L 13 AL 2036/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1760/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2036/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. März 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2006 als unzulässig abgewiesen wird.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Minderung beim Arbeitslosengeld (Alg) um 1.050,- EUR wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung, um drei Sperrzeiten wegen Meldeversäumnissen und um die Weiterzahlung von Arbeitslosengeld über den 15. November 2005 hinaus.

Der am 1973 geborene Kläger war vom 22. April 2002 bis zum 7. Oktober 2003 als Maschineneinsteller bei der Firma H. & Sch. in Rottweil beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch die Arbeitgeberkündigung wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit. Deswegen stellte die Beklagte beim Kläger eine Sperrzeit von 12 Wochen Dauer fest und mit Schreiben vom 10. Februar 2004 teilte sie ihm ergänzend zu dem ihm zugehenden Bewilligungsbescheid mit, dass er sich um 98 Tage zu spät arbeitsuchend gemeldet habe, weshalb sich sein Anspruch auf Leistungen um insgesamt 1.050,- EUR mindere. Nach § 37 b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) seien Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis ende, verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen würden. Am 1. März 2004 begann der Kläger erneut ein Arbeitsverhältnis als Maschinenbediener bei der Firma H. & Sch ... Dieses endete aufgrund der vom Arbeitgeber ausgesprochenen schriftlichen Kündigung zum 6. April 2005. In dem Kündigungsschreiben vom 5. April 2005 heißt es: "Wir weisen sie darauf hin, dass sie aufgrund der bevorstehenden Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses verpflichtet sind, sich unverzüglich persönlich beim Arbeitsamt suchend zu melden."

Der Kläger meldete sich bei der Agentur für Arbeit Rottweil am 28. April 2005 arbeitslos und beantragte Alg, wozu er angab, er habe das Kündigungsschreiben am 29. März 2005 erhalten. Mit Bescheid vom 25. Mai 2005 teilte ihm die Beklagte mit, seine Meldung als arbeitsuchend sei um 29 Tage zu spät erfolgt. Er hätte sich spätestens am 30. März 2005 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden müssen, habe sich jedoch erst am 28. April 2005 gemeldet. In seinem Fall errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.015,- EUR. Die Anrechnung beginne am 28. April 2005 und ende voraussichtlich mit der Zahlung des Alg für 69 Leistungstage. Aufgrund Verfügung vom 25. Mai 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 28. April 2005 für eine Anspruchsdauer von 330 Tagen. Bei einer persönlichen Vorsprache am 2. Juni 2005 erhielt der Kläger die Zustimmung für eine urlaubsbedingte Ortsabwesenheit vom 9. Juni 2005 bis zum 30. Juni 2005 mit dem Hinweis, dass Alg nur für die Dauer von 3 Wochen (bis 29. Juni) bezahlt werden könne und dass er sich nach der Rückkehr wieder arbeitslos melden müsse. Mit Bescheid vom 27. Juni 2005 wurde die Bewilligung von Alg zum 30. Juni 2005 aufgehoben.

Erst am 10. November 2005 sprach der Kläger wieder persönlich bei der Agentur für Arbeit vor und stellte Antrag auf Weitergewährung von Alg, wobei ihm zwei Termine zur persönlichen Vorsprache ausgehändigt wurden, den einen zur Antragsabgabe am 15. November 2005 um 11.15 Uhr und den anderen beim Arbeitsvermittler am 22. November 2005 um 10.45 Uhr. Nachdem der Kläger am 15. November 2005 nicht erschienen war, wurde er mit Schreiben vom 16. November 2005 zum 21. November 2005 um 8.30 Uhr zwecks Antragsabgabe eingeladen. Auch zu diesem Termin ist er nicht erschienen, worauf eine dritte Einladung am 21. November 2005 für den 28. November 2005 versandt worden ist. Der Kläger erschien auch zu diesem Termin nicht.

Am 11. Januar 2006 gab der Kläger bei einer persönlichen Vorsprache bei der Arbeitsagentur den Antrag auf Arbeitslosengeld vom 10. November 2005 ab und teilte laut Aktenvermerk vom gleichen Tag mit, er habe am 20. Dezember 2005 in der Umgebung von Lahr einen Autounfall gehabt und sei bis zum 10. Januar 2006 stationär im Krankenhaus gewesen. Er sei bis auf weiteres krank geschrieben.

Am 30. Januar 2006 erließ die Beklagte drei Bescheide. Ein Bescheid enthält die Feststellung einer Sperrzeit vom 16. November 2005 bis zum 22. November 2005 und die Aufhebung der Bewilligung von Alg für diese Zeit, ein weiterer Bescheid enthält die Feststellung einer Sperrzeit vom 23. November 2005 bis zum 29. November 2005 sowie die Aufhebung der Bewilligung von Alg für diese Zeit und der dritte Bescheid enthält die Feststellung einer Sperrzeit vom 29. November 2005 bis zum 5. Dezember 2005 sowie die Aufhebung der Bewilligung von Alg ab dem 28. November 2005 wegen fehlender Verfügbarkeit aufgrund der Nichtbefolgung auch der dritten Meldeaufforderung. Weiterhin wurde die Anspruchsdauer jeweils um sieben Tage gemindert.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2006 bewilligte die Beklagte Alg vom 10. bis einschließlich 15. November 2005 in Höhe von täglich 14,85 EUR (bei einem täglichen Leistungssatz von 29,69 EUR abzüglich eines täglichen Anrechnungsbetrages von 14,84 EUR aus der Minderung wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger per Fax am 28. Februar 2006 bei der Beklagten Widerspruch ein und machte geltend, ein abzusetzender täglicher Anrechnungsbetrag sei unrichtig berechnet und zu Unrecht angesetzt worden.

Mit Schreiben vom 24. März 2006 wies die Beklagte den Bevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass die Minderung des Leistungsanspruchs um 89,04 EUR auf den Minderungsbescheid vom 25. Mai 2005 zurückzuführen sei; dieser Bescheid sei bindend geworden. Vom 16. November 2005 bis zum 27. November 2005 habe der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts von Sperrzeiten geruht und ab dem 28. November 2005 sei die Bewilligung von Alg wegen fehlender Verfügbarkeit ganz aufgehoben worden (Bescheide vom 30. Januar 2006); auch diese Bescheide seien zwischenzeitlich bindend geworden. Der Bevollmächtigte des Klägers teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 4. April 2006 mit, gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 über den Eintritt von Sperrzeiten und die Aufhebung des Alg sei durch Schreiben vom 24. Februar 2006 form- und fristgerecht das zulässige Rechtsmittel eingelegt worden, das rechtzeitig mit der Post versandt worden sei. Hilfsweise beantrage er gegen eine eventuelle Fristversäumnis die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zugleich wurde ein Antrag auf Überprüfung der Bescheide vom 30. Januar 2006 über den Eintritt einer Sperrzeit und der Aufhebung des Alg gemäß § 44 SGB X gestellt. Zur Begründung wurde geltend gemacht, der Kläger habe nicht gegen seine Meldepflicht nach § 309 SGB III verstoßen. Er habe nie ein Schreiben der Agentur für Arbeit zur Vorladung zu den Terminen am 15. November 2005, 21. November 2005 und 28. November 2005 erhalten. Er habe vom 15. November 2005 bis zum 25. November 2005 wegen einer dringenden Familienangelegenheit verreisen müssen und sei durch einen wichtigen Grund daran gehindert gewesen, in der Agentur für Arbeit zu erscheinen. Eine Sperrzeit hätte daher überhaupt nicht angeordnet werden dürfen. Der Kläger sei vor der Entscheidung der Agentur für Arbeit, den Bewilligungsbescheid für die Dauer der Sperrzeit aufzuheben, auch nicht gemäß § 24 SGB X angehört worden, ebenso wenig vor der endgültigen Aufhebung des Leistungsbezuges zum 28. November 2005. Nach Auskunft der BKK Schw., wo der Kläger pflichtversichert gewesen sei, sei er am 16. November 2005 von der Agentur für Arbeit abgemeldet und nicht wieder angemeldet worden, was rechtswidrig sei. Er habe bei Beendigung des Leistungsbezuges gemäß § 19 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für einen Monat nachgehenden Krankenversicherungsschutz. Die Zahlung der Beiträge an die BKK Schw. hätte durch die Agentur für Arbeit mindestens bis zum 28. Dezember 2005 weiter erfolgen müssen, weshalb beantragt werde, die Beiträge an die BKK Schw. nachzuzahlen. Außerdem werde beantragt, den Minderungsbescheid vom 25. Mai 2005 nach § 44 SGB X zu überprüfen und aufzuheben. Gegen § 140 SGB III gebe es zahlreiche verfassungsrechtliche Bedenken. Außerdem habe der Kläger nicht gewusst, dass er sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes beim Arbeitsamt arbeitsuchend melden müsse. Er sei über die Pflicht zur frühzeitigen Meldung nicht informiert worden und die Verspätung der Meldung als arbeitsuchend sei unverschuldet geschehen, was eine Minderung des Alg ausschließe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 als unzulässig. Die Widerspruchsfrist bezüglich dieser Bescheide habe am 2. März 2006 geendet und der Widerspruch sei erst nach Ablauf dieser Frist am 7. April 2006 eingegangen. Es seien keine Gründe erkennbar, die das Fristversäumnis rechtfertigten und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ermöglichten. Von dem Bevollmächtigten des Widerspruchsführers habe nicht glaubhaft gemacht werden können, dass der Widerspruch gegen die genannten Bescheide vom 30. Januar 2006 bereits fristgerecht mit Schreiben vom 24. Februar 2006 erhoben worden sei.

Mit Bescheid vom 2. Mai 2006 lehnte die Beklagte den Antrag gemäß § 44 SGB X ab. Da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei, müsse es bei den Entscheidungen verbleiben. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006 als unbegründet zurück.

Schließlich erteilte die Beklagte noch den Widerspruchsbescheid vom 17. August 2006, mit dem sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Januar 2006 (betreffend die Höhe des ausgezahlten Alg bzw. die Minderung nach § 140 SGB III) als unbegründet zurückwies.

Der Kläger hat seine Begehren weiterverfolgt und am 12. Mai 2006 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006, am 19. Juli 2006 Klage gegen den Bescheid vom 2. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 (betreffend § 44 SGB X) und am 18. September 2006 Klage gegen den Bescheid vom 31. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2006 zum Sozialgericht Reutlingen erhoben, das die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Der Kläger hat im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und bestritten, dass die Widersprüche gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 bei der Beklagten nicht eingegangen seien und geltend gemacht, dass dies ggf. durch einen Fehler der Post verursacht worden sei. Der Kläger habe Schreiben der Agentur für Arbeit Rottweil mit Einladungen zu Terminen am 15., 21. und 28. November 2005 nie erhalten. Er habe vom 15. bis zum 25. November 2005 wegen einer dringenden Familienangelegenheit verreisen müssen und sei deshalb durch einen wichtigen Grund daran gehindert gewesen, in der Agentur für Arbeit zu erscheinen. Im übrigen seien die Bescheide vom 30. Januar 2006 ohne seine vorherige Anhörung ergangen. Er habe bei Beendigung des Leistungsbezugs gemäß § 19 Abs. 2 SGB V Anspruch auf einen Monat nachgehenden Krankenversicherungsschutz gehabt und die Beklagte hätte mindestens bis zum 28. Dezember 2005 weiter die Beiträge an die BKK Schw. zahlen müssen. Der Minderungsbescheid vom 25. Mai 2005 sei rechtswidrig gewesen. Ihm sei die frühzeitige Meldepflicht beim Arbeitsamt nicht bekannt gewesen und er sei darüber auch nicht informiert worden. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, der Bevollmächtigte des Klägers habe die an die Beklagte gerichteten Schreiben (Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 31. Januar 2006) fälschlicherweise an die Neckarstraße 5 adressiert, die richtige Hausnummer sei jedoch die 100, wie es in den an den Kläger gesandten Bescheiden zutreffend angegeben gewesen sei. Dem Rechtsanwalt sei somit offensichtlich ein Schreibfehler unterlaufen, den die Beklagte nicht zu vertreten habe. Die Verantwortung für die Schwierigkeiten bei der Postzustellung habe der Bevollmächtigte durch Angabe einer unrichtigen Zustellanschrift verursacht. Ein Wiedereinsetzungsgrund ergebe sich damit nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 31. Januar 2006 dem Kläger Alg für die Zeit vom 10. bis 15. November 2005 ungemindert bewilligt und eine Nachzahlung in Höhe von 89,04 EUR angekündigt. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. März 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid vom 25. Mai 2005 betreffend die Minderung des ab dem 28. April 2005 bewilligten Alg um 1.015,00 EUR wegen um 29 Tage zu spät erfolgter Arbeitssuchendmeldung sei gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Beteiligten in der Sache bindend geworden, nachdem gegen ihn kein Rechtsbehelf eingelegt worden sei. Soweit die Beklagte im Bescheid vom 2. Mai 2006 an dem Minderungsbescheid vom 25. Mai 2005 festgehalten und seine Rücknahme nach § 44 SGB X abgelehnt habe, sei dies jedenfalls für den Zeitraum bis zu den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 18. August 2005 - B 7 an AL 80/04 R und B 7 a/7 AL 94/04 R nicht rechtswidrig. Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit des Minderungsbescheids vom 25. Mai 2005 mit der Begründung geltend mache, er habe nicht gewusst, dass er sich frühzeitig beim Arbeitsamt melden müsse, er habe die Pflicht zur frühzeitigen Meldung nicht gekannt und sei darüber nicht informiert worden, sei dies im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass ihm bereits im Zusammenhang mit der Beendigung des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses bei der Firma H. & Sch. zum 7. Oktober 2003 die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2004 einen Minderungsbescheid wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung erteilt und dabei auf die Obliegenheit zur unverzüglichen Arbeitssuchendmeldung hingewiesen habe, sowie im Hinblick darauf, dass auch im Kündigungsschreiben vom 5. April 2005 seitens des Arbeitgebers darauf hingewiesen worden sei, dass sich der Arbeitnehmer unverzüglich persönlich beim Arbeitsamt suchend melden müsse. Der Kläger habe also diese Obliegenheit gekannt und wenn er sie nicht zur Kenntnis genommen habe, sei ihm diesbezüglich Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Grundsätzlich habe daher die Beklagte im Schreiben vom 25. Mai 2005 zu Recht eine Minderung beim Arbeitslosengeld wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung verfügt. Soweit hierbei die Wochenenden bei der Zahl der Verspätungstage mit berechnet worden seien, widerspreche dies allerdings der im Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. August 2005 ergangenen Rechtsprechung. Nach § 330 Abs. 1 SGB III sei dies aber nur für die Zeit ab dem 18. August 2005 im Rahmen des § 44 SGB X zu berücksichtigen. Dem habe die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2007 den Bewilligungsbescheid vom 31. Januar 2006 dahingehend abgeändert habe, dass dem Kläger Alg für die Zeit vom 10. bis 15. November 2005 ungemindert gezahlt werde und ihm noch 89,04 EUR nachgezahlt würden. Insoweit sei der Bescheid vom 25. Mai 2005 für diese 6 Tage im November 2005 zurückgenommen worden. Zu einer weitergehenden Rücknahme, insbesondere also für die Zeit des Bezugs von Alg vom 28. April 2005 bis einschließlich 29. Juni 2005, die vor dem Urteil vom 18. August 2005 liege, sei die Beklagte nach § 330 Abs. 1 SGB III nicht verpflichtet.

Die Bescheide vom 30. Januar 2006 betreffend drei jeweils einwöchige Sperrzeiten wegen Meldeversäumnis und Aufhebung der Bewilligung von Alg für diese Zeiten bzw. ab dem 28. November 2005 wegen fehlender Verfügbarkeit seien bindend geworden, weil ein Widerspruch gegen diese Bescheide bei der Beklagten erst am 7. April 2006 und damit nicht innerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 S. 1 SGG eingegangen sei. Auch Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren gewesen. Der klägerseitige Vortrag, der Widerspruch gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 sei von Frau Rechtsanwältin Katja Krebs richtig frankiert und adressiert und noch am 24. Februar 2006 in den Briefkasten, Gewerbestraße in 79227 Schallstadt eingeworfen worden, spräche gegen ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers, wenn von seiner Richtigkeit ausgegangen werden könnte. Zumindest aber die Adressierung "Neckarstraße 5" sei nicht zutreffend, denn als Absender auf den Bescheiden vom 30. Januar 2006 sei die Neckarstraße 100 genannt. Die fälschliche Behauptung einer richtigen Adressierung wie auch anderes, eindeutig mit den Tatsachen nicht zu vereinbarendes Vorbringen (z.B. die Behauptung, der Kläger habe keine einzige der Meldeaufforderungen erhalten oder er sei nicht über die Obliegenheit zur unverzüglichen Arbeitssuchendmeldung informiert worden/gewesen) lasse die Behauptung, der Widerspruch sei rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen worden, als fraglich erscheinen. Allerdings könne im konkreten Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die falsche Adressierung dem - rechtzeitigen - Zugang bei der Beklagten im Wege gestanden hätte, denn der ebenfalls in gleicher Weise falsch adressierte Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Januar 2006 sei bei der Beklagten am 1. März 2006 eingegangen, wobei auffalle, dass dieser Widerspruch das Datum vom 24. Februar 2006 trage und er per Fax vorab erst am 28. Februar 2006 der Beklagten übermittelt worden sei. Warum mit dem mit gleichem Datum (24. Februar 2006) versehenen Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Januar 2006 nicht in gleicher Weise verfahren worden sei wie mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Januar 2006 habe vom Bevollmächtigten des Klägers nicht plausibel gemacht werden können. Es bleibe daher insgesamt zweifelhaft, ob und wenn ja wann der Widerspruch gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 zur Post gegeben worden sei. Die Beklagte habe folglich mit dem Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006 den Widerspruch gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 zu Recht als unzulässig, weil verfristet, zurückgewiesen. Die hiergegen am 12. Mai 2006 erhobene Klage sei daher unbegründet.

Der Bescheid vom 31. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2006 sei rechtmäßig und der Kläger habe für die Zeit ab dem 16. November 2005 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nachdem die Bewilligung von Arbeitslosengeld durch den Aufhebungsbescheid vom 27. Juni 2005 zum 30. Juni 2005 aufgehoben worden sei, habe dem Kläger erst wieder ab der erneuten Antragstellung am 10. November 2005 Alg bewilligt werden können. Zur Arbeitslosigkeit gehöre nach § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Wie der Bevollmächtigte des Klägers in seinem Schriftsatz vom 4. April 2006 an die Beklagte vorgetragen habe, sei dieser vom 15. bis zum 25. November 2005 "wegen einer dringenden Familienangelegenheit" verreist gewesen. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass er in dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit im Sinn des § 119 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III nicht zur Verfügung gestanden habe, da er u.a. nicht in der Lage gewesen sei, während dieser Zeit unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen und die Agentur für Arbeit aufzusuchen und ihn auch die Arbeitsagentur während dieser Zeit nicht persönlich unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost an Werktagen habe erreichen können, wie es § 1 der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) im einzelnen verlange. Die Ortsabwesenheit des Klägers hätte nach § 3 Abs. 1 EAO seiner Verfügbarkeit nur dann nicht entgegen gestanden, wenn die Agentur für Arbeit vorher ihre Zustimmung erteilt hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei und was wohl auch schon deshalb nicht in Frage gekommen wäre, weil dem Kläger bereits im Juni 2005 ein dreiwöchiger "Urlaub" nach § 3 Abs. 1 EAO genehmigt worden sei. Auf die Gründe, weshalb der Kläger ab dem 15. November 2005 ortsabwesend gewesen sei, komme es für die Frage seiner fehlenden Verfügbarkeit nicht an. Lägen daher die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg ab dem 16. November 2005 beim Kläger nicht vor, sei die Befristung der Bewilligung von Alg in dem Bescheid vom 31. Januar 2006 (bis einschließlich 15. November 2005) rechtmäßig und die auf eine Weiterzahlung des Alg gerichtete Klage erweise sich folglich als unbegründet. (Zur Zahlung von Beiträgen an die gesetzliche Krankenversicherung sei die Beklagte im Übrigen nur für die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld verpflichtet; § 251 Abs. 4 a SGB V. Über § 19 Abs. 2 SGB V könne, entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers, keine weitergehende Beitragspflicht der Beklagten konstruiert werden).

