Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 100/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 608/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1949 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit dem 29.01.1970 in Deutschland. Sie war in der Türkei vom 15.03.1967 bis 26.01.1970 als Textilarbeiterin tätig und nach ihrem Zuzug nach Deutschland von 1970 bis 1985 mit Unterbrechungen überwiegend bei der Firma S. als Metallarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. 1985 wurden für sie Pflichtbeiträge für Kindererziehung berücksichtigt, ab 01.04.1995 bis 12.04.2001 wurden durchgehend Pflichtbeiträge für eine Pflegetätigkeit (Pflege ihres behinderten Sohnes) entrichtet. Ab Mai 2001 wurden keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr entrichtet.
Ein erster Rentenantrag vom 02.08.2001 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 03.12.2001 abgelehnt, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Der Entscheidung lagen Beurteilungen durch die Fachärztin für Psychiatrie Dr.W. sowie durch die Ärztin Dr.M. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten zugrunde, die die Diagnosen Anpassungsstörung, Hypertonie und Übergewicht feststellten. Ein von der Klägerin dagegen eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2002 zurückgewiesen, im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Augsburg ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. P. ein. Dr.P. kam in ihrem Gutachten vom Dezember 2002 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung und mäßige depressive Anpassungsstörung nach psychosozialer Belastung sowie eine Hypertonie und eine Bronchitisneigung bei bronchialer Hyperreagibilität vorlägen. Unerläßlich zum Verständnis der Symptomatik der Klägerin sei die Kenntnis ihrer Lebensgeschichte. Die Klägerin habe in der Türkei fünf Jahre die Schule besucht und sei dann als Textilarbeiterin tätig gewesen. 1970 sei sie zu ihrem Bruder nach Deutschland gekommen und habe hier eine Arbeit aufgenommen. 1972 habe sie einen Cousin geheiratet. Diese Ehe mit dem verständnisvollen Mann sei bis heute grundsätzlich gut. Nach einer Todgeburt 1974 sei 1976 ein Kind auf die Welt gekommen, das im Alter von elf Monaten gestorben sei. Ein 1978 geborenes Kind sei ebenfalls im Alter von wenigen Monaten erkrankt. Es sei schwerbehindert und pflegebedürftig gewesen und bis 1982 von Verwandten in der Türkei betreut worden. Von 1982 bis 1984 habe das Kind wieder bei der Klägerin in Deutschland gelebt, aber sehr viel Zeit im Krankenhaus verbracht und sei dort im Oktober 1984 gestorben. Wenige Wochen zuvor sei das letzte Kind der Klägerin geboren worden. Auch dieses Kind sei im Alter von wenigen Monaten erkrankt. Es habe nie gehen gelernt und habe von der Klägerin versorgt werden müssen. 1987 sei der Vater der Klägerin gestorben, 1994 sei ihr einziger Bruder ermordet aufgefunden worden. 1997 sei ihre Mutter gestorben und im April 2001 ihr letzter Sohn, den sie gepflegt habe. Da die Klägerin und ihr Mann aufgrund der Vorgeschichte keine gemeinsamen Kinder mehr bekommen sollten und wollten, habe sich die Klägerin sterilisieren lassen. 1991 sei aus einer außerehelichen Beziehung des Ehemannes ein Sohn auf die Welt gekommen, der von der Klägerin und ihrem Ehemann aufgezogen werde. Die Klägerin habe diesen Sohn sehr lieben gelernt. 1997 sei dieser wegen Schulbeginn zunächst in die Türkei zurückgekehrt, verbringe aber die Sommermonate immer hier in Deutschland. Die Klägerin habe die entsprechenden Anträge gestellt und hoffe auf ein Visum für diesen Sohn, so dass sie ihn endgültig nach Deutschland nehmen könne. Dadurch erhoffe sie sich eine Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes. Aus dieser Vorgeschichte und der aktuellen Symptomatik habe sich auf nervenärztlichem Fachgebiet die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung zu einer derzeit mäßig ausgeprägten depressiven Anpassungsstörung nach schwerer psychosozialer Belastung ergeben. Nach dem Tod des Kindes im April 2001 sei es nachvollziehbar zu einer nervlichen Dekompensation gekommen. Das Ausmaß der depressiven Anpassungsstörung sei jedoch aktuell insgesamt als mäßig zu bezeichnen, im Vordergrund stehe eine Somatisierungsstörung mit Schwerpunkt einer somatoformen Schmerzstörung. Aufgrund der Hypertonie und der bronchialen Hyperreagibilität sowie der somatoformen Störung könne die Klägerin grundsätzlich keine schweren und überwiegend mittelschweren körperlichen Tätigkeiten mehr ausüben. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, Einwirkungen von Kälte, Nässe, Zugluft und bronchialreizenden Substanzen. Ebenso könne die Klägerin keine Tätigkeit mehr ausüben, die höhere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrationsvermögen, die Ausdauer, die geistige Flexibilität stellten, auch sollten keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Akkord oder Fließbandbedingungen sowie Nachtschicht erfolgen. Nach Auffassung von Dr.P. war die Klägerin in ihrer seinerzeitigen Verfassung nicht in der Lage, die Beschwerden willentlich soweit zu kompensieren, dass sie einem Arbeitstag von sechs bis acht Stunden hätte standhalten können. Vorrangig sei jedoch eine verhaltenstherapeutisch ausgerichtete psychosomatische Reha-Maßnahme durchzuführen. Ein solches Reha-Verfahen wurde dann anschließend für die Klägerin in der P.linik in Bad D. vom 02.04.2003 bis 30.04.2003 durchgeführt.
Im Reha-Entlassungsbericht wurde das Rehabilitationsergebnis folgendermaßen zusammengefasst: Man habe die Klägerin als eine dem psychosomatischen Heilverfahren eher distanziert gegenüberstehende Patientin kennengelernt, die sich nicht auf einen tiefergehenden psychotherapeutischen Prozess habe einlassen können und bei der letztlich auch kein echter Leidensdurck spürbar gewesen sei. Hauptthema der verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie seien belastende biographische Ereignisse (der Tod ihrer vier Kinder) sowie ihre Schmerzsymptomatik und damit zusammenhängend der Wunsch der Klägerin, aufgrund ihres schweren Schicksals und ihres kaputten Körpers berentet zu werden. Die Klägerin habe ihren Rentenwunsch deutlich ausgesprochen und sowohl aggraviert als auch ein aufmerksamkeitsuchendes (hystrionisches) Verhalten gezeigt. Wegen der seit vielen Jahren bestehenden subdepressiven Stimmung im Zusammenhang mit belastenden Lebensumständen habe sich die Diagnose Dystymia ergeben.
Aus therapeutischer Sicht habe sowohl das psychische als auch das physische Befinden der Klägerin deutlich gebessert werden können. Die gebesserte Stimmungslage habe sich auch im äußeren Erscheinungsbild und Auftreten der Klägerin wiedergespiegelt. Das Therapieziel habe aber nur in ersten Ansätzen erreicht werden können, es hätten sich deutliche Hinweie auf Aggravation gefunden, Hinweise auf Simulation oder Dissimulation dagegen nicht. Der Klägerin seien noch leichte bis mittelschwere Arbeiten zumutbar, ständig im Stehen, Gehen und Sitzen sowie in Tages- bzw. Früh- und Spätschicht. Wegen des degenerativen Wirbelsäulen-Syndroms und der somatoformen Schmerzstörung sollten schwere und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten vermieden werden, wegen des hyperreagibilen Bronchialsystems sollten inhalative Belastungen vermieden werden, wegen der Dystymia Akkordarbeiten und Nachtschichten. Diese Arbeiten könnten von der Klägerin vollschichtig ausgeübt werden.
