Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 16 AS 89/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 126/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. April 2007 geändert.
Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ein Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Es geht in dem Eilverfahren noch um die für die 2006 geborene Antragstellerin zu 3) und den 2004 geborenen Antragsteller zu 4) begehrten Kleidungsstücke als Mehrbedarf im Wege des Eilverfahrens. Hinsichtlich des auch streitbefangenen Mehrbedarfs für einen Kleiderschrank hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren ein von den Antragstellern angenommenes Teilanerkenntnis in Höhe von 70 EUR abgegeben.
Die Antragsteller stehen im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2). Mit Bescheid vom 28. August 2006 bewilligte die Antragsgegnerin für die zu erwartende Antragstellerin zu 3) eine einmalige Beihilfe in Höhe von 69 EUR für ein Kinderbett (komplett) und für einen Baby-Kinderwagen in Höhe von 68 EUR. Am 16. Oktober 2006 beantragte die Antragstellerin zu 1) weitere Leistungen für die Erstlingsausstattung, da die bisherige Beihilfe nicht ausgereicht habe. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 4. November 2006 wurde weitergehender Bedarf für Klinikbedarf (Bademantel, Still-BHs) und Baby-Erstausstattung geltend gemacht. Mit Bescheid vom 7. November 2006 bewilligte die Antragsgegnerin weitere 128,70 EUR (davon 75 EUR für Schlafsack, Schnuller, Fläschchen, Hemdchen, Strampelhosen, und 53,70 EUR für Schlafzimmer Deckbett und Kopfkissen). Mit Schreiben vom 9. November 2006 wies die Antragstellerin zu 1) darauf hin, dass die bisherigen Beihilfen nicht ausgereicht hätten und weitere Zahlungen auch für die selbst beschaffte Umstandskleidung erforderlich seien. Mit Bescheid vom 23. November 2006 bewilligte die Antragsgegnerin weitere 44 EUR für die Baby-Erstausstattung (Pauschale von 119 EUR abzüglich bereits bewilligter 75 EUR), 200 EUR für Umstandskleidung und 13,80 EUR für einen Still-BH. Hiergegen hat die Antragstellerin zu 1) am 5. Dezember 2006 Widerspruch eingelegt, über den nach Aktenlage bisher nicht entschieden wurde. Mit Schreiben vom 29. Januar 2007 (das der Antragsgegnerin mit einem anderen Schreiben des Prozessbevollmächtigten am 8. Februar 2007 zugeleitet wurde, beantragte die Antragstellerin zu 1) für die Antragstellerin zu 3) neues Kleidergeld, da sie aus der Erstausstattung hinausgewachsen sei:
7 Bodys ca. 13 EUR
6 Strampler ca. 25 EUR
7 Pullover ca. 25 EUR
7 Paar Socken ca. 10 EUR
5 Schlafanzüge ca. 20 EUR
4 Strumpfhosen ca. 10 EUR
und einen Kleiderschrank
für den seit 2. Januar 2007 in den Kindergarten gehenden Antragsteller zu 4):
Gummistiefel ca. 20 EUR
1 Kindergartentasche ca. 15 EUR
Matschhose ca. 26 EUR
Regenjacke ca. 20 EUR
Vor Bescheidung durch die Antragsgegnerin stellte der Prozessbevollmächtigte am 20. Februar 2007 bei dem Sozialgericht Wiesbaden den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung u. a. hinsichtlich des o. a. Mehrbedarfs. Soweit zusätzlich die Aussetzung einer ratenweisen Einbehaltung beantragt worden war, wurde dies nach Aufklärung durch die Antragsgegnerin, dass eine Einbehaltung noch nicht verfügt worden sei, fallengelassen.
