L 4 KR 2947/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2433/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2947/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte dem Kläger Kosten für Zahnersatz in Höhe von EUR 1.447,93 zu erstatten hat.

Der am 1961 geborene Kläger erhielt vom 01. Januar bis 31. Dezember 2004 Leistungen der Sozialhilfe und daher im Auftrag des Sozialhilfeträgers nach § 264 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) die Leistungen der Krankenhilfe durch die Beklagte. Vom 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 sowie vom 22. Januar bis 31. Juli 2007 war er aufgrund von Bezug von Arbeitslosengeld II und vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2007 als Arbeitnehmer Mitglied der Beklagten.

Der Beklagten wurde der Heil- und Kostenplan Nr. 787/2 des Dr. med. Dr. dent. K. vom 16. April 2004 über eine Zahnersatzbehandlung zur Genehmigung vorgelegt. Der genannte Zahnarzt hatte, was der Beklagten erst im Oktober 2004 bekannt wurde, seine Kassenzulassung in Deutschland bereits zum 30. April 1999 zurückgegeben und war nach Ungarn verzogen. Die Gebührenvorausberechnung ergab für die geplante Behandlung (zahnärztliches Honorar) 760 Punkte, d.h. einen Betrag von EUR 499,32 zuzüglich geschätzter Material- und Laborkosten von EUR 270,00, insgesamt also einen Betrag von EUR 769,32. Am 03. Mai 2004 bewilligte die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 50 vom Hundert (v.H.) zu den entsprechend dem Vertrag berechneten Kosten (zahnärztliches Honorar und notwendige Material- und Laborkosten) sowie EUR 5,00 für die Metallkosten. Dieser Heil- und Kostenplan wurde jedoch dem Kläger zurückgegeben. Im weiteren bei der Beklagten dann eingereichten Heil- und Kostenplan Nr. 881/1 des genannten Zahnarztes vom 02. September 2004 ergab sich eine Gebührenvorausberechnung hinsichtlich der geschätzten Gesamtkosten von insgesamt EUR 1.019,32 (zahnärztliches Honorar von EUR 499,32 zuzüglich geschätzter Material- und Laborkosten von EUR 520,00). Nachträgliche Leistungen wurden mit EUR 499,32 angegeben, wobei als Eingliederungsdatum der 22. September 2004 genannt wurde. Nach der Abrechnung wurde ein zahnärztliches Honorar von EUR 499,32 angeführt sowie für Zahnarzt-, Labor- und Praxismaterial EUR 277,85, was eine Gesamtsumme von EUR 777,17 ergab. Bei einem Zuschuss von 50 v.H. wurde der Kassenanteil mit EUR 388,59 angegeben. Dieser Heil- und Kostenplan war vom Zahnarzt nicht unterschrieben; ihm war auch keine Rechnung über Zahnarztlabor- und Praxismaterial beigefügt worden. Die Beklagte setzte nun (Bl. 3 der Verwaltungsakte) den Zuschuss zu den entsprechend dem Vertrag berechneten Kosten auf 100 v.H. fest zuzüglich eines Zuschusses zu den Metallkosten von EUR 10,00. Am 11. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten "die Abrechnung der verauslagten Leistungen für Zahnersatz". Die Beklagte forderte den Kläger (Schreiben vom 11. Oktober 2004) daraufhin auf, eine Zahnersatzoriginalrechnung aus Ungarn zur Vorlage beim Zahnersatz-Gutachter einzureichen. Diesem Verlangen widersprach der Kläger (E-Mails vom 22. und 23. Oktober 2004); die in Vorleistung erbrachten Kosten seien im eingereichten Heil- und Kostenplan dokumentiert, was auch den gültigen Richtlinien entspreche. Der Kläger nannte die Telefonnummer des Zahnarztes. Mit E-Mail vom 25. Oktober 2004 teilte die Beklagte dem Kläger dann mit, dass nach ihren Recherchen Dr. K., dessen Heil- und Kostenplan sie genehmigt habe, seine Kassenzulassung in Deutschland bereits zum 30. April 1999 zurückgegeben habe und nach Ungarn verzogen sei. Der Heil- und Kostenplan sowie die Genehmigung seien nichtig; es sei rechtswidrig, seitens des Zahnarztes unter einer Abrechnungsnummer, die es nicht mehr gebe, einen Antrag zu stellen. Dr. K. sei kein Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen mehr. Sofern es der Wunsch des Klägers sei, dass die Kasse sich an den Kosten des Zahnersatzes, der in Ungarn gefertigt worden sei, beteiligen solle, dann solle der Kläger die bezahlte und quittierte Originalrechnung