Die Beklagte war im Hinblick auf den Reha-Entlassungsbericht der Auffassung, dass bei der Klägerin eine durchgehende Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten im zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr vorliege. Auch eine zeitlich begrenzte Leistungsminderung vor dem Reha-Aufenthalt habe nicht vorgelegen. Mit Urteil vom 04.11.2003 wies das Sozialgericht Augsburg daraufhin die Klage ab, im Wesentlichen gestützt auf die Leistungsbeurteilung im Heilverfahrensentlassungsbericht der P.klinik Bad D. ; der Leistungseinschätzung im Gutachten von Dr.P. schloss sich die Kammer nicht an. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Am 03.06.2005 stellte die Klägerin einen neuen Rentenantrag. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und ließ durch den Internisten Dr.H. am 03.11.2005 ein neues Gutachten erstellen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin somatoforme Schmerzstörungen, Dystymia, multiple Sehnenansatzreizungen, Verschleiß der Wirbelsäule mit Minderbelastbarkeit und Bewegungseinschränkung ohne akuten Wurzelreiz, Asthma bronchiale, schlafbezogene Atemstörung geringgradiger Ausprägung, Bluthochdruckk, Neigung zu Magengeschwüren, Neigung zu Hautausschlägen und Übergewicht vorlägen. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten ergäben, ließen nur noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Belastungen, ohne Anforderungen an die Verantwortung, im Wechselrhythmus, ohne häufiges Heben, Bewegen und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne Tätigkeiten über Schulterhöhe, ohne Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe, Kälte, Nässe, Zugluft und hautreizende Substanzen sechs Stunden und mehr pro Tag zu. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenarbeiterin sei der Klägerin nicht mehr als drei Stunden pro Tag möglich. Neue medizinische Reha-Maßnahmen seien nicht erforderlich, indiziert seien jedoch nach Abschluss des Rentenverfahrens Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Bescheid vom 17.11.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Antragstelluhg ab. Den von der Klägerin dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2006 zurück. Von den letzten fünf Jahren vor Eintritt einer angenommenen Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 03.06.2005 seien nicht mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. In dem maßgebenden Zeitraum vom 30.06.2000 bis 02.06.2005 seien anstelle der erforderlichen 36 Pflichtmonatsbeiträge nur für elf Kalendermonate Pflichtbeiträge nachgewiesen. Auch sei die Zeit vom 01.01.1984 bis zum Monat vor dem Eintritt einer Erwerbsminderung nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Im Übrigen sei die Klägerin nach den Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen der Deutschen Rentenversicherung Schwaben vom 03.11.2005 auch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die Klägerin sei vielmehr noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus leichte Arbeiten ohne besondere nervliche Belastungen und ohne besondere Verantwortung sowie ohne Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe und hautreizende Substanzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dagegen erhob die Klägerin am 16.02.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Mit Schreiben vom 11.05.2006 teilte das Sozialgericht der Klägerin mit, dass eine Auskunft des Arbeitsamtes ergeben habe, dass sie erst ab dem 12.03.2004 beim Arbeitsamt gemeldet sei. Damit bleibe es bei der Versicherungslücke ab April 2001. Dies bedeute, dass spätestens ab April 2003 eine Erwerbsminderung vorliegen müsste, um die 36 Pflichtbeitragsmonate in den letzten fünf Jahren noch vorweisen zu können. Gegen einen so frühen Eintritt der Erwerbsminderung sprächen aber der Entlassungsbericht der Rehabilitation in Bad D. und das Gutachten des Dr.H ... Beide bestätigten, dass noch nach 2003 keine Erwerbsminderung vorgelegen habe. Ob dann später eine schwere Erkankung eingetreten sei, sei nicht mehr entscheidungserheblich. Hierzu teilte die Klägerin mit, dass sie bereits vor April 2003 aus psychischen und körperlichen Gesundheitsgründen nicht mehr habe erwerbstätig sein können.
Mit Urteil vom 20.07.2006 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab. Bei der Klägerin sei jedenfalls vor Mai 2003, dem Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals erfüllt waren, der Leistungsfall einer Erwerbsminderung nicht eingetreten. Das Gutachten der Nervenärztin Dr.P. könne im Hinblick auf den Bericht zur medizinischen Rehabilitation in Bad D. nicht überzeugen. Insofern werde auf die Ausführungen im Urteil vom 04.11.2003 verwiesen. Es sei schlüssig und nachvollziehbar, dass die Klägerin zum Ende der medizinischen Rehabilitation in Bad D. am 30.04.2003 für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig leistungsfähig gewesen sei. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich an dieser Arbeitsfähigkeit im Folgemonat Mai 2003 irgend etwas geändert habe. Die Arbeitslosmeldung der Klägerin ab dem 12.03.2004 stelle keine Anrechnungszeit nach § 43 Abs.4 Satz 1 Nr.2, § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB VI dar, weil kein Unterbrechungstatbestand nach § 58 Abs.2 SGB VI gegeben sei. Ein stationärer Aufenthalt der Klägerin im Bezirkskrankenhaus (BKH) A. habe lediglich eine vorübergehende gesundheitliche Beeinträchtigung dargestellt. Dort habe sich die Klägerin vom 30.09. bis 13.11.2003 befunden. Zudem habe das BKH A. von einer deutlichen Besserung der Gesundheit der Klägerin im Rahmen der stationären Behandlung gesprochen. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten von Dr.H. vom November 2005 belege, dass die Klägerin auch zu diesem Zeitpunkt noch leichte Tätigkeiten täglich sechs Stunden verrichten könne. Dieses Gutachten sei schlüssig und überzeugend. Die vorhandenen Unterlagen belegten, dass die Klägerin keinesfalls ab Mai 2003 dauerhaft in ihrer Erwerbsfähigkeit derart eingeschränkt gewesen sei, dass sie leichte Tätigkeiten nur mehr unter sechs Stunden täglich hätte verrichten können. Das Urteil wurde der Klägerin am 28.07.2006 zugestellt.
Dagegen hat die Klägerin bei einer Vorsprache am Sozialgericht Augsburg am 24.08.2006 Berufung eingelegt. In der Niederschrift zur Berufungseinlegung wird zur Begründung ausgeführt, "aufgrund meiner gesundheitlichen Beschwerden ist es mir nicht möglich, eine volle Erwerbstätigkeit auszuüben. Ich fühle mich von den Ärzten nicht verstanden. Ich möchte nicht mehr leben." Es wird auch angegeben, dass ein Dolmetscher für die türkische Sprache benötigt werde. Auf Veranlassung der Klägerin hat ihr behandelnder Hausarzt Dr.S. zahlreiche Originalunterlagen übersandt, die zum Teil bereits in den Akten der Beklagten und in der Klageakte S 6 RH 174/02 vorliegen. Sie sind der Beklagten zu einer medizinischen Stellungnahme übersandt worden sind.
Medizinaldirektor Dr.D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie von der sozialmedizinischen Begutachtungsstelle N. der Beklagten kommt in seiner Stellungnahme vom 21.06.2007 nach Überprüfung dieser Unterlagen zu dem Ergebnis, dass sich bei der Klägerin nach dem Tod ihres Sohnes im April 2001 eine reaktive depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenz eingestellt habe, die insgesamt einen häufig wechselnden Verlauf angenommen habe, im Längsschnitt jedoch mit einer zunehmenden Besserungstendenz. Inzwischen liege eine tiefreichende psychische Symptomatik nicht mehr vor. Einem im Jahr 2003 festgestellten kleinen intracranialen gutartigen Tumor im Ventrikelsystem könne keine klinische Relevanz beigemessen werden. Insbesondere sei die dargebotene psychische Symptomatik dadurch nicht zu erklären. Es bleibe vor diesem Hintergrund bei der bisherigen Einschätzung, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit einigen qualitativen Funktionseinschränkungen noch vollschichtig verrichten könne.
Die Klägerin hat in einem Schreiben vom 22.06.2007 und in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt, dass alle ihre vier Kinder mit einer Behinderung geboren worden seien und eines nach dem anderen gestorben sei. Sie sei deshalb psychisch krank. Wegen ihrer schwierigen Situation habe sie Depressionen bekommen und habe auch schon viele Male versucht, sich umzubringen. Immer wieder seien Probleme mit der Familie aufgetaucht, sie könne so nicht weiterleben, ihr Körper sei von außen und innen zerfallen. Sie fühle sich von den Gutachtern und Ärzten "hereingelegt". Ihr Hirntumor habe mit ihrer Situation nichts zu tun.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 sowie vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widersruchsbescheides vom 23.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.06.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakten mit dem Az.: S 6 RJ 174/02 und S 14 R 100/06 und die Berufungsakte vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Sozialgericht Landshut hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2006 abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach den §§ 43, 240 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I S.1827) hat. Die wohlbegründeten Ausführungen des Sozialgerichts sind ausführlich und ihnen kann in der Sache nicht hinzugefügt werden. Da die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen ist, sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass sich aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen, die zumeist bereits im Klage- und Verwaltungsverfahren vorgelegen haben, nichts Neues ergeben hat. Da die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals im Mai 2003 erfüllt hat, waren keine weiteren Ermittlungen, insbesondere auch kein erneutes Gutachten nach Untersuchung der Klägerin mehr erforderlich. Zutreffend hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass sich aus dem Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.11.2003 in dem Rechtsstreit S 6 RJ 174/02, das rechtskräftig geworden ist, eindeutig ergibt, dass die Klägerin jedenfalls bis zum Mai 2003 nicht erwerbsgemindert war. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 sowie die dazu ergangene Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 04.11.2003 unrichtig seien, weil das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweist, sind nicht ersichtlich, eine Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 nach § 44 SGB X kommt deshalb nicht in Betracht. Die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Klägerin erfolglos blieb.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1949 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit dem 29.01.1970 in Deutschland. Sie war in der Türkei vom 15.03.1967 bis 26.01.1970 als Textilarbeiterin tätig und nach ihrem Zuzug nach Deutschland von 1970 bis 1985 mit Unterbrechungen überwiegend bei der Firma S. als Metallarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. 1985 wurden für sie Pflichtbeiträge für Kindererziehung berücksichtigt, ab 01.04.1995 bis 12.04.2001 wurden durchgehend Pflichtbeiträge für eine Pflegetätigkeit (Pflege ihres behinderten Sohnes) entrichtet. Ab Mai 2001 wurden keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr entrichtet.
Ein erster Rentenantrag vom 02.08.2001 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 03.12.2001 abgelehnt, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Der Entscheidung lagen Beurteilungen durch die Fachärztin für Psychiatrie Dr.W. sowie durch die Ärztin Dr.M. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten zugrunde, die die Diagnosen Anpassungsstörung, Hypertonie und Übergewicht feststellten. Ein von der Klägerin dagegen eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2002 zurückgewiesen, im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Augsburg ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. P. ein. Dr.P. kam in ihrem Gutachten vom Dezember 2002 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung und mäßige depressive Anpassungsstörung nach psychosozialer Belastung sowie eine Hypertonie und eine Bronchitisneigung bei bronchialer Hyperreagibilität vorlägen. Unerläßlich zum Verständnis der Symptomatik der Klägerin sei die Kenntnis ihrer Lebensgeschichte. Die Klägerin habe in der Türkei fünf Jahre die Schule besucht und sei dann als Textilarbeiterin tätig gewesen. 1970 sei sie zu ihrem Bruder nach Deutschland gekommen und habe hier eine Arbeit aufgenommen. 1972 habe sie einen Cousin geheiratet. Diese Ehe mit dem verständnisvollen Mann sei bis heute grundsätzlich gut. Nach einer Todgeburt 1974 sei 1976 ein Kind auf die Welt gekommen, das im Alter von elf Monaten gestorben sei. Ein 1978 geborenes Kind sei ebenfalls im Alter von wenigen Monaten erkrankt. Es sei schwerbehindert und pflegebedürftig gewesen und bis 1982 von Verwandten in der Türkei betreut worden. Von 1982 bis 1984 habe das Kind wieder bei der Klägerin in Deutschland gelebt, aber sehr viel Zeit im Krankenhaus verbracht und sei dort im Oktober 1984 gestorben. Wenige Wochen zuvor sei das letzte Kind der Klägerin geboren worden. Auch dieses Kind sei im Alter von wenigen Monaten erkrankt. Es habe nie gehen gelernt und habe von der Klägerin versorgt werden müssen. 1987 sei der Vater der Klägerin gestorben, 1994 sei ihr einziger Bruder ermordet aufgefunden worden. 1997 sei ihre Mutter gestorben und im April 2001 ihr letzter Sohn, den sie gepflegt habe. Da die Klägerin und ihr Mann aufgrund der Vorgeschichte keine gemeinsamen Kinder mehr bekommen sollten und wollten, habe sich die Klägerin sterilisieren lassen. 1991 sei aus einer außerehelichen Beziehung des Ehemannes ein Sohn auf die Welt gekommen, der von der Klägerin und ihrem Ehemann aufgezogen werde. Die Klägerin habe diesen Sohn sehr lieben gelernt. 1997 sei dieser wegen Schulbeginn zunächst in die Türkei zurückgekehrt, verbringe aber die Sommermonate immer hier in Deutschland. Die Klägerin habe die entsprechenden Anträge gestellt und hoffe auf ein Visum für diesen Sohn, so dass sie ihn endgültig nach Deutschland nehmen könne. Dadurch erhoffe sie sich eine Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes. Aus dieser Vorgeschichte und der aktuellen Symptomatik habe sich auf nervenärztlichem Fachgebiet die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung zu einer derzeit mäßig ausgeprägten depressiven Anpassungsstörung nach schwerer psychosozialer Belastung ergeben. Nach dem Tod des Kindes im April 2001 sei es nachvollziehbar zu einer nervlichen Dekompensation gekommen. Das Ausmaß der depressiven Anpassungsstörung sei jedoch aktuell insgesamt als mäßig zu bezeichnen, im Vordergrund stehe eine Somatisierungsstörung mit Schwerpunkt einer somatoformen Schmerzstörung. Aufgrund der Hypertonie und der bronchialen Hyperreagibilität sowie der somatoformen Störung könne die Klägerin grundsätzlich keine schweren und überwiegend mittelschweren körperlichen Tätigkeiten mehr ausüben. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken, Einwirkungen von Kälte, Nässe, Zugluft und bronchialreizenden Substanzen. Ebenso könne die Klägerin keine Tätigkeit mehr ausüben, die höhere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrationsvermögen, die Ausdauer, die geistige Flexibilität stellten, auch sollten keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Akkord oder Fließbandbedingungen sowie Nachtschicht erfolgen. Nach Auffassung von Dr.P. war die Klägerin in ihrer seinerzeitigen Verfassung nicht in der Lage, die Beschwerden willentlich soweit zu kompensieren, dass sie einem Arbeitstag von sechs bis acht Stunden hätte standhalten können. Vorrangig sei jedoch eine verhaltenstherapeutisch ausgerichtete psychosomatische Reha-Maßnahme durchzuführen. Ein solches Reha-Verfahen wurde dann anschließend für die Klägerin in der P.linik in Bad D. vom 02.04.2003 bis 30.04.2003 durchgeführt.
