L 7 Ka 852/94

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 Ka 24/94
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 852/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die ab dem 1. Januar 1993 nach § 85 Abs. 2 b SGB V vorgesehene Punktwertabsenkung für Leistungen bei Zahnersatz und kieferorthopädischen Behandlungen bezieht sich auch auf die Behandlung von Heilfürsorgeberechtigten.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Vergütung zahnärztlicher Leistungen für Angehörige der Bundeswehr bei Zahnersatz- und kieferorthopädischen Behandlungen ab dem 1. Januar 1993 vom abgesenkten Punktwert nach Maßgabe des § 85 Abs. 2 b Sozialgesetzbuch V (SGB V) i.d.F. des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG –) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. 1, S. 2266) auszugehen ist, oder ob die durch das GSG erfolgte Absenkung des Punktwertes bei Behandlungen durch Vertragszahnärzte unbeachtet bleiben muß.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die in § 85 Abs. 2 b SGB V geregelte Punktwertabsenkung sei im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht anwendbar.

Die von der Klägerin am 29. Dezember 1993 erhobene Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, daß Zahnersatz- und kieferorthopädische Behandlungsfälle ohne Abzüge i.S.v. § 85 Abs. 2 b SGB V zu begleichen seien, hat das Sozialgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 6. Juli 1994 abgewiesen. Das Sozialgericht hat die seiner Meinung nach zulässige Feststellungsklage für unbegründet erachtet.

Das Sozialgericht hat seine Auffassung hierzu wie folgt begründet: Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Regelung des § 85 Abs. 2 b SGB V ergäben eindeutig, daß die Absenkung des Punktwerts für den Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bei Zahnersatz- und Kfo-Behandlungsfällen maßgeblich sei. Der von der Klägerin zu erfüllende Sicherstellungsauftrag beziehe sich auch auf Personen, die aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung hätten, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet sei. Die (zahn )ärztlichen Leistungen seien nach § 75 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB V so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüteten. Damit werde ohne Einschränkung auf die im Ersatzkassenbereich geltende Vergütung verwiesen. Soweit in § 85 Abs. 2 b Satz 1 SGB V i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes für einen Teil der zahnärztlichen Leistungen der Punktwert für das Jahr 1993 für die Dauer eines Kalenderjahres um 10 v.H. abgesenkt werde, gelte dies auch für den Punktwert im Ersatzkassenbereich. Es sei keine Vorschrift ersichtlich, weshalb die Vergütung nach § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB V von der Absenkung nach § 85 Abs. 2 b SGB V ausgenommen sein sollte.

Auch aus den Materialien zum GSG ergebe sich kein Wille des Gesetzgebers, die Punktwertabsenkung für 1993 nicht auch auf den Bereich der Heilfürsorgeberechtigten zu erstrecken. Aus den Materialien (Hinweis auf BT Drucks. 12/3608, S. 87) ergebe sich, daß die Absenkung der Punktwerte für zahnärztliche Honorare bei Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und bei kieferorthopädischer Behandlung nicht nur einen Beitrag der Zahnärzte zur Erhaltung der Beitragssatzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung darstellen sollte, vielmehr heiße es dort, daß mit dieser Regelung gleichzeitig eine gleichgewichtigere Bewertungsrelation zwischen zahnerhaltenden und prothetischen sowie kieferorthopädischen Leistungen hergestellt werden sollte. Eine 1986 bereits erfolgte Umstrukturierung habe nur einen Teil der Ungleichgewichte beseitigt.

Die Entstehungsgeschichte des § 75 Abs. 3 SGB V zeige eindeutig, daß der Gesetzgeber die Vergütung für die Behandlung der heilfürsorgeberechtigten Soldaten unmittelbar an die Vergütung im Ersatzkassenbereich habe ankoppeln wollen. Die Vergütung für die Versorgung der heilfürsorgeberechtigten Personen nehme daher an den Veränderungen der Vergütung im Ersatzkassenbereich unmittelbar und ohne Zwischenschaltung weiterer Rechtsakte teil. Mit dem Gesundheitsreformgesetz 1989 habe der Gesetzgeber die Vergütung für die Heilfürsorgeberechtigten vollständig an den Ersatzkassenbereich anbinden wollen. Eine dem § 75 Abs. 3 SGB V entsprechende Vorschrift sei erstmals durch das Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz – KVKG –) vom 27. Juni 1977 (BGBl. I, S. 1069) mit § 368 n Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 RVO in das Gesetz eingefügt worden. Die ärztlichen Leistungen seien danach so zu vergüten gewesen, "wie die Ortskrankenkasse am jeweiligen Niederlassungsort der Ärzte die kassenärztlichen Leistungen vergütet”. Als Übergangsregelung habe Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG vorgesehen, daß bei bisher vereinbarter höherer Vergütung zwischen KV/KBV und dem zuständigen Ministerium die höhere Vergütung bis zum Gleichstand mit der AOK-Vergütung fort gelten sollte. Mit dem Gesundheitsreformgesetz 1989 sei die Erweiterung des Pflichtauftrags in § 75 Abs. 3 SGB V übernommen worden, nicht jedoch die Besitzstandsregelung. Eine bundeseinheitliche Regelung für die Vergütung der freien Heilfürsorge sei insbesondere für den Bund als unverzichtbar angesehen worden. Dieser Auffassung habe sich der Ausschuß für Arbeit- und Sozialordnung in seinem Bericht vom 24. November 1988 angeschlossen. In diesem Bericht werde ausgeführt, durch die Umstellung der Vergütung auf diejenige der vertragsärztlichen Leistungen der Ersatzkassen werde eine angemessene Honorierung sichergestellt und die Vergütung dieser Leistungen abschließend neu geregelt, ohne daß Bedarf für eine Weiterführung des Besitzstandes bestanden habe. Die Entstehungsgeschichte zeige, daß der Gesetzgeber nicht nur ein einheitliches Vergütungssystem habe festlegen, sondern gleichzeitig auch einen Kompromiß zwischen der geringeren AOK- und der höheren GOZ-Vergütung mit dem in etwa dazwischen liegenden Vergütungssatz im Ersatzkassenbereich habe erzielen wollen.

An der Verfassungsmäßigkeit des § 75 Abs. 3 SGB V bestünden nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 1992 (2 BvL 12/79 = SozR 2200 § 368 n Nr. 25) keine Bedenken. Die Überlegungen jener Entscheidung ließen sich auch auf die für die Ersatzkassen maßgeblichen Vergütungssätze übertragen.

Soweit der Gesetzgeber sich in den Gesetzesmaterialien zum Gesundheitsstrukturgesetz nicht zu der Frage geäußert habe, ob § 85 Abs. 2 b SGB V auch auf die Vergütung nach § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB V anzuwenden sei, könne daraus nicht gefolgert werden, die Absenkung gelte im Verhältnis zur Beklagten nicht. Angesichts der klaren Regelungsstruktur habe zu einer Äußerung des Gesetzgebers keine Veranlassung bestanden, soweit er die unmittelbare Anbindung an Veränderungen der Vergütung im Ersatzkassenbereich auch für die Vergütung der Behandlung der heilfürsorgeberechtigten Personen unangetastet habe lassen wollen. Angesichts der allgemeinen Haushaltslage habe für den Gesetzgeber auch wenig Anlaß zu einer Abkoppelung bestanden, sei es auch nur für Teilbereiche der zahnärztlichen Behandlung. Es sei daher kein Grund ersichtlich, der den Gesetzgeber hätte bewegen können, für den Kreis der Heilfürsorgeberechtigten eine höhere Vergütung festzusetzen.

Gegen das der Klägerin am 30. August 1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. September 1994 eingegangene Berufung.

Die Klägerin vertritt nach wie vor die Auffassung, die 10-%ige Absenkung des Punktwertes für ZE- bzw. Kfo-Behandlungen sei auf die Behandlung heilfürsorgeberechtigter Soldaten der Bundeswehr nicht anzuwenden. Die in § 85 Abs. 2 b SGB V vorgesehene Absenkung habe in erster Linie der Erhaltung der Beitragssatzstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung dienen sollen. Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte stünden jedoch außerhalb dieses Systems und seien deshalb von der Punktwertabsenkung nicht betroffen.

Soweit das Sozialgericht nach dem Wortlaut des § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB V davon, ausgehe, die Vergütung für die Behandlung der heilfürsorgeberechtigten Soldaten sei unmittelbar und damit automatisch an die Vergütung im Ersatzkassenbereich angekoppelt, könne dem nicht gefolgt werden. Wollte man alle für den Ersatzkassenbereich geltenden Vergütungsregelungen auf die Heilfürsorge der Soldaten anwenden, würde eine unzulässige Verpflichtung begründet, nämlich etwas Unmögliches zu verlangen. Deshalb müsse vom Wortlaut des § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB V abgewichen werden. Die Richtigkeit dieser Auffassung zeige sich besonders aufgrund folgender Überlegungen: Zu den Vergütungsregelungen im Ersatzkassenbereich zähle ab dem 1. Januar 1993 nicht nur die Festlegung der Einzelleistungsvergütung, sondern auch die Regelung zur strikten Budgetierung der Vergütungen sowie zum degressiven Punktwert. Selbst nach Ansicht der Beklagten sei jedoch davon auszugehen, daß die Budgetierungs- und Degressionsregelungen für die freie Heilfürsorge keine Anwendung finden könnten. Für die Budgetierung sei dies schon deshalb nicht möglich, weil es im Bereich der Heilfürsorge eine Budgetbegrenzung entsprechend der Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht geben könne. Hinsichtlich der Degressionsregelung scheide eine Einbeziehung der Kostenträger für den Bereich der freien Heilfürsorge deswegen aus, weil in § 85 Abs. 4 b bis 4 f SGB V ausdrücklich nur die Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erwähnt seien und eine Anwendung der Abs. 4 b bis 4 f aufgrund von § 75 Abs. 7 SGB V nicht in Betracht komme.

Ebenso wie die Budgetierungs- und Degressionsregelungen sei auch die Absenkungsregelung des § 85 Abs. 2 b SGB V vom Gesetzgeber mit dem Motiv der Erhaltung der Beitragsstabilität eingeführt worden. Die finanzielle Situation der Kostenträger für freie Heilfürsorge sei dabei für den Gesetzgeber ohne Belang gewesen. Das Schweigen des Gesetzgebers könne deshalb nicht so interpretiert werden, daß die GKV-Regelung vollständig auf die freie Heilfürsorge übertragen werden müsse. Vielmehr werde deutlich, daß § 75 Abs. 7 SGB V durch die Änderung im GKV-Bereich lückenhaft geworden sei.

Die Tatsache, daß sich die Budgetierungsregelungen nicht auf die freie Heilfürsorge übertragen ließen, habe der Gesetzgeber auch bei der Schaffung des SGB V durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 erkannt. Der Gesetzgeber habe die bisherige Anbindung an die Ortskrankenkassenvergütung als nicht sachgerecht bezeichnet. Diese Anwendung sei deswegen nicht mehr sachgerecht gewesen, weil Mitte der 80er Jahre für die Ortskrankenkassen die Budgetierung aufgrund von Vereinbarungen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Ortskrankenkassen eingeführt worden sei. Der Gesetzgeber habe daraufhin im Gesundheitsreformgesetz die Anbindung an die Ersatzkassenvergütung beschlossen, weil es im ärztlichen Bereich hier noch die problemlos übertragbare Einzelleistungsvergütung gegeben habe. Die durch das Gesundheitsstrukturgesetz nunmehr zwingend für alle Krankenkassen eingeführte Budgetierung habe deshalb die Übertragung auf die freie Heilfürsorge unmöglich gemacht. Wenn der Gesetzgeber zwei Sonderregelungen einführe, die eindeutig ausschließlich der Beitragsstabilität in der gesetzlichen Rentenversicherung dienten und damit nur im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung finden könnten, könne es nicht zulässig sein, eine weitere Regelung (ZE- und Kfo-Absenkung) die aus den gleichen Beweggründen eingeführt worden sei, isoliert auf die freie Heilfürsorge zu übertragen. Soweit der Gesetzgeber sich in dieser Situation bei der Begründung zum Gesundheitsstrukturgesetz jeder Aussage zur freien Heilfürsorge enthalten habe, spreche alles dafür, daß er den Gesetzeszustand vor dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes bei der freien Heilfürsorge gerade nicht habe ändern wollen. Die so entstandene Gesetzeslücke könne deshalb sinnvollerweise nur in dem Sinne gefüllt werden, als der vor dem 1. Januar 1993 geltende Rechtszustand weiter anzuwenden sei. Damit scheide aber eine Anwendung der auf die gesetzliche Krankenversicherung abgestellten Sonderregelungen im Gesundheitsstrukturgesetz auf die freie Heilfürsorge aus.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 1994 aufzuheben und festzustellen, daß die ab dem 1. Januar 1993 gegenüber der Beklagten in Rechnung gestellten Zahnersatz- und Kfo-Behandlungsfälle für heilfürsorgeberechtigte Angehörige der Bundeswehr ohne Absenkung im Sinne von § 85 Abs. 2 b SGB V zu begleichen sind,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Sie vertritt die Auffassung, mit dem GSG sei die Absicht verbunden gewesen, daß alle an der vertragsärztlich/-zahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Personen- und Berufsgruppen in die kostendämpfenden Maßnahmen mit einbezogen haben werden sollen. Aus diesem Grunde habe es einer besonderen Erwähnung der Heilfürsorgeberechtigten nach § 75 Abs. 3 SGB V nicht bedurft. Die durch das Gesundheitsreformgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 1989 erfolgte Abkehr von der Anbindung der Vergütung an die Punktwerte der Ortskrankenkassen sei in erster Linie darauf zurückzuführen gewesen, daß die Ortskrankenkassen dazu übergegangen seien, für ihre Bereiche mit den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen unterschiedliche Punktwerte zu vereinbaren. Dies habe dazu geführt, daß gleiche ärztliche wie auch zahnärztliche Leistungen für Soldaten unterschiedlich vergütet worden seien. Hinzu sei gekommen, daß die Untersuchungen für Personalentscheidungen nicht über den Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen hätten abgerechnet werden können. Die Umstellung der Abrechnungsgrundlage sei ausschließlich deshalb erfolgt, um zu einem einheitlichen Punktwert zurückzukehren. Dieser Forderung habe der Gesetzgeber in § 75 Abs. 3 des Gesundheitsreformgesetzes Rechnung getragen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dabei teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts zur Frage der Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage. Schon wegen der beschränkten Rechtskraftwirkung eines Leistungsurteils kann die Klägerin insbesondere nicht darauf verwiesen werden, etwa im Rahmen der aus einem Behandlungsfall entstandenen Ansprüche eine Leistungsklage zu erheben oder gegenüber der Beklagten einen Verwaltungsakt zu erlassen und so der Beklagten die Möglichkeit der Anfechtungsklage zu eröffnen, in der jeweils der Umfang der Anwendbarkeit der umstrittenen Regelung des § 85 Abs. 2 b Satz 1 SGB V als Vortrage geklärt werden könnte. Die Erhebung der Feststellungsklage ist insoweit insbesondere aus Gründen der Prozeßökonomie geboten, um zwischen den beteiligten juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine Vielzahl weiterer Rechtsstreite (vgl. dazu VGH Kassel, Urteil vom 28. November 1978 – II OE 105/76 = NJW 1979, S. 997) aus vorgelegten Einzelabrechnungen zu vermeiden.

Die Absenkung des Punktwertes für Zahnersatz- und kieferorthopädische Behandlungen nach § 85 Abs. 2 b Satz 1 SGB V in der ab dem 1. Januar 1993 maßgeblichen Fassung ist auch bei der Abrechnung für heilfürsorgeberechtigte Angehörige der Bundeswehr zugrunde zu legen. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Sozialgerichts, auf dessen ausführliche und überzeugende Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird.

Lediglich insoweit stimmt der Senat mit den Ausführungen des Sozialgerichts nicht überein, als dieses davon ausgeht, in § 75 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB V werde "ohne Einschränkung” auf die im Ersatzkassenbereich geltende Vergütung verwiesen. Die Klägerin wendet dagegen zu Recht ein, daß ihre Vergütungsansprüche an die Beklagte jedenfalls nicht in jeder Beziehung dem ansonsten maßgeblichen System der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen: Insbesondere Budgetierungsregelungen lassen sich, worauf die Klägerin in zutreffender Weise hingewiesen hat, auf die zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Beziehungen – die durch den subsidiären Sicherstellungsauftrag (vgl. BVerfG, Beschluss v. 8. Dezember 1988 – 2 BvL 12/79 = SozR 2200 § 368 n Nr. 25) der Klägerin gegenüber dem heilfürsorgeberechtigten Personenkreis gekennzeichnet ist – nicht übertragen.

Indes bedarf es nach Auffassung des Senats keiner "einschränkungslosen” Verweisung auf das Vergütungssystem in Bezug auf die Ersatzkassen, ohne zu einer Anwendung der in § 85 Abs. 2 b SGB V vorgesehenen Punktwertabsenkung zu kommen. Denn trotz der Budgetierungsregelungen gibt es einen am 31. Dezember 1992 geltenden Ersatzkassen-Punktwert, der der Absenkung zugänglich ist, ohne daß insoweit das gesamte Vergütungssystem mit übernommen werden müßte. Allein auf diesen Punktwert, der in der Praxis – wie dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde – derjenige ist, der mit dem Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) vereinbart oder durch Schiedsspruch festgelegt worden ist, kommt es jedoch aufgrund der in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB V enthaltenen Rechtsfolgenverweisung nach § 85 Abs. 2 b SGB V an.

Ohnehin bedarf es bei der Frage nach der Höhe der Vergütung bei Zahnersatz und kieferorthopädischen Behandlungen keines Rückgriffs auf das Gesamtsystem, weil nach § 85 Abs. 3 a Satz 3 SGB V bei der Bestimmung der Gesamtvergütung der Vertragszahnärzte zahnprothetische und kieferorthopädische Leistungen keine Berücksichtigung finden und damit in das System der Gesamtvergütung nicht einfließen.

Soweit die Klägerin ausführt, die in § 85 Abs. 2 b Satz 1 SGB V getroffene Sonderregelung habe "ausschließlich” der Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung dienen sollen, hält dies der Senat nicht für zutreffend. Das Sozialgericht hat insoweit bereits darauf hingewiesen, daß den Materialien zum Gesundheitsstrukturgesetz nicht nur der Hinweis auf die zu erreichende Beitragsstabilität entnommen werden kann, vielmehr dort auch (BT-Drucks. 12/368, S. 87) das Ziel beschrieben ist, mit der vorgesehenen Neuregelung gleichzeitig eine "gleichgewichtigere Bewertungsrelation zwischen zahnerhaltenden und prothetischen sowie kieferorthopädischen Leistungen” herzustellen. Dafür, daß von diesem Ziel in der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten abgewichen werden sollte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Allerdings hat der Gesetzgeber über die Art und Weise dieser zehnprozentigen Absenkung den Vertragspartnern der vertragsärztlichen Versorgung einen Spielraum gelassen, der auch im Verhältnis zur Beklagten zu beachten ist. Der Bewertungsausschuß, der nach § 85 Abs. 2 b Satz 3 eine unterschiedliche Absenkung der Bewertungszahlen der einzelnen Leistungen hätte vornehmen können, um im Ergebnis eine Absenkung um 10 % des Ausgabevolumens für Zahnersatz- und kieferorthopädische Behandlungsfälle zu erreichen (vgl. dazu Zipperer, Wichtige strukturelle Änderungen für Ärzte, Zahnärzte und Versicherte im Gesundheitsstrukturgesetz, NZS 1993, S. 95, 97), ist insoweit jedoch nicht tätig geworden, so daß es auch im Falle der Behandlung des heilfürsorgeberechtigten Personenkreises bei der linearen Absenkung um 10 v.H. verbleibt, die die Beklagte der von ihr geleisteten Vergütung jeweils zugrunde gelegt hat.

Die Berufung der Klägerin war demzufolge mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Revision hat der Senat zugelassen, da er dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimißt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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