Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 4254/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2697/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. November 2007 (S 14 AS 4254/07) wird verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist, weil nicht fristgerecht eingelegt, unzulässig.
Nach § 145 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht (LSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen. Der Lauf der First beginnt mit dem Tage nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, der nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 1 und 2 SGG). Das vollständige und mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 23. November 2007 wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 21. April 2008 zugestellt. Demnach begann die Frist des § 145 Abs. 1 S. 2 SGG am 22. April zu laufen und endete am 21. Mai 2008 (Mittwoch). Die Beschwerdeschrift des Klägers vom 21. Mai 2008 ist erst am 6. Juni 2008 beim LSG eingegangen. Die Frist ist demnach nicht gewahrt.
Dass die Beschwerdeschrift bereits am 21. Mai 2008 um 17.16 Uhr beim SG per Fax eingegangen ist, führt nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde. Nach der eindeutigen Regelung des § 145 Abs. 1 S. 2 SGG kann die Beschwerde nur beim LSG eingelegt werden. Die Einlegung bei einem anderen Gericht wahrt die Frist nicht; dies gilt auch für das SG, dessen Entscheidung angefochten wird (Lüdtke in Hk-SGG, 2. Aufl., § 145 Rdnr. 7; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 145 Rdnr. 3a, 5a). Eine dem § 151 Abs. 2 SGG entsprechende Regelung enthält § 145 SGG für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Der Kläger war objektiv und subjektiv in der Lage, die Frist zu wahren, wie die Einlegung der Beschwerde per Telefax beim SG am letzten Tag der Frist zeigt. Der Kläger hätte die Beschwerde am selben Tag - ebenfalls per Telefax - auch beim LSG (noch fristgerecht) einlegen können. Dass nur eine beim LSG eingelegte Beschwerde die Frist wahrt, konnte der Kläger ohne Weiteres der Rechtsmittelbelehrung des Urteils entnehmen. Aus dem Inhalt der Beschwerdeschrift ergibt sich außerdem, dass der Kläger auch tatsächlich erkannt hat, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde an das LSG zu richten hat. Denn im Schreiben vom 21. Mai 2008 bittet er ausdrücklich um Weiterleitung an das LSG. Demnach war die beim Kläger offenbar vorliegende Alkoholproblematik für die Fristversäumung nicht ursächlich. Die Beschwerdefrist wurde vom Kläger somit nicht ohne Verschulden versäumt.
Zwar kann in Ausnahmefällen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trotz Verschuldens zu gewähren sein. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass das Gebot eines fairen Verfahrens wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht des Gerichts eine Wiedereinsetzung verlangt (Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 38, 248; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 67 Rdnr. 4 ff m.w.N.). Dies kommt u.a. in Betracht bei einer Adressierung an das unzuständige Gericht, wenn das Schreiben infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens des Empfängers erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht eingeht (BSG a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 93, 99). Das Gericht, das bereits mit der Sache befasst war, also insbesondere die Vorinstanz, ist aufgrund einer nachwirkenden Fürsorgepflicht verpflichtet, die beim ihm eingehende Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten (BVerfG NJW 2001, 1343). Das SG war demnach verpflichtet, die Nichtzulassungsbeschwerde unverzüglich an das LSG weiterzureichen (vgl. Lüdtke, a.a.O.). Voraussetzung ist jedoch, dass der Schriftsatz bei der unzuständigen Stelle so früh eingeht, dass bei üblichem Geschäftsgang eine rechtzeitige Weiterleitung zu erwarten gewesen wäre (BVerfG NJW 1995, 3173; BSG, Beschluss vom 15. August 2002 - B 3 P 14/02 B - (juris)). Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Das Telefax des Klägers wurde am letzten Tag der Frist erst um 17.16 Uhr abgesandt. Bei einem solchen Eingang erst am späten Nachmittag war auch bei ordentlichem Geschäftsgang nicht mit einer Weiterleitung noch am selben Tag zu rechnen (vgl. BSG a.a.O.). Insbesondere hatte der Kläger auf seinem Schreiben keinen Vermerk über eine Eilbedürftigkeit oder die ablaufende Frist angebracht. Das SG ist nicht dazu verpflichtet, das eingehende Schriftstück sofort darauf zu prüfen, ob es weitergeleitet werden muss (Keller, a.a.O., Rdnr. 4b) und ob dies besonders dringlich ist. Im Übrigen hat das SG das Schreiben am 26. Mai 2008 und damit am 2. Arbeitstag nach dem dortigen Eingang weitergeleitet (Feiertag am 22. Mai und Wochenende am 24. und 25. Mai 2008). Dass diese Weiterleitung nicht zu einem fristwahrenden Eingang beim LSG führen konnte, beruht allein auf dem Verhalten des Klägers. Die prozessuale Fürsorgepflicht wurde durch das SG nicht verletzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig geworden (§ 145 Abs. 4 S. 5 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist, weil nicht fristgerecht eingelegt, unzulässig.
