Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 50 SO 436/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 SO 14/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
verb. m. L 7 SO 15/08 B ER
I. Die Verfahren L 7 SO 14/08 B ER und L 7 SO 15/08 B ER werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 (S 50 SO 375/07 ER) wird als unzulässig verworfen.
III. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 (S 50 SO 436/07 ER) wird zurückgewiesen.
IV. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
V. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller, der eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von rückständigen Wohnkosten für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Der 1951 geborene Antragsteller beantragte erstmals im November 1996 beim Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dieser Zeit kam es bereits mehrfach zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten.
Der Antragsteller bewohnt seit dem 1. August 2006 die Eigentumswohnung seines in E. aufenthältlichen Bruders A. in A-Stadt, A-Straße. Es handelt sich dabei um eine 46,25 m² große Zweizimmerwohnung, für deren Grundmiete der Antragsteller 370,00 EUR zuzüglich 90,67 EUR Betriebskosten und 84,41 EUR Heizkosten - insgesamt 545,08 EUR monatlich - zu zahlen hat.
Aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 (Az.: L 7 SO 71/06 ER) bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 31. Mai 2007 für den Zeitraum vom 19. Februar 2007 bis 31. Juli 2007 unter Vorbehalt Leistungen der Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) in Höhe von 329,97 EUR monatlich. Dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch, weil u.a. die rückständige Miete nicht berücksichtigt worden sei.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 lehnte die Beklagte u.a. die Übernahme der rückständigen Miete zuzüglich Umlagen ab, die der Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juni 2007 und 17. Juni 2007 unter Beifügung einer von ihm selbst verfassten Forderungsaufstellung beansprucht hatte.
Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden wurde. Mit am 16. Juli 2007 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Antrag beantragte er zudem den Antragsgegner zur Übernahme der rückständigen Wohnkosten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten und machte geltend, auf Grund der rückständigen Miete ("nebst Kaution") seit dem 1. August 2006 unmittelbar von der Zwangsräumung bedroht zu sein. Der Rückstand betrage bezogen auf den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2007 - 4.560,59 EUR.
Durch Beschluss vom 10. September 2007 (Az.: S 49 SO 263/07 ER) wies das Sozialgericht den Antrag als unzulässig mit der Begründung ab, es gehe - ebenso wie das Hessische Landessozialgericht in seinen Beschlüssen vom 8. August 2005 (Az.: L 7 AS 36/05 ER) und vom 8. März 2006 (Az.: L 7 AS 98/05 ER) - von der Prozessunfähigkeit des Antragstellers aus.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsteller mit der Beschwerde an das Hessische Landessozialgericht. Mit bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main am 30. Oktober 2007 eingegangenem Eilantrag beantragte der Antragsteller mit gleichlautender Begründung neuerlich die Übernahme der rückständigen Miete für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Mit Beschluss vom 20. November 2007 (L 7 SO 99/07 ER) hob der Senat den Beschluss des Sozialgerichtes vom 10. September 2007 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Begründung zurück, es bestünden aufgrund eigener Anschauung keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers. Das Sozialgericht hätte die tatsächlichen Umstände ermitteln oder zumindest benennen müssen, aus denen auf die Prozessunfähigkeit des Antragstellers geschlossen werden könnte. Dass dies nicht geschehen sei, begründe einen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag an das Sozialgericht berechtige.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Antragstellers vom 16. Juli 2007 neuerlich abgelehnt (Az.: S 50 SO 436/07 - vormals S 49 SO 236/07 ER) und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Das Gericht habe bereits Zweifel daran, dass die Erhaltung der jetzigen Wohnung von der Schuldenübernahme abhängig sei. Der Antragsteller habe zuvor eine überschuldete Eigentumswohnung im gleichen Gebäude bewohnt, die mangels Zahlungen im Jahre 2006 zwangsversteigert worden sei. Dass der Bruder und Vermieter ihm seine Wohnung zur Verfügung gestellt habe, sei ein starkes Indiz dafür, dass dem Antragsteller trotz Mietnichtzahlung die Wohnung (zunächst) erhalten bleiben solle und jedenfalls eine Obdachlosigkeit oder vergleichbare Notlage nicht zu befürchten sei.
Es sei schließlich der gleiche Zustand heute anzutreffen, wie er auch zum Zeitpunkt der Wohnungsanmietung im August 2006 bestanden habe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass eine Schuldenübernahme den Wohnungserhalt langfristig sichern könnte. Die streitgegenständlichen Wohnkosten seien unangemessen hoch. Aufgrund der deshalb von Seiten des Antragsgegners angestrebten Reduzierung der Mietkosten sei es absehbar, dass der Antragsteller langfristig von einer ggf. reduzierten Grundsicherungsleistung, die nur noch angemessene Unterkunftskosten berücksichtige, den streitgegenständlichen Wohnraum nicht finanzieren könne. Es sei darüber hinaus auch nicht glaubhaft vorgetragen, dass eine Schuldenübernahme gerechtfertigt sei. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Verlust der Unterkunft oder die vergleichbare Notlage vom Leistungsberechtigten nicht selbst beseitigt werden könne. Der Antragsteller habe seinem Bruder in der Vergangenheit nur die Unterkunftsbeträge ausgezahlt, obgleich er nach seinem Einkommen (Erwerbsminderungsrente und Grundsicherungsleistung) in der Lage gewesen wäre, die volle Miete zu zahlen. Insofern könne wenigstens eine Schuldenreduzierung durch den Einsatz des eigenen Einkommens erfolgen.
Mit Beschluss ebenfalls vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Antragstellers vom 30. Oktober 2007 abgelehnt (Az.: S 50 SO 375/07). Der Antrag sei unzulässig. Der Vortrag des Antragstellers wiederhole die im Wesentlichen bereits bekannten Lebensumstände. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage sei erkennbar nicht eingetreten.
Mangels Erfolgsaussicht wurden vom Sozialgericht auch die von dem Antragsteller gestellten Anträge auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegen die dem Antragsteller am 28. Januar 2008 zugestellten Beschlüsse hatte er am 5. Februar 2008 mit gleichlautenden Schreiben Beschwerden eingelegt. Der Antragsgegner nehme billigend seine Obdachlosigkeit in Kauf. Zwischenzeitlich sei das Insolvenzverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Es sei unverständlich, wieso der Antragsgegner ihn als anerkannt politisch Verfolgten so benachteilige und die Menschenwürde mit Füßen trete. Zu dem geltend gemachten Anspruch hat der Antragsteller sich nicht weiter geäußert. Das Sozialgericht hat den Beschwerden laut richterlicher Verfügung vom 11. Februar 2008 nicht abgeholfen.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, Mietrückstände in Höhe von 4.560,59 EUR zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist der Antragsgegner vollinhaltlich auf die angegriffenen Beschlüsse des Sozialgerichts.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten der vorliegenden Verfahren, auf die der Verfahren S 50 SO 375/07 ER, S 50 SO 436/07 ER und S 49 SO 263/07 ER (Sozialgericht Frankfurt am Main) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Gemäß § 113 Abs. 1 SGG waren die Streitsachen L 7 SO 14/08 B ER und L 7 SO 15/08 B ER zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Die Beschwerde L 7 SO 15/08 B ER ist unzulässig. Sie richtet sich zwar gegen einen mit der Beschwerde angreifbaren Beschluss im Sinne von § 172 Abs. 1 SGG und ist auch frist- und formgerecht im Sinne von § 173 SGG eingelegt worden. Allerdings verfolgt diese Beschwerde das gleiche Rechtsschutzziel wie die ebenfalls vom Antragsteller am 5. Februar 2008 anhängig gemachte Beschwerde mit dem Aktenzeichen L 7 SO 14/08 B ER, nämlich die Übernahme des Mietkostenrückstandes für die Zeit von August 2006 bis Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Die weitere Beschwerde ist daher eine zweite Beschwerde in derselben Sache. Eine solche ist jedoch nach § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) unzulässig (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 94 RdNr. 7). Auf die Aufforderung des Senats, die zweite Beschwerde wegen doppelter Rechtshängigkeit zurückzunehmen, erfolgte keine Reaktion durch den Antragsteller.
Die statthafte und auch zulässige Beschwerde L 7 SO 14/08 B ER ist nicht begründet und daher zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den vom Antragsteller behaupteten Mietrückstand für die Zeit vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR zu übernehmen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b RdNrn. 27 und 29 m. w. N.).
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei sind, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, a. a. O.). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b, RdNrn. 16 b, 16 c, 40).
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anordnungsanspruch ist § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Nach dessen Satz 1 können Mietschulden (nur) übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 der Vorschrift sollen sie übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Mit diesem Wortlaut stellt der Gesetzgeber sowohl bei dem Ermessenstatbestand des Satz 1 als auch bei der Soll-Vorschrift des Satz 2 die Schuldübernahme unter das Primat, dass diese zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage "gerechtfertigt" sein muss. Bei dieser Formulierung handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal der Norm (siehe gleichsam schon zur Vorgängervorschrift des § 15a Bundessozialhilfegesetz - BSHG -, OVG Lüneburg, FEVS 47, 360).
Die Voraussetzungen der zuletzt genannten Sollvorschrift liegen jedenfalls deshalb nicht vor, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Übernahme der Schulden zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit notwendig und gerechtfertigt ist, ihm also konkret Wohnungslosigkeit droht. Wohnungslosigkeit droht dabei dann einzutreten, wenn die bisher bewohnte Wohnung zum Beispiel durch drohende Vermieterkündigung oder Räumungsklage gefährdet ist und eine andere Wohnung auf dem Markt nicht angemietet werden kann und deshalb eine Unterbringung nur in einer Not- oder Obdachloseneinrichtung in Betracht kommt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. November 2005 – L 23 B 1029/05 SO ER; Streichsbier in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 34 Rdnr. 9).
Der Antragsteller hat bisher nicht glaubhaft gemacht, dass sein Bruder als Vermieter das Mietverhältnis wegen der offenen Forderungen zu beenden gedenkt. Dem Sozialgericht ist darin zuzustimmen, dass die äußeren Umstände, insbesondere dessen Aufenthalt in E. und die auch nach dem 30. Juni 2007 (bis heute) weiter angewachsenen Miet- und Nebenkosten, eher auf das Gegenteil schließen lassen. Auch die Eigentümerversammlung des Anwesens A-Straße, A-Stadt, hat sich ausweislich des Protokolls derer Versammlung vom 1. Dezember 2007 (Blatt 12 der Gerichtsakte) offensichtlich damit abgefunden, dass "eine Durchsetzung der Forderung wohl nicht möglich ist, da im Moment das Verbraucherinsolvenzverfahren läuft und aus Sicht des Herrn A. bei positivem Verlauf ihm die Schulden in sechs Jahren erlassen werden".
Der Vortrag des Antragstellers erschöpft sich zu diesem Punkt in der schlichten Behauptung, dass er wegen der Nichtzahlung der Miete unmittelbar von der Kündigung betroffen sei und der Antragsgegner seine Obdachlosigkeit billigend in Kauf nehme. Dass die Schuldenübernahme zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist, ist nach alledem nicht glaubhaft.
Betrachtet man zudem die wirtschaftlichen Gesamtsituationen des Antragstellers, der neben seiner Erwerbsunfähigkeitsrente (552,07 EUR) seit dem 19. Februar 2007 von dem Antragsgegner Leistungen in Höhe von 329,97 EUR monatlich erhalten hat, ist nicht erklärlich, warum die Mietzahlungen, zu denen er dem Einkommen nach durchaus in der Lage war, nicht erfolgt sind. Ausweislich der von dem Antragsteller bei der Antragstellung am 17. Juni 2007 vorgelegten Forderungsaufstellung (Blatt 182 der Verwaltungsakte) leistete er von August 2006 bis Januar 2007 überhaupt keine Zahlungen, für Februar 2007 insgesamt 117,51 EUR sowie für die Monate März 2007 bis Juni 2007 monatlich 329,27 EUR.
Unverständlich ist, warum der Antragsteller nicht wenigstens Teile der aufgelaufenen Rückstände bei Erhalt der Nachzahlung des Antragsgegners aus dem Bescheid vom 31. Mai 2007 (1.436,47 EUR) beglichen hat. Die nachhaltig nicht respektive nur gering erfolgten Mietzahlungen muten beinahe schon dahin an, dass der Antragsteller die Mietschulden absichtlich entstehen lässt. In einem solchen Fall wäre indes die Schuldenübernahme nach § 34 Abs. 1 SGB XII ohnehin ausgeschlossen (Bieritz-Harder/Birk in: LPK – SGB XII, § 34 RdNr. 6 m.N.a. OVG Hamburg vom 2. April 1990 – BS IV 88/90 – FEVS 41, 327).
Ebenfalls hat der Antragsteller bisher nicht einmal auch nur ansatzweise glaubhaft gemacht, in A-Stadt oder der näheren Umgebung nicht kurzfristig eine andere Wohnung finden zu können. Dies ist i.Ü. auch sonst nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass der Antragsgegner der Auffassung ist, dass die Kosten der Unterkunft des Antragstellers ohnehin unangemessen hoch sind (Schreiben vom 11. Juli 2007, Blatt 227 der Verwaltungsakte). Dieser Einwand ist beachtlich, da eine Leistung nach § 34 Abs. 1 SGB XII zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist (Bieritz-Harder/Birk in: LPK – SGB XII, § 34 RdNr. 6 mit Hinweisen auf entsprechende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 - L 7 SO 2938/06 B ER). Hierauf hat auch das Sozialgericht richtigerweise hingewiesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 SGB XII steht die Übernahme von Schulden im Ermessen des Leistungsträgers. Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Übernahme der Schulden (und damit auch ein Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung) kann nur dann bestehen, wenn das dem Antragsgegner eingeräumte Ermessen auf Null reduziert ist, d.h. nur noch die Entscheidung, die Schulden des Antragstellers zu übernehmen, als sachgerecht und damit rechtmäßig angesehen werden kann. Der Überprüfung der Ermessensentscheidung geht die Prüfung der Tatbestandsmerkmale der Norm voraus. Diese Prüfung hat – wie ausgeführt – ergeben, dass es bereits am Tatbestandsmerkmal der Rechtfertigung für die Übernahme der Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft fehlt. Auf Ermessensfragen kommt es daher nicht (mehr) an.
Mangels Anordnungsanspruch erübrigt sich die Frage nach einem Anordnungsgrund. Nur der Vollständigkeit halber sei gleichwohl darauf hingewiesen, dass auch dieser für den Senat nicht ersichtlich ist. Die Dringlichkeit der vom Antragsteller erstrebten vorläufigen Regelung im Sinne der notwendigen Behebung einer gegenwärtigen Notlage ist ebenfalls von ihm nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Der Antragsteller behauptet lediglich, dass ihm für den Fall der Nichtübernahme der Mietschulden die Kündigung und Obdachlosigkeit drohe. Für die Bejahung des Anordnungsgrundes muss indes die vorgetragene Gefahr für die Rechtsposition objektiv bestehen, rein subjektive Einschätzungen und Befürchtungen des Antragstellers genügen nicht (LSG Baden-Württemberg vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Vor diesem Hintergrund kann auch der noch am 1. März 2008 gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht keinen Erfolg haben (§ 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Diese Entscheidungen können nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 (S 50 SO 375/07 ER) wird als unzulässig verworfen.
III. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 (S 50 SO 436/07 ER) wird zurückgewiesen.
IV. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
V. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller, der eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von rückständigen Wohnkosten für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Der 1951 geborene Antragsteller beantragte erstmals im November 1996 beim Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dieser Zeit kam es bereits mehrfach zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten.
Der Antragsteller bewohnt seit dem 1. August 2006 die Eigentumswohnung seines in E. aufenthältlichen Bruders A. in A-Stadt, A-Straße. Es handelt sich dabei um eine 46,25 m² große Zweizimmerwohnung, für deren Grundmiete der Antragsteller 370,00 EUR zuzüglich 90,67 EUR Betriebskosten und 84,41 EUR Heizkosten - insgesamt 545,08 EUR monatlich - zu zahlen hat.
Aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senats vom 11. Mai 2007 (Az.: L 7 SO 71/06 ER) bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 31. Mai 2007 für den Zeitraum vom 19. Februar 2007 bis 31. Juli 2007 unter Vorbehalt Leistungen der Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) in Höhe von 329,97 EUR monatlich. Dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch, weil u.a. die rückständige Miete nicht berücksichtigt worden sei.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 lehnte die Beklagte u.a. die Übernahme der rückständigen Miete zuzüglich Umlagen ab, die der Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juni 2007 und 17. Juni 2007 unter Beifügung einer von ihm selbst verfassten Forderungsaufstellung beansprucht hatte.
Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden wurde. Mit am 16. Juli 2007 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Antrag beantragte er zudem den Antragsgegner zur Übernahme der rückständigen Wohnkosten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten und machte geltend, auf Grund der rückständigen Miete ("nebst Kaution") seit dem 1. August 2006 unmittelbar von der Zwangsräumung bedroht zu sein. Der Rückstand betrage bezogen auf den Zeitraum vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2007 - 4.560,59 EUR.
Durch Beschluss vom 10. September 2007 (Az.: S 49 SO 263/07 ER) wies das Sozialgericht den Antrag als unzulässig mit der Begründung ab, es gehe - ebenso wie das Hessische Landessozialgericht in seinen Beschlüssen vom 8. August 2005 (Az.: L 7 AS 36/05 ER) und vom 8. März 2006 (Az.: L 7 AS 98/05 ER) - von der Prozessunfähigkeit des Antragstellers aus.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsteller mit der Beschwerde an das Hessische Landessozialgericht. Mit bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main am 30. Oktober 2007 eingegangenem Eilantrag beantragte der Antragsteller mit gleichlautender Begründung neuerlich die Übernahme der rückständigen Miete für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Mit Beschluss vom 20. November 2007 (L 7 SO 99/07 ER) hob der Senat den Beschluss des Sozialgerichtes vom 10. September 2007 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Begründung zurück, es bestünden aufgrund eigener Anschauung keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers. Das Sozialgericht hätte die tatsächlichen Umstände ermitteln oder zumindest benennen müssen, aus denen auf die Prozessunfähigkeit des Antragstellers geschlossen werden könnte. Dass dies nicht geschehen sei, begründe einen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag an das Sozialgericht berechtige.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Antragstellers vom 16. Juli 2007 neuerlich abgelehnt (Az.: S 50 SO 436/07 - vormals S 49 SO 236/07 ER) und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Das Gericht habe bereits Zweifel daran, dass die Erhaltung der jetzigen Wohnung von der Schuldenübernahme abhängig sei. Der Antragsteller habe zuvor eine überschuldete Eigentumswohnung im gleichen Gebäude bewohnt, die mangels Zahlungen im Jahre 2006 zwangsversteigert worden sei. Dass der Bruder und Vermieter ihm seine Wohnung zur Verfügung gestellt habe, sei ein starkes Indiz dafür, dass dem Antragsteller trotz Mietnichtzahlung die Wohnung (zunächst) erhalten bleiben solle und jedenfalls eine Obdachlosigkeit oder vergleichbare Notlage nicht zu befürchten sei.
