmehr versucht, genau die gleichen Angaben aber als "geschönt" darstellen, wenn es um das positive Ergebnis des für den Lebensunterhalt verfügbaren Einkommens gehe. Im Übrigen seien bei der ausführlichen Darstellung die Zinsen und Tilgungen für den aufgenommenen Kredit bereits als Ausgaben berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten sowie die Leistungsakten der Beklagten zum Überbrückungsgeld und die Leistungsakten zum Arbeitslosengeld (Stamm-Nr. für beide Akten: ) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes – zur Zeit der Berufungseinlegung – 500,00 EUR übersteigt. Die Klägerin begehrt im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Bewilligung von Überbrückungsgeld für die Dauer von sechs Monaten; § 57 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der hier ab 01. August 1999 (bis 31. Dezember 2001) zur Anwendung kommenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG) vom 21. Juli 1999 (BGBl I 1648). Die Höhe des der Klägerin auf dieser Grundlage vom 18. Juni 2001 bis zum 17. Dezember 2001 zu gewährenden Überbrückungsgeldes richtet sich nach § 57 Abs. 4 SGB III. Nach dessen Satz 1 setzt sich das Überbrückungsgeld zusammen aus einem Betrag, den der Arbeitnehmer als Alg oder Alhi zuletzt bezogen hat oder bei Arbeitslosigkeit hätte beziehen können, und den darauf entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen. Wird allein (ohne die pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge) das zuletzt von der Klägerin bezogene wöchentliche Arbeitslosengeld von 282,52 DM zu Grunde gelegt, errechnet sich ein Leistungsanspruch von (heute) 626,09 EUR = 1.224,53 DM (= 282,52 EUR x 26 Wochen: 6 Monate) allein für einen Monat.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis die zulässige Bescheidungsklage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Anders als das Sozialgericht sieht der erkennende Senat keinen Ermessensfehler, weil schon nicht alle Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Insoweit kann offen bleiben, ob ein vom Sozialgericht angenommener Ermessensfehler aufgrund von des ab 01. Januar 2001 geltenden § 42 Satz 1 SGB X als geheilt anzusehen gewesen wäre.
Nach § 57 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 Buchst. a und 2 SGB III in der vorgenannten Fassung können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten, u. a. wenn der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg, Alhi oder Kurzarbeitergeld (Kug) nach dem SGB III bezogen und eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat. Das Überbrückungsgeld wird für die Dauer von sechs Monaten geleistet (Abs. 3).
Gemessen am gesetzlich definierten Zweck des Überbrückungsgeldes (Sicherung des Lebensunterhalts und soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung) hat die Beklagte den Antrag der Klägerin ermessensfehlerfrei abgelehnt, so dass ihre Verurteilung zur Neubescheidung nicht gegeben ist.
Den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat die Beklagte in Würdigung des Sachverhalts, wie er sich bei Erlass von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid darstellte, erfüllt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Zweck des Überbrückungsgeldes in der Erleichterung der Anfangsphase einer selbständigen Tätigkeit gesehen hat. Ausgehend hiervon ist es nicht sachwidrig, kein Überbrückungsgeld zu gewähren, wenn alles dafür spricht, dass die selbständige Tätigkeit bereits von Beginn an die Sicherung des Lebensunterhalts gewährleisten wird (vgl. Stark in Nomos Kommentar SGB III, 2. Aufl. 2004, Rdnr. 14 zu § 57). Die der Beklagten von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ließen prognostisch nur die Schlussfolgerung zu, dass der Lebensunterhalt durch den laufenden Gaststättenbetrieb schon von Beginn an, also sogar im ersten Geschäftsjahr, gesichert sei. So wies vor allem die Rentabilitätsvorschau der V & A S mbH für diesen Zeitraum einen verfügbaren Betrag für private Versicherung und Lebensunterhalt von 54,3 TDM unter Berücksichtigung u. a. von Zinsen für einen "GM-Kredit von 2,3 TDM" und "ERP/EKH-Kredit von 5,2 TDM" sowie "Tilgung"sleistungen von "21 TDM" aus. Umgerechnet auf den Monat wurden der Klägerin als aus der selbständigen Tätigkeit zu erzielende Einkünfte von 4.525,00 EUR vor Steuern prognostiziert. Da die Finanzierungskosten des Erwerbs der Gaststätte in dieser Rentabilitätsvorschau schon mit eingeflossen waren und dennoch sich ein solides Monatseinkommen für die Klägerin errechnete, kann sie hieraus nicht herleiten, die Versagung des Überbrückungsgeldes sei ermessensfehlerhaft gewesen. Mehr als die Anfangsphase musste die Beklagte angesichts des Zwecks des Überbrückungsgeldes auch nicht ins Auge fassen, denn diese Sozialleistung dient nicht der langfristigen wirtschaftlichen Absicherung des Betriebs, sondern der Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung in der Zeit unmittelbar nach der Existenzgründung. Weil die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung mit Erlass der Bescheide bereits erfüllt hat, kommt es nicht darauf an, welche weiteren Tatsachen (u. a. Schwierigkeiten mit der ehemaligen Geschäftsinhaberin und ihren Töchtern), im Laufe des Klageverfahrens zutage getreten sind und wie sich der Betriebsverlauf tatsächlich darstellte (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2006 – L 4 AL 232/05 zitiert nach juris).
Aber selbst wenn der Sachvortrag der Klägerin als wahr unterstellt würde, der Lebensunterhalt der Klägerin habe von Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit durch die Einnahmen aus dem Betreiben der Gastwirtschaft nicht sichergestellt werden können, wäre der Antrag der Klägerin auf Bewilligung des Überbrückungsgeldes im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden, weil dann von Anfang an eine Tragfähigkeit der Existenzgründung im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III nicht vorgelegen hätte.
Nach alledem erweist sich die Berufung als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Überbrückungsgeld ab 18. Juni 2001.
Die Klägerin ist Ingenieurin für Veterinärmedizin. Sie bezog von der Beklagten zuletzt Arbeitslosengeld (Alg) am 17. Juni 2001 mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 282,52 EUR nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 530 EUR (Leistungsgruppe C/1).
Am 28. Mai 2001 beantragte sie bei dem Arbeitsamt F die Bewilligung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Betreiberin eines Schnellrestaurants in B ab 18. Juni 2001. Im Antragsformular gab sie u. a. weiter an, der Gaststättenbetrieb werde mit einem Kredit finanziert, woraus sich sehr hohe Belastungen durch die monatlichen Zahlungen von Zinsen und Tilgungen ergäben. Sie werde die Gaststätte, die bisher als Familienunternehmen (Mutter mit zwei Töchtern) geführt worden sei, alleine weiterführen, da ihr Ehemann chronisch erkrankt sei. Sie rechne mit einer Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden am Tag bei einer siebentägigen Arbeitswoche. Dem Antrag fügte sie die Gaststättenerlaubnis vom 05. Juni 2001, die Gewerbeanmeldung vom 23. April 2001, beides ausgestellt von der Stadt B eine Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 6. Juni 2001, eine Rentabilitätsvorschau für das Gewerbe der Klägerin vom 13. Juni 2001, beide erstellt von der Sft mbH V & A, einen Lebenslauf sowie eine Bescheinigung über die Unterrichtung zum Gaststättengesetz der Industrie- und Handelskammer Frankfurt (Oder) 2001 bei. In der Rentabilitätsvorschau war für das 1. Geschäftsjahr ein verfügbarer Betrag für private Versicherung und Lebensunterhalt von 54,3 TDM unter Berücksichtigung u. a. von Zinsen für einen "GM-Kredit von 2,3 TDM" und "ERP/EKH-Kredit von 5,2 TDM" sowie "Tilgung"sleistungen von "21 TDM" angegeben.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 16. Juli 2001 die Bewilligung von Überbrückungsgeld ab. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Klägerin sei nicht gefährdet, weil das Schnellrestaurant bereits über mehrere Jahre existiere und der Betrieb ohne Unterbrechung fortgeführt werde.
Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Juli 2001 Widerspruch mit der Begründung ein, gegenwärtig bestünden Übergangsschwierigkeiten infolge des Kaufs des Betriebes. Derzeit sei nicht gesichert, dass allein der Kapitaldienst für den Kaufpreis ausreichend erwirtschaftet werden könne. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08. August 2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Gründe aus dem angefochtenen Bescheid wiederholt und ergänzend ausgeführt, insbesondere dem Bericht der V&AS mbH sei eine positive Prognose bezüglich der Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb der Klägerin zu entnehmen gewesen. Deswegen stünde Überbrückungsgeld nicht zu.
Hiergegen richtet sich die am 16. August 2001 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage. Die Klägerin hat vorgetragen, es sei zwar zutreffend, dass sie langfristige Einnahmen aus dem übernommenen Betrieb zu erwarten habe. Der Kaufpreis für den Betrieb sei indessen erheblich gewesen, den sie vorfinanziert habe. Insoweit müssten nicht nur die laufenden Kosten des Betriebes bedient werden, sondern auch die Finanzierungskosten. Es sei nicht damit zu rechnen, dass sie im ersten und wohl auch im zweiten Jahr des Übergangs des Betriebes bereits Gewinne erwirtschaften werde. Umsatzeinbußen seien vielmehr zu erwarten. Zwar sei der Betrieb in der laufenden Saison ganz gut angelaufen. Rücklagen hätten für den Winter aber nicht gebildet werden können. Hieran ändere auch nichts, dass der Betrieb von den Rechtsvorgängern erfolgreich geführt worden sei. Es könne nicht von vornherein damit gerechnet werden, dass die erfolgreiche Betriebsführung fortgesetzt werden könne.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe nicht erst langfristig Einnahmen aus dem übernommenen Betrieb zu erwarten gehabt, sondern binnen kürzester Zeit. Sie habe den laufenden Geschäftsbetrieb mit drei Arbeitskräften übernommen. Dass durch den Inhaberwechsel Umsatzeinbußen eintreten würden, sei reine Spekulation. Umstellungskosten seien nicht weitergehend von der Klägerin unterlegt worden.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat mit den Beteiligten am 17. April 2002 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin hat die Klägerin so genannte kurzfristige Erfolgsrechnungen für die Monate Juli 2001 bis Januar 2002 betreffend ihre selbständige Tätigkeit zu den Gerichtsakten gereicht; wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Blatt 25 bis 31 der Gerichtsakten verwiesen.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 23. Dezember 2004 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Rechtsvoraussetzungen für das Überbrückungsgeld erfüllt, denn sie habe am 18. Juni 2001 eine selbständige Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden aufgenommen, damit ihre Arbeitslosigkeit beendet, vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit drei Monate lang Arbeitslosengeld bezogen und eine Stellungnahme der V&AS mbH als fachkundige Stelle vorgelegt. Die Beklagte sei zwar zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt habe, weil der Lebensunterhalt von ihr vom Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit an sichergestellt worden sei. Sie habe aber neben der wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht sämtliche Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft und der Interessen der Klägerin berücksichtigt. Insoweit habe die Beklagte eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen. Dennoch seien die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht aufzuheben gewesen. Dies folge aus § 42 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Eine Aufhebung der im Streit stehenden Bescheide komme hier deswegen nicht in Betracht, weil offensichtlich sei, dass die Verletzung der Verpflichtung der ordnungsgemäßen Ermessensausübung durch die Beklagte die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Vielmehr gehe auch das Gericht davon aus, die Beklagte hätte die Bewilligung von Überbrückungsgeld auch dann abgelehnt, wenn sie in Kenntnis ihrer Verpflichtung eine Abwägung der Interessen der Klägerin mit denen der Versicherungsgemeinschaft unter Berücksichtigung des Zweckes der Leistung vorgenommen hätte. Grund der Ablehnung sei nämlich die Tatsache gewesen, dass das Gaststättengewerbe bereits seit mehreren Jahren existiert habe und von der V&ASmbH eine positive Prognose bezüglich der Einnahmen abgegeben worden sei. Hieraus habe die Beklagte eingeschätzt, dass die Klägerin von Beginn an Einnahmen erwirtschaften werde, die zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes dienten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) wird auf Blatt 39 bis 47 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12. Januar 2005 Berufung zum Landessozialgericht für das Land Brandenburg, nunmehr Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten seien wegen Ermessensfehler aufzuheben. Es könne zwar sein, dass § 42 Satz 1 SGB X auch auf Ermessensentscheidungen anwendbar sei. Dies führe aber nicht dazu, dass das Gericht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Beklagten habe setzen dürfen. Sie habe in bescheidensten Verhältnissen gelebt, was andauere. Bereits seit 2001 habe sie die Mietzahlung an ihren Sohn einstellen müssen. Deswegen habe es Streitigkeiten mit ihm gegeben. Allein aus der Tatsache, dass der Gaststättenbetrieb, der von ihr übernommen worden sei, seit Jahren schon existiert habe, folge überhaupt nichts. Es dürfte Gerichts bekannt sein, dass - erst recht im gastronomischen Bereich - in schlechten Zeiten, die gegenwärtig für diesen Sektor bestünden, permanent Betriebe geschlossen werden müssten, und zwar auch Betriebe, die schon Jahre existiert und funktioniert hätten. Der Betrieb, den sie übernommen habe, sei ein durchaus personenbezogener Betrieb. Mit Rücksicht darauf habe die frühere Inhaberin in dem Betrieb auch für eine Übergangszeit noch weiter gearbeitet. Es habe sich dann aber herausgestellt, dass die frühere Inhaberin an einer ordnungsgemäßen Weiterführung des Betriebes gar nicht interessiert gewesen sei und dass dadurch eigentlich nur unnötige weitere Kosten verursacht worden seien. Ferner habe auch die Tochter der früheren Inhaberin in dem Betrieb mitgearbeitet. Auch diesbezüglich habe es nach der Übernahme des Gaststättenbetriebes Auseinandersetzungen gegeben. Der Betrieb sei immer noch nicht lebensfähig. Allein aus der Prognose des Steuerberaters, die ersichtlich deswegen gefertigt worden sei, um überhaupt Kreditmittel zu bekommen, sei nichts zu folgern. Der Steuerberater habe die kurzfristig nach Übernahme des Betriebes eintretenden Schwierigkeiten nicht berücksichtigt und nicht berücksichtigen können. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung habe sie der Beklagten alle Einzelheiten ihres Betriebes und ihrer finanziellen Schwierigkeiten - sowohl im Betrieb als auch privater Art - dargelegt. Ihr sei Überbrückungsgeld zu gewähren.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. August 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag vom 28. Mai 2001 auf Gewährung von Überbrückungsgeld ab 18. Juni 2001 zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und auf die Darlegungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, die Klägerin erfülle schon nicht das Tatbestandsmerkmal " zur Sicherung des Lebensunterhalts" für eine Gewährung von Überbrückungsgeld. Aber selbst wenn dieses unterstellt würde, habe sie das Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Hinsichtlich der Ausführungen der Rentabilitätsvorschau sei darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin die Angaben der durch sie selbst eingereichten Unterlagen vorzuhalten habe. Sie könne nicht rechtmäßig einerseits eine positive Rentabilitätsvorschau zum Zwecke des Nachweises der Existenzfähigkeit - ebenfalls eine der Voraussetzungen des Überbrückungsgeldes - vorlegen und - wie sie es nunmehr versucht, genau die gleichen Angaben aber als "geschönt" darstellen, wenn es um das positive Ergebnis des für den Lebensunterhalt verfügbaren Einkommens gehe. Im Übrigen seien bei der ausführlichen Darstellung die Zinsen und Tilgungen für den aufgenommenen Kredit bereits als Ausgaben berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten sowie die Leistungsakten der Beklagten zum Überbrückungsgeld und die Leistungsakten zum Arbeitslosengeld (Stamm-Nr. für beide Akten: ) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes – zur Zeit der Berufungseinlegung – 500,00 EUR übersteigt. Die Klägerin begehrt im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Bewilligung von Überbrückungsgeld für die Dauer von sechs Monaten; § 57 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der hier ab 01. August 1999 (bis 31. Dezember 2001) zur Anwendung kommenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-ÄndG) vom 21. Juli 1999 (BGBl I 1648). Die Höhe des der Klägerin auf dieser Grundlage vom 18. Juni 2001 bis zum 17. Dezember 2001 zu gewährenden Überbrückungsgeldes richtet sich nach § 57 Abs. 4 SGB III. Nach dessen Satz 1 setzt sich das Überbrückungsgeld zusammen aus einem Betrag, den der Arbeitnehmer als Alg oder Alhi zuletzt bezogen hat oder bei Arbeitslosigkeit hätte beziehen können, und den darauf entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen. Wird allein (ohne die pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge) das zuletzt von der Klägerin bezogene wöchentliche Arbeitslosengeld von 282,52 DM zu Grunde gelegt, errechnet sich ein Leistungsanspruch von (heute) 626,09 EUR = 1.224,53 DM (= 282,52 EUR x 26 Wochen: 6 Monate) allein für einen Monat.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis die zulässige Bescheidungsklage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Anders als das Sozialgericht sieht der erkennende Senat keinen Ermessensfehler, weil schon nicht alle Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Insoweit kann offen bleiben, ob ein vom Sozialgericht angenommener Ermessensfehler aufgrund von des ab 01. Januar 2001 geltenden § 42 Satz 1 SGB X als geheilt anzusehen gewesen wäre.
