Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 V 11/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 V 4/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Dezember 2005 sowie der Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1995, der Bescheid vom 24. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 1998 und die Bescheide vom 10. Januar 2003 und 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2003 insoweit abgeändert, als die Schädigungsfolgen im Sinne von §§ 1 ff. BVG wie folgt neu zu bezeichnen sind: 1. Teilweise eingezogene Narbenbildungen im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit im Laufe der Zeit eingetretenen Beschwerden und Befunden einer Beeinträchtigung des Ellennerven und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm mit gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante. 2. Substanzverluste im Bereich des inneren Drittels des Bizepsmuskels rechts. 3. Narben am Becken und rechten Oberschenkel ohne dadurch bedingte Beschwerden und Befunde im Sinne der Entstehung.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Dezember 2005 zurückgewiesen.
III. Der Beklagte erstattet ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1920 geborene Kläger ist im Januar 1945 durch Granatsplitter im Bereich des rechten Oberarmes verletzt worden. Er begehrt deswegen die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen (Narben und Muskelschwäche sowie Tendopathie des Bizepsmuskels rechts) und die Bewilligung einer Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v.H. sowie die Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß §§ 1 ff., 30 Abs.1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Kläger hat den Beruf eines Zahnarztes ausgeübt. Bereits bei Stellung des Erstantrages vom 01.07.1983 hat er sich im Ruhestand befunden. Dr.T. hat mit orthopädischem Fachgutachten vom 23.11.1983 ausgeführt, dass die Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Oberarmes eine MdE unter 10 v.H. bedingen würden. Das Versorgungsamt Berlin hat mit Bescheid vom 05.01.1984 als Schädigungsfolgen in nicht rentenberechtigendem Grad anerkannt: "Teilweise eingezogene Narbenbildungen im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung."
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat Dr.T. am 24.08.1984 ein nervenfachärztliches Gutachten erstellt. Nach der Anamnese und den Befunden würden sich auf neurologischem Gebiet keine Schädigungsfolgen objektivieren lassen. Bei der Verwundung des rechten Oberarmes im Januar 1945 sei es nicht zu einer Nervenläsion gekommen. Nervenärztlicherseits würden deshalb eine Krankheitsbezeichnung und eine MdE entfallen. Dementsprechend ist der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.1984 zurückgewiesen worden.
Der Kläger hat am 15.01.1992 einen Neufeststellungsantrag gestellt. Gestützt vor allem auf das magnetresonanztomographische Zusatzgutachten des rechten Oberarmes von Dr.K. vom 09.08.1993 und das fachneurologische Gutachten von Prof. Dr.F. vom 25.11.1994 hat der Beklagte mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet: "Teilweise eingezogene Narbenbildungen im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante." Die MdE betrage jedoch weiterhin unter 25 v.H. Der Widerspruch vom 27.02.1995 gegen die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 30.01. und 31.01.1995 ist mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 18.07.1995 zurückgewiesen worden. Auch in Berücksichtigung von § 44 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X) könne eine Ulnarisschädigung nicht als Schädigungsfolge nach dem BVG anerkannt werden.
Das Klageverfahren S 11 V 67/95 bzw. L 15 V 58/97 ist in der nichtöffentlichen Sitzung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23.09.1997 mit einem Überprüfungsvergleich beendet worden. Dr.H. hat mit neurologisch-sozialmedizinischem Gutachten vom 10.11.1997 ausgeführt, dass dem geringen umschriebenen Substanzverlust des m. Biceps brachii keine Bedeutung zukomme. Die vorliegenden Gutachten würden dem Grunde nach übereinstimmen. Die MdE nach dem BVG sei mit deutlich unter 10 v.H. für die bestehenden Narben einzuschätzen. Dementsprechend ist der Antrag vom 15.01.1992 mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 24.11.1997 abgelehnt worden.
Aufgrund des Widerspruchs des Klägers hat der Beklagte eine versorgungsärztlich-unfallchirurgische Stellungnahme von R. vom 12.03.1998 eingeholt. Dieser hat bekräftigt, dass in jedem Fall die Schädigungsfolgen im Bereich des rechten Armes eine MdE von deutlich unter 25 v.H. bedingen würden. Die geforderte Einschätzung mit einer MdE um 25 v.H. oder 30 v.H. würde einer vollständigen Lähmung des Ellennerven mit komplettem sensiblen und motorischen Ausfall entsprechen, welcher keinesfalls vorliege. Im Folgenden ist der Widerspruch vom 17.12.1997 gegen den Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 24.11.1997 mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamts für Versorgung und Familienförderung vom 19.05.1998 zurückgewiesen worden.
In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger in zweiter Instanz am 03.09.2002 einen Antrag auf Neubezeichnung der Schädigungsfolgen gestellt. Dr.B. hat mit versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 19.12.2002 darauf hingewiesen, dass schädigungsbedingt auch Narben am Becken und rechten Oberschenkel vorliegen würden. Dementsprechend sind auf den Antrag vom 03.09.2002 mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 10.01.2003 die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet worden: 1. Teilweise eingezogene Narbenbildung im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit im Laufe der Zeit eingetretenen Beschwerden und Befunden einer leichten Beeinträchtigung des Ellennerven und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm. 2. Narben am Becken und rechten Oberschenkel ohne dadurch bedingte Beschwerden und Befunde. im Sinne der Entstehung. Der Grad der MdE ist wie bisher unter 25 v.H. bewertet worden.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Widerspruchsbegründung vom 01.07.2003 hervorgehoben, dass es sich aufgrund der Beschwerden und Befunde nicht um eine leichte Beeinträchtigung des Ellen- und Hautnerves handele. Auch der Kläger gebe an, dass er ständig starke Beschwerden im Bereich des Ellenbogens und des Unterarmes habe, welche allein auf die schwere Beeinträchtigung des Ellen- und Hautnerves zurückzuführen seien. Dies sei von dem Kläger mehrfach in ausführlicher Weise sowohl gegenüber dem Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg als auch in den gerichtlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz dargelegt worden. Mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 25.09.2003, der gemäß § 86 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist, hat der Beklagte das Wort "leichten" vor "Beeinträchtigung des Ellennerven und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm" entfernt.
Im Übrigen ist der Widerspruch vom 24.02.2003 als verspätet und deshalb unzulässig gewertet worden, so der Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 02.10.2003. Lediglich zur Information werde angemerkt, dass der Bescheid zu Recht ergangen sei und der Widerspruch auch bei fristgerechtem Eingang erfolglos gewesen wäre. Entspechend dem Antrag vom 03.09.2002 im Sitzungstermin vor dem Bayerischen Landessozialgericht München (L 15 V 4/02) seien die Schädigungsfolgen so bezeichnet worden, wie dies von Prof. Dr.B. in seinem Gutachten vom 20.12.1999 vorgeschlagen worden sei. Die MdE sei von Prof.Dr.B. auf allenfalls 10 v.H. geschätzt worden.
Die hiergegen gerichtete Klage ist mit Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 abgewiesen worden. Nach dem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht des Neurologen Dr.S. vom 17.06.2004 habe sich bezüglich der Ulnarisparese keine wesentliche Änderung ergeben. Der Orthopäde Dr.J. habe in seinem Befundbericht vom 22.06.2004 zwar eine über die Jahre zunehmende kontinuierliche Verschlechterung beschrieben, beziehe diese jedoch offensichtlich auf die von ihm zuvor geschilderten orthopädischen Beschwerden. Die in den vorangegangenen Verfahren eingeholten Gutachten des Nervenarztes Prof.Dr.B. vom 20.12.1999 und des Orthopäden Dr.H. vom 28.09.2001 seien weiterhin zutreffend; die Schädigungsfolgen des Klägers würden noch keinen rentenberechtigenden Grad bedingen.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 13.02.2006 ging beim Bayerischen Landessozialgeicht am 15.02.2006 ein. Von Seiten des BayLSG wurden die Versorgungs- und Schwerbehindertenakten des Beklagten sowie die umfassenden Streitakten erster und zweiter Instanz beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers hoben mit Berufungsbegründung vom 16.02.2006 hervor, dass dieser ausdrücklichen Wert darauf lege, dass die 8 cm lange Narbe zwischen Oberarmstreckseite und Bizepsmuskel und die weiteren 4 cm zum Ellennerven mit als Schädigungsfolge aufgezählt würden, ebenso wie die Muskelschwäche und dies sei keine "Wortglauberei", sondern wegen dem Erfordernis der Verordnung von Voltarensalben für das Muskel- und Narbengewebe für ihn von entscheidender Bedeutung. Unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit ergäbe sich eine MdE um mindestens 25 v.H.
Das BayLSG bestellte mit Beweisanordnung vom 05.12.2006 Dr.L. und Dr.D. bzw. Dr.E. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 SGG zu gerichtlichen Sachverständigen. Sowohl Dr.L. als auch Dr.E. bestätigten mit Gutachten vom 31.01.2007 bzw. 16.02.2007 das bisherige Gesamtergebnis. Dr.L. stellte jedoch mit orthopädischem Gutachten vom 31.01.2007 anheim, den Narbenbefund entsprechend der kernspintomographischen Befundbeschreibung von 1993 als anzuerkennende Schädigungsfolge zu bezeichnen. Im Übrigen sei die "Muskelschwäche" nicht als Schädigungsfolge anzuerkennen. Die zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung der Funktionsbefunde vor allem des rechten Schultergelenks beruhe nicht auf den Schädigungsfolgen, sondern auf aus alters- und anlagemäßigen Gründen ablaufenden Verschleißprozessen. Auch könne die Einstellung der beruflichen Tätigkeit als Zahnarzt zu Beginn des Jahres 1983 ursächlich nicht den Schädigungsfolgen angelastet werden.
Dr.N. befürwortete mit chirurgischer Stellungnahme vom 08.05.2007 die Schädigungsfolgen wie folgt neu zu bezeichnen: 1. Teilweise eingezogene Narbenbildung im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit im Laufe der Zeit eingetretenen Beschwerden und Befunden einer Beeinträchtigung des Ellennervens und des Hautnervens für den ellenwärts gelegenen Unterarm. 2. Substanzverluste im Bereich des inneren Drittels des Bizepsmuskels rechts. 3. Narben am Becken und rechten Oberschenkel ohne dadurch bedingte Beschwerden und Befunde, im Sinne der Entstehung. Die MdE betrage weiterhin unter 25 v.H.
Das entsprechende Vergleichsangebot des Beklagten vom 14.05.2007 ist von Seiten des Klägers nicht angenommen worden. Der Kläger rügte mit Schreiben vom 24.07.2007 vor allem, dass eine Angabe über die Größe der Substanzverluste im Bereich des rechten Bizepsmuskels fehle. Ebenfalls fehle, dass der Granatsplitter zuvor den Streckmuskel (Trizeps) durchbohrt habe und somit ein 8 cm langer Narbenkanal die beiden Muskeln miteinander verbinde. Die geltend gemachten Funktionsstörungen im Bereich der Handmuskeln, die 1983 zur Berufsaufgabe geführt hätten, seien bereits 1995 und 1999 anerkannt und beschrieben worden. Deswegen seien ihm bereits vom TÜV in Berlin Auflagen für die Benutzung eines PKW erteilt worden. Einschließlich einer beruflichen Betroffenheit bestehe seit 1983 eine MdE um 40 v.H.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2008 stellt die Bevollmächtigte des Klägers entsprechend dem Schriftsatz vom 16.02.2006 folgende Anträge: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 und die Bescheide des Beklagten vom 10.01.2003 und 25.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2003 werden aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, als weitere Schädigungsfolgen Narben und eine Muskelschwäche sowie eine Tendopathie des Bizepsmuskels rechts anzuerkennen. Ferner wird der Beklagte verurteilt, die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 und folgende gemäß § 44 SGB X aufzuheben, indem aufgrund der Schädigungsfolgen nach dem BVG eine MdE um 40 v.H. unter Einschluss einer besonderen beruflichen Betroffenheit festgestellt wird und entsprechende Grundrentenleistungen mit Wirkung ab 01.01.1998 nachbewilligt werden.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und auch insoweit begründet, als die Schädigungsfolgen präzisierend zu beschreiben sind. Grundrentenleistungen stehen dem Kläger jedoch nicht zu (§ 30 Abs.1 und 2 BVG).
Ausgehend von der Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung des BayLSG vom 03.09.2002 (L 15 V 4/02) handelt es sich um ein "Zugunstenverfahren" im Sinne von § 44 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X). Die Anträge aus dem Schriftsatz vom 16.02.2006 sind daher auch unter diesem Gesichtspunkt erweiternd auszulegen gewesen.
In Auswertung des orthopädischen Gutachtens von Dr.L. vom 31.01.2007 und des neurologischen Gutachtens von Dr.E. vom 16.02.2007 hat der Beklagte mit chirurgischer Stellungnahme von Dr.N. vom 08.05.2007 eingeräumt, dass die Schädigungsfolgen präzisierend zu beschreiben sind. Die chirurgische Stellungahme von Dr.N. vom 08.05.2007 ist jedoch in Ziffer 1 insoweit unvollständig, als es sich nicht um eine "teilweise eingezogene Narbenbildung" handelt, sondern um "teilweise eingezogene Narbenbildungen". Außerdem sind die bereits mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 festgestellten "gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante" zu Unrecht nicht mehr aufgeführt worden.
Im Übrigen entspricht die chirurgische Stellungnahme von Dr.N. vom 08.05.2007 jedoch den gesetzlichen Erfordernissen vor allem im Hinblick auf § 10 Abs.1 BVG. Danach wird einem Beschädigten Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen gewährt, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind. Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitstörung bezeichnet, die mit einer nach dem entsprechenden Gesetz (hier: BVG) zu berücksichtigenden Schädigung in ursächlichem Zusammenhang steht. Zu den Schädigungsfolgen gehören auch Abweichungen vom Gesundheitszustand, die keine MdE bedingen (z.B. funktionell bedeutungslose Narben, vgl. Rz.16 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht - "AHP").
Ausreichend ist jedoch auch im Hinblick auf § 10 Abs.1 BVG, wenn die Schädigungsfolgen eindeutig umschrieben festgestellt werden. Eine gleichsam "miktroskopisch detailgetreue" Feststellung ist dagegen nicht erforderlich. Die Länge der Narben bzw. des Narbenkanals kann daher ebenso dahingestellt bleiben, wie der Umfang des Substanzverlustes im Bereich des inneren Drittels des Bizepsmuskels rechts, den Dr.H. mit Gutachten vom 10.11.1997 bereits zum damaligen Zeitpunkt als gering und ohne Bedeutung beschrieben hat.
Entscheidungserheblich ist vielmehr, dass die Folgen des Durchschusses im Bereich der Oberarmsteckseite (vgl. Attest von Dr.H. vom 03.03.1975) und die Substanzdefekte in der Bizepsmuskulatur nach Splitterverletzung (vgl. Gutachten von Dr.F. vom 18.02.1997) unverändert und auch heute ohne bedeutsame funktionelle Auswirkungen sind (vgl. Gutachten von Prof.Dr.B. vom 20.12.1999, Dr.H. vom 28.09.2001, Dr.L. vom 31.01.2007 und Dr.E. vom 16.02.2007). Eine MdE um 25 v.H. oder mehr wird zweifelsfrei nicht erreicht. Denn nach Rz.26.18 der "Anhaltspunkte" ist der vollständige Ausfall des n. Ulnaris proximal oder distal mit einer MdE um 30 v.H zu berücksichtigen. Der n. Ulnaris ist jedoch ausweislich aller eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten nur am Rande beeinträchtigt und manifestiert sich in einer Beeinträchtigung des Ellennerven (und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm) mit gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante. Ausgehend von dem Bewertungsmaßstab, den die "Anhaltspunkte" in Rz.26.18 vorgeben, ist eine MdE um 10 v.H. im Sinne von § 30 Abs.1 BVG nicht zu beanstanden.
Weiterhin liegt eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs.2 BVG zweifelsfrei nicht vor. Der Kläger hat den Beruf eines Zahnarztes bis Anfang 1983 ausgeübt. Er hat sich bereits in Ruhestand befunden, als er am 01.07.1983 einen Erstantrag nach dem BVG beim Versorgungsamt Berlin gestellt hat. Dr.T. hat zeitnah mit Gutachten vom 23.11.1983 ausgeführt, dass die seit 1975 erstmals aufgetretenen Beschwerden an der Innen- bis Streckseite des rechten Oberarmes nach Granatsplitterverletzung und die vor allem bei der beruflichen Tätigkeit, z.B. bei Zahnextraktionen, auftretenden Beschwerden mit Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich auf die Verwundungsfolgen zurückzuführen sind, sondern auf nicht schädigungsbedingte Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenkes. Schädigungsunabhängig ist die MdE (nunmehr: GdB) nach dem Schwerbehindertenrecht mit 70 v.H. bewertet worden; das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung ist aus medizinischen Gründen anerkannt worden. Das Votum von Dr.T. vom 23.11.1983, dass eine besondere berufliche Betroffenheit nach § 30 Abs.2 BVG nicht vorliege, hat unverändert seine Gültigkeit (vgl. Gutachten von Dr.L. vom 31.01.2007 und Dr.E. vom 16.02.2007). Auch aus der Sicht des erkennenden Senats sind die schädigungsfremden Gesundheitsstörungen, die bereits damals mit einer MdE von 70 v.H. bewertet worden sind, die weit überwiegende Ursache für die Aufgabe des zahnärztlichen Berufes gewesen.
Nach alledem sind lediglich die Schädigungsfolgen präzisierend festzustellen. Die Berufung des Klägers erweist sich überwiegend als unbegründet.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG).
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Dezember 2005 zurückgewiesen.
III. Der Beklagte erstattet ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1920 geborene Kläger ist im Januar 1945 durch Granatsplitter im Bereich des rechten Oberarmes verletzt worden. Er begehrt deswegen die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen (Narben und Muskelschwäche sowie Tendopathie des Bizepsmuskels rechts) und die Bewilligung einer Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v.H. sowie die Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß §§ 1 ff., 30 Abs.1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Der Kläger hat den Beruf eines Zahnarztes ausgeübt. Bereits bei Stellung des Erstantrages vom 01.07.1983 hat er sich im Ruhestand befunden. Dr.T. hat mit orthopädischem Fachgutachten vom 23.11.1983 ausgeführt, dass die Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Oberarmes eine MdE unter 10 v.H. bedingen würden. Das Versorgungsamt Berlin hat mit Bescheid vom 05.01.1984 als Schädigungsfolgen in nicht rentenberechtigendem Grad anerkannt: "Teilweise eingezogene Narbenbildungen im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung."
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat Dr.T. am 24.08.1984 ein nervenfachärztliches Gutachten erstellt. Nach der Anamnese und den Befunden würden sich auf neurologischem Gebiet keine Schädigungsfolgen objektivieren lassen. Bei der Verwundung des rechten Oberarmes im Januar 1945 sei es nicht zu einer Nervenläsion gekommen. Nervenärztlicherseits würden deshalb eine Krankheitsbezeichnung und eine MdE entfallen. Dementsprechend ist der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.1984 zurückgewiesen worden.
Der Kläger hat am 15.01.1992 einen Neufeststellungsantrag gestellt. Gestützt vor allem auf das magnetresonanztomographische Zusatzgutachten des rechten Oberarmes von Dr.K. vom 09.08.1993 und das fachneurologische Gutachten von Prof. Dr.F. vom 25.11.1994 hat der Beklagte mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet: "Teilweise eingezogene Narbenbildungen im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante." Die MdE betrage jedoch weiterhin unter 25 v.H. Der Widerspruch vom 27.02.1995 gegen die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 30.01. und 31.01.1995 ist mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 18.07.1995 zurückgewiesen worden. Auch in Berücksichtigung von § 44 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X) könne eine Ulnarisschädigung nicht als Schädigungsfolge nach dem BVG anerkannt werden.
Das Klageverfahren S 11 V 67/95 bzw. L 15 V 58/97 ist in der nichtöffentlichen Sitzung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23.09.1997 mit einem Überprüfungsvergleich beendet worden. Dr.H. hat mit neurologisch-sozialmedizinischem Gutachten vom 10.11.1997 ausgeführt, dass dem geringen umschriebenen Substanzverlust des m. Biceps brachii keine Bedeutung zukomme. Die vorliegenden Gutachten würden dem Grunde nach übereinstimmen. Die MdE nach dem BVG sei mit deutlich unter 10 v.H. für die bestehenden Narben einzuschätzen. Dementsprechend ist der Antrag vom 15.01.1992 mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 24.11.1997 abgelehnt worden.
Aufgrund des Widerspruchs des Klägers hat der Beklagte eine versorgungsärztlich-unfallchirurgische Stellungnahme von R. vom 12.03.1998 eingeholt. Dieser hat bekräftigt, dass in jedem Fall die Schädigungsfolgen im Bereich des rechten Armes eine MdE von deutlich unter 25 v.H. bedingen würden. Die geforderte Einschätzung mit einer MdE um 25 v.H. oder 30 v.H. würde einer vollständigen Lähmung des Ellennerven mit komplettem sensiblen und motorischen Ausfall entsprechen, welcher keinesfalls vorliege. Im Folgenden ist der Widerspruch vom 17.12.1997 gegen den Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 24.11.1997 mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamts für Versorgung und Familienförderung vom 19.05.1998 zurückgewiesen worden.
In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger in zweiter Instanz am 03.09.2002 einen Antrag auf Neubezeichnung der Schädigungsfolgen gestellt. Dr.B. hat mit versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 19.12.2002 darauf hingewiesen, dass schädigungsbedingt auch Narben am Becken und rechten Oberschenkel vorliegen würden. Dementsprechend sind auf den Antrag vom 03.09.2002 mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 10.01.2003 die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet worden: 1. Teilweise eingezogene Narbenbildung im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit im Laufe der Zeit eingetretenen Beschwerden und Befunden einer leichten Beeinträchtigung des Ellennerven und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm. 2. Narben am Becken und rechten Oberschenkel ohne dadurch bedingte Beschwerden und Befunde. im Sinne der Entstehung. Der Grad der MdE ist wie bisher unter 25 v.H. bewertet worden.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Widerspruchsbegründung vom 01.07.2003 hervorgehoben, dass es sich aufgrund der Beschwerden und Befunde nicht um eine leichte Beeinträchtigung des Ellen- und Hautnerves handele. Auch der Kläger gebe an, dass er ständig starke Beschwerden im Bereich des Ellenbogens und des Unterarmes habe, welche allein auf die schwere Beeinträchtigung des Ellen- und Hautnerves zurückzuführen seien. Dies sei von dem Kläger mehrfach in ausführlicher Weise sowohl gegenüber dem Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg als auch in den gerichtlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz dargelegt worden. Mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 25.09.2003, der gemäß § 86 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist, hat der Beklagte das Wort "leichten" vor "Beeinträchtigung des Ellennerven und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm" entfernt.
Im Übrigen ist der Widerspruch vom 24.02.2003 als verspätet und deshalb unzulässig gewertet worden, so der Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 02.10.2003. Lediglich zur Information werde angemerkt, dass der Bescheid zu Recht ergangen sei und der Widerspruch auch bei fristgerechtem Eingang erfolglos gewesen wäre. Entspechend dem Antrag vom 03.09.2002 im Sitzungstermin vor dem Bayerischen Landessozialgericht München (L 15 V 4/02) seien die Schädigungsfolgen so bezeichnet worden, wie dies von Prof. Dr.B. in seinem Gutachten vom 20.12.1999 vorgeschlagen worden sei. Die MdE sei von Prof.Dr.B. auf allenfalls 10 v.H. geschätzt worden.
Die hiergegen gerichtete Klage ist mit Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 abgewiesen worden. Nach dem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht des Neurologen Dr.S. vom 17.06.2004 habe sich bezüglich der Ulnarisparese keine wesentliche Änderung ergeben. Der Orthopäde Dr.J. habe in seinem Befundbericht vom 22.06.2004 zwar eine über die Jahre zunehmende kontinuierliche Verschlechterung beschrieben, beziehe diese jedoch offensichtlich auf die von ihm zuvor geschilderten orthopädischen Beschwerden. Die in den vorangegangenen Verfahren eingeholten Gutachten des Nervenarztes Prof.Dr.B. vom 20.12.1999 und des Orthopäden Dr.H. vom 28.09.2001 seien weiterhin zutreffend; die Schädigungsfolgen des Klägers würden noch keinen rentenberechtigenden Grad bedingen.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 13.02.2006 ging beim Bayerischen Landessozialgeicht am 15.02.2006 ein. Von Seiten des BayLSG wurden die Versorgungs- und Schwerbehindertenakten des Beklagten sowie die umfassenden Streitakten erster und zweiter Instanz beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers hoben mit Berufungsbegründung vom 16.02.2006 hervor, dass dieser ausdrücklichen Wert darauf lege, dass die 8 cm lange Narbe zwischen Oberarmstreckseite und Bizepsmuskel und die weiteren 4 cm zum Ellennerven mit als Schädigungsfolge aufgezählt würden, ebenso wie die Muskelschwäche und dies sei keine "Wortglauberei", sondern wegen dem Erfordernis der Verordnung von Voltarensalben für das Muskel- und Narbengewebe für ihn von entscheidender Bedeutung. Unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit ergäbe sich eine MdE um mindestens 25 v.H.
Das BayLSG bestellte mit Beweisanordnung vom 05.12.2006 Dr.L. und Dr.D. bzw. Dr.E. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 SGG zu gerichtlichen Sachverständigen. Sowohl Dr.L. als auch Dr.E. bestätigten mit Gutachten vom 31.01.2007 bzw. 16.02.2007 das bisherige Gesamtergebnis. Dr.L. stellte jedoch mit orthopädischem Gutachten vom 31.01.2007 anheim, den Narbenbefund entsprechend der kernspintomographischen Befundbeschreibung von 1993 als anzuerkennende Schädigungsfolge zu bezeichnen. Im Übrigen sei die "Muskelschwäche" nicht als Schädigungsfolge anzuerkennen. Die zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung der Funktionsbefunde vor allem des rechten Schultergelenks beruhe nicht auf den Schädigungsfolgen, sondern auf aus alters- und anlagemäßigen Gründen ablaufenden Verschleißprozessen. Auch könne die Einstellung der beruflichen Tätigkeit als Zahnarzt zu Beginn des Jahres 1983 ursächlich nicht den Schädigungsfolgen angelastet werden.