Es sei schließlich der gleiche Zustand heute anzutreffen, wie er auch zum Zeitpunkt der Wohnungsanmietung im August 2006 bestanden habe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass eine Schuldenübernahme den Wohnungserhalt langfristig sichern könnte. Die streitgegenständlichen Wohnkosten seien unangemessen hoch. Aufgrund der deshalb von Seiten des Antragsgegners angestrebten Reduzierung der Mietkosten sei es absehbar, dass der Antragsteller langfristig von einer ggf. reduzierten Grundsicherungsleistung, die nur noch angemessene Unterkunftskosten berücksichtige, den streitgegenständlichen Wohnraum nicht finanzieren könne. Es sei darüber hinaus auch nicht glaubhaft vorgetragen, dass eine Schuldenübernahme gerechtfertigt sei. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Verlust der Unterkunft oder die vergleichbare Notlage vom Leistungsberechtigten nicht selbst beseitigt werden könne. Der Antragsteller habe seinem Bruder in der Vergangenheit nur die Unterkunftsbeträge ausgezahlt, obgleich er nach seinem Einkommen (Erwerbsminderungsrente und Grundsicherungsleistung) in der Lage gewesen wäre, die volle Miete zu zahlen. Insofern könne wenigstens eine Schuldenreduzierung durch den Einsatz des eigenen Einkommens erfolgen.
Mit Beschluss ebenfalls vom 22. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Antragstellers vom 30. Oktober 2007 abgelehnt (Az.: S 50 SO 375/07). Der Antrag sei unzulässig. Der Vortrag des Antragstellers wiederhole die im Wesentlichen bereits bekannten Lebensumstände. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage sei erkennbar nicht eingetreten.
Mangels Erfolgsaussicht wurden vom Sozialgericht auch die von dem Antragsteller gestellten Anträge auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegen die dem Antragsteller am 28. Januar 2008 zugestellten Beschlüsse hatte er am 5. Februar 2008 mit gleichlautenden Schreiben Beschwerden eingelegt. Der Antragsgegner nehme billigend seine Obdachlosigkeit in Kauf. Zwischenzeitlich sei das Insolvenzverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Es sei unverständlich, wieso der Antragsgegner ihn als anerkannt politisch Verfolgten so benachteilige und die Menschenwürde mit Füßen trete. Zu dem geltend gemachten Anspruch hat der Antragsteller sich nicht weiter geäußert. Das Sozialgericht hat den Beschwerden laut richterlicher Verfügung vom 11. Februar 2008 nicht abgeholfen.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, Mietrückstände in Höhe von 4.560,59 EUR zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist der Antragsgegner vollinhaltlich auf die angegriffenen Beschlüsse des Sozialgerichts.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten der vorliegenden Verfahren, auf die der Verfahren S 50 SO 375/07 ER, S 50 SO 436/07 ER und S 49 SO 263/07 ER (Sozialgericht Frankfurt am Main) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Gemäß § 113 Abs. 1 SGG waren die Streitsachen L 7 SO 14/08 B ER und L 7 SO 15/08 B ER zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Die Beschwerde L 7 SO 15/08 B ER ist unzulässig. Sie richtet sich zwar gegen einen mit der Beschwerde angreifbaren Beschluss im Sinne von § 172 Abs. 1 SGG und ist auch frist- und formgerecht im Sinne von § 173 SGG eingelegt worden. Allerdings verfolgt diese Beschwerde das gleiche Rechtsschutzziel wie die ebenfalls vom Antragsteller am 5. Februar 2008 anhängig gemachte Beschwerde mit dem Aktenzeichen L 7 SO 14/08 B ER, nämlich die Übernahme des Mietkostenrückstandes für die Zeit von August 2006 bis Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR.