Im Reha-Entlassungsbericht wurde das Rehabilitationsergebnis folgendermaßen zusammengefasst: Man habe die Klägerin als eine dem psychosomatischen Heilverfahren eher distanziert gegenüberstehende Patientin kennengelernt, die sich nicht auf einen tiefergehenden psychotherapeutischen Prozess habe einlassen können und bei der letztlich auch kein echter Leidensdurck spürbar gewesen sei. Hauptthema der verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie seien belastende biographische Ereignisse (der Tod ihrer vier Kinder) sowie ihre Schmerzsymptomatik und damit zusammenhängend der Wunsch der Klägerin, aufgrund ihres schweren Schicksals und ihres kaputten Körpers berentet zu werden. Die Klägerin habe ihren Rentenwunsch deutlich ausgesprochen und sowohl aggraviert als auch ein aufmerksamkeitsuchendes (hystrionisches) Verhalten gezeigt. Wegen der seit vielen Jahren bestehenden subdepressiven Stimmung im Zusammenhang mit belastenden Lebensumständen habe sich die Diagnose Dystymia ergeben.
Aus therapeutischer Sicht habe sowohl das psychische als auch das physische Befinden der Klägerin deutlich gebessert werden können. Die gebesserte Stimmungslage habe sich auch im äußeren Erscheinungsbild und Auftreten der Klägerin wiedergespiegelt. Das Therapieziel habe aber nur in ersten Ansätzen erreicht werden können, es hätten sich deutliche Hinweie auf Aggravation gefunden, Hinweise auf Simulation oder Dissimulation dagegen nicht. Der Klägerin seien noch leichte bis mittelschwere Arbeiten zumutbar, ständig im Stehen, Gehen und Sitzen sowie in Tages- bzw. Früh- und Spätschicht. Wegen des degenerativen Wirbelsäulen-Syndroms und der somatoformen Schmerzstörung sollten schwere und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten vermieden werden, wegen des hyperreagibilen Bronchialsystems sollten inhalative Belastungen vermieden werden, wegen der Dystymia Akkordarbeiten und Nachtschichten. Diese Arbeiten könnten von der Klägerin vollschichtig ausgeübt werden.
