L 13 Lw 321/95

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 4 LW 818/94
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 13 Lw 321/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Oktober 1994 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 9. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 1994 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 ungekürztes Witwenaltersgeld und ab 1. Januar 1995 ungekürzte Witwenrente zu gewähren.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Witwenaltersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) streitig.

Der Ehemann der Klägerin war landwirtschaftlicher Unternehmer. Durch Bescheid vom 15. Dezember 1988 gewährte ihm die Beklagte ab 1. November 1988 Altersgeld in Höhe von 836,90 DM. Durch Bescheide der Beklagten vom 21. März 1989 und 10. April 1990 erhielt die Klägerin Zuschüsse in Höhe von insgesamt 64.537,20 DM (70 % der Durchschnittsbeiträge) zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 31. Dezember 1986. Die Klägerin zahlte über den 30 %-Anteil von 27.658,80 DM zusätzlich 16.487,20 DM (insgesamt 44.146,– DM) für Höchstbeiträge in der Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 30. Dezember 1970 ein. Im Anschluß an den Bescheid vom 10. April 1990 teilte die Beklagte der Klägerin im Juni 1990 mit, daß sie kraft Gesetzes aus der Landwirtschaftlichen Alterskasse ausgeschieden sei. Die Klägerin bezog ab 1. Januar 1990 von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen flexibles Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), das ab 1. November 1992 1.793,60 DM netto monatlich betrug. Der Ehemann der Klägerin verstarb am 22. Oktober 1992. Mit Schreiben vom 18. August 1993 teilte die LVA Hessen der Beklagten mit, daß sich die durch Bescheid vom 20. Juli 1990 bewilligte Altersrente aus insgesamt 4.208,20 Werteinheiten berechne. Beiträge seien für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 31. Dezember 1986 nachentrichtet worden. Auf diesen Zeitraum entfielen 3.703,74 Werteinheiten. Der Verhältniswert betrage somit 88,01 %. Durch Bescheid vom 9. September 1993 bewilligte die Beklagte dem Grunde nach Witwenaltersgeld ab 1. November 1992 für die ersten drei Monate nach dem Tod des Ehegatten in der bisherigen Höhe des Altersgeldes von 957,60 DM brutto. Für den Zeitraum ab 1. Februar 1993 ruhe der Altersgeldanspruch nach § 50 GAL im Hinblick auf den nach § 47 GAL bewilligten Zuschuß zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die LVA Hessen habe den Verhältniswert mit 88,01 % angegeben. Die Altersrente betrage ab 1. November 1992 1.793,60 DM und ab 1. Juli 1993 1.871,82 DM brutto. Der Anteil von 88,01 % belaufe sich somit ab 1. November 1992 auf 1.578,55 DM und ab 1. Juli 1993 auf 1.647,39 DM. Da der Kürzungsbetrag nach § 50 Abs. 1 GAL höher als der berechnete Altersgeldbetrag von 638,80 DM sei, ruhe der Anspruch auf Witwenaltersgeld.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1994 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Altersgeldanspruch ruhe ab 1. Februar 1993 gemäß § 50 GAL. Die Beklagte habe nach § 47 GAL einen Zuschuß in Höhe von 70 v.H. der sog. Mittelbeträge gewährt. Selbst wenn Beträge nach einer höheren Beitragsklasse nachentrichtet worden seien, seien alle Werteinheiten für die Beitragszeiten anzurechnen, für die der Nachentrichtungszuschuß gewährt worden sei. Die bezuschußten Beitragszeiten könnten insoweit nicht in Werteinheiten für bezuschußte und nicht bezuschußte Beitragsanteile gesplittet werden. Da der Kürzungsbetrag höher als das nach § 3 Abs. 1 a) GAL zustehende Witwenaltersgeld sei, ruhe der Altersgeldanspruch ab 1. Februar 1993.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis einschließlich 31. Dezember 1970 Höchstbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt und insoweit die über den Zuschuß der Beklagten hinausgehenden Beträge aus eigenen Mitteln aufgebracht zu haben. Die durch eigene Beitragsentrichtung erworbenen Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung könne die Beklagte nicht auf das der Klägerin zustehende Altersgeld anrechnen. Einen Anspruch auf Altersgeld würde derjenige selbst vernichten, der sich zusätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung mit eigenen Beitragszahlungen absichere, wenn er auch nur einen noch so geringen Zuschuß der Beklagten für entsprechende Zeiträume in Anspruch nehme. Dies könne nicht Sinn und Zweck des Ausgleichs sein, den § 50 GAL anstrebe. Eine Anrechnung von Bezügen aus der bezuschußten gesetzlichen Rentenversicherung könne nur insoweit erfolgen, als tatsächlich aufgrund Zuschußzahlungen der Beklagten konkrete Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht würden.

Die Beklagte verwies demgegenüber auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.

Durch Urteil vom 31. Oktober 1994 wies das Sozialgericht Kassel die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe die Gewährung von Witwenaltersgeld für die Zeit ab 1. Februar 1993 zu Recht abgelehnt. Die Klägerin habe zwar unstreitig einen Anspruch auf Gewährung von Witwenaltersgeld nach § 3 Abs. 1 a) GAL, das nach § 4 Abs. 2 GAL für die ersten drei Monate nach dem Tode des Ehemannes in der bisherigen Höhe des diesem gezahlten Altersgeldes weiterzuzahlen gewesen sei. Für die anschließende Zeit sei das Altersgeld, das sich nach der unwidersprochenen Berechnung der Beklagten ab 1. Februar 1993 auf monatlich 638,80 DM belaufe, allerdings zu Recht gekürzt worden. Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung auf Null sei § 50 GAL. Die Klägerin habe Zuschüsse nach § 47 GAL in Höhe des Grenzbetrages von 70 % des Beitrages nach Durchschnittseinkommen, insgesamt 64.537,20 DM, für die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 31. Dezember 1986 erhalten. Aufgrund der Rentenmitteilung der LVA Hessen vom 18. August 1993 und 13. Juni 1994 belaufe sich der Anteil der Werteinheiten, die in den Nachentrichtungszeitraum fallen, an den gesamten Werteinheiten auf 3.703,73 zu 4.208,20 (= 88,01 %), nach Neufeststellung der Altersrente auf 3.880,56 zu 4.249,85 Werteinheiten (= 91,31 %) bzw. für die ab 1. Januar 1994 gewährte Regelaltersrente auf 38,8043 zu 41,2569 Entgeltpunkte (= 94,05 %). Bei der Höhe der LVA-Altersrente von 1.793,60 DM (ab 1.11.1992), 1.871,82 DM (ab 1.07.1993) und 1.889,53 DM (ab 1.01.1994) ergäben sich Kürzungsbeträge von weit über 1.500,– DM monatlich. Da das Witwenaltersgeld nur einen Bruchteil dieses Betrages ausmache, verbleibe kein Zahlbetrag. Die gesetzliche Regelung sei eindeutig. Eine andere Art der Ermittlung des Kürzungsbetrages etwa auf der Grundlage des Verhältnisses des auf die Beitragszuschüsse konkret entfallenden Anteils der Rente sei nach der unmißverständlichen Formulierung in § 50 Abs. 1 GAL nicht möglich. Diese Berechnungsregelung sei auch nicht verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 GG). Zwar würden durch die rein zeitanteilige Regelung unterschiedslos neben den auf den Zuschüssen beruhenden auch die aus eigenem Vermögen erbrachten Beitragsanteile des Nachentrichtungszeitraums herangezogen, um den dem Witwenaltersgeld schädlichen Anteil der Sozialversicherungsrente zu ermitteln. Es ließen sich sicherlich auch andere Berechnungsweisen vorstellen, willkürlich sei die gesetzlich angeordnete Berechnung jedoch nicht. Dem Versicherten gingen die sich aus den aus eigenen Mitteln erbrachten Beitragsteilen ergebenden Ansprüche gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Anrechnungsmodus nicht verloren. Der Streitpunkt betreffe lediglich die Ermittlung des Anrechnungsbetrages bei dem Witwenaltersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte. Angesichts des Umstandes, daß die Altersgelder, vorzeitigen Altersgelder, Hinterbliebenengelder und Waisengelder nach dem GAL ihrerseits zum weitaus größten Teil aus allgemeinen Steuermitteln stammten (§ 13 GAL: ab 1. Januar 1991 zu 77,5 %) mithin auch das Witwenaltersgeld der Klägerin ohnehin nur zu einem recht geringen Anteil aus Beiträgen (eigenen bzw. denen des Ehemannes) stamme, sowie zur Vermeidung von unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand sei es durchaus sachgerecht, den Berücksichtigungsbetrag pauschal nach den zeitanteiligen Werteinheiten bzw. Entgeltpunkten zu bestimmen, zumal seinerseits der Zuschuß zur Nachentrichtung 70 % der nachentrichteten Beiträge, max. nach dem Durchschnittsentgelt ermittelt, also regelmäßig den größeren Teil ausmache und mit keinem Pfennig aus Beitragsmitteln der Landwirtschaftlichen Alterskassen stamme, sondern voll aus den allgemeinen Steuermitteln des Bundes getragen werde (§ 47 Abs. 1 GAL). Wenn der Gesetzgeber hierbei auch die eigenen Beiträge des Versicherten unberücksichtigt lasse, die über den 30 %-Anteil (nach Durchschnittsentgelt) hinausgingen, sei dies auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung durchaus noch sachgerecht. Der durch die Nachentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung erreichte Gewinn an Rentenansprüchen gehe regelmäßig deutlich über die nach § 50 GAL beim landwirtschaftlichen Altersgeld vorzunehmenden Kürzungen hinaus. Ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 50 Abs. 1 GAL habe die Kammer mithin nicht. Im übrigen würde sich nach den mitgeteilten Zahlen über die Höhe der Rente und des Altersgeldes grob überschlägig nichts anderes ergeben, wenn man den von der Klägerin für richtig angenommenen Berechnungsmaßstab zugrunde legte und davon ausginge, daß zur Anrechnung nur die Teile der Sozialversicherungsrente gelangen, die konkret auf dem Zuschußanteil der Nachentrichtung beruhen. Etwa 60 % der nachentrichteten Beiträge stammten aus den Zuschüssen. Bezogen auf die gesamte Rente seien damit mindestens gut 50 % den geleisteten Zuschüssen der Alterskasse zuzuordnen. Die LVA-Rente habe zunächst 1.793,60 DM brutto betragen. Wenn man nur ganz grob den hälftigen Betrag von ca. 900,– DM einsetzen würde, läge dies immer noch weit über dem für die damalige Zeit errechneten Witwenaltersgeld von 638,80 DM. In der Folgezeit habe sich daran wesentliches nicht geändert. Auch bei der von der Klägerin für richtig gehaltenen Berechnungsweise ergäbe sich mithin kein Zahlanspruch aus dem Witwenaltersgeld.

Gegen dieses der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 20. Februar 1995 zugestellte Urteil richtet sich ihre mit Schriftsatz vom 20. März 1995 – eingegangen beim Sozialgericht Kassel am 20. März 1995 – eingelegte Berufung, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.

Die Klägerin macht geltend, das Urteil setze sich nicht mit der Frage auseinander, inwieweit die Regelung in § 50 GAL auf abgeleitete Rentenansprüche überhaupt anwendbar sei. § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL beziehe sich ausweislich seines Textes mit der Kürzungsregelung nur auf Altersgeld oder vorzeitiges Altersgeld, nicht aber auf abgeleitete Rentenansprüche. Der Gesetzgeber habe im Gegensatz zu § 50 Abs. 1 Satz 3 GAL bei der Regelung in § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL auf Hinterbliebenenansprüche keinen Bezug genommen, obwohl er das Problem der Hinterbliebenenrente im Rahmen des § 50 GAL gesehen und in § 50 Abs. 1 Satz 3 GAL für einen hier nicht einschlägigen Fall ausdrücklich geregelt habe. In § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL sei die Kürzungsregelung ausdrücklich auf das Altersgeld oder ein vorzeitiges Altersgeld bezogen worden, also auf originäre Ansprüche. Hieraus folge, daß der Gesetzgeber die Regelung in § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL nicht auf Hinterbliebenenleistungen, insbesondere das Witwenaltersgeld habe beziehen wollen. Die gesetzliche Änderung beziehe sich nur auf das seit 1995 geltende ASRG, nicht aber auf die Rechtsvorschriften aus der Zeit vor dem 1. Januar 1995.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Oktober 1994 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 1994 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 Altersgeld und ab 1. Januar 1995 Witwenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. § 50 Abs. 1 GAL regele den Anwendungsbereich für die wegen Inanspruchnahme eines Nachentrichtungszuschusses zu kürzenden GAL-Leistungen und die Höhe des Kürzungsbetrages. Danach seien – von den Ausnahmefällen des § 50 Abs. 2 GAL abgesehen – die genannten GAL-Leistungen immer dann zu kürzen, wenn der Empfänger der GAL-Leistungen gleichzeitig eine Rente oder eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe, die auf Beitragszeiten beruhe, für die ein Nachentrichtungszuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen worden sei. Die genannten GAL-Leistungen würden nicht nach Unternehmeransprüchen und Witwen-/Witweransprüchen unterscheiden, hinsichtlich der letzteren auch nicht nach originären oder abgeleiteten Ansprüchen. Die Mittel zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten nach § 47 GAL würden vom Bund aufgebracht. Auch die von den Landwirtschaftlichen Alterskassen gezahlten Altersgelder und vorzeitigen Altersgelder würden weit überwiegend aus Bundesmitteln finanziert. Deshalb könne es vom Sinn und Zweck des Gesetzes nur so sein, daß die Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 1 GAL nicht nur die originären Ansprüche auf vorzeitiges Altersgeld und Altersgeld, sondern auch die abgeleiteten Ansprüche auf vorzeitiges Altersgeld und Altersgeld betreffe. Sie habe die Klägerin deshalb bei der Gewährung des Zuschusses nach § 47 GAL auch auf die Kürzungsbestimmung hingewiesen. Die Regelung in § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG in der Fassung des ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 bestätige ihre Auffassung.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. März 1996 war die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung weder erschienen noch vertreten.

Im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (vgl. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. März 1996 konnte der Senat trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Ladung einen entsprechenden Hinweis enthielt (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist auch sachlich begründet. Das angefochtene Urteil konnte nicht aufrechterhalten werden. Die Klägerin hat ab 1. Februar 1993 einen Anspruch auf ungekürztes Witwenaltersgeld gemäß § 3 Abs. 1 a) des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL). Die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden herangezogene Vorschrift des § 50 Abs. 1 GAL ist keine Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung des Altersgeldes.

Bezieht der Empfänger eines Altersgeldes oder eines vorzeitigen Altersgeldes, der einen Zuschuß nach § 47 in Anspruch genommen hat, gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, so wird das Altersgeld oder das vorzeitige Altersgeld um den Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt, der dem Verhältnis entspricht, in dem die Entgeltpunkte für Beitragszeiten, auf die der Zuschuß entfällt, zur Summe aller Entgeltpunkte steht (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261)). Berechnet sich die Rente nach Werteinheiten, so bemißt sich die Kürzung nach dem Verhältnis der Werteinheiten für Beitragszeiten, auf die der Zuschuß entfällt, zur Summe der Werteinheiten, die der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegt worden ist (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 GAL, eingefügt mit Wirkung ab 1. Januar 1992 durch das RRG 1992). Das gleiche gilt, wenn der Empfänger eines Altersgeldes, vorzeitigen Altersgeldes oder Hinterbliebenengeldes eine Hinterbliebenenrente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nach einem Versicherten bezieht, der einen Zuschuß nach § 47 in Anspruch genommen hat (§ 50 Abs. 1 Satz 3 GAL). Der Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL ist durch das RRG 1992 nur bezüglich des Begriffs Entgeltpunkte (statt Werteinheiten) geändert worden. In bezug auf die Berechnungsmodalitäten nach Werteinheiten ist § 50 Abs. 1 Satz 2 GAL durch das RRG 1992 in die Vorschrift eingefügt worden. Im übrigen ist § 50 Abs. 1 GAL nicht verändert worden, so daß für Auslegung und Tragweite dieser Vorschrift auf die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft (Agrarsoziales Ergänzungsgesetz – ASEG) vom 21. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1774) zurückzugreifen ist, durch das der Dritte Teil des GAL (§§ 47 ff. GAL) mit der Überschrift "Zuschußgewährung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten” mit Wirkung ab 1. Januar 1971 (Artikel 4 § 1 1. ASEG) angefügt worden ist.

Ziel der damaligen Neuregelung war es, durch sozialrechtliche Maßnahmen die Strukturverbesserung in der Landwirtschaft zu unterstützen (vgl. BSG in SozR 3-Nr. 1 zu 5850 § 48 GAL unter Hinweis auf BT-Drucksache VI/1384 S. 2). Den ausgeschiedenen landwirtschaftlichen Unternehmern sollte es ermöglicht werden, durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung (§ 47 GAL, § 52 a ArVNG, § 50 b AnVNG, jeweils in der Fassung des 1. ASEG) einen umfassenden sozialen Schutz in diesem Sicherungssystem, dem sie sodann neu angehörten, aufzubauen (vgl. BSG, a.a.O). Dazu diente die Gewährung eines Zuschusses zu den nachzuentrichtenden Beiträgen in Höhe von 70 v.H. (§ 47 Abs. 1, 3 GAL). Um den Doppelbezug von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Altershilfe, zu deren Beiträgen und Leistungen der Bund unmittelbar oder mittelbar jeweils Zuschüsse geleistet hatte, zu vermeiden, bestimmte § 48 Abs. 1 GAL in der Fassung des 1. ASEG, daß derjenige Versicherte, der einen Zuschuß gemäß § 47 GAL in Anspruch nimmt, aus der Landwirtschaftlichen Alterskasse ausscheidet (vgl. BSG, a.a.O., unter Hinweis auf BT-Drucksache VI/1384, S. 3). Die Vorschrift des § 50 GAL in der Fassung des 1. ASEG enthält eine Regelung für diejenigen Fälle, in denen ein landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 GAL sein landwirtschaftliches Unternehmen strukturverbessernd abgegeben hat, in eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit übergewechselt ist, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachentrichtet hat, den in § 47 vorgesehenen Zuschuß für die Beitragsnachentrichtung in Anspruch genommen hat, sodann wieder erneut ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des § 1 als Unternehmer übernommen und bewirtschaftet und aufgrund dieser Tätigkeit einen Anspruch auf Altersgeld oder vorzeitiges Altersgeld erwirbt (vgl. Noell, Altershilfe für Landwirte, § 50 Anm. III; Brandmüller, Altershilfe für Landwirte, § 50 Anm. 2). Der Charakter des § 50 GAL als spezielle Regelung für die Ausnahmefälle, in denen ein früherer Landwirt nach Abgabe seines Unternehmens und Inanspruchnahme eines Zuschusses nach § 47 GAL später wieder landwirtschaftlicher Unternehmer mit dem erneuten Erwerb eines Altersgeldanspruchs wird, läßt sich zweifelsfrei den Gesetzesmaterialien zum 1. ASEG entnehmen. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (vgl. BT-Drucksache VI/1384 S. 3) heißt es in diesem Zusammenhang, § 50 berücksichtige den Umstand, daß ein Arbeitnehmer, der früher Landwirt gewesen sei, sein landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben und einen Zuschuß in Anspruch genommen habe, später wieder landwirtschaftlicher Unternehmer werde und aus dieser Tätigkeit erneut einen Altersgeldanspruch erwerbe. In diesem Falle solle der Teil der Rente, der auf die bezuschußten Beiträge entfalle, auf das Altersgeld angerechnet werden (vgl. BT-Drucksache VI/1384, S. 3). Nach dieser Konzeption des Gesetzgebers stellt § 50 GAL in der Fassung des 1. ASEG eine Regelung für die Ausnahmefälle dar, in denen ein früherer Landwirt nach Abgabe seines Unternehmens und Inanspruchnahme eines Zuschusses gemäß § 47 GAL sowie Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit später erneut landwirtschaftlicher Unternehmer mit dem Erwerb eines Anspruchs auf Altersgeld wird. In diesen begrenzten Ausnahmefällen soll der Teil der Rente, der auf die bezuschußten Beiträge entfällt, auf das Altersgeld angerechnet werden. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucksache VI/1384, S. 3), die die Konzeption des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck der Vorschrift dokumentieren, stellt § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL keine Rechtsgrundlage für die Kürzung des Witwenaltersgeldes der Klägerin nach § 3 Abs. 1 a) GAL ab 1. Februar 1993 dar. Eine analoge Anwendung der Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL auf andere Fallkonstellationen kommt unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien und des Erfordernisses einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Leistungsansprüche nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 3 GAL greift bereits tatbestandlich nicht ein, da der Bezug einer Hinterbliebenenrente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nach einem Versicherten, der einen Zuschuß nach § 47 in Anspruch genommen hat, nicht gegeben ist. Vorliegend hat die Klägerin selbst einen Zuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen, ist gemäß § 48 GAL aus der Landwirtschaftlichen Alterskasse ausgeschieden und bezieht aus eigener Versicherung flexibles Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 1 RVO ab 1. Januar 1990 von der Landesversicherungsanstalt Hessen. Diese Fallkonstellation wird auch von der Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 3 GAL nicht erfaßt. Demgemäß besteht zugunsten der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 ein Anspruch auf Witwenaltersgeld gemäß § 3 Abs. 1 a) GAL, das nicht nach § 50 Abs. 1 GAL gekürzt werden darf.

Ab 1. Januar 1995 hat die Klägerin einen Anspruch auf Witwenrente gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG-Artikel 1 des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung – Agrarsozialreformgesetz 1995 – ASRG 1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890), in Kraft getreten am 1. Januar 1995 (vgl. Artikel 48 Abs. 1 ASRG). Mit dem 1. Januar 1995 ist das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) an die Stelle des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) einschließlich seiner ergänzenden Vorschriften getreten (vgl. Artikel 47 ASRG 1995). Unter dem Begriff der Witwenrente und Witwerrente nach § 14 ALG hat der Gesetzgeber die bisherigen Bezeichnungen Altersgeld, vorzeitiges Altersgeld und Hinterbliebenengeld an Witwen/Witwer zusammengefaßt (vgl. BT-Drucksache 12/5700, S. 72). Diese Gesetzesänderung im Rahmen des Agrarsozialreformgesetzes 1995 ist bei der vorliegenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur Zeit der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 54 Rdnr. 34) und im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 20. März 1995 gestellten umfassenden Antrag, der Klägerin Altersgeld ab 1. Februar 1993 zu gewähren, zu berücksichtigen.

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für eine Witwenrente gemäß § 14 Abs. 1 ALG. Nach dieser Vorschrift haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des Versicherten Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn 1. das Unternehmen der Landwirtschaft des Verstorbenen abgegeben ist, 2. der verstorbene Ehegatte die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat, 3. der überlebende Ehegatte nicht Landwirt ist und 4. der überlebende Ehegatte b) das 45. Lebensjahr vollendet hat. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind zugunsten der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 1995 erfüllt.

Eine Kürzung der Witwenrente nach der maßgeblichen Vorschrift des § 129 ALG in der Fassung des ASRG 1995 ab 1. Januar 1995 kam nicht in Betracht. Bezieht der Empfänger einer Altersrente oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, der einen Zuschuß zur Nachzahlung von Beiträgen für Landwirte zur gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hat und deshalb nach dem vor dem 1. Januar 1995 jeweils geltenden Recht aus der Altershilfe für Landwirte ausgeschieden ist, gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wird die Rente um den Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt, der dem Verhältnis entspricht, in dem die Entgeltpunkte für Beitragszeiten, auf die der Zuschuß entfällt, zur Summe aller Entgeltpunkte steht (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG). Berechnet sich die Rente nach Werteinheiten, bemißt sich die Kürzung nach dem Verhältnis der Werteinheiten für Beitragszeiten, auf die der Zuschuß entfällt, zur Summe der Werteinheiten, die der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegt worden ist (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 2 ALG). Das gleiche gilt, wenn eine Rente wegen Todes mit einer Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft und der Verstorbene einen Zuschuß erhalten hatte (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 ALG). Die Kürzungsvorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 3 ALG liegt tatbestandlich nicht vor, da ein Zusammentreffen von Witwenrente aus der Alterssicherung der Landwirte mit einer Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegeben ist und im übrigen die Klägerin den Zuschuß nach dem früheren § 47 GAL erhalten hat.

Auch § 129 Abs. 1 Satz 1 und 2 ALG stellt keine Rechtsgrundlage für eine Kürzung der der Klägerin ab 1. Januar 1995 zustehenden Witwenrente dar. Sinn und Zweck dieser Vorschriften sowie ihre Tragweite erschließen sich aus den Gesetzesmaterialien zum ASRG 1995. Nach den Materialien hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf die bisherige Regelung der anteiligen Kürzung der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte bei Inanspruchnahme eines Nachzahlungszuschusses Bezug genommen. In den Materialien (vgl. BT-Drucksache 12/5700, S. 91) heißt es in der Einzelbegründung zu den §§ 129, 130 des Entwurfs des Agrarsozialreformgesetzes 1995, auch die anteilige Kürzung der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte bei Inanspruchnahme eines Nachzahlungszuschusses werde aufrechterhalten (§ 130). In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 12/7589, S. 93) ist in bezug auf die Kürzungsvorschrift (§ 130 des Entwurfs, § 129 des ASRG 1995 vom 29. Juli 1994) keine Änderung vorgenommen worden.

Nach den Gesetzesmaterialien hat der Gesetzgeber des ASRG 1995 an die bisherige Rechtslage angeknüpft und gegenüber dem Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 und 2 GAL in der Fassung des RRG 1992, die wiederum § 50 Abs. 1 GAL in der Fassung des 1. ASEG nur unwesentlich (Entgeltpunkte statt Werteinheiten, Einfügung des Satzes 2) geänderte hatte, in der Gesetz gewordenen Vorschrift des § 129 Abs. 1 GAL keine inhaltlich bedeutsame Änderung vorgenommen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 GAL in der Fassung des 1. ASEG und des RRG 1992 war aber lediglich der landwirtschaftliche Unternehmer nach Abgabe seines Unternehmens und Inanspruchnahme eines Zuschusses nach § 47 GAL als späterer Empfänger eines Altersgeldes oder eines vorzeitigen Altersgeldes nach erneutem Anspruchserwerb von der Kürzung betroffen. Es handelte sich unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien des 1. ASEG – wie dargelegt – um eine Spezialregelung für eine begrenzte Zahl von Ausnahmefällen. Es muß aber davon ausgegangen werden, daß dem Gesetzgeber des ASRG 1995 Sinn und Zweck der bisherigen Regelung des § 50 Abs. 1 GAL entsprechend den Gesetzesmaterialien hierzu bekannt gewesen ist. Wenn der Gesetzgeber nach den Materialien (vgl. BT-Drucksache 12/5700, S. 91) ausdrücklich auf die bisherige Rechtslage hinsichtlich der anteiligen Kürzung der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte bei Inanspruchnahme eines Nachzahlungszuschusses Bezug genommen hat und mit § 129 Abs. 1 ALG eine im Vergleich zu § 50 Abs. 1 GAL in der Fassung des RRG 1992 nach Wortlaut und Regelungsinhalt nicht wesentlich geänderte Vorschrift geschaffen hat, muß angenommen werden, daß eine Erweiterung der Kürzungsmöglichkeit auch in bezug auf abgeleitete Ansprüche vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Es sind nach den Materialien zum ASRG 1995 keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß der Gesetzgeber nunmehr auch eine anteilige Kürzung von Leistungen für Witwen von ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmern beabsichtigt haben könnte, die ihrerseits einen Nachzahlungszuschuß nach dem früheren § 47 GAL in Anspruch genommen haben. Insoweit wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich und zu erwarten gewesen, wenn eine Erweiterung der Kürzungsmöglichkeit für abgeleitete Ansprüche von Witwen früherer Landwirte nach der gesetzgeberischen Intention gewollt wäre. Empfänger einer Altersrente oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG ist demgemäß nur der frühere Landwirt, der einen Zuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen hat und deshalb nach dem vor dem 1. Januar 1995 jeweils geltenden Recht aus der Altershilfe für Landwirte ausgeschieden ist. Die Vorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG erfaßt nicht den Leistungsbezug der Ehefrau und späteren Witwe, die ihrerseits einen Zuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen hat. Nach den Materialien zu § 129 ALG besteht kein Anhalt für eine Ausdehnung der Kürzungsmöglichkeit von Leistungsansprüchen auf eine nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 1994 nicht erfaßte – hier aber vorliegende – Fallkonstellation.

Zwar ist § 129 Abs. 1 ALG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1814) mit Wirkung ab 1. Januar 1995 (vgl. Artikel 5 Abs. 2 ASRG-ÄndG) geändert worden. § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG in der ab 1. Januar 1995 geänderten Fassung lautet nunmehr: Bezieht der Empfänger einer Altersrente, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder einer Rente wegen Todes, der einen Zuschuß zur Nachzahlung (im folgenden Satz 1 des § 129 Abs. 1 unverändert). § 129 Abs. 1 Satz 3 ALG lautet in der mit Wirkung ab 1. Januar 1995 geänderten Fassung: Das gleiche gilt, wenn eine Altersrente, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Rente wegen Todes mit einer Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft und der Verstorbene einen Zuschuß erhalten hatte. § 129 Abs. 1 Satz 3 ALG greift auch in der durch das ASRG-ÄndG ab 1. Januar 1995 geänderten Fassung tatbestandlich nicht ein, da es an einem Zusammentreffen einer Rente wegen Todes aus der Alterssicherung der Landwirte mit einer Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung fehlt. Nach Auffassung des Senats stellt auch § 129 Abs. 1 Satz 1 (Satz 2 blieb unverändert) ALG in der ab 1. Januar 1995 geänderten Fassung keine Rechtsgrundlage für eine Kürzung der der Klägerin ab 1. Januar 1995 zustehenden Witwenrente nach § 14 Abs. 1 ALG dar. Die Änderungen des § 129 Abs. 1 ALG waren im Gesetzentwurf des ASRG-ÄndG (vgl. BT-Drucksache 13/2747, S. 18) nicht enthalten. Die Änderung des Satzes 1 des § 129 Abs. 1 ALG erfolgte aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 13/3057), in der es zur Begründung dieser Änderung heißt (vgl. BT-Drucksache 13/3057, S. 29), die Ergänzung in Satz 1 stelle klar, daß auch eine Rente wegen Todes, deren Empfänger eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auch auf einem Zuschuß zur Nachzahlung von Beiträgen für Landwirte zur gesetzlichen Rentenversicherung beruhe, beziehe, in Übereinstimmung mit dem bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Recht zu kürzen sei. Nach diesen Gesetzesmaterialien hat der Gesetzgeber an die bis zum 31. Dezember 1994 maßgebliche Rechtslage ausdrücklich angeknüpft. Es ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber auch des ASRG-ÄndG Sinn und Zweck der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 1 GAL unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zum 1. ASEG bekannt gewesen ist. Bei ausdrücklicher Anknüpfung an das bis zum 31. Dezember 1994 geltende Recht muß angenommen werden, daß eine Erweiterung des von der Kürzung betroffenen Personenkreises vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Nach den Materialien sollte lediglich eine Klarstellung der zu kürzenden Leistungen, unter die auch eine Rente wegen Todes fallen soll, erfolgen. Anhaltspunkte für eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Erweiterung des von der Kürzungsvorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG betroffenen Personenkreises sind den Materialien nicht zu entnehmen. Insoweit wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung notwendig gewesen, wenn eine Erweiterung der Kürzungsmöglichkeit für abgeleitete Ansprüche von Witwen früherer Landwirte gewollt gewesen wäre. Empfänger einer Altersrente, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder einer Rente wegen Todes im Sinne von § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG in der Fassung des ASRG-ÄndG ist demgemäß nur der frühere Landwirt, der einen Zuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen hat. Dieser Personenkreis soll auch im Falle des Bezuges einer Rente wegen Todes nach neuem Recht, für die ebenfalls in erheblichem Umfang Bundesmittel aufgebracht worden sind, von der Kürzungsvorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG in der Fassung des ASRG-ÄndG erfaßt werden. Der Leistungsbezug der Witwe eines früheren Landwirts, die selbst einen Zuschuß zur Nachzahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 47 GAL in Anspruch genommen hat, wird von der Vorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG auch in der geänderten Fassung nicht erfaßt. Eine analoge Anwendung des § 129 Abs. 1 Satz 1 ALG auf eine andere Fallkonstellation kommt bei der Frage der Kürzung von Leistungsansprüchen nicht in Betracht. Demgemäß hat die Klägerin ab 1. Januar 1995 einen Anspruch auf Witwenrente gemäß § 14 Abs. 1 ALG, der nicht nach § 129 Abs. 1 ALG gekürzt werden darf.

Demnach war das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Oktober 1994 aufzuheben. Die Beklagte war unter Abänderung des Bescheides vom 9. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 1994 zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Februar 1993 ungekürztes Witwenaltersgeld und ab 1. Januar 1995 Witwenrente ohne Kürzung nach § 129 ALG zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen, da der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beigemessen hat.
Rechtskraft
Aus
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