Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 U 135/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 333/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Entschädigung einer Berufskrankheit Nr.5101.
Die 1963 geborene Klägerin erlernte von August 1978 bis Juli 1981 den Beruf der Frisöse und war anschließend bis 1987 als Frisöse tätig. Von März 1983 bis September 1983 war sie in Mutterschaftsurlaub (Geburt am 05.03.1983) ab Oktober 1983 arbeitete sie bis April 1987 erneut als Frisöse. Ab Mai 1987 (Geburt 20.06.1987) war sie bis April 1991 im Erziehungsurlaub. Von Mai 1991 bis April 2002 arbeitete sie als Haus- und Küchenhilfe. Ab April 2006 war sie als Raumpflegerin tätig.
Mit Bescheid vom 15.02.1984 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Be- rufskrankheit (BK) der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung nicht erfüllt sind. Ein objektiver Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit bestehe nicht, weil die Leistungsfähigkeit durch die Erkrankung nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Ärztlicherseits werde empfohlen, künftig die Hände zu schützen und zu pflegen (Meiden der bekannten Allergene. Konsequente Hautpflege auch im privaten Bereich. Hautärztliche Untersuchungen in Abständen von circa vier Wochen). Im Falle einer Verschlimmerung solle eine umgehende Mitteilung an die Beklagte unter Angabe des behandelnden Hautfacharztes erfolgen.
Am 23.07.2002 zeigte der Hautarzt Dr. B. ein rezidivieren- des Kontaktekzem beider Hände nach Kontakt mit Friseur-Berufs- stoffen an. In der Anzeige teilte er mit, dass die Patientin von Oktober 1983 bis 18.07.2002 nicht bei ihm gewesen sei. Die von ihm vom 24. bis 27.10.1983 durchgeführte Hauttestung habe eine Überempfindlichkeit auf Kobalt(II)-chlorid und den Fri- seurstoff p-Toluylendiamin ergeben.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte Auskünfte der AOK Bayern (04.09.2002) sowie Befundberichte des Hautarztes Dr. B. (vom 08.09.2002) und des Hausarztes Dr.S. ein. Aufgrund der gewerbeärztlichen Stellungnahme des Dr. D. vom 20.01.2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen oder Maßnahmen mit Bescheid vom 11.02.2003 ab. Die Klägerin leide zwar an einer Überempfindlichkeit gegenüber p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin, könne jedoch weiter als Frisörin arbeiten. Die Erkrankung sei weder schwer noch wiederholt rückfällig, da lediglich vereinzelte Behandlungstermine ärztlich dokumentiert seien. Bei konsequenter Beachtung der allgemeinen Maßnahmen des Hautschutzes und der Hautpflege könne die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit weiterhin ausüben. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003 zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Klage zum Sozialge- richt Landshut (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid der Be- klagten vom 11.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei- des vom 10.04.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Erkrankung als Hauterkrankung nach der Berufskrankheiten- verordnung Nr. 5101 anzuerkennen und die Klägerin entsprechend zu entschädigen. Zur Begründung legte sie u.a. ein Attest ihres damaligen Arbeitgebers J. S. vom 11.04.1988 vor, mit dem eine vielseitige Kontaktallergie und eine Überempfindlich- keit gegen Stoffe, die vermehrt in dem Betrieb angewandt wür- den, bescheinigt wird, ferner eine ärztliche Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. S. vom 13.05.2003, mit der ambulante Behandlungen wegen eines Kontaktekzems am 18.04.1984, 01.08.1984, 11.08.1984, 09.12.1985, 10.12.1985, 18.12.1985, 17.01.1986, 10.09.1986, 22.10.1986, 04.12.1986, 17.12.1986, 02.01.1987, 17.09.1992, 04.01.1996 sowie ab Januar 2002 bescheinigt wurden. Das SG hat zur Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte des Dr. B. (vom 10.03.2004) und Dr. S. (vom 15.03.2004) eingeholt sowie ein hautärztliches Sachverständigengutachten des Dr. B. vom 26.05.2004. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung hautgesund war. Er hat die atopische Hautdiathese bestätigt, ebenso die Sensibilisierung gegenüber p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin sowie Glyzerilmonothioglycolat und deshalb ein kontaktallergisches Handekzem angenommen. Zwischen diesem Ekzem und der Tätigkeit als Frisöse bestehe hochwahrscheinlich ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Entstehung. Das Vorliegen einer schweren Hauterkrankung im Sinne der BKV sei möglich, immerhin seien bei der Klägerin über Jahre hin immer wieder hausärztliche Behandlungen wegen eines Handekzems durchgeführt worden. Ein objektiver Berufsaufgabezwang ließe sich jedoch nicht ausreichend begründen. Die Klägerin hätte sich sowohl gegen allgemeine hautbelastende Einflüsse als auch gegen Allergeneinwirkungen ausreichend schützen können.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25.08.2004 ab- gewiesen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrank- heit nach der Nr. 5101 der Anlage zur BKV sei, dass die Aufgabe der hautgefährdenden Tätigkeit objektiv medizinisch geboten sei. Dieser objektive Zwang zur Tätigkeitsaufgabe sei erst dann zu bejahen, wenn alle Möglichkeiten der Abhilfe ausgeschöpft seien. Ein Zwang zum Unterlassen der bisher ausgeübten hautbe- lastenden Tätigkeit sei nur dann zu bejahen, wenn andere Mög- lichkeiten der Abhilfe nicht genügen oder nicht realisierbar seien. Davon sei nicht auszugehen, da ab Oktober 1983 keine hautärztliche Behandlung mehr in Anspruch genommen worden ist.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat ein dermatologi- sches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. L. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 10.01.2005/25.02.2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 05.08.2005 sowie nach § 106 SGG ein Gutachten des Prof. Dr. R./PD Dr. R. vom 29.5.2007/ 12.11.2007 eingeholt.
Prof. Dr. L. stellte eine Kontaktsensibilisierung vom Typ IV (Spättyp) gegenüber Nickel(II)sulfat, Oktylgallat, p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin fest. Außerdem liege bei der Klägerin eine atopische Diathese vor. Die lebenslang bestehenden Sensibilisierungen seien sicher berufsrelevant. Auch bereits durchgeführte intensive Hautschutzmaßnahmen sowie die Reduktion der Feuchtarbeit und des Kontaktes mit Färbechemikalien auf ein im Rahmen des Berufes tolerables Minimum hätten nicht zur Verbesserung des Hautzustandes oder zur Ausheilung der Läsionen geführt. Ein Verbleib der Klägerin im Frisörberuf sei sicher nicht möglich. Bei berufsbedingten Sensibilisierungen und der Schwere der Hauterkrankung sei der objektive Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Frisörin gegeben.
Prof. Dr. R. kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Zustand nach teils kumulativ-toxischem, teils allergischem Kontaktekzem der Hände bei Kontaktsensibilisierung vom Spättyp gegen p-Toluylendiamin, p-Phenylendiamin, Nickel(II)-Sulfat, Kobalt(II)-chlorid, Duftstoffmix, Glycerolmonothioglycolat und Octylgallat bei atopischer Diathese vorliege. Die Schwere der Hauterkrankung sei lediglich 1983 vom Hautarzt Dr. B. dokumentiert. Wegen der langen Dauer der Hauterkrankung ließe sich die Schwere jedoch bejahen. Das Handekzem habe eine mehrjährige Behandlung durch Dr. S. erforderlich gemacht. Von einem beruflichen Zusammenhang sei auszugehen, da die Erkrankung nach Aufgabe der Friseurtätigkeit nicht mehr behandelt werden musste und die Hautveränderungen weitgehend abgeheilt waren. Die Sensibilisierungen gegen p-Toluylendiamin, p-Phenylendiamin, Duftstoffmix und Octylgallat seine mit hoher Wahrscheinlichkeit beruflich erworben. Es bestand ein Zwang zur Aufgabe aller ursächlichen Tätigkeiten. Die Präventionsangebote der BGs hätten in den 80er Jahren noch nicht bestanden. Die hausärztliche Versorgung sei in ländlichen Gebieten bei geringer Facharztdichte häufig. Die MdE betrage 20 vH.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass kein objektiver Unterlassungszwang bestand und keine schwere Hauterkrankung vorlag, da die Klägerin von 1.8.1984 bis zur Berufsaufgabe im April 1987 nicht zum Hautarzt überwiesen wurde.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2004 sowie den Bescheides vom 11.02.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Hauterkrankung der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nr.5101 der Anlage 1 zur BKV ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2004 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklag- tenakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genom- men.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 11.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht beschwert (§ 54 Abs.2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit, weil die Voraussetzungen einer Berufskrankheit der Nr.5101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht vorliegen.
Statthaft ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs.1 und § 55 Abs.1 Nr.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005, B 2 U 1/04, SozR 4-2700 § 8 Nr.12).
Da die Klägerin den Beruf als Friseuse bereits im April 1987 aufgegeben hat, der Versicherungsfall also vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches, Siebtes Buch (SGB VII) eintrat, sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden (§ 214 Abs.3 SGB VII).
Nach § 551 Abs.1 RVO sind Bken solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (Berufskrankheiten-Verordnung, BKV) bezeichnet hat und die Versicherte in Folge einer Tätigkeit erleiden, die den Versicherungsschutz nach §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO begründet. Die BK nach Nr.5101 der Anlage zur BKV erfasst schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind jedenfalls bis zum 15.02.1984 nicht erfüllt, wie die Beklagte in dem von der Klä- gerin vorgelegten Bescheid vom 15.02.1984 bindend festgestellt hat (§ 77 SGG). Dieses Schreiben vom 15.02.1984 ist ein Verwal- tungsakt im Sinne von § 31 SGB X, da er eine konkrete Regelung eines Einzelfalles - der Entschädigung des Hautleidens der Klä- gerin als Berufskrankheit - enthält.
Für den anschließenden Zeitraum ab Februar 1984 bis zur Be- schäftigungsaufgabe im April 1987 besteht ein Rentenanspruch nur dann, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen der BK Nr.5101 nachgewiesen sind, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahr- scheinlichkeit, so dass kein vernünftiger Zweifel mehr bleibt, vorliegen.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass bei der Klägerin kein Unterlassungszwang der Frisörtätigkeit nachgewiesen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 08.12.1983, BSGE 56, 94) ist ein objektiver Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit erforderlich, d.h. die Aufgabe muss medizinisch geboten sein. Ein derartiger objektiver Zwang zur Aufgabe besteht nur, wenn alle Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ausgeschöpft sind, zum Beispiel der Einsatz unbedenklicher Ersatzstoffe, technische/organisatorische Maßnahmen, persönliche Schutzmaßnahmen (Spezialhandschuhe, Hautschutzmittel), Beratung/Training zu hautschonenden Arbeitstechniken, ambulante oder stationäre hautärztliche Behandlung und Heilverfahren (Römer in Hauck, Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Anlage zu BKV BK-Nr.5101, Rdnr. 16).
Von einem Unterlassungszwang kann bei der Klägerin nicht ausgegangen werden. Obwohl sie bereits in dem Bescheid vom 15.02.1984 auf die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen hinge- wiesen wurde, sind außer der Verwendung von offensichtlich ungeeigneten Folienhandschuhen keine präventiven Maßnahmen nachgewiesen. Die Klägerin hat nach dem Akteninhalt und ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren nie an einer Beratung bzw. einem Training zu hautschonenden Arbeitstechniken teilgenommen. Auch hat sie es unterlassen, hautärztliche Untersuchungen vornehmen zu lassen. Die von der Beklagten vorgeschlagenen vierwöchigen Untersuchungen wurden auch nicht vom behandelnden Hausarzt Dr.S. veranlasst, was der Senat als Indiz für die Geringfügigkeit des Kontaktekzems der Klägerin im Zeitraum von 1984 bis 1987 sieht. Der Senat hat keine Nachweise bzw. Indizien dafür, dass die Klägerin bzw. ihr Arbeitgeber ausreichende präventive Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Erkrankungen ergriffen haben. Damit kann von einem als ultima ratio nötigen Zwang zur Unterlassung der Frisörtätigkeit nicht ausgegangen werden.
Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit wird von Prof. Dr. R. nicht ausreichend begründet, um die Zweifel des Senats auszuräumen. Dieser bezieht sich in pauschalen Ausführungen nur auf die Unzulänglichkeit synthetischer Handschuhe und das früher weniger ausgebaute Präventionsangebot. Der objektive Aufgabezwang ist damit nicht bewiesen.
Aufgrund der Ermittlungen hat der Senat ferner Zweifel daran, dass bei der Klägerin eine schwere bzw. wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorlag. So weist der vom SG gehörte Sachverstän- dige Dr. B. in seinem Gutachten darauf hin, dass zur Schwere der Hauterkrankung sich keine eindeutigen Aussagen machen ließen, da Hautbefund, Krankheitsverlauf und Behandlung der Hauterkrankung nur unzureichend dokumentiert sind. Eine schwere Hauterkrankung im Sinne der Verordnung sei möglich. Soweit der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Prof. Dr.L. in der Stellungnahme vom 25.02.2005 eine schwere Hauterkrankung bescheinigt, stützt sich diese Aussage nur sehr eingeschränkt auf eine genau dokumentierte Behandlungsbedürftigkeit, die Aufschluss über die "Schwere" bringen könnte (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 941). Der einzige die Klägerin behandelnde Hautarzt stellt in seinem Befundbericht vom 10.03.2004 fest, dass von seiner Seite keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei. Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, der Allgemeinarzt Dr.S. , stellte in seinem Befundbericht vom 15.03.2004 lediglich fest, dass Kontaktekzeme an beiden Händen vorgelegen hätten. Im Befundbericht vom September 2002 wird nur eine Arbeitsunfähigkeit vom 09. bis 21.08.1982 bescheinigt, danach hätten keine größeren Probleme vorgelegen, außer bei der Verwendung von scharfen Putzmitteln. Während dieser Krankschreibung im August 1982 war die Klägerin auch auf Überweisung beim Hautarzt Dr. B. in Behandlung, der eine schwere superinfizierte Dyshidrosis manus sin. diagnostizierte. In der Folgezeit war die Klägerin lediglich tageweise beim Hausarzt Dr.S. , nicht jedoch bei einem Hautarzt in Behandlung. Anhaltspunkte für eine besondere Schwere der Hautkrankheit wie eine Ausdehnung über das Kontaktorgan, die Hand hinaus, die Exposition großer Areale, oder im Verlauf wie eine schlechte Heilungstendenz oder eine Rezidivneigung sind nicht nachgewiesen.
Eine wiederholte Rückfälligkeit setzt begrifflich mindestens drei gleichartige Krankheitsschübe, d.h. zwei Rückfälle voraus. Auch insoweit ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin außer den Erkrankungen im August 1982, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führte, weitere Rückfälle hatte. Oktober 1983 war sie lediglich zu Testungen beim Hautarzt Dr. B ... Im übrigen ist belegt, dass während des Zeitraum von 1984 bis 1987 keine weitere Zeit der Arbeitsunfähigkeit vorlag.
Die vom Hausarzt der Klägerin Dr. S. bestätigten ambulanten Behandlungen (zwischen drei- und fünfmal im Kalenderjahr) ohne entsprechende Überweisung an den dermatologischen Facharzt deu- ten nicht auf eine besondere Behandlungsbedürftigkeit und damit Hauterkrankung der Klägerin hin, zumal im Zeitraum von August 1984 bis Dezember 1985, d.h. über einen Zeitraum von rund 16 Monaten, kein Arztbesuch dokumentiert ist.
Aus dem Gutachten des Prof. Dr. R. ergibt sich nichts anderes. Er weist insbesondere darauf hin, dass der Verlauf der Hautveränderungen nicht fortlaufend dokumentiert sei, bejaht dann aber wegen der langen Dauer der Erkrankung und der Angabe einer eitrigen Entzündung 1983 durch Dr. B. die Schwere. Dies ist nicht ausreichend, der Senat hat ernste Zweifel, zumal von August 1984 bis Dezember 1985 nicht einmal ein Besuch des Hausarztes erfolgte.
Im Ergebnis geht der Senat davon aus, dass eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung nicht nachgewiesen ist. Insoweit ist weder das Sachverständigengutachten von Prof. Dr.L. noch das von Prof. Dr. R. nachvollziehbar. Insbesondere wird nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt bei der Klägerin welche Befunde vorlagen. Die Bewertung beruht also nicht auf einer objektiv nachvollziehbaren Dokumentation, lediglich darauf, dass die Frequenz der Hausarztbesuche wegen Hauterkrankungen von drei- bis fünf Besuchen pro Jahr nachgewiesen ist.
Der Senat geht also davon aus, dass weder eine schwere oder wiederholte Hauterkrankung noch der Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit als Frisöse nachgewiesen sind. Damit ist die Klage unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne von § 160 Abs.2 SGG vorliegt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Entschädigung einer Berufskrankheit Nr.5101.
Die 1963 geborene Klägerin erlernte von August 1978 bis Juli 1981 den Beruf der Frisöse und war anschließend bis 1987 als Frisöse tätig. Von März 1983 bis September 1983 war sie in Mutterschaftsurlaub (Geburt am 05.03.1983) ab Oktober 1983 arbeitete sie bis April 1987 erneut als Frisöse. Ab Mai 1987 (Geburt 20.06.1987) war sie bis April 1991 im Erziehungsurlaub. Von Mai 1991 bis April 2002 arbeitete sie als Haus- und Küchenhilfe. Ab April 2006 war sie als Raumpflegerin tätig.
Mit Bescheid vom 15.02.1984 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Be- rufskrankheit (BK) der Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung nicht erfüllt sind. Ein objektiver Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit bestehe nicht, weil die Leistungsfähigkeit durch die Erkrankung nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Ärztlicherseits werde empfohlen, künftig die Hände zu schützen und zu pflegen (Meiden der bekannten Allergene. Konsequente Hautpflege auch im privaten Bereich. Hautärztliche Untersuchungen in Abständen von circa vier Wochen). Im Falle einer Verschlimmerung solle eine umgehende Mitteilung an die Beklagte unter Angabe des behandelnden Hautfacharztes erfolgen.
Am 23.07.2002 zeigte der Hautarzt Dr. B. ein rezidivieren- des Kontaktekzem beider Hände nach Kontakt mit Friseur-Berufs- stoffen an. In der Anzeige teilte er mit, dass die Patientin von Oktober 1983 bis 18.07.2002 nicht bei ihm gewesen sei. Die von ihm vom 24. bis 27.10.1983 durchgeführte Hauttestung habe eine Überempfindlichkeit auf Kobalt(II)-chlorid und den Fri- seurstoff p-Toluylendiamin ergeben.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte Auskünfte der AOK Bayern (04.09.2002) sowie Befundberichte des Hautarztes Dr. B. (vom 08.09.2002) und des Hausarztes Dr.S. ein. Aufgrund der gewerbeärztlichen Stellungnahme des Dr. D. vom 20.01.2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen oder Maßnahmen mit Bescheid vom 11.02.2003 ab. Die Klägerin leide zwar an einer Überempfindlichkeit gegenüber p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin, könne jedoch weiter als Frisörin arbeiten. Die Erkrankung sei weder schwer noch wiederholt rückfällig, da lediglich vereinzelte Behandlungstermine ärztlich dokumentiert seien. Bei konsequenter Beachtung der allgemeinen Maßnahmen des Hautschutzes und der Hautpflege könne die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit weiterhin ausüben. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003 zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Klage zum Sozialge- richt Landshut (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid der Be- klagten vom 11.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei- des vom 10.04.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Erkrankung als Hauterkrankung nach der Berufskrankheiten- verordnung Nr. 5101 anzuerkennen und die Klägerin entsprechend zu entschädigen. Zur Begründung legte sie u.a. ein Attest ihres damaligen Arbeitgebers J. S. vom 11.04.1988 vor, mit dem eine vielseitige Kontaktallergie und eine Überempfindlich- keit gegen Stoffe, die vermehrt in dem Betrieb angewandt wür- den, bescheinigt wird, ferner eine ärztliche Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. S. vom 13.05.2003, mit der ambulante Behandlungen wegen eines Kontaktekzems am 18.04.1984, 01.08.1984, 11.08.1984, 09.12.1985, 10.12.1985, 18.12.1985, 17.01.1986, 10.09.1986, 22.10.1986, 04.12.1986, 17.12.1986, 02.01.1987, 17.09.1992, 04.01.1996 sowie ab Januar 2002 bescheinigt wurden. Das SG hat zur Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte des Dr. B. (vom 10.03.2004) und Dr. S. (vom 15.03.2004) eingeholt sowie ein hautärztliches Sachverständigengutachten des Dr. B. vom 26.05.2004. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung hautgesund war. Er hat die atopische Hautdiathese bestätigt, ebenso die Sensibilisierung gegenüber p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin sowie Glyzerilmonothioglycolat und deshalb ein kontaktallergisches Handekzem angenommen. Zwischen diesem Ekzem und der Tätigkeit als Frisöse bestehe hochwahrscheinlich ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Entstehung. Das Vorliegen einer schweren Hauterkrankung im Sinne der BKV sei möglich, immerhin seien bei der Klägerin über Jahre hin immer wieder hausärztliche Behandlungen wegen eines Handekzems durchgeführt worden. Ein objektiver Berufsaufgabezwang ließe sich jedoch nicht ausreichend begründen. Die Klägerin hätte sich sowohl gegen allgemeine hautbelastende Einflüsse als auch gegen Allergeneinwirkungen ausreichend schützen können.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25.08.2004 ab- gewiesen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrank- heit nach der Nr. 5101 der Anlage zur BKV sei, dass die Aufgabe der hautgefährdenden Tätigkeit objektiv medizinisch geboten sei. Dieser objektive Zwang zur Tätigkeitsaufgabe sei erst dann zu bejahen, wenn alle Möglichkeiten der Abhilfe ausgeschöpft seien. Ein Zwang zum Unterlassen der bisher ausgeübten hautbe- lastenden Tätigkeit sei nur dann zu bejahen, wenn andere Mög- lichkeiten der Abhilfe nicht genügen oder nicht realisierbar seien. Davon sei nicht auszugehen, da ab Oktober 1983 keine hautärztliche Behandlung mehr in Anspruch genommen worden ist.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat ein dermatologi- sches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. L. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 10.01.2005/25.02.2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 05.08.2005 sowie nach § 106 SGG ein Gutachten des Prof. Dr. R./PD Dr. R. vom 29.5.2007/ 12.11.2007 eingeholt.
Prof. Dr. L. stellte eine Kontaktsensibilisierung vom Typ IV (Spättyp) gegenüber Nickel(II)sulfat, Oktylgallat, p-Phenylendiamin und p-Toluylendiamin fest. Außerdem liege bei der Klägerin eine atopische Diathese vor. Die lebenslang bestehenden Sensibilisierungen seien sicher berufsrelevant. Auch bereits durchgeführte intensive Hautschutzmaßnahmen sowie die Reduktion der Feuchtarbeit und des Kontaktes mit Färbechemikalien auf ein im Rahmen des Berufes tolerables Minimum hätten nicht zur Verbesserung des Hautzustandes oder zur Ausheilung der Läsionen geführt. Ein Verbleib der Klägerin im Frisörberuf sei sicher nicht möglich. Bei berufsbedingten Sensibilisierungen und der Schwere der Hauterkrankung sei der objektive Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Frisörin gegeben.
Prof. Dr. R. kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin ein Zustand nach teils kumulativ-toxischem, teils allergischem Kontaktekzem der Hände bei Kontaktsensibilisierung vom Spättyp gegen p-Toluylendiamin, p-Phenylendiamin, Nickel(II)-Sulfat, Kobalt(II)-chlorid, Duftstoffmix, Glycerolmonothioglycolat und Octylgallat bei atopischer Diathese vorliege. Die Schwere der Hauterkrankung sei lediglich 1983 vom Hautarzt Dr. B. dokumentiert. Wegen der langen Dauer der Hauterkrankung ließe sich die Schwere jedoch bejahen. Das Handekzem habe eine mehrjährige Behandlung durch Dr. S. erforderlich gemacht. Von einem beruflichen Zusammenhang sei auszugehen, da die Erkrankung nach Aufgabe der Friseurtätigkeit nicht mehr behandelt werden musste und die Hautveränderungen weitgehend abgeheilt waren. Die Sensibilisierungen gegen p-Toluylendiamin, p-Phenylendiamin, Duftstoffmix und Octylgallat seine mit hoher Wahrscheinlichkeit beruflich erworben. Es bestand ein Zwang zur Aufgabe aller ursächlichen Tätigkeiten. Die Präventionsangebote der BGs hätten in den 80er Jahren noch nicht bestanden. Die hausärztliche Versorgung sei in ländlichen Gebieten bei geringer Facharztdichte häufig. Die MdE betrage 20 vH.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass kein objektiver Unterlassungszwang bestand und keine schwere Hauterkrankung vorlag, da die Klägerin von 1.8.1984 bis zur Berufsaufgabe im April 1987 nicht zum Hautarzt überwiesen wurde.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2004 sowie den Bescheides vom 11.02.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Hauterkrankung der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nr.5101 der Anlage 1 zur BKV ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 25.08.2004 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklag- tenakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genom- men.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 11.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht beschwert (§ 54 Abs.2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit, weil die Voraussetzungen einer Berufskrankheit der Nr.5101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht vorliegen.
Statthaft ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs.1 und § 55 Abs.1 Nr.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005, B 2 U 1/04, SozR 4-2700 § 8 Nr.12).
Da die Klägerin den Beruf als Friseuse bereits im April 1987 aufgegeben hat, der Versicherungsfall also vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches, Siebtes Buch (SGB VII) eintrat, sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden (§ 214 Abs.3 SGB VII).
Nach § 551 Abs.1 RVO sind Bken solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (Berufskrankheiten-Verordnung, BKV) bezeichnet hat und die Versicherte in Folge einer Tätigkeit erleiden, die den Versicherungsschutz nach §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO begründet. Die BK nach Nr.5101 der Anlage zur BKV erfasst schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind jedenfalls bis zum 15.02.1984 nicht erfüllt, wie die Beklagte in dem von der Klä- gerin vorgelegten Bescheid vom 15.02.1984 bindend festgestellt hat (§ 77 SGG). Dieses Schreiben vom 15.02.1984 ist ein Verwal- tungsakt im Sinne von § 31 SGB X, da er eine konkrete Regelung eines Einzelfalles - der Entschädigung des Hautleidens der Klä- gerin als Berufskrankheit - enthält.
Für den anschließenden Zeitraum ab Februar 1984 bis zur Be- schäftigungsaufgabe im April 1987 besteht ein Rentenanspruch nur dann, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen der BK Nr.5101 nachgewiesen sind, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahr- scheinlichkeit, so dass kein vernünftiger Zweifel mehr bleibt, vorliegen.
Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass bei der Klägerin kein Unterlassungszwang der Frisörtätigkeit nachgewiesen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 08.12.1983, BSGE 56, 94) ist ein objektiver Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit erforderlich, d.h. die Aufgabe muss medizinisch geboten sein. Ein derartiger objektiver Zwang zur Aufgabe besteht nur, wenn alle Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ausgeschöpft sind, zum Beispiel der Einsatz unbedenklicher Ersatzstoffe, technische/organisatorische Maßnahmen, persönliche Schutzmaßnahmen (Spezialhandschuhe, Hautschutzmittel), Beratung/Training zu hautschonenden Arbeitstechniken, ambulante oder stationäre hautärztliche Behandlung und Heilverfahren (Römer in Hauck, Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Anlage zu BKV BK-Nr.5101, Rdnr. 16).
Von einem Unterlassungszwang kann bei der Klägerin nicht ausgegangen werden. Obwohl sie bereits in dem Bescheid vom 15.02.1984 auf die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen hinge- wiesen wurde, sind außer der Verwendung von offensichtlich ungeeigneten Folienhandschuhen keine präventiven Maßnahmen nachgewiesen. Die Klägerin hat nach dem Akteninhalt und ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren nie an einer Beratung bzw. einem Training zu hautschonenden Arbeitstechniken teilgenommen. Auch hat sie es unterlassen, hautärztliche Untersuchungen vornehmen zu lassen. Die von der Beklagten vorgeschlagenen vierwöchigen Untersuchungen wurden auch nicht vom behandelnden Hausarzt Dr.S. veranlasst, was der Senat als Indiz für die Geringfügigkeit des Kontaktekzems der Klägerin im Zeitraum von 1984 bis 1987 sieht. Der Senat hat keine Nachweise bzw. Indizien dafür, dass die Klägerin bzw. ihr Arbeitgeber ausreichende präventive Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Erkrankungen ergriffen haben. Damit kann von einem als ultima ratio nötigen Zwang zur Unterlassung der Frisörtätigkeit nicht ausgegangen werden.
Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit wird von Prof. Dr. R. nicht ausreichend begründet, um die Zweifel des Senats auszuräumen. Dieser bezieht sich in pauschalen Ausführungen nur auf die Unzulänglichkeit synthetischer Handschuhe und das früher weniger ausgebaute Präventionsangebot. Der objektive Aufgabezwang ist damit nicht bewiesen.
Aufgrund der Ermittlungen hat der Senat ferner Zweifel daran, dass bei der Klägerin eine schwere bzw. wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorlag. So weist der vom SG gehörte Sachverstän- dige Dr. B. in seinem Gutachten darauf hin, dass zur Schwere der Hauterkrankung sich keine eindeutigen Aussagen machen ließen, da Hautbefund, Krankheitsverlauf und Behandlung der Hauterkrankung nur unzureichend dokumentiert sind. Eine schwere Hauterkrankung im Sinne der Verordnung sei möglich. Soweit der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Prof. Dr.L. in der Stellungnahme vom 25.02.2005 eine schwere Hauterkrankung bescheinigt, stützt sich diese Aussage nur sehr eingeschränkt auf eine genau dokumentierte Behandlungsbedürftigkeit, die Aufschluss über die "Schwere" bringen könnte (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 941). Der einzige die Klägerin behandelnde Hautarzt stellt in seinem Befundbericht vom 10.03.2004 fest, dass von seiner Seite keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei. Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, der Allgemeinarzt Dr.S. , stellte in seinem Befundbericht vom 15.03.2004 lediglich fest, dass Kontaktekzeme an beiden Händen vorgelegen hätten. Im Befundbericht vom September 2002 wird nur eine Arbeitsunfähigkeit vom 09. bis 21.08.1982 bescheinigt, danach hätten keine größeren Probleme vorgelegen, außer bei der Verwendung von scharfen Putzmitteln. Während dieser Krankschreibung im August 1982 war die Klägerin auch auf Überweisung beim Hautarzt Dr. B. in Behandlung, der eine schwere superinfizierte Dyshidrosis manus sin. diagnostizierte. In der Folgezeit war die Klägerin lediglich tageweise beim Hausarzt Dr.S. , nicht jedoch bei einem Hautarzt in Behandlung. Anhaltspunkte für eine besondere Schwere der Hautkrankheit wie eine Ausdehnung über das Kontaktorgan, die Hand hinaus, die Exposition großer Areale, oder im Verlauf wie eine schlechte Heilungstendenz oder eine Rezidivneigung sind nicht nachgewiesen.
Eine wiederholte Rückfälligkeit setzt begrifflich mindestens drei gleichartige Krankheitsschübe, d.h. zwei Rückfälle voraus. Auch insoweit ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin außer den Erkrankungen im August 1982, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führte, weitere Rückfälle hatte. Oktober 1983 war sie lediglich zu Testungen beim Hautarzt Dr. B ... Im übrigen ist belegt, dass während des Zeitraum von 1984 bis 1987 keine weitere Zeit der Arbeitsunfähigkeit vorlag.
Die vom Hausarzt der Klägerin Dr. S. bestätigten ambulanten Behandlungen (zwischen drei- und fünfmal im Kalenderjahr) ohne entsprechende Überweisung an den dermatologischen Facharzt deu- ten nicht auf eine besondere Behandlungsbedürftigkeit und damit Hauterkrankung der Klägerin hin, zumal im Zeitraum von August 1984 bis Dezember 1985, d.h. über einen Zeitraum von rund 16 Monaten, kein Arztbesuch dokumentiert ist.
Aus dem Gutachten des Prof. Dr. R. ergibt sich nichts anderes. Er weist insbesondere darauf hin, dass der Verlauf der Hautveränderungen nicht fortlaufend dokumentiert sei, bejaht dann aber wegen der langen Dauer der Erkrankung und der Angabe einer eitrigen Entzündung 1983 durch Dr. B. die Schwere. Dies ist nicht ausreichend, der Senat hat ernste Zweifel, zumal von August 1984 bis Dezember 1985 nicht einmal ein Besuch des Hausarztes erfolgte.
Im Ergebnis geht der Senat davon aus, dass eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung nicht nachgewiesen ist. Insoweit ist weder das Sachverständigengutachten von Prof. Dr.L. noch das von Prof. Dr. R. nachvollziehbar. Insbesondere wird nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt bei der Klägerin welche Befunde vorlagen. Die Bewertung beruht also nicht auf einer objektiv nachvollziehbaren Dokumentation, lediglich darauf, dass die Frequenz der Hausarztbesuche wegen Hauterkrankungen von drei- bis fünf Besuchen pro Jahr nachgewiesen ist.
Der Senat geht also davon aus, dass weder eine schwere oder wiederholte Hauterkrankung noch der Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit als Frisöse nachgewiesen sind. Damit ist die Klage unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne von § 160 Abs.2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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