Nach § 57 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 Buchst. a und 2 SGB III in der vorgenannten Fassung können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten, u. a. wenn der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit mindestens vier Wochen Alg, Alhi oder Kurzarbeitergeld (Kug) nach dem SGB III bezogen und eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat. Das Überbrückungsgeld wird für die Dauer von sechs Monaten geleistet (Abs. 3).
Gemessen am gesetzlich definierten Zweck des Überbrückungsgeldes (Sicherung des Lebensunterhalts und soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung) hat die Beklagte den Antrag der Klägerin ermessensfehlerfrei abgelehnt, so dass ihre Verurteilung zur Neubescheidung nicht gegeben ist.
Den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat die Beklagte in Würdigung des Sachverhalts, wie er sich bei Erlass von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid darstellte, erfüllt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Zweck des Überbrückungsgeldes in der Erleichterung der Anfangsphase einer selbständigen Tätigkeit gesehen hat. Ausgehend hiervon ist es nicht sachwidrig, kein Überbrückungsgeld zu gewähren, wenn alles dafür spricht, dass die selbständige Tätigkeit bereits von Beginn an die Sicherung des Lebensunterhalts gewährleisten wird (vgl. Stark in Nomos Kommentar SGB III, 2. Aufl. 2004, Rdnr. 14 zu § 57). Die der Beklagten von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ließen prognostisch nur die Schlussfolgerung zu, dass der Lebensunterhalt durch den laufenden Gaststättenbetrieb schon von Beginn an, also sogar im ersten Geschäftsjahr, gesichert sei. So wies vor allem die Rentabilitätsvorschau der V & A S mbH für diesen Zeitraum einen verfügbaren Betrag für private Versicherung und Lebensunterhalt von 54,3 TDM unter Berücksichtigung u. a. von Zinsen für einen "GM-Kredit von 2,3 TDM" und "ERP/EKH-Kredit von 5,2 TDM" sowie "Tilgung"sleistungen von "21 TDM" aus. Umgerechnet auf den Monat wurden der Klägerin als aus der selbständigen Tätigkeit zu erzielende Einkünfte von 4.525,00 EUR vor Steuern prognostiziert. Da die Finanzierungskosten des Erwerbs der Gaststätte in dieser Rentabilitätsvorschau schon mit eingeflossen waren und dennoch sich ein solides Monatseinkommen für die Klägerin errechnete, kann sie hieraus nicht herleiten, die Versagung des Überbrückungsgeldes sei ermessensfehlerhaft gewesen. Mehr als die Anfangsphase musste die Beklagte angesichts des Zwecks des Überbrückungsgeldes auch nicht ins Auge fassen, denn diese Sozialleistung dient nicht der langfristigen wirtschaftlichen Absicherung des Betriebs, sondern der Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung in der Zeit unmittelbar nach der Existenzgründung. Weil die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung mit Erlass der Bescheide bereits erfüllt hat, kommt es nicht darauf an, welche weiteren Tatsachen (u. a. Schwierigkeiten mit der ehemaligen Geschäftsinhaberin und ihren Töchtern), im Laufe des Klageverfahrens zutage getreten sind und wie sich der Betriebsverlauf tatsächlich darstellte (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2006 – L 4 AL 232/05 zitiert nach juris).
Aber selbst wenn der Sachvortrag der Klägerin als wahr unterstellt würde, der Lebensunterhalt der Klägerin habe von Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit durch die Einnahmen aus dem Betreiben der Gastwirtschaft nicht sichergestellt werden können, wäre der Antrag der Klägerin auf Bewilligung des Überbrückungsgeldes im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden, weil dann von Anfang an eine Tragfähigkeit der Existenzgründung im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III nicht vorgelegen hätte.
Nach alledem erweist sich die Berufung als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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