Die Beklagte war im Hinblick auf den Reha-Entlassungsbericht der Auffassung, dass bei der Klägerin eine durchgehende Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten im zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr vorliege. Auch eine zeitlich begrenzte Leistungsminderung vor dem Reha-Aufenthalt habe nicht vorgelegen. Mit Urteil vom 04.11.2003 wies das Sozialgericht Augsburg daraufhin die Klage ab, im Wesentlichen gestützt auf die Leistungsbeurteilung im Heilverfahrensentlassungsbericht der P.klinik Bad D. ; der Leistungseinschätzung im Gutachten von Dr.P. schloss sich die Kammer nicht an. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
Am 03.06.2005 stellte die Klägerin einen neuen Rentenantrag. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und ließ durch den Internisten Dr.H. am 03.11.2005 ein neues Gutachten erstellen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin somatoforme Schmerzstörungen, Dystymia, multiple Sehnenansatzreizungen, Verschleiß der Wirbelsäule mit Minderbelastbarkeit und Bewegungseinschränkung ohne akuten Wurzelreiz, Asthma bronchiale, schlafbezogene Atemstörung geringgradiger Ausprägung, Bluthochdruckk, Neigung zu Magengeschwüren, Neigung zu Hautausschlägen und Übergewicht vorlägen. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten ergäben, ließen nur noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Belastungen, ohne Anforderungen an die Verantwortung, im Wechselrhythmus, ohne häufiges Heben, Bewegen und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne Tätigkeiten über Schulterhöhe, ohne Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe, Kälte, Nässe, Zugluft und hautreizende Substanzen sechs Stunden und mehr pro Tag zu. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenarbeiterin sei der Klägerin nicht mehr als drei Stunden pro Tag möglich. Neue medizinische Reha-Maßnahmen seien nicht erforderlich, indiziert seien jedoch nach Abschluss des Rentenverfahrens Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Bescheid vom 17.11.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Antragstelluhg ab. Den von der Klägerin dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2006 zurück. Von den letzten fünf Jahren vor Eintritt einer angenommenen Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 03.06.2005 seien nicht mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. In dem maßgebenden Zeitraum vom 30.06.2000 bis 02.06.2005 seien anstelle der erforderlichen 36 Pflichtmonatsbeiträge nur für elf Kalendermonate Pflichtbeiträge nachgewiesen. Auch sei die Zeit vom 01.01.1984 bis zum Monat vor dem Eintritt einer Erwerbsminderung nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Im Übrigen sei die Klägerin nach den Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen der Deutschen Rentenversicherung Schwaben vom 03.11.2005 auch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die Klägerin sei vielmehr noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus leichte Arbeiten ohne besondere nervliche Belastungen und ohne besondere Verantwortung sowie ohne Gefährdung durch inhalatorische Schadstoffe und hautreizende Substanzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dagegen erhob die Klägerin am 16.02.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Mit Schreiben vom 11.05.2006 teilte das Sozialgericht der Klägerin mit, dass eine Auskunft des Arbeitsamtes ergeben habe, dass sie erst ab dem 12.03.2004 beim Arbeitsamt gemeldet sei. Damit bleibe es bei der Versicherungslücke ab April 2001. Dies bedeute, dass spätestens ab April 2003 eine Erwerbsminderung vorliegen müsste, um die 36 Pflichtbeitragsmonate in den letzten fünf Jahren noch vorweisen zu können. Gegen einen so frühen Eintritt der Erwerbsminderung sprächen aber der Entlassungsbericht der Rehabilitation in Bad D. und das Gutachten des Dr.H ... Beide bestätigten, dass noch nach 2003 keine Erwerbsminderung vorgelegen habe. Ob dann später eine schwere Erkankung eingetreten sei, sei nicht mehr entscheidungserheblich. Hierzu teilte die Klägerin mit, dass sie bereits vor April 2003 aus psychischen und körperlichen Gesundheitsgründen nicht mehr habe erwerbstätig sein können.
Mit Urteil vom 20.07.2006 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab. Bei der Klägerin sei jedenfalls vor Mai 2003, dem Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals erfüllt waren, der Leistungsfall einer Erwerbsminderung nicht eingetreten. Das Gutachten der Nervenärztin Dr.P. könne im Hinblick auf den Bericht zur medizinischen Rehabilitation in Bad D. nicht überzeugen. Insofern werde auf die Ausführungen im Urteil vom 04.11.2003 verwiesen. Es sei schlüssig und nachvollziehbar, dass die Klägerin zum Ende der medizinischen Rehabilitation in Bad D. am 30.04.2003 für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig leistungsfähig gewesen sei. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich an dieser Arbeitsfähigkeit im Folgemonat Mai 2003 irgend etwas geändert habe. Die Arbeitslosmeldung der Klägerin ab dem 12.03.2004 stelle keine Anrechnungszeit nach § 43 Abs.4 Satz 1 Nr.2, § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB VI dar, weil kein Unterbrechungstatbestand nach § 58 Abs.2 SGB VI gegeben sei. Ein stationärer Aufenthalt der Klägerin im Bezirkskrankenhaus (BKH) A. habe lediglich eine vorübergehende gesundheitliche Beeinträchtigung dargestellt. Dort habe sich die Klägerin vom 30.09. bis 13.11.2003 befunden. Zudem habe das BKH A. von einer deutlichen Besserung der Gesundheit der Klägerin im Rahmen der stationären Behandlung gesprochen. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten von Dr.H. vom November 2005 belege, dass die Klägerin auch zu diesem Zeitpunkt noch leichte Tätigkeiten täglich sechs Stunden verrichten könne. Dieses Gutachten sei schlüssig und überzeugend. Die vorhandenen Unterlagen belegten, dass die Klägerin keinesfalls ab Mai 2003 dauerhaft in ihrer Erwerbsfähigkeit derart eingeschränkt gewesen sei, dass sie leichte Tätigkeiten nur mehr unter sechs Stunden täglich hätte verrichten können. Das Urteil wurde der Klägerin am 28.07.2006 zugestellt.