Auch der Bescheid vom 2. Mai 2006 mit dem die Rücknahme der Bescheide vom 30. Januar 2006 gemäß § 44 SGB X abgelehnt worden sei, sei rechtmäßig. Der erste Bescheid vom 30. Januar 2006 enthalte zwei Verfügungssätze, zum einen die Feststellung einer Sperrzeit vom 16. bis zum 22. November 2005 und zum anderen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für diese Zeit. Nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Dezember 2005 geltenden Fassung trete eine Sperrzeit bei Meldeversäumnis ein, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309 SGB III), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkomme; die Dauer einer solchen Sperrzeit betrage nach § 144 Abs. 6 SGB III eine Woche. Dem Kläger sei bei seiner Arbeitslosmeldung am 10. November 2005 u.a. einen Termin zur Antragsabgabe am 15. November 2005 um 11.15 Uhr ausgehändigt worden. Nach dem klägerseits nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten habe das Einladungsschreiben die vorgeschriebene Rechtsfolgenbelehrung enthalten. Der Kläger sei zu dem Termin am 15. November 2005 nicht erschienen. Nach Vortrag seines Bevollmächtigten sei er an diesem Tag "wegen einer dringenden Familienangelegenheit" verreist. Da klägerseits nicht näher dargelegt und unter Beweis gestellt worden sei, wann die Abreise genau gewesen sei (ob nicht z.B. davor die Terminswahrnehmung möglich gewesen wäre), und welche konkrete Gründe den Kläger gehindert hätten, die Beklagte von seiner Verhinderung der Wahrnehmung dieses Termins zu unterrichten, könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger für die Nichtwahrnehmung des Termins am 15. November 2005 einen wichtigen Grund gehabt habe. Die Beklagte habe daher zu Recht eine Sperrzeit für die Zeit vom 16. bis 22. November 2005 festgestellt. Soweit sie im gleichen Bescheid auch die Aufhebung der Bewilligung von Alg für diese Zeit verfügt habe, gehe dies allerdings ins Leere, da für die Zeit ab dem 16. November 2005 Alg gar nicht bewilligt worden sei. Wenn im zweiten und dritten Bescheid vom 30. Januar 2006 der Eintritt von Sperrzeiten von jeweils einwöchiger Dauer (vom 23. bis 29.November 2005 und vom 29. November 2005 bis 5. Dezember 2005) festgestellt worden sei, sei dies ebenfalls rechtmäßig. Die Meldeaufforderungen zu den Terminen am 21. November 2005 und am 28. November 2005 seien dem Kläger per Post zugesandt worden. Unter den gegebenen Umständen genüge es nicht, wenn der Kläger pauschal und unsubstantiiert den Zugang dieser Meldeaufforderung bestreite. Die Ortsabwesenheit allein schließe die Möglichkeit nicht aus, eine Meldeaufforderung einschließlich der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Meldeversäumnisses zur Kenntnis zu nehmen und das Verhalten entsprechend einzurichten, etwa, indem im Einzelfall Vorkehrungen zur Kenntnisnahme von während der Abwesenheit eingehender Post getroffen würden. Wenn der Kläger selbst durch sein Verhalten ein Hindernis geschaffen habe, Kenntnis von der Meldeaufforderung und der beigegebenen Rechtsfolgenbelehrung zu nehmen, sei er rechtlich so zu behandeln wie ein Arbeitsloser, dem mit der der Meldeaufforderung beigefügten Belehrung nach Abwägung der eintretenden Rechtsfolgen eine Entscheidung ermöglicht worden sei, ob er der Einladung Folge leisten wolle. Ein wichtiger Grund für die Säumnis könne aus den gleichen Gründen wie bei der Sperrzeit vom 16. bis 22. November 2005 nicht anerkannt werden. Die Beklagte habe daher zu Recht weitere Sperrzeiten vom 23. November 2005 bis zum 29. November 2005 und vom 29. November 2005 bis zum 5. Dezember 2005 festgestellt. Entgegen der Auffassung des Klägers bzw. seiner Bevollmächtigten ergebe sich hieraus allerdings für die Beklagte keine Verpflichtung zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen; eine Rechtsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung von Alg in den weiteren Bescheiden vom 30. Januar 2006 gelte das zum ersten Bescheid (betreffend die Sperrzeit vom 16. bis 22. November 2005) Gesagte. Diese Aufhebung sei rechtlich ohne Relevanz, da es keine Bewilligung von Alg für die betreffenden Zeiträume gegeben habe, die hätte aufgehoben werden können. Habe folglich die Beklagte in den Bescheiden vom 30. Januar 2006 zu Recht drei Sperrzeiten von jeweils einer Woche Dauer festgestellt und seien dem Kläger durch diese Bescheide keine Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden, lägen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X nicht vor und die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Bescheide vom 30. Januar 2006 zurückzunehmen. Der Bescheid vom 2. Mai 2006 und mit ihm der Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2006 erwiesen sich daher als diesbezüglich rechtmäßig.

Gegen dieses ihm am 11. April 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. April 2007 Berufung beim Landessozialgericht Stuttgart eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. März 2007 und die Bescheide der Beklagten vom 30. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. April 2006 aufzuheben, hilfsweise den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 30. Januar 2006 gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen, den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit ab dem 16. November 2005 zu zahlen sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 25. Mai 2005 gemäß § 44 SGB X hinsichtlich der Minderung zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung für zutreffend und die angegriffenen Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageakten des SG, die Berufungsakten des Senats und die Akten der Agentur für Arbeit Rottweil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Berufungsbeschränkungen nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bestehen nicht. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist lediglich Folgendes hinzuzufügen: Die Klage gegen die Bescheide vom 30. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 10. April 2006 war bereits unzulässig, weil kein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt worden ist, nachdem der Widerspruch, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, verfristet war und auch Gründe für die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht gegeben waren.

Im Übrigen waren die Klagen unbegründet. Die vom Kläger angegriffenen Entscheidungen sind insbesondere auch nicht deshalb zu beanstanden, weil der Kläger vor Erlass der jeweiligen Ausgangsbescheide nicht angehört worden ist. Hinsichtlich des Bescheids vom 31. Januar 2006 ist die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden. Im Rahmen der Überprüfungsverfahren hinsichtlich der Bescheide vom 25. Mai 2005 und 30. Januar 2006 nach § 44 SGB X konnte die fehlende Anhörung nicht mehr geltend gemacht werden. Denn § 24 SGB X gehört nur zu den vertrauensschützenden Normen des Verfahrensrechts, so dass Verstöße dagegen im Verfahren nach § 44 SGB X nicht zu korrigieren sind; abgesehen davon kann ein Betroffener wie der Kläger sich auf eine Verletzung der Anhörungspflicht nicht berufen, wenn er trotz eines etwaigen Anhörungsmangels gegen den im Bescheid getroffenen Rechtseingriff nicht den vorgesehenen Rechtsbehelf des Widerspruchs ergreift, den Bescheid also bestandskräftig werden lässt und damit der Beklagten die Möglichkeit einer heilenden Nachholung des Anhörungsmangels versperrt (vgl. Urteil des Senats vom 8. April 1997 - L 13 Ar 2447/96 -, veröffentlicht in Juris).

Auch dem Senat erscheint nicht zweifelhaft, dass über das im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Anerkenntnis hinaus keine Änderung der Minderungsbescheide vom 25. Mai 2005 im Verfahren gemäß § 44 SGB X i.V.m. § 330 SGB III zu erfolgen hatte. § 330 Abs. 1 SGB III schränkt die Änderungsbefugnis hinsichtlich bindend gewordener Bescheide in der Weise ein, dass allein die Rechtswidrigkeit eine Rücknahme oder Änderung nicht mehr zulässt. Selbst im Falle der Verfassungswidrigkeit einer zugrunde gelegten Norm oder wie hier einer anders lautenden ständigen Rechtsprechung darf eine Rücknahme erst für die Zeit ab der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Entstehens der ständigen Rechtsprechung erfolgen. Der Sinn dieser Regelung ist eine Verwaltungsvereinfachung. Wie sich aus den Materialien zum 1. SKWPG ergibt, soll die Bundesagentur für Arbeit von einer massenhaften rückwirkenden Korrektur von Verwaltungsakten entlastet werden (BT-Drucks. 12/5502 S. 37; s. auch BT-Drucks. 8/2034 S. 37). Es ist hier nicht zweifelhaft, dass die Bundesagentur vor den im erstinstanzlichen Verfahren zitierten Entscheidungen des BSG vom 18. August 2005, die vor Stellung des Antrags nach § 44 SGB X ergangen sind, den Begriff der "Tage" in § 140 Satz 1 SGB III a.F. jeweils im Sinne von Kalendertage ausgelegt und bei der Ermittlung der Verspätung einer Arbeitsuchendmeldung nicht lediglich die Anzahl der Tage, an denen Dienstbereitschaft der zuständigen Agentur bestand, berücksichtigt hat. Weiterhin steht für den Senat fest, dass das BSG mit den genannten Urteilen diesen Begriff und damit die maßgebliche Norm nun in ständiger Rechtsprechung anders auslegt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 11 AL 99/99 R -, SozR 3-4100 § 152 Nr. 10; zu dem hier nicht vorliegenden Fall verfassungsrechtlicher Bedenken gegen ein Regelungskonzept vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 11/05 R -, veröffentlicht in Juris). Damit ist es nicht zu beanstanden, dass es bei der in der Zeit vom 28. April 2005 bis zum 18. Mai 2005 und vom 26. Mai 2005 bis zum 29. Juni 2005 erfolgten Minderung verbleibt und die Minderung erst ab der Neubewilligung mit Bescheid vom 31. Januar 2006 aufgehoben wurde.

Hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Sperrzeitbescheide vom 30. Januar 2006 ist lediglich zu ergänzen, dass auch für den Senat aufgrund des Vortrags der Beklagten feststeht, dass auch die an den Kläger gerichteten Meldeaufforderungen mit der üblichen formularmäßigen und zutreffenden Rechtsfolgebelehrung versehen waren. Weiterhin steht aufgrund der in den Akten enthaltenen Vermerke fest, dass dem Kläger die erste Meldeaufforderung persönlich ausgehändigt wurde und ihm am 16. November und am 21. November 2005 die beiden weiteren Ladungen sowie am 23. November 2005 eine die Uhrzeit betreffende Umladung für den 28. November 2005 (vgl. Verwaltungsakten Bl. 286, 287 und 347) zugesandt worden sind. Für den Senat steht auch fest, dass dem Kläger auch die per Post übermittelten Einladungen zugegangen sind. Hierfür spricht ohne Weiteres, dass ausweislich der Akten keines der insgesamt drei Schreiben an die Behörde zurückgeleitet wurde. Darauf, ob der Kläger in der fraglichen Zeit aufgrund einer der Beklagten nicht mitgeteilten Ortsabwesenheit seine Post aus seinem Briefkasten nicht selbst entnehmen konnte, kommt es nicht an. Damit begannen die einwöchigen Sperrzeiten jeweils am Tag nach dem sperrzeitauslösenden Meldeversäumnis und somit am 16., 22. und 28. November 2005 und endeten am 22. November, am 29. November und am 5. Dezember 2005. Die Anspruchsminderung um jeweils sieben Tage trat nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III kraft Gesetzes ein.

Der Kläger hatte auch nach Überzeugung des Senats über den 15. November 2005 hinaus bzw. ab dem 6. Dezember 2005 mangels Verfügbarkeit keinen Anspruch auf Alg. Für die Zeit vom 16. November 2005 bis zum 5. Dezember 2005 kann dies allerdings offenbleiben, weil der Anspruch ohnehin aufgrund der Sperrzeiten ruhte. Dass der Kläger aber auch ab dem 6. Dezember 2005 bis zu seiner erneuten Vorsprache bei der Agentur für Arbeit in Rottweil nicht verfügbar war, ergibt sich daraus, dass er auf die beiden Einladungen im November 2005 auch nach der von ihm vorgetragenen Reise bis zum 11. Januar 2006 nicht reagiert hat, insbesondere der Agentur für Arbeit nicht den Hinderungsgrund für die Wahrnehmung der genannten Termine und seine Ortsabwesenheit mitgeteilt hat, obwohl ihm der erste Termin persönlich genannt worden war und er die nachfolgenden Schreiben nach einer Rückkehr an die Adresse (E.str., R.), die er der Agentur für Arbeit angegeben hatte, hätte vorfinden müssen. Hinzukommt, dass der Kläger bis zum 11. Januar 2006 seinen Antrag auf Leistungen nicht abgegeben hat, obwohl er weder einen Bescheid noch Leistungen erhalten und auch keinen Krankenversicherungsschutz mehr hatte. Aufgrund dieser Umstände steht für den Senat fest, dass der Kläger, wenn überhaupt erst am 11. Januar 2006 unter der von ihm angegebenen Adresse wieder erreichbar war, an dem Tag, an dem er, nachdem er nach seinem Vortrag am 20. bzw. 21. Dezember 2005 in der Gegend von Lahr einen Unfall gehabt hatte und anschließend bis zum 10. Januar 2006 stationär behandelt wurde, die Agentur für Arbeit wieder persönlich aufgesucht hat. (In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Kläger die Prozessvollmacht - AS 38 der SG-Akte S 8 AL 1760/06 - am 11. Februar 2006 in Lahr unterzeichnet hat.) Damit war die Arbeitslosigkeit des Klägers länger als sechs Wochen unterbrochen, so dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III erloschen war. Dementsprechend konnte ihm aufgrund der Arbeitslosmeldung vom 10. November 2005 Alg auch ab einem späteren Zeitpunkt Alg nicht mehr gewährt werden. Ob sich der Kläger am 11. Januar 2006 bzw. nach dem Ende seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit erneut arbeitslos gemeldet hat, bedurfte ebenfalls keiner Erörterung, weil der hier streitgegenständliche Bescheid vom 31. Januar 2006 aufgrund der Arbeitslosmeldung vom 10. November 2005 und dem hierzu am 11. Januar 2006 nachgereichten Antrag erfolgt ist und keine Entscheidung zu einer möglichen späteren Arbeitslosmeldung und über einen erneuten Leistungsantrags enthält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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