Mit Beschluss vom 12. April 2007 wies das Sozialgericht Wiesbaden den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurück, ein Anordnungsanspruch sei weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich. Es handele sich nicht um einen Erstausstattungsbedarf. Erstausstattung des Babys liege bereits deshalb nicht vor, da ausdrücklich angegeben worden sei, dass die Antragstellerin zu 3) aus der Erstlingsausstattung hinausgewachsen sei. Es handele sich auch nicht um einen unvorhersehbaren Bedarf, da bei den Antragstellern zu 3) und 4) von normalem Wachstum und damit zusammenhängendem voraussehbaren Bedarf auszugehen sei. Das Gericht verkenne nicht, dass der im Regelsatz vorgesehene Ansparbetrag für Bedarfe, die auf der Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes als Einmalleistungen hätten beansprucht werden können, sehr knapp gehalten sei und damit der Kritik unterliege. Nicht zuletzt aus dem Individualisierungsgrundsatz und den aus der Mitwirkungspflicht der Beteiligten folgenden Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes folge aber, dass der Hilfebedürftige bei der Rüge eines nicht hinreichenden Regelsatzes im Einzelfall darlegen und glaubhaft machen müsse, dass ein unabweisbarer Bedarf aus den Ansparbeträgen des Regelsatzes nicht hätte gedeckt werden können. Die darzulegende Haushaltsführung sei ein allein in der Privatsphäre der Hilfebedürftigen liegender Bereich, der der Amtsermittlung des Gerichts allein durch den Vortrag der Antragsteller zugänglich würde. Gegen den am 13. April 2007 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller zu 3) und 4) am 16. April 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Die Antragsteller tragen u. a. vor, den beantragten Kleiderschrank habe das Sozialgericht vollständig übergangen. Nachdem dieser in Höhe von 70 EUR bewilligt worden sei, könne der Antrag insoweit für erledigt erklärt werden unter Hinweis auf die Kostentragungslast durch die Antragsgegnerin. Die von der Antragsgegnerin für die Babyerstausstattung bewilligten 119 EUR seien viel zu knapp bemessen. Es sei offensichtlich, dass damit nicht die gesamte geburtsbedingte Erstausstattung für Bekleidung und Wäsche für Kinder in den ersten sechs Monaten abgedeckt werden könne. Die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB 2, mit der durch das Fortentwicklungsgesetz eine zusätzliche Leistung klargestellt worden sei, korrespondiere mit § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB 12 (Bundestagsdrucksache 15/1749) und knüpfe erkennbar an die bisherige BSHG-Praxis an. Die D. Hartz IV-Fibel (auszugsweise beigefügt) komme zu einem Gesamtbedarf für eine Bekleidungserstausstattung in Höhe von 320 EUR. Die Arge D-Stadt habe darauf ihre Pauschale für Baby-Erstausstattungsbekleidung von bislang 145 EUR auf 300 EUR erhöht. Dem entspreche der Standard, der sich bundesweit herausschäle. Das LSG Berlin-Brandenburg halte im Beschluss vom 3. März 2006 (L 10 B 106/06 AS ER) für die gesamt Baby-Erstausstattung einen Betrag in Höhe von 500 EUR für erforderlich, wobei es entsprechend den im Land B. geltenden Vorschriften für den Bekleidungs-, und Hygienebedarf sowie Bettenausstattung von einem Betrag von 310,74 EUR ausgehe. Dort werde auch darauf hingewiesen, dass in der Stadt H. die gesamte Erstausstattungspauschale bei Geburt 500 EUR für alle "geburtsbedingten" Bedarfe betrage. Das Sozialgericht erkenne in sehr formalistischer Begriffsjurisprudenz als Erstausstattungsbedarf nur solchen direkt nach der Geburt an. Es sei nicht davon inspiriert, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stünden und das Recht des SGB dazu beitragen solle, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen zu schaffen, sowie die Familie zu schützen und zu fördern, § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB 1.
Die Antragsteller zu 3) und 4) beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. April 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig für die Antragstellerin zu 3) weitere 103 EUR als Erstausstattung und für den Antragsteller zu 4) weitere 81 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die angefochtene Entscheidung. Die Bedarfe, die die Antragsteller geltend machten, seien aus den pauschalierten Regelleistungen zu decken. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zwischenzeitlich mit Urteil vom 23. November 2006 ausdrücklich ausgeführt, dass keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistung bestünden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller zu 3) und 4) ist statthaft (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) und insbesondere form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt; das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde, soweit noch streitbefangen, ist hinsichtlich des Streitgegenstandes nicht begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. April 2007 ist lediglich in Bezug auf den Kostenausspruch abzuändern (hierzu s. u.); das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung im Hinblick auf den noch streitbefangenen Streitgegenstand zutreffend verneint. Die begehrte Anordnung hat auch im Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen. Soweit die Antragsgegnerin durch (angenommenes) Teilanerkenntnis in Höhe von 70 EUR einen fortbestehenden Anspruch auf eine Babyerstausstattung anerkannt hat, hatte der erkennende Senat darüber nicht mehr zu entscheiden.
Soweit die Antragsteller zu 1) bis 6) im erstinstanzlichen Verfahren sich zunächst noch gegen eine Einbehaltung durch die Antragsgegnerin gewandt haben, ist dies nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Das Gericht kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Neben dem Anordnungsgrund, das ist: der Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, setzt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nach herrschender Meinung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Rdnr. 26c zu § 86b) einen Anordnungsanspruch, das ist: ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die Leistung, voraus, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung: Ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund (wie vor, Rdnr. 29). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, muss die Sach- und Rechtslage abschließend geprüft und Fragen des Grundrechtsschutzes einbezogen werden, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Alle Voraussetzungen des Einstweiligen Rechtsschutzes sind – unter Beachtung der Grundsätze der objektiven Beweislast – glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -); die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordert insoweit eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnr. 16b). Sind Grundrechte tangiert, ist die Sach- und Rechtslage allerdings nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, a. a. O.).
In dem anhängigen Verfahren spricht nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sowie eines Anordnungsanspruchs zugunsten der Antragsteller. Eine Notwendigkeit zur Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses durch einstweilige Anordnung ist nach Würdigung aller Umstände zu verneinen.
Ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsteller ohne Zahlung der geltend gemachten Beträge für die genannten Kleidungsstücke in eine existenzielle Notlage geraten. Denn es ist nicht erkennbar, dass sie die erforderlichen Kleidungsstücke nicht aus den gewährten Leistungen oder eigenen Anstrengungen beschaffen können. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund sind auch nicht wegen offensichtlicher Begründetheit des Anordnungsanspruchs gemindert. Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht feststellbar. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB 2 in Form von Geldleistungen, insbesondere zur Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhaltes der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erbracht. Erwerbsfähige erhalten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 SGB 2 als Arbeitslosengeld 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Dazu zählen die Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB 2), die Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB 2), die Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB 2) sowie abweichend von der Regelleistung zu erbringende Leistungen (§ 23 SGB 2). Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Antragsteller trotz der von der Antragsgegnerin gewährten Leistungen in Bezug auf die begehrten Zusatzleistungen hilfebedürftig im Sinne des § 9 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2) sind, bzw. die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung aus § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2 nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist. Nach Auffassung des erkennenden Senates haben die Antragsteller zu 3) und 4) gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf zusätzliche Leistungen wegen eines abweichenden Bedarfs hinsichtlich der geltend gemachten Gegenstände.
Soweit es um die für den Antragsteller zu 4) geltend gemachten Kleidungsstücke und die Kindergartentasche geht, handelt es sich um typische Gegenstände, die vom Regelsatz umfasst werden. Der Bedarf an Regenbekleidung bei kleinen Kindern entsteht auch nicht plötzlich oder überraschend oder nur im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Kindergarten, sondern ist für die Jahreszeit (hier: Anfang Januar) normal und damit bereits für den Beginn der Schlechtwetterperiode (November) planbar. Auch sind die Kosten bei weitem nicht so hoch, wie von den Antragstellern vorgetragen. Wie der von der Antragsgegnerin vorgelegte Prospekt eines Discounters beispielhaft zeigt, sind Kindergummistiefel für 5 EUR, Matschhosen für 6 EUR und Matschjacken für 7 EUR erhältlich. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass ein Kindergartenkind unbedingt eine spezielle Kindergartentasche für 20 EUR benötigt, vielmehr wird einer der gebräuchlichen und preiswerten – möglicherweise auch bei den Antragstellern schon vorhandenen – Kinderrucksäcke ausreichen. Es ist im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens auch nicht feststellbar, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung zur Gewährung einer Erstausstattung bei Geburt (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2) hinsichtlich der Antragstellerin zu 3) nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die nach drei Monaten wegen des Wachstums anfallenden Kosten für Bekleidung noch unter den Begriff der Erstausstattung fallen.
Die erfolgten Bewilligungen hinsichtlich der Antragstellerin zu 3) in Höhe von zusammen 326 EUR (69 EUR Kinderbett, 68 EUR Kinderwagen, 75 EUR Schlafsack, Schnuller usw., 44 EUR Rest Pauschale, 70 EUR Schrank) sind jedenfalls unter Berücksichtigung der familiären Situation der Antragsteller nicht so niedrig, dass Raum für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verbliebe, weitere Leistungen vorläufig zu erbringen. Es sind drei ältere Geschwister der Antragstellerin zu 3) vorhanden im Abstand von 2 ¾ Jahren, 7 ¾ Jahren und 9 ¾ Jahren. Bei Beginn der Schwangerschaft war das damalige jüngste Kind etwa zwei Jahre alt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass noch Teile der früheren Babyausstattung vorhanden waren, die jedenfalls für einen Teil des Erstausstattungsbedarfes zur Verfügung stehen. Soweit die Antragsteller sich zur Unterstützung ihrer Argumentation auf die veröffentlichten Sätze der ARGE D-Stadt beziehen, ist dem vorgelegten Auszug zu entnehmen, dass bei der Pauschale einer Babygrundausstattung in Höhe von 300 EUR ein Abzug von 50 % gemacht werden kann, wenn die letzte Geburt nicht länger als zwei Jahre zurückliegt. Der erkennende Senat hält eine solche starre Zeitgrenze nicht für angebracht, geht jedoch davon aus, dass bei dem Vorhandensein mehrerer Geschwister, bei denen das jüngste nur etwa zwei Jahre alt war bei Beginn der neuen Schwangerschaft, ein geringerer Betrag für die Erstausstattung in Frage kommt als bei dem ersten Kind in einer Familie. Auch ist keineswegs davon auszugehen, dass bei vier Kindern im Alter bis zu 10 Jahren jedes Kind bereits einen eigenen Schrank besitzen muss. Es kann durchaus genügen, dass für das jüngste Kind zunächst in den vorhandenen Schränken der Geschwister die Sachen untergebracht werden und dann in den folgenden Monaten, wenn sich die Notