Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 83/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 406/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zulässigkeit des Widerspruchs.
Der 1948 geborene Kläger stürzte am 29. August 2006 um 10.45 Uhr in seinem Büro in seiner Wohnung und erlitt unter anderem eine Humerusfraktur. Beim Auffinden war er laut Durchgangsarztbericht nur mit Unterhose, Hemd und Wolljacke bekleidet und trug eine Akte in der Hand. Der Chirurg Dr. M. gab an, er sei deutlich alkoholisiert und beim Eintreffen in der Notaufnahme unter Medikamenteneinfluss deutlich bewusstseinsreduziert gewesen. Er habe später einer Blutentnahme zugestimmt. Die Untersuchung habe einen Blutalkoholgehalt von 1,9 Promille ergeben. Am 1. September 2006 wurde der Bruch operativ versorgt und der Kläger am 04.09.2006 nach Hause entlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. September 2006 die Gewährung von Leistungen ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Der Versicherungsschutz ende in einem sowohl betrieblich als auch privat genutzten Gebäude mit dem Verlassen der Betriebsräume. Das Mitführen von geschäftlichen Papieren führe nicht dazu, den privaten Weg unter den Schutz der Unfallversicherung zu stellen. Unabhängig davon sei der Kläger bei dem festgestellten Blutalkoholgehalt zum Unfallzeitpunkt nicht in der Lage gewesen, eine Tätigkeit als Rechtsanwalt auszuüben.
Der Bescheid wurde am 20. September 2006 zur Post gegeben. Mit Widerspruch vom 14. November 2006 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2007 zurück. Der Widerspruch sei unzulässsig, da er verspätet eingegangen sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht vorgebracht worden. Gründe, den Verwaltungsakt gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen, lägen nicht vor.
Zur Begründung der Klage führte der Kläger aus, am Unfalltag habe ihm ein Mandant eine Flasche Cognac mitgebracht, die er auf den Tisch gestellt habe. Nachdem der Mandant gegangen sei, habe er die Flasche aus dem Zimmer entfernen wollen und sei beim Öffnen der Tür so unglücklich von einer Stufe abgerutscht, dass es zu der Fraktur gekommen sei. Er habe nicht aufstehen können. Daher habe er mit der linken Hand die Cognacflasche geöffnet und aus ihr getrunken. Nach zwei Stunden sei seine Ehefrau zurückgekehrt und habe den Notarzt gerufen. Einer Blutentnahme habe er in der Klinik nicht zugestimmt. Der Bescheid der Beklagten sei am 21. September 2006 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er nachhause entlassen worden. Er habe jedoch derartige Schmerzen gehabt, dass er ständig starke Schmerzmittel habe nehmen müssen. Erst als er wieder arbeitsfähig gewesen sei, habe er am 14. November Widerspruch eingelegt.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2007 ab. Die Beklagte habe zu Recht den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurückgewiesen und den Erlass einer Entscheidung gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Es sei glaubhaft, dass der Kläger postoperativ Schmerzmittel eingenommen habe. Die Vorstellung, er sei anhaltend gehindert gewesen, ein Widerspruchsschreiben zu verfassen oder seine Ehefrau damit zu beauftragen, sei realitätsfern. Die Fristversäumnis sei nicht unverschuldet. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte den Widerspruch als Antrag nach § 44 SGB X gewertet und abgelehnt habe. Denn Gründe für den Erlass einer Zugunstenentscheidung lägen nicht vor. Der Vortrag des Klägers, er sei gestürzt, als er nach einem Mandantenbesuch eine mitgebrachte Flasche Cognac habe wegräumen wollen, werde widerlegt durch die aktenkundige Tatsache, dass er nach dem Sturz in der Wohnung nur mit Unterhose, Hemd und Wolljacke bekleidet aufgefunden worden sei.
Zur Begründung der Berufung führte der Kläger im Schreiben vom 23. April 2008 aus, er sei am Unfalltag mit der Cognacflasche in der Hand in seinem Büro gestürzt, als er die Flasche habe entfernen wollen. Als seine Frau nachhause gekommen sei, habe sie ihm die beschmutzte Hose ausgezogen und den Notarzt gerufen. Durch die Veletzung und eine frühere Verletzung habe er derartige Schmerzen gehabt, dass er ständig schwere Schmerzmittel habe einnehmen müssen und arbeitsunfähig gewesen sei. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, rechtzeitig Widerspruch einzulegen. Erst am 14. November 2006 habe er wieder normal reagieren können.
Die am 19. November 2007 eingelegte Berufung wurde bislang (29. Februar) nicht begründet.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Oktober 2007 aufzuheben, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Bescheid vom 20. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass das Ereignis vom 29. August 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass in den Gründen des Gerichtsbescheides irrtümlich angegeben ist, die Beklagte habe den Widerspruch als unbegründet und nicht - wie geschehen und im Tatbestand auch korrekt erwähnt - als unzulässig zurückgewiesen.
Bezüglich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits am 4. September 2006 aus dem Universitätsklinikum U. entlassen wurde und die behandelnden Ärzte eine funktionelle Nachbehandlung für insgesamt sechs Wochen, dann zunehmende Aufbelastung vorschlugen. Zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides am 21. September 2006 war der Kläger schon seit 16 Tagen wieder zuhause; zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Einlegung des Widerspruchs waren mehr als sechs Wochen seit der Operation vergangen. Es ist dem Sozialgericht zuzustimmen, dass es nicht bewiesen ist, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, den Widerspruch selbst einzulegen oder seine Ehefrau zu beauftragen.
Anlass zu einer Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB X ist gleichfalls nicht gegeben gewesen. Die Beklagte hat das Schreiben des Klägers vom 14. November 2006 gleichzeitig als Antrag gemäß § 44 SGB X gedeutet. Die Ablehnung dieses Antrags im Widerspruchsbescheid ersetzt ein gesondertes Vorverfahren. Für die Angabe des Klägers, er habe unmittelbar nach dem Besuch eines Mandanten den mitgebrachten Cognac wegräumen wollen und sei dabei noch im Büro gestürzt, gibt es keinerlei Beweise; sie ist nicht glaubhaft.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zulässigkeit des Widerspruchs.
Der 1948 geborene Kläger stürzte am 29. August 2006 um 10.45 Uhr in seinem Büro in seiner Wohnung und erlitt unter anderem eine Humerusfraktur. Beim Auffinden war er laut Durchgangsarztbericht nur mit Unterhose, Hemd und Wolljacke bekleidet und trug eine Akte in der Hand. Der Chirurg Dr. M. gab an, er sei deutlich alkoholisiert und beim Eintreffen in der Notaufnahme unter Medikamenteneinfluss deutlich bewusstseinsreduziert gewesen. Er habe später einer Blutentnahme zugestimmt. Die Untersuchung habe einen Blutalkoholgehalt von 1,9 Promille ergeben. Am 1. September 2006 wurde der Bruch operativ versorgt und der Kläger am 04.09.2006 nach Hause entlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. September 2006 die Gewährung von Leistungen ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Der Versicherungsschutz ende in einem sowohl betrieblich als auch privat genutzten Gebäude mit dem Verlassen der Betriebsräume. Das Mitführen von geschäftlichen Papieren führe nicht dazu, den privaten Weg unter den Schutz der Unfallversicherung zu stellen. Unabhängig davon sei der Kläger bei dem festgestellten Blutalkoholgehalt zum Unfallzeitpunkt nicht in der Lage gewesen, eine Tätigkeit als Rechtsanwalt auszuüben.
Der Bescheid wurde am 20. September 2006 zur Post gegeben. Mit Widerspruch vom 14. November 2006 beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2007 zurück. Der Widerspruch sei unzulässsig, da er verspätet eingegangen sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht vorgebracht worden. Gründe, den Verwaltungsakt gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen, lägen nicht vor.
Zur Begründung der Klage führte der Kläger aus, am Unfalltag habe ihm ein Mandant eine Flasche Cognac mitgebracht, die er auf den Tisch gestellt habe. Nachdem der Mandant gegangen sei, habe er die Flasche aus dem Zimmer entfernen wollen und sei beim Öffnen der Tür so unglücklich von einer Stufe abgerutscht, dass es zu der Fraktur gekommen sei. Er habe nicht aufstehen können. Daher habe er mit der linken Hand die Cognacflasche geöffnet und aus ihr getrunken. Nach zwei Stunden sei seine Ehefrau zurückgekehrt und habe den Notarzt gerufen. Einer Blutentnahme habe er in der Klinik nicht zugestimmt. Der Bescheid der Beklagten sei am 21. September 2006 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er nachhause entlassen worden. Er habe jedoch derartige Schmerzen gehabt, dass er ständig starke Schmerzmittel habe nehmen müssen. Erst als er wieder arbeitsfähig gewesen sei, habe er am 14. November Widerspruch eingelegt.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2007 ab. Die Beklagte habe zu Recht den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurückgewiesen und den Erlass einer Entscheidung gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Es sei glaubhaft, dass der Kläger postoperativ Schmerzmittel eingenommen habe. Die Vorstellung, er sei anhaltend gehindert gewesen, ein Widerspruchsschreiben zu verfassen oder seine Ehefrau damit zu beauftragen, sei realitätsfern. Die Fristversäumnis sei nicht unverschuldet. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte den Widerspruch als Antrag nach § 44 SGB X gewertet und abgelehnt habe. Denn Gründe für den Erlass einer Zugunstenentscheidung lägen nicht vor. Der Vortrag des Klägers, er sei gestürzt, als er nach einem Mandantenbesuch eine mitgebrachte Flasche Cognac habe wegräumen wollen, werde widerlegt durch die aktenkundige Tatsache, dass er nach dem Sturz in der Wohnung nur mit Unterhose, Hemd und Wolljacke bekleidet aufgefunden worden sei.
Zur Begründung der Berufung führte der Kläger im Schreiben vom 23. April 2008 aus, er sei am Unfalltag mit der Cognacflasche in der Hand in seinem Büro gestürzt, als er die Flasche habe entfernen wollen. Als seine Frau nachhause gekommen sei, habe sie ihm die beschmutzte Hose ausgezogen und den Notarzt gerufen. Durch die Veletzung und eine frühere Verletzung habe er derartige Schmerzen gehabt, dass er ständig schwere Schmerzmittel habe einnehmen müssen und arbeitsunfähig gewesen sei. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, rechtzeitig Widerspruch einzulegen. Erst am 14. November 2006 habe er wieder normal reagieren können.
Die am 19. November 2007 eingelegte Berufung wurde bislang (29. Februar) nicht begründet.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Oktober 2007 aufzuheben, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Bescheid vom 20. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass das Ereignis vom 29. August 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass in den Gründen des Gerichtsbescheides irrtümlich angegeben ist, die Beklagte habe den Widerspruch als unbegründet und nicht - wie geschehen und im Tatbestand auch korrekt erwähnt - als unzulässig zurückgewiesen.
Bezüglich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits am 4. September 2006 aus dem Universitätsklinikum U. entlassen wurde und die behandelnden Ärzte eine funktionelle Nachbehandlung für insgesamt sechs Wochen, dann zunehmende Aufbelastung vorschlugen. Zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides am 21. September 2006 war der Kläger schon seit 16 Tagen wieder zuhause; zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Einlegung des Widerspruchs waren mehr als sechs Wochen seit der Operation vergangen. Es ist dem Sozialgericht zuzustimmen, dass es nicht bewiesen ist, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen wäre, den Widerspruch selbst einzulegen oder seine Ehefrau zu beauftragen.
Anlass zu einer Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB X ist gleichfalls nicht gegeben gewesen. Die Beklagte hat das Schreiben des Klägers vom 14. November 2006 gleichzeitig als Antrag gemäß § 44 SGB X gedeutet. Die Ablehnung dieses Antrags im Widerspruchsbescheid ersetzt ein gesondertes Vorverfahren. Für die Angabe des Klägers, er habe unmittelbar nach dem Besuch eines Mandanten den mitgebrachten Cognac wegräumen wollen und sei dabei noch im Büro gestürzt, gibt es keinerlei Beweise; sie ist nicht glaubhaft.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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