übersenden. Die Kasse werde dann einen Gutachter beauftragen, den Zahnersatz zu prüfen; erst danach bestehe die Möglichkeit, sich an den Kosten zu beteiligen. Der Kläger entgegnete dazu (E-Mail vom 04. November 2004), die Beklagte habe den Heil- und Kostenplan des Dr. K. genehmigt. Wenn sie jetzt festgestellt habe, dass der Zahnarzt zwar in der Europäischen Union (EU), nicht aber mehr in Deutschland praktiziere, sei das kein Grund, die Leistung zu verweigern. Er reichte auch eine E-Mail des Zahnarztes an ihn vom 22. Oktober 2004 ein, wonach Dr. K. dem Kläger bestätigte, "dass der Zahnersatz in vollem Umfang beglichen worden ist, die ausgestellte Rechnung wurde bezahlt". Die Beklagte veranlasste daraufhin die Untersuchung des Klägers durch den Zahnarzt Dr. V., die am 22. November 2004 durchgeführt wurde. In seiner Stellungnahme vom 23. November 2004 stellte Dr. V. fest, die klinische Untersuchung habe gezeigt, dass der nach dem Heil- und Kostenplan beabsichtigte, eingezeichnete Zahnersatz eingegliedert sei. Die Brücken seien funktionsfähig, die ausgeführten prothetischen Leistungen seien frei von Fehlern und Mängeln. Die Verblendungen bei den Zähnen 45 und 46 seien außervertraglich. Mit Schreiben vom 26. November 2004 an den Kläger verwies die Beklagte auf die Stellungnahme des Dr. V ... Eine Erstattung könne jedoch nur unter Vorlage der quittierten Originalrechnung erfolgen. Die E-Mail des Dr. K. vom 22. Oktober 2004 könne sie nach den rechtlichen Vorgaben nicht anerkennen. Der Kläger solle eine Originalrechnung einreichen, damit der Zuschuss berechnet und überwiesen werden könne. Der Kläger seinerseits (Schreiben vom 15. Dezember 2004 an die Hauptverwaltung der Beklagten) bestand auf der Erstattung der verauslagten Kosten entsprechend des genehmigten Heil- und Kostenplans. Mit Schreiben vom 03. Januar 2005 wies die Hauptverwaltung der Beklagten den Kläger nochmals darauf hin, die ursprüngliche Genehmigung habe auf einem Irrtum beruht. Sie, die Beklagte, wolle dem Kläger im Rahmen der gegebenen Rechtslage so weit wie möglich entgegenkommen. Als Bezieher von Sozialhilfe werde er von ihr betreut. Nach wie vor würden die Regelungen der Krankenhilfe gelten, nach denen grundsätzlich ein Anspruch auf Kostenerstattung von Auslandsleistungen nur dann bestehe, wenn der Sozialhilfeträger vorher schriftlich der Leistung zugestimmt habe. Dabei gelte das so genannte Bedarfsdeckungsprinzip, nach dem nur tatsächliche Leistungen (nachgewiesen durch quittierte Originalrechnungen) erstattet werden könnten. Nur aufgrund eines nachträglichen, von ihr erwirkten Kulanzentscheids des Sozialhilfeträgers könne sie, die Beklagte, dem Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Kosten nach den Regeln der Erstattung von Auslandsleistungen nach § 13 Abs. 4 SGB V ersetzen. Dies bedeute, dass hinsichtlich einer Erstattung diejenigen Leistungen berücksichtigt werden könnten, die auch im Inland zum Leistungsumfang gehörten; dies gelte hier nicht für die Verblendungen. Des Weiteren werde der Erstattungsbetrag um eine in ihrer Satzung festgeschriebene Verwaltungspauschale (7,5 v.H., mindestens EUR 5,00, höchstens EUR 40,00) sowie um die gegebenenfalls vorgesehenen gesetzlichen Zuzahlungen gekürzt. Der Kläger wurde nochmals aufgefordert, die quittierte Originalrechnung des Dr. K. einzureichen (vgl. auch Schreiben vom 24. Januar und 04. März 2005). Der Kläger widersprach der Ablehnung der begehrten Kostenerstattung und machte geltend, die quittierte Originalrechnung liege der Beklagten bereits seit August 2004 vor; er, der Kläger, habe sie persönlich im Kundencenter abgegeben und dort kopiert. Er bestand auf der Bescheidung seines "Widerspruchs" (E-Mail vom 17. Januar 2005). Mit Schreiben vom 04. März und 04. April 2005 wandte sich die Beklagte auch an Dr. K.; sie wies darauf hin, dass nach den vorliegenden Unterlagen Zahnersatz am 22. September 2004 eingegliedert worden sei. Der Zahnarzt wurde gebeten, eine quittierte Kopie der an den Kläger gestellten Rechnung zur Verfügung zu stellen. Daraufhin ging bei der Beklagten die "Rechnung über