Die weitere Beschwerde ist daher eine zweite Beschwerde in derselben Sache. Eine solche ist jedoch nach § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) unzulässig (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 94 RdNr. 7). Auf die Aufforderung des Senats, die zweite Beschwerde wegen doppelter Rechtshängigkeit zurückzunehmen, erfolgte keine Reaktion durch den Antragsteller.
Die statthafte und auch zulässige Beschwerde L 7 SO 14/08 B ER ist nicht begründet und daher zurückzuweisen. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den vom Antragsteller behaupteten Mietrückstand für die Zeit vom 1. August 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 4.560,59 EUR zu übernehmen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b RdNrn. 27 und 29 m. w. N.).
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei sind, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, a. a. O.). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b, RdNrn. 16 b, 16 c, 40).
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anordnungsanspruch ist § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Nach dessen Satz 1 können Mietschulden (nur) übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 der Vorschrift sollen sie übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Mit diesem Wortlaut stellt der Gesetzgeber sowohl bei dem Ermessenstatbestand des Satz 1 als auch bei der Soll-Vorschrift des Satz 2 die Schuldübernahme unter das Primat, dass diese zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage "gerechtfertigt" sein muss. Bei dieser Formulierung handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal der Norm (siehe gleichsam schon zur Vorgängervorschrift des § 15a Bundessozialhilfegesetz - BSHG -, OVG Lüneburg, FEVS 47, 360).
Die Voraussetzungen der zuletzt genannten Sollvorschrift liegen jedenfalls deshalb nicht vor, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Übernahme der Schulden zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit notwendig und gerechtfertigt ist, ihm also konkret Wohnungslosigkeit droht. Wohnungslosigkeit droht dabei dann einzutreten, wenn die bisher bewohnte Wohnung zum Beispiel durch drohende Vermieterkündigung oder Räumungsklage gefährdet ist und eine andere Wohnung auf dem Markt nicht angemietet werden kann und deshalb eine Unterbringung nur in einer Not- oder Obdachloseneinrichtung in Betracht kommt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. November 2005 – L 23 B 1029/05 SO ER; Streichsbier in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 34 Rdnr. 9).
Der Antragsteller hat bisher nicht glaubhaft gemacht, dass sein Bruder als Vermieter das Mietverhältnis wegen der offenen Forderungen zu beenden gedenkt. Dem Sozialgericht ist darin zuzustimmen, dass die äußeren Umstände, insbesondere dessen Aufenthalt in E. und die auch nach dem 30. Juni 2007 (bis heute) weiter angewachsenen Miet- und Nebenkosten, eher auf das Gegenteil schließen lassen. Auch die Eigentümerversammlung des Anwesens A-Straße, A-Stadt, hat sich ausweislich des Protokolls derer Versammlung vom 1. Dezember 2007 (Blatt 12 der Gerichtsakte) offensichtlich damit abgefunden, dass "eine Durchsetzung der Forderung wohl nicht möglich ist, da im Moment das Verbraucherinsolvenzverfahren läuft und aus Sicht des Herrn A. bei positivem Verlauf ihm die Schulden in sechs Jahren erlassen werden".
Der Vortrag des Antragstellers erschöpft sich zu diesem Punkt in der schlichten Behauptung, dass er wegen der Nichtzahlung der Miete unmittelbar von der Kündigung betroffen sei und der Antragsgegner seine Obdachlosigkeit billigend in Kauf nehme. Dass die Schuldenübernahme zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist, ist nach alledem nicht glaubhaft.
Betrachtet man zudem die wirtschaftlichen Gesamtsituationen des Antragstellers, der neben seiner Erwerbsunfähigkeitsrente (552,07 EUR) seit dem 19. Februar 2007 von dem Antragsgegner Leistungen in Höhe von 329,97 EUR monatlich erhalten hat, ist nicht erklärlich, warum die Mietzahlungen, zu denen er dem Einkommen nach durchaus in der Lage war, nicht erfolgt sind. Ausweislich der von dem Antragsteller bei der Antragstellung am 17. Juni 2007 vorgelegten Forderungsaufstellung (Blatt 182 der Verwaltungsakte) leistete er von August 2006 bis Januar 2007 überhaupt keine Zahlungen, für Februar 2007 insgesamt 117,51 EUR sowie für die Monate März 2007 bis Juni 2007 monatlich 329,27 EUR.
Unverständlich ist, warum der Antragsteller nicht wenigstens Teile der aufgelaufenen Rückstände bei Erhalt der Nachzahlung des Antragsgegners aus dem Bescheid vom 31. Mai 2007 (1.436,47 EUR) beglichen hat. Die nachhaltig nicht respektive nur gering erfolgten Mietzahlungen muten beinahe schon dahin an, dass der Antragsteller die Mietschulden absichtlich entstehen lässt. In einem solchen Fall wäre indes die Schuldenübernahme nach § 34 Abs. 1 SGB XII ohnehin ausgeschlossen (Bieritz-Harder/Birk in: LPK – SGB XII, § 34 RdNr. 6 m.N.a. OVG Hamburg vom 2. April 1990 – BS IV 88/90 – FEVS 41, 327).
Ebenfalls hat der Antragsteller bisher nicht einmal auch nur ansatzweise glaubhaft gemacht, in A-Stadt oder der näheren Umgebung nicht kurzfristig eine andere Wohnung finden zu können. Dies ist i.Ü. auch sonst nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass der Antragsgegner der Auffassung ist, dass die Kosten der Unterkunft des Antragstellers ohnehin unangemessen hoch sind (Schreiben vom 11. Juli 2007, Blatt 227 der Verwaltungsakte). Dieser Einwand ist beachtlich, da eine Leistung nach § 34 Abs. 1 SGB XII zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist (Bieritz-Harder/Birk in: LPK – SGB XII, § 34 RdNr. 6 mit Hinweisen auf entsprechende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 - L 7 SO 2938/06 B ER). Hierauf hat auch das Sozialgericht richtigerweise hingewiesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 SGB XII steht die Übernahme von Schulden im Ermessen des Leistungsträgers. Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Übernahme der Schulden (und damit auch ein Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung) kann nur dann bestehen, wenn das dem Antragsgegner eingeräumte Ermessen auf Null reduziert ist, d.h. nur noch die Entscheidung, die Schulden des Antragstellers zu übernehmen, als sachgerecht und damit rechtmäßig angesehen werden kann. Der Überprüfung der Ermessensentscheidung geht die Prüfung der Tatbestandsmerkmale der Norm voraus. Diese Prüfung hat – wie ausgeführt – ergeben, dass es bereits am Tatbestandsmerkmal der Rechtfertigung für die Übernahme der Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft fehlt. Auf Ermessensfragen kommt es daher nicht (mehr) an.
Mangels Anordnungsanspruch erübrigt sich die Frage nach einem Anordnungsgrund. Nur der Vollständigkeit halber sei gleichwohl darauf hingewiesen, dass auch dieser für den Senat nicht ersichtlich ist. Die Dringlichkeit der vom Antragsteller erstrebten vorläufigen Regelung im Sinne der notwendigen Behebung einer gegenwärtigen Notlage ist ebenfalls von ihm nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Der Antragsteller behauptet lediglich, dass ihm für den Fall der Nichtübernahme der Mietschulden die Kündigung und Obdachlosigkeit drohe. Für die Bejahung des Anordnungsgrundes muss indes die vorgetragene Gefahr für die Rechtsposition objektiv bestehen, rein subjektive Einschätzungen und Befürchtungen des Antragstellers genügen nicht (LSG Baden-Württemberg vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Vor diesem Hintergrund kann auch der noch am 1. März 2008 gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht keinen Erfolg haben (§ 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Diese Entscheidungen können nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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