L 3 U 31/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 315/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 31/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 1998 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander für das gesamte Verfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob gesundheitliche Schädigungen, die der Kläger erlitten hat, Folgen eines Arbeitsunfalls sind.

Der am 18. Mai 1953 geborene Kläger war im hier streitbefangenen Zeitraum als Vorarbeiter bei der Textilpflegefirma R. beschäftigt. Am 5. April 1995 begann wie üblich seine Arbeitsschicht morgens gegen 7.00 Uhr. Der Kläger traf sich zunächst mit den ihm unterstellten Arbeitskollegen, den Zeugen Sch. , K. , N. und R. , und teilte diesen die Arbeit zu. Gegen 9.00 Uhr traf sich der Kläger mit diesen Zeugen zur Frühstückspause, die gegen 9.30 Uhr beendet war. Sodann begab sich der Kläger mit dem einzigen im Einsatz befindlichen Gabelstapler zum sogenannten „Teppichhaus“, um dort Rohre zu transportieren. Dieser Vorgang dauert etwa bis 10.30 Uhr. Danach wurde der Kläger von den Zeugen nicht mehr gesehen. Nachdem die Zeugen zur Mittagspause gegen 12.00 Uhr das Fernbleiben des Klägers bemerkt hatten, begannen diese gegen 13.00 Uhr mit einer Suche nach dem Kläger. Hierzu bildeten sie zwei Zweiergruppen, bestehend aus den Zeugen Sch. und R. einerseits und N. und K. andererseits. Keine der beiden Gruppen entdeckte den Kläger. Jedoch fanden die Zeugen Sch. und R. schließlich den Gabelstapler, den der Kläger am Vormittag benutzt hatte. Das Gerät war ausgeschaltet, unklar ist, ob der Zündschlüssel noch steckte. In der Nähe des Gabelstaplers fanden die Zeugen Sch. und R. auf der Erde liegend die Arbeitsjacke des Klägers, ein Tablettenröhrchen, eine Getränkeflasche und einen Schlüsselbund. Das Tablettenröhrchen war normalerweise mit Traubenzuckertabletten gefüllt. Diese Tabletten und die Getränkeflasche benötigte der Kläger, weil er unter einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus litt. Er führte das Röhrchen und die Getränkeflasche deshalb üblicherweise bei sich. In seinem Büro befand sich außerdem eine Tasche mit Spritzbesteck. Der Zeuge Sch. fand das Spritzbesteck im Büro des Klägers und nahm es an sich. Eine gegen Ende der Arbeitsschicht (ca. 15.00 Uhr) nochmals veranlasste Suche nach dem Kläger blieb erfolglos. Der Zeuge Sch. begab sich daraufhin zum Privathaus des Klägers, wo er jedoch weder den Kläger noch dessen Ehefrau antraf. Er hinterließ die Tasche mit dem Spritzbesteck deshalb bei einem Nachbarn. Gegen 21.00 Uhr kehrte die Ehefrau des Klägers, die Zeugin G. , zu ihrem Haus zurück. Dort traf sie den Kläger nicht an, gegen 21.30 Uhr erhielt sie jedoch von dem Nachbarn die Tasche mit dem Diabetiker-Spritzbesteck. Die Zeugin G. erkundigte sich zunächst bei der Polizei, ob dort der Kläger aufgefunden worden sei. Gleichfalls telefonisch zog sie Erkundigungen bei der Feuerwehr, dem A. -Krankenhaus, dem Krankenhaus K. und dem Krankenhaus N. ein, die jeweils ergebnislos blieben. Gegen ca. 22.30 Uhr suchte sie zusammen mit einem Nachbarn die Arbeitsstätte des Klägers auf und durchsuchte erneut das sehr weitläufige Betriebsgelände. Durch das Fenster einer Halle, die etwas erleuchtet war, konnte sie den Kläger erkennen, der auf dem Boden umherkroch. Die Halle, die Teil eines Gebäudes mit Waschgelegenheiten und Toiletten war, hatte vormals der Expedition des Berufswäschedienstes gedient. Die hofseitige Tür war durch ein Vorhängeschloss mit Kette gesichert. Es gelang schließlich der Zeugin G. und zwei weiteren Helfern, die Tür zu öffnen. Sie fanden daraufhin den Kläger am Boden liegend mit einer Kopfplatzwunde und Schürfwunden in stark verschmutztem Zustand. Er erkannte die Zeugin nicht und gab unverständliche Worte von sich. Die festgestellten Schürfwunden waren bereits verkrustet und mit Schmutz bedeckt. Fuß- oder Blutspuren waren auf dem Hallenboden nicht zu erkennen. Ein Rettungsfahrzeug der B. Feuerwehr brachte den Kläger in das DRK-Krankenhaus K. - Unfallchirurgische Klinik. Dort wurde ein Coma Diabeticum festgestellt. Bei der Aufnahme war der Blutzuckerwert des Klägers mit 23 mmol/l deutlich erhöht, Ursache für die Bewusstlosigkeit war aber die später festgestellte epidurale Blutung.

Im anschließend durchgeführten Verwaltungsverfahren holte die Beklagte einen Durchgangsarztbericht des Leiters der vorgenannten Unfallchirurgischen Klinik, Priv. Doz. Dr. W. , vom 13. Juli 1995, eine Auskunft der Klinik vom 23. April 1996 sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma R. vom 22. April 1996 ein. Ferner zog sie die Akten der Amtsanwaltschaft B. über ein dort geführtes Ermittlungsverfahren betreffend den Vorgang vom 5. April 1995 (AZ.: 124 PLs 1670/95) bei und nahm die wesentlichen Teile in Kopie zu den Verwaltungsakten. Mit Bescheid vom 25. November 1996 lehnte sie die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 5. April 1995 mit der Begründung ab, ein Arbeitsunfall habe sich nicht nachweisen lassen. Mit gleicher Begründung wies sie den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 1997 zurück.

Mit seiner am 2. Mai 1997 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel weiter verfolgt, Entschädigungsleistungen wegen des Ereignisses vom 5. April 1995 zu erhalten. Im Termin zur Beweisaufnahme vom 23. Februar 1998 hat das Sozialgericht die Zeugin G. und die Zeugen Sch. , K. , N. und R. gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Durch Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger unter Anerkennung des Ereignisses vom 5. April 1995 als Arbeitsunfall Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei es bei dem Kläger ausweislich der Mitteilung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B. vom 29. Mai 1997 seit 1986 zu häufigen Zuckerschocks mit Stürzen gekommen. Gleichwohl stehe im Hinblick auf die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststellbaren Hilfstatsachen für das Gericht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger sich die am 5. April 1995 erlittenen schweren Verletzungen bei einer wesentlich dem betrieblichen Interesse dienenden Tätigkeit zugezogen habe. Zu dem schädigenden Ereignis müsse es nach dem Wegfahren des Klägers mit dem Gabelstapler vom sogenannten Teppichhaus und vor der fest avisierten Mittagspause gekommen sein. In unmittelbarer räumlicher und örtlicher Beziehung zu der Tätigkeit des Klägers mit dem Gabelstapler müsse sich ein Vorfall ereignet haben, der zum Verlust der aufgefundenen, unentbehrlichen Utensilien des Klägers geführt habe. Auch die Diabeteserkrankung des Klägers rechtfertige keine andere Beurteilung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Kammer die positive Feststellung eines Sturzes des Klägers aus innerer Ursache mit der erforderlichen Sicherheit nicht möglich.

Gegen dieses ihr am 27. April 1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 1998 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt. Sie macht geltend, ein Unfallereignis sei nicht erwiesen.

Mit Verfügung des Berichterstatters vom 4. November 1998 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass möglicherweise der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung nicht präzise gefasst und es deshalb sachgerecht sein dürfte, das Klageziel im Sinne eines Feststellungsbegehrens zu formulieren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 1998 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor des Urteils wie folgt neu gefasst wird:

Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 1997 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Schädelkalottenfraktur, die frontobasale Fraktur in beiden Keilbeinhöhlen und das hirnorganische Psychosyndrom des Klägers Folgen eines Arbeitsunfalls vom 5. April 1995 sind.

Er meint, das angefochtene Urteil sei im Hinblick auf die Bejahung eines Arbeitsunfalls zutreffend. Der Unfall - ein Sturz auf den Boden - habe sich am Auffindeort ereignet. Entsprechend dem richterlichen Hinweis vom 4. November 1998 werde ein Feststellungsantrag gestellt.

Der Kläger stellt den Beweisantrag,

ein medizinisches Sachverständigengutachten zu folgenden Fragen einzuholen:
1) ob im Hinblick auf die Schwere der Kopfverletzungen der Auffindeort auch als Unfallort anzusehen ist,
2) ob im Hinblick auf die dokumentierten Blutzuckerwerte bei der Aufnahme im Krankenhaus sowie die Eintragungen in sein Diabetiker-Tagebuch am Unfalltag in der Zeit nach 10.30 Uhr bei ihm ein diabetisch bedingter Schockzustand möglich gewesen sein könnte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin war aufzuheben, die Klage war abzuweisen. Zwar ist sie zulässig, insbesondere stellte die Umstellung des Klagebegehrens auf einen Feststellungsantrag eine zulässige Klageänderung im Sinne des § 99 SGG dar, und für die Feststellungsklage bestand auch ein Feststellungsinteresse. In der Sache jedoch konnte die Klage keinen Erfolg haben, weil die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig und die vom Kläger erlittenen gesundheitlichen Schädigungen nicht Folgen eines Arbeitsunfalls sind. Denn das Ereignis vom 5. April 1995 stellt keinen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar.

Maßgebend für die Beurteilung des Geschehens sind die bis zum 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der Kläger den Eintritt eines Arbeitsunfalls schon vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) geltend macht und gegebenenfalls auf der Grundlage der Feststellung eines Arbeitsunfalls über die Gewährung von Leistungen auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1997 zu entscheiden ist (vgl. § 212 SGB VII).

Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsunfalls ist dabei u. a. der Nachweis der Tatbestandsmerkmale der versicherten Tätigkeit, des Unfallereignisses und der geltend gemachten Gesundheitsstörung. Hinsichtlich des Vorliegens dieser Voraussetzungen muss nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der vollständige Beweis erbracht werden (BSGE 60, 58 ff; 58, 80, 83; 45, 1, 9; 43, 110, 111 und 19, 52, 53). Für die Annahme eines Arbeitsunfalls ist regelmäßig erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Dies bedeutet, dass zunächst eine sachliche Verbindung mit der Betriebstätigkeit und dem Beschäftigungsverhältnis bestehen muss, die es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (s. BSGE 63, 273, 274; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 95 und 84; BSG SozR 3 - 2200 § 548 Nr. 22 und BSG NJW 1995, 3340 ff). Dieser sogenannte innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu denen der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 61, 127, 128 und 58, 76, 77). Für die tatsächliche Grundlage dieser Wertentscheidung muss der volle Nachweis erbracht werden, d. h. es muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSG, Urteil vom 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95 -).

Eigentümlichkeiten eines Sachverhaltes können in besonders gelagerten Einzelfällen nach den Grundsätzen des Beweisnotstandes Anlass bieten, an den Beweis verminderte Anforderungen zu stellen (BSG, Urteil vom 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95 -; BSGE 24, 25, 28 f und 19, 52, 56). Dies bedeutet, dass der Unfallversicherungsträger oder die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit schon auf Grund der wenigen vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein können (BSG vom 12. Juni 1990 - 2 RU 58/89 -), z. B. bei unfallbedingten Erinnerungslücken des Versicherten. Hingegen bietet der Beweisnotstand des Versicherten keine Handhabe dafür, den Beweismaßstab - also den Vollbeweis - zu verringern. Insbesondere ist es nicht zulässig, bereits eine Wahrscheinlichkeit oder gar nur die bloße Möglichkeit genügen zu lassen, um eine Tatsache als festgestellt bzw. als nachgewiesen anzusehen (BSG in NZS 1998, 41, 43).

Lassen sich auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze des Beweisnotstandes die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen, so geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten, wenn er hieraus eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will (BSG SozR 3 - 2200 § 548 Nrn. 11 und 14; BSGE 58, 76, 79; 43, 110, 111; 41, 297, 300 und 6, 70, 72). Eine Umkehr der Beweislast tritt hingegen auch in diesen Fällen eines Beweisnotstandes nicht ein (BSG, NSZ 1998, 41, 42; BSGE 63, 270 und BSG SozR 1500 § 160 Nr. 51). Einen Beweisgrundsatz „im Zweifel für den Versicherten“ kennt das sozialgerichtliche Verfahren nicht (BSG SozR Nr. 14 zu § 1 BVG).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze konnte nicht zu Gunsten des Klägers festgestellt werden, dass er am 5. April 1995 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Zwar ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger einen Unfall, d. h. ein plötzliches, von außen her einwirkendes körperlich schädigendes Ereignis, erlitten hat. Die Art der beim Kläger festgestellten Verletzungen lassen für den Senat zwingend nur den Schluss zu, dass der Kläger gestürzt ist und sich infolge dieses von außen her einwirkenden plötzlichen Ereignisses die körperlichen Schädigungen zuzog. Nicht erwiesen und damit auch nicht zu Gunsten des Klägers festzustellen ist jedoch, dass sich der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er diesen Sturz erlitt, in Ausübung einer versicherten Tätigkeit befand. Hierbei unterstellt der Senat hypothetisch zu Gunsten des Klägers, dass der Ort, an welchem er aufgefunden wurde, auch der Ort des Unfallereignisses selbst ist, d. h. dass der Kläger den Sturz in dem Hallenraum erlitt, in welchem er später von seiner Ehefrau aufgefunden wurde. Denn auch bei Annahme dieses für den Kläger günstigsten Geschehens steht nicht mit der notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger tatsächlich seinen Sturz in Ausübung einer versicherten Tätigkeit erlitten hat. Es besteht die ernstliche Möglichkeit, die auch vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Kläger zu eigenwirtschaftlichen Zwecken in der Halle aufgehalten hat. Hierfür spricht der Gesamteindruck des Geschehens, insbesondere aber konnten einige wesentliche Indizien nicht außer Betracht bleiben. So hatte der Senat zu bedenken, dass der Kläger bei seinem Gabelstapler und damit etwa zweihundert Meter von dem Auffindeort und hypothetischen Unfallort entfernt sowohl seine Arbeitsjacke als auch seine Schlüssel zurückgelassen hatte. Die Umstände, auf Grund derer er diese Gegenstände dort zurückgelassen hat, ließen sich im Nachhinein nicht mehr aufklären. Es bleiben damit schwerwiegende Zweifel hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Unfall. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger gerade seine Arbeitskleidung und die für den dienstlichen Gebrauch einzusetzenden Schlüssel zurückließ, um eine Halle aufzusuchen.

Desgleichen konnte der Senat auch nicht außer Betracht lassen, dass in der Nähe der Jacke und der Schlüssel auch ein leeres Tablettenröhrchen des Klägers aufgefunden wurde, in dem dieser seine Traubenzuckertabletten aufzubewahren pflegte. Es muss ernsthaft die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der Kläger vor dem Aufsuchen der Halle noch die genannten Tabletten zu sich nahm und damit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachging. Vor dem Hintergrund dieser ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeit kann in gleicher Weise nicht ausgeschlossen werden, dass der anschließende Besuch der Halle noch nicht wieder der Aufnahme einer versicherten Tätigkeit diente, sondern allein zur Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke bestimmt war. Die insoweit fortbestehenden ernstlichen Zweifel werden zusätzlich noch dadurch untermauert, dass sich in der genannten Halle auch Wascheinrichtungen und Toiletten befanden.

Eine weitere Aufklärung des Unfallgeschehens war dem Senat nicht möglich. Bereits die Beklagte hatte die Ermittlungsakten der Amtsanwaltschaft Berlin beigezogen, ohne dass sich hieraus für das eigentliche Unfallgeschehen nähere Erkenntnisse ziehen ließen. Darüber hinaus hat das Sozialgericht alle in Betracht kommenden Zeugen eingehend vernommen, doch auch diese konnten über das Unfallgeschehen selbst keine näheren Angaben machen. Der Kläger leidet weiterhin unfallbedingt an einer Erinnerungslücke und konnte selber zum Unfallgeschehen keine Angaben machen. Vor diesem Hintergrund sah der Senat auch keinen Anlass, den Beweisanträgen des Klägers nachzugehen. Der erste Beweisantrag, bezogen auf die Klärung des Unfallortes, ist gegenstandslos geworden, weil auch bei hypothetischer Wahrunterstellung der Behauptung des Klägers, er sei am Auffindeort verunglückt, keine andere rechtliche Bewertung möglich ist. Auch der zweite Beweisantrag des Klägers war rechtlich nicht mehr von Bedeutung. Mit dem zweiten Beweisantrag wollte der Kläger nachweisen, dass der bei seinem Auffinden diagnostizierte Diabetesschock auch auf das lange Liegen am Auffindeort zurückzuführen sein könnte und deshalb nicht zwingend bereits beim Sturz auf den Boden der Halle ein Diabetesschock bestanden haben muss. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Frage eines Diabetesschocks erst dann Bedeutung gewänne, wenn die Frage einer möglichen inneren Ursache zu klären wäre. Einer solchen Klärung bedurfte es jedoch deswegen nicht, weil sich weder bei Bestehen noch bei Fehlen einer inneren Ursache unterschiedliche Bewertungen ergeben würden. In jedem Falle ist auf Grund der vorstehenden Erwägungen ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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