Nach § 145 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht (LSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen. Der Lauf der First beginnt mit dem Tage nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, der nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 1 und 2 SGG). Das vollständige und mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 23. November 2007 wurde dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 21. April 2008 zugestellt. Demnach begann die Frist des § 145 Abs. 1 S. 2 SGG am 22. April zu laufen und endete am 21. Mai 2008 (Mittwoch). Die Beschwerdeschrift des Klägers vom 21. Mai 2008 ist erst am 6. Juni 2008 beim LSG eingegangen. Die Frist ist demnach nicht gewahrt.
Dass die Beschwerdeschrift bereits am 21. Mai 2008 um 17.16 Uhr beim SG per Fax eingegangen ist, führt nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde. Nach der eindeutigen Regelung des § 145 Abs. 1 S. 2 SGG kann die Beschwerde nur beim LSG eingelegt werden. Die Einlegung bei einem anderen Gericht wahrt die Frist nicht; dies gilt auch für das SG, dessen Entscheidung angefochten wird (Lüdtke in Hk-SGG, 2. Aufl., § 145 Rdnr. 7; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 145 Rdnr. 3a, 5a). Eine dem § 151 Abs. 2 SGG entsprechende Regelung enthält § 145 SGG für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Der Kläger war objektiv und subjektiv in der Lage, die Frist zu wahren, wie die Einlegung der Beschwerde per Telefax beim SG am letzten Tag der Frist zeigt. Der Kläger hätte die Beschwerde am selben Tag - ebenfalls per Telefax - auch beim LSG (noch fristgerecht) einlegen können. Dass nur eine beim LSG eingelegte Beschwerde die Frist wahrt, konnte der Kläger ohne Weiteres der Rechtsmittelbelehrung des Urteils entnehmen. Aus dem Inhalt der Beschwerdeschrift ergibt sich außerdem, dass der Kläger auch tatsächlich erkannt hat, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde an das LSG zu richten hat. Denn im Schreiben vom 21. Mai 2008 bittet er ausdrücklich um Weiterleitung an das LSG. Demnach war die beim Kläger offenbar vorliegende Alkoholproblematik für die Fristversäumung nicht ursächlich. Die Beschwerdefrist wurde vom Kläger somit nicht ohne Verschulden versäumt.
Zwar kann in Ausnahmefällen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trotz Verschuldens zu gewähren sein. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass das Gebot eines fairen Verfahrens wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht des Gerichts eine Wiedereinsetzung verlangt (Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 38, 248; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 67 Rdnr. 4 ff m.w.N.). Dies kommt u.a. in Betracht bei einer Adressierung an das unzuständige Gericht, wenn das Schreiben infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens des Empfängers erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht eingeht (BSG a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 93, 99). Das Gericht, das bereits mit der Sache befasst war, also insbesondere die Vorinstanz, ist aufgrund einer nachwirkenden Fürsorgepflicht verpflichtet, die beim ihm eingehende Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten (BVerfG NJW 2001, 1343). Das SG war demnach verpflichtet, die Nichtzulassungsbeschwerde unverzüglich an das LSG weiterzureichen (vgl. Lüdtke, a.a.O.). Voraussetzung ist jedoch, dass der Schriftsatz bei der unzuständigen Stelle so früh eingeht, dass bei üblichem Geschäftsgang eine rechtzeitige Weiterleitung zu erwarten gewesen wäre (BVerfG NJW 1995, 3173; BSG, Beschluss vom 15. August 2002 - B 3 P 14/02 B - (juris)). Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Das Telefax des Klägers wurde am letzten Tag der Frist erst um 17.16 Uhr abgesandt. Bei einem solchen Eingang erst am späten Nachmittag war auch bei ordentlichem Geschäftsgang nicht mit einer Weiterleitung noch am selben Tag zu rechnen (vgl. BSG a.a.O.). Insbesondere hatte der Kläger auf seinem Schreiben keinen Vermerk über eine Eilbedürftigkeit oder die ablaufende Frist angebracht. Das SG ist nicht dazu verpflichtet, das eingehende Schriftstück sofort darauf zu prüfen, ob es weitergeleitet werden muss (Keller, a.a.O., Rdnr. 4b) und ob dies besonders dringlich ist. Im Übrigen hat das SG das Schreiben am 26. Mai 2008 und damit am 2. Arbeitstag nach dem dortigen Eingang weitergeleitet (Feiertag am 22. Mai und Wochenende am 24. und 25. Mai 2008). Dass diese Weiterleitung nicht zu einem fristwahrenden Eingang beim LSG führen konnte, beruht allein auf dem Verhalten des Klägers. Die prozessuale Fürsorgepflicht wurde durch das SG nicht verletzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig geworden (§ 145 Abs. 4 S. 5 SGG).
Rechtskraft
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