Dagegen hat die Klägerin bei einer Vorsprache am Sozialgericht Augsburg am 24.08.2006 Berufung eingelegt. In der Niederschrift zur Berufungseinlegung wird zur Begründung ausgeführt, "aufgrund meiner gesundheitlichen Beschwerden ist es mir nicht möglich, eine volle Erwerbstätigkeit auszuüben. Ich fühle mich von den Ärzten nicht verstanden. Ich möchte nicht mehr leben." Es wird auch angegeben, dass ein Dolmetscher für die türkische Sprache benötigt werde. Auf Veranlassung der Klägerin hat ihr behandelnder Hausarzt Dr.S. zahlreiche Originalunterlagen übersandt, die zum Teil bereits in den Akten der Beklagten und in der Klageakte S 6 RH 174/02 vorliegen. Sie sind der Beklagten zu einer medizinischen Stellungnahme übersandt worden sind.
Medizinaldirektor Dr.D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie von der sozialmedizinischen Begutachtungsstelle N. der Beklagten kommt in seiner Stellungnahme vom 21.06.2007 nach Überprüfung dieser Unterlagen zu dem Ergebnis, dass sich bei der Klägerin nach dem Tod ihres Sohnes im April 2001 eine reaktive depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenz eingestellt habe, die insgesamt einen häufig wechselnden Verlauf angenommen habe, im Längsschnitt jedoch mit einer zunehmenden Besserungstendenz. Inzwischen liege eine tiefreichende psychische Symptomatik nicht mehr vor. Einem im Jahr 2003 festgestellten kleinen intracranialen gutartigen Tumor im Ventrikelsystem könne keine klinische Relevanz beigemessen werden. Insbesondere sei die dargebotene psychische Symptomatik dadurch nicht zu erklären. Es bleibe vor diesem Hintergrund bei der bisherigen Einschätzung, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit einigen qualitativen Funktionseinschränkungen noch vollschichtig verrichten könne.
Die Klägerin hat in einem Schreiben vom 22.06.2007 und in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt, dass alle ihre vier Kinder mit einer Behinderung geboren worden seien und eines nach dem anderen gestorben sei. Sie sei deshalb psychisch krank. Wegen ihrer schwierigen Situation habe sie Depressionen bekommen und habe auch schon viele Male versucht, sich umzubringen. Immer wieder seien Probleme mit der Familie aufgetaucht, sie könne so nicht weiterleben, ihr Körper sei von außen und innen zerfallen. Sie fühle sich von den Gutachtern und Ärzten "hereingelegt". Ihr Hirntumor habe mit ihrer Situation nichts zu tun.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 sowie vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widersruchsbescheides vom 23.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.06.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakten mit dem Az.: S 6 RJ 174/02 und S 14 R 100/06 und die Berufungsakte vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Sozialgericht Landshut hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2006 abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach den §§ 43, 240 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I S.1827) hat. Die wohlbegründeten Ausführungen des Sozialgerichts sind ausführlich und ihnen kann in der Sache nicht hinzugefügt werden. Da die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen ist, sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass sich aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen, die zumeist bereits im Klage- und Verwaltungsverfahren vorgelegen haben, nichts Neues ergeben hat. Da die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals im Mai 2003 erfüllt hat, waren keine weiteren Ermittlungen, insbesondere auch kein erneutes Gutachten nach Untersuchung der Klägerin mehr erforderlich. Zutreffend hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass sich aus dem Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 04.11.2003 in dem Rechtsstreit S 6 RJ 174/02, das rechtskräftig geworden ist, eindeutig ergibt, dass die Klägerin jedenfalls bis zum Mai 2003 nicht erwerbsgemindert war. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 sowie die dazu ergangene Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 04.11.2003 unrichtig seien, weil das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweist, sind nicht ersichtlich, eine Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 03.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2002 nach § 44 SGB X kommt deshalb nicht in Betracht. Die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Klägerin erfolglos blieb.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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