prothetische Behandlung" des Dr. K. vom 27. Mai 2004 ein. Darin wurde für am 11. April 2005 erbrachte Leistungen ein Betrag von EUR 1.447,93 aufgeführt, wobei für Honorar EUR 467,93 sowie für Material- und Laborkosten Fremdlabor EUR 980,00 genannt wurden. Die Rechnung enthielt am Ende den Stempelaufdruck "bar bezahlt", der unterschrieben war. Dazu wies die Beklagte den Kläger dann mit Schreiben vom 12. Mai 2005 nochmals darauf hin, zur Erstattung benötige sie die bezahlte und quittierte Originalrechnung. Bei der eingereichten Rechnung handle es sich um eine Kopie. Es sei auch aufgefallen, dass die Rechnungsdaten (Rechnungsdatum liege vor Eingliederungsdatum), das Eingliederungsdatum sowie die Rechnungsbeträge unplausibel seien. Schon deswegen sei eine Erstattung nicht möglich. Es werde eine korrekte, quittierte Originalrechnung benötigt.

Am 05. August 2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er die Zahlung der bei ihm entstandenen Kosten des Zahnersatzes in Höhe von EUR 1.447,93 zuzüglich Zinsen begehrte. Er machte geltend, im Mai 2005 habe er bei der Beklagten die quittierte Rechnung des Dr. K. im Original eingereicht. Zuletzt habe er mit Schreiben an die Beklagte vom 17. Mai 2005 die ausstehende Forderung bis zum 31. Mai 2005 angemahnt. Da nicht zu rechnen sei, dass die Beklagte ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe die ihm zustehende Forderung begleichen werde, sei die Klage geboten. Er dürfe auf die Genehmigung des eingereichten Heil- und Kostenplans vertrauen. Er begehre die Erstattung der Kosten für die von der Beklagten genehmigten Leistungen, wobei Dr. K. die Leistungen ordnungsgemäß in dem Heil- und Kostenplan veranschlagt, ausgeführt und abgerechnet habe. Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie habe sich nicht geweigert, der Verpflichtung, die Kosten des in Ungarn gefertigten Zahnersatzes im Rahmen der Regelungen des § 13 Abs. 4 SGB V i.V.m. ihrer Satzung zu erstatten, nachzukommen, sofern die Voraussetzungen für diesen Anspruch gegeben seien. Nach den bisher eingereichten Unterlagen sei, da diese unvollständig seien und darüber hinaus widersprüchliche Angaben sowohl zum Eingliederungsdatum als auch zur Höhe der Kosten enthielten, eine korrekte Prüfung und Berechnung der Höhe der Kostenerstattung nicht möglich. Insoweit sei das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Es sei weder ein Verwaltungsakt ergangen, noch sei das Vorverfahren durchgeführt worden. Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei nicht zulässig. Der ursprünglich eingereichte Heil- und Kostenplan vom 16. April 2004 sei irrtümlich genehmigt worden, nachdem von einer Zahnersatzversorgung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung im Inland ausgegangen worden sei. Auch im Sinne eines Vertrauensschutzes bestehe keinesfalls ein Anspruch auf Zahlung der in einem Kostenvoranschlag (Heil- und Kostenplan) angegebenen voraussichtlichen Behandlungskosten, zumal im Fall des Klägers in sich sehr widersprüchliche Angaben zur Höhe der Kosten sowie zum Zeitpunkt der Behandlung und Eingliederung des Zahnersatzes vorlägen. Im zweiten Heil- und Kostenplan vom 02. September 2004 seien das Eingliederungsdatum mit dem 22. September 2004 sowie als Abrechnungsbetrag, also als tatsächliche Gesamtkosten der Versorgung, der Betrag von EUR 777,17 angegeben worden. Dr. K. habe auf diesem Plan weder bestätigt, dass der Kläger die Kosten des Zahnersatzes bezahlt, noch, in welcher Höhe Kosten bezahlt worden seien. In der Bestätigung des Dr. K. vom 22. Oktober 2004 sei keine Aussage zur Höhe des bezahlten Betrags enthalten. In der dann eingereichten Rechnung vom 25. Mai 2004, in der als Behandlungsdatum der 11. April 2005 angegeben sei, werde der Behandlungsplan Nr. 787/1 genannt und ein bezahlter Betrag von EUR 1.447,93. Für eine korrekte Bearbeitung müsse jedoch zweifelsfrei bekannt und nachgewiesen sein, wann die Behandlung stattgefunden habe und wann der Zahnersatz eingegliedert worden sei, welches zahnärztliche Honorar tatsächlich gefordert und bezahlt worden sei und welche Laborleistungen erbracht und in welcher Höhe diese Kosten gefordert und bezahlt worden seien (Schriftsätze vom 25. August 2005 und 12. Januar 2006). Mit Gerichtsbescheid vom 03. Mai 2007, der dem Kläger am 07. Mai 2007 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Vor der Erhebung des Leistungsbegehrens wäre zwingend ein Verwaltungs- und ein Vorverfahren durchzuführen gewesen. Daran fehle es hier, denn die Beklagte habe es nicht abgelehnt, dem Kläger von ihm vorfinanzierten Zahnersatz zu erstatten. Vielmehr habe der Kläger bislang noch immer nicht die vom Zahnarzt quittierte Originalrechnung, sondern lediglich eine Kopie vorgelegt. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass die Originalrechnung insoweit nicht ausreichen dürfte; vielmehr müsse sich aus der Originalrechnung auch zweifelsfrei ergeben, wann die Behandlung tatsächlich stattgefunden habe und wann der Zahnersatz eingegliedert worden sei. Ferner müsse der Kläger gegebenenfalls durch Kontoauszüge oder durch eine Quittung des Zahnarztes nachweisen, welches zahnärztliche Honorar tatsächlich bezahlt und welche Laborleistungen erbracht bzw. bezahlt worden seien. Angesichts der zum Teil erheblich variierenden Materialkosten von EUR 270,00 bis EUR 980,00 sei von Seiten des Klägers und des Zahnarztes eine ausführliche Darlegung notwendig. Andernfalls würde sich dem Gericht der Verdacht aufdrängen, dass hier zu Lasten der Beklagten eine reine "Mondrechnung" vom Kläger eingereicht worden sei. Nachdem es bereits an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens sowie eines Vorverfahrens fehle, sei die Klage unzulässig.

Gegen den Gerichtsbescheid vom 03. Mai 2007 hat der Kläger am 29. Mai 2007 beim SG "mündliche Verhandlung" beantragt. Das SG hat dies als Berufung angesehen und das Schreiben des Klägers dem Landessozialgericht (LSG) vorgelegt. Der Kläger hat erklärt, sein Antrag solle als Berufung gewertet werden, und darauf hingewiesen, einen eventuell ablehnenden Bescheid mehrfach verlangt zu haben, den die Beklagte bisher jedoch verweigert habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 1.447,93 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinaus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Wegen der Kostenerstattung sei derzeit weder ein Verwaltungsakt noch ein Widerspruchsbescheid ergangen. Es komme derzeit auch nicht die Zahlung von EUR 769,32 in Betracht. Dieser Betrag sei zwar im Heil- und Kostenplan vom 16. April 2004 aufgeführt. Es sei jedoch in keiner Weise schlüssig belegt, wann der Zahnersatz tatsächlich gefertigt und eingegliedert worden sei und welche Kosten dem Kläger tatsächlich entstanden seien. Solche Nachweise seien unabdingbar für ihre Kostenbeteiligung, da ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, der frühestens ab 01. Mai 2004, dem Beitritt Ungarns zur EU, bestehen könne, nur dann erhoben werden könne, wenn die Genehmigung der Krankenkasse vor Behandlungsbeginn eingeholt worden sei und da die Höhe der Erstattung auf die tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt sei. Durch verschiedene andere Sachverhalte sei auch bekannt, dass Zahnersatz in Ungarn zum damaligen Zeitpunkt wesentlich günstiger gewesen sei, als es in allen durch den Kläger vorgelegten Unterlagen nachgewiesen sei. Konkret sei der im eingereichten Heil- und Kostenplan vom 16. April 2004 enthaltene Kostenvoranschlag um ungefähr 20 v.H. teurer als der in Ungarn normalerweise verlangte Preis für Vollkeramikkronen. Im Fall des Klägers sei der Zahnersatz mit Verblendungen, mithin noch günstiger als mit Vollkeramik, angefertigt worden. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Kläger nicht in der Lage oder willens sei, die mehrfach geforderten Nachweise zu erbringen. Im Übrigen habe sie sich auch an Dr. K. gewandt, der jedoch ebenfalls nicht reagiert habe. Sie weise auch darauf hin, dass der Kläger zwischenzeitlich beim Amtsgericht Stuttgart, beim Sozialgericht Stuttgart sowie beim SG Untätigkeitsklagen eingereicht habe. Die Beklagte hat die wegen dieser Untätigkeitsklagen angefallenen Vorgänge vorgelegt.

Mit Schreiben vom 24. Dezember 2007 forderte der Kläger die Beklagte auf, über den am 25. Juni 2004 gestellten Antrag auf Auszahlung der Leistungen spätestens bis zum 31. Dezember 2007 durch Bescheid zu entscheiden. Mit Schreiben vom 03. Januar 2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, sie stehe nach wie vor zu der grundsätzlich erteilten Zusage, sich an den Kosten des Zahnersatzes zu beteiligen. Es sei jedoch zu prüfen, ob nach den gesetzlichen Bestimmungen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung tatsächlich erfüllt seien und in welcher Höhe eine Kostenbeteiligung möglich sei. Dazu benötige sie, wie mehrfach mitgeteilt, die quittierte Originalrechnung des Dr. K., aus der schlüssig die Höhe und die Art der tatsächlich erstandenen Kosten und der Tag der Eingliederung des Zahnersatzes hervorgehe. Da diese quittierte Originalrechnung nicht eingereicht worden sei, bestehe derzeit keine Möglichkeit, einen definitiven Bescheid über die Höhe der zu erstattenden Kosten zu erteilen. Am 24. Dezember 2007 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (S 15 KR 9645/07) Klage gegen die Beklagte wegen "Untätigkeit und Erlass eines rechtsbehelfsfähigen Bescheids des Antrags ... vom 25.06.2004"; er begehrte die Verurteilung der Beklagten, " ... seinen Antrag vom 25.06.2004 zu bescheiden", hilfsweise, "es ergeht ein rechtsbehelfsfähiger Bescheid wegen Untätigkeit der Beklagten". Eine gleichlautende Klage erhob der Kläger am 24. Dezember 2007 beim SG (S 8 KR 4670/07) und beim Amtsgericht Stuttgart (1 C 7425/07). Das Sozialgericht Stuttgart erklärte sich mit Beschluss vom 22. Februar 2008 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG, wo diese zweite Klage unter dem Az. S 8 KR 625/08 geführt wird.

Der Berichterstatter des Senats hat vom Sozialgericht Stuttgart die Akte S 15 KR 9645/07 und vom SG die weiteren Akten S 8 KR 4670/07 und S 8 KR 625/08 beigezogen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Kläger verfolgt mit seiner Berufung einen Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 1.447,93, sodass der Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung von EUR 500,00 überschritten ist. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die vom Kläger erhobene Leistungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt: Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden (§ 54 Abs. 4 SGG). Insoweit ist für die reine Anfechtungsklage sowie für die mit einer Anfechtungsklage kombinierte Leistungsklage ein Verwaltungsakt Voraussetzung. Verwaltungsakt ist nach § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die entsprechende Klage ist zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Nur dann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat, kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, begehrt werden (so genannte echte Leistungsklage, § 54 Abs. 5 SGG). Über den vom Kläger geltend gemachten, auf § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu stützenden Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 1.447,93, wobei sich der Kläger einerseits auf den genehmigten Heil- und Kostenplan vom 02. September 2004 und den darin bestimmten Versichertenanteil nach § 30 Abs. 4 Satz 4 SGB V a. F., andererseits auf die im Mai 2005 eingereichte Rechnungskopie vom 27. Mai 2004 beruft, ist durch Verwaltungsakt zu entscheiden, wie auch die Genehmigung eines Heil- und Kostenplans mit der Bewilligung des Versichertenanteils bzw. des (seit 01. Januar 2005) Festzuschusses ein Verwaltungsakt ist (BSG SozR 4-1500 § 55 Nr. 1). Zwar hat die Beklagte zuletzt den Heil- und Kostenplan vom 02. September 2004 genehmigt. Sie hat jedoch bisher eine Sachentscheidung über den vom Kläger begehrten Erstattungsbetrag nicht getroffen. Sie hat vielmehr eine Kostenbeteiligung an der ersichtlich im EU-Ausland vorgenommenen Behandlung im Rahmen des § 13 Abs. 4 SGB V, wobei Ungarn seit 01. Mai 2004 EU-Mitglied ist, dem Grunde nach zugesagt, jedoch die endgültige Festsetzung des Erstattungsbetrags mit Schreiben ihrer Hauptverwaltung vom 03. Januar 2005 (ebenso mit den Schreiben vom 24. Januar, 04. März und 12. Mai 2005, vgl. zuletzt auch Schreiben vom 03. Januar 2008) davon abhängig gemacht, dass der Kläger die quittierte Originalrechnung des Dr. K. vorlegen soll, aus der schlüssig die Höhe und die Art der tatsächlich entstandenen sowie bezahlten Kosten, ferner auch der Tag der Eingliederung des Zahnersatzes hervorgehen soll. Die genannten Schreiben stellen keine Verwaltungsakte dar, mit denen bereits eine abschließende Regelung getroffen worden ist, sondern es handelt sich lediglich um Mitteilungen an den Kläger unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht, zumal der von der Beklagten angeschriebene Zahnarzt Dr. K. auf Anfragen der Beklagten nicht reagiert hat. Da die Beklagte bisher die Erstattung des Betrags von EUR 1.447,93 oder eines Teilbetrags davon nicht definitiv abgelehnt hat, liegt daher ein anfechtbarer Verwaltungsakt der Beklagten, den der Kläger auch nicht bezeichnet hat, nicht vor. Ein solcher anfechtbarer Verwaltungsakt, der den Kläger beschweren könnte, wäre bisher auch nicht im Widerspruchsverfahren (§ 78 SGG) überprüft worden. Darauf, dass der Kläger dem Ansinnen der Beklagten, die quittierte Originalrechnung vorlegen zu sollen, widersprochen hat, kommt es nicht an. Es liegt auch kein vorläufiger Verwaltungsakt vor oder ein Verwaltungsvorakt. Ebenfalls hat die Beklagte die Kostenerstattung derzeit nicht wegen fehlender Mitwirkung des Klägers abgelehnt. Schließlich kann der Kläger die zuvor genannten Schreiben der Beklagten nicht anfechten, weil es sich insoweit nur um behördliche Verfahrenshandlungen handelt. Nach § 44a Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Der Rechtsgedanke dieser unmittelbar nur im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltenden Norm ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachten (BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 - 11 RAr 71/91 -).

Die vom Kläger erhobene und im Berufungsverfahren weiterverfolgte reine Leistungsklage kann auch nicht in eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG umgedeutet werden. Denn daraus, dass der Kläger am 24. Dezember 2007 Untätigkeitsklagen wegen der Nichtbescheidung seines Erstattungsbegehrens, d.h. auf Erlass eines Bescheids, erhoben hat, ergibt sich, dass er auch nicht im Berufungsverfahren seine Leistungsklage in eine Untätigkeitsklage geändert haben wollte. Deswegen, weil eine Untätigkeitsklage in diesem Verfahren nicht rechtshängig ist, war in diesem Verfahren nicht zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob die Beklagte mit zureichendem Grund im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG bisher unter Hinweis auf die nicht erfüllte Mitwirkungspflicht des Klägers durch Vorlage der quittierten Originalrechnung des Zahnarztes eine abschließende Entscheidung zur Hauptsache noch nicht getroffen hat. Darüber ist vielmehr im Rahmen der am 24. Dezember 2007 beim SG anhängig gemachten Untätigkeitsklage zu entscheiden.

Da die Leistungsklage unzulässig war, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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