Dr.N. befürwortete mit chirurgischer Stellungnahme vom 08.05.2007 die Schädigungsfolgen wie folgt neu zu bezeichnen: 1. Teilweise eingezogene Narbenbildung im körperfernen Oberarmdrittel rechts nach Granatsplitterverletzung mit im Laufe der Zeit eingetretenen Beschwerden und Befunden einer Beeinträchtigung des Ellennervens und des Hautnervens für den ellenwärts gelegenen Unterarm. 2. Substanzverluste im Bereich des inneren Drittels des Bizepsmuskels rechts. 3. Narben am Becken und rechten Oberschenkel ohne dadurch bedingte Beschwerden und Befunde, im Sinne der Entstehung. Die MdE betrage weiterhin unter 25 v.H.
Das entsprechende Vergleichsangebot des Beklagten vom 14.05.2007 ist von Seiten des Klägers nicht angenommen worden. Der Kläger rügte mit Schreiben vom 24.07.2007 vor allem, dass eine Angabe über die Größe der Substanzverluste im Bereich des rechten Bizepsmuskels fehle. Ebenfalls fehle, dass der Granatsplitter zuvor den Streckmuskel (Trizeps) durchbohrt habe und somit ein 8 cm langer Narbenkanal die beiden Muskeln miteinander verbinde. Die geltend gemachten Funktionsstörungen im Bereich der Handmuskeln, die 1983 zur Berufsaufgabe geführt hätten, seien bereits 1995 und 1999 anerkannt und beschrieben worden. Deswegen seien ihm bereits vom TÜV in Berlin Auflagen für die Benutzung eines PKW erteilt worden. Einschließlich einer beruflichen Betroffenheit bestehe seit 1983 eine MdE um 40 v.H.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2008 stellt die Bevollmächtigte des Klägers entsprechend dem Schriftsatz vom 16.02.2006 folgende Anträge: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 und die Bescheide des Beklagten vom 10.01.2003 und 25.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2003 werden aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, als weitere Schädigungsfolgen Narben und eine Muskelschwäche sowie eine Tendopathie des Bizepsmuskels rechts anzuerkennen. Ferner wird der Beklagte verurteilt, die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 und folgende gemäß § 44 SGB X aufzuheben, indem aufgrund der Schädigungsfolgen nach dem BVG eine MdE um 40 v.H. unter Einschluss einer besonderen beruflichen Betroffenheit festgestellt wird und entsprechende Grundrentenleistungen mit Wirkung ab 01.01.1998 nachbewilligt werden.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2005 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und auch insoweit begründet, als die Schädigungsfolgen präzisierend zu beschreiben sind. Grundrentenleistungen stehen dem Kläger jedoch nicht zu (§ 30 Abs.1 und 2 BVG).
Ausgehend von der Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung des BayLSG vom 03.09.2002 (L 15 V 4/02) handelt es sich um ein "Zugunstenverfahren" im Sinne von § 44 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X). Die Anträge aus dem Schriftsatz vom 16.02.2006 sind daher auch unter diesem Gesichtspunkt erweiternd auszulegen gewesen.
In Auswertung des orthopädischen Gutachtens von Dr.L. vom 31.01.2007 und des neurologischen Gutachtens von Dr.E. vom 16.02.2007 hat der Beklagte mit chirurgischer Stellungnahme von Dr.N. vom 08.05.2007 eingeräumt, dass die Schädigungsfolgen präzisierend zu beschreiben sind. Die chirurgische Stellungahme von Dr.N. vom 08.05.2007 ist jedoch in Ziffer 1 insoweit unvollständig, als es sich nicht um eine "teilweise eingezogene Narbenbildung" handelt, sondern um "teilweise eingezogene Narbenbildungen". Außerdem sind die bereits mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 31.01.1995 festgestellten "gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante" zu Unrecht nicht mehr aufgeführt worden.
Im Übrigen entspricht die chirurgische Stellungnahme von Dr.N. vom 08.05.2007 jedoch den gesetzlichen Erfordernissen vor allem im Hinblick auf § 10 Abs.1 BVG. Danach wird einem Beschädigten Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen gewährt, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind. Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitstörung bezeichnet, die mit einer nach dem entsprechenden Gesetz (hier: BVG) zu berücksichtigenden Schädigung in ursächlichem Zusammenhang steht. Zu den Schädigungsfolgen gehören auch Abweichungen vom Gesundheitszustand, die keine MdE bedingen (z.B. funktionell bedeutungslose Narben, vgl. Rz.16 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht - "AHP").
Ausreichend ist jedoch auch im Hinblick auf § 10 Abs.1 BVG, wenn die Schädigungsfolgen eindeutig umschrieben festgestellt werden. Eine gleichsam "miktroskopisch detailgetreue" Feststellung ist dagegen nicht erforderlich. Die Länge der Narben bzw. des Narbenkanals kann daher ebenso dahingestellt bleiben, wie der Umfang des Substanzverlustes im Bereich des inneren Drittels des Bizepsmuskels rechts, den Dr.H. mit Gutachten vom 10.11.1997 bereits zum damaligen Zeitpunkt als gering und ohne Bedeutung beschrieben hat.
Entscheidungserheblich ist vielmehr, dass die Folgen des Durchschusses im Bereich der Oberarmsteckseite (vgl. Attest von Dr.H. vom 03.03.1975) und die Substanzdefekte in der Bizepsmuskulatur nach Splitterverletzung (vgl. Gutachten von Dr.F. vom 18.02.1997) unverändert und auch heute ohne bedeutsame funktionelle Auswirkungen sind (vgl. Gutachten von Prof.Dr.B. vom 20.12.1999, Dr.H. vom 28.09.2001, Dr.L. vom 31.01.2007 und Dr.E. vom 16.02.2007). Eine MdE um 25 v.H. oder mehr wird zweifelsfrei nicht erreicht. Denn nach Rz.26.18 der "Anhaltspunkte" ist der vollständige Ausfall des n. Ulnaris proximal oder distal mit einer MdE um 30 v.H zu berücksichtigen. Der n. Ulnaris ist jedoch ausweislich aller eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten nur am Rande beeinträchtigt und manifestiert sich in einer Beeinträchtigung des Ellennerven (und des Hautnerven für den ellenwärts gelegenen Unterarm) mit gelegentlichen leichten Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der ulnaren Handkante. Ausgehend von dem Bewertungsmaßstab, den die "Anhaltspunkte" in Rz.26.18 vorgeben, ist eine MdE um 10 v.H. im Sinne von § 30 Abs.1 BVG nicht zu beanstanden.
Weiterhin liegt eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs.2 BVG zweifelsfrei nicht vor. Der Kläger hat den Beruf eines Zahnarztes bis Anfang 1983 ausgeübt. Er hat sich bereits in Ruhestand befunden, als er am 01.07.1983 einen Erstantrag nach dem BVG beim Versorgungsamt Berlin gestellt hat. Dr.T. hat zeitnah mit Gutachten vom 23.11.1983 ausgeführt, dass die seit 1975 erstmals aufgetretenen Beschwerden an der Innen- bis Streckseite des rechten Oberarmes nach Granatsplitterverletzung und die vor allem bei der beruflichen Tätigkeit, z.B. bei Zahnextraktionen, auftretenden Beschwerden mit Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich auf die Verwundungsfolgen zurückzuführen sind, sondern auf nicht schädigungsbedingte Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenkes. Schädigungsunabhängig ist die MdE (nunmehr: GdB) nach dem Schwerbehindertenrecht mit 70 v.H. bewertet worden; das Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung ist aus medizinischen Gründen anerkannt worden. Das Votum von Dr.T. vom 23.11.1983, dass eine besondere berufliche Betroffenheit nach § 30 Abs.2 BVG nicht vorliege, hat unverändert seine Gültigkeit (vgl. Gutachten von Dr.L. vom 31.01.2007 und Dr.E. vom 16.02.2007). Auch aus der Sicht des erkennenden Senats sind die schädigungsfremden Gesundheitsstörungen, die bereits damals mit einer MdE von 70 v.H. bewertet worden sind, die weit überwiegende Ursache für die Aufgabe des zahnärztlichen Berufes gewesen.
Nach alledem sind lediglich die Schädigungsfolgen präzisierend festzustellen. Die Berufung des Klägers erweist sich überwiegend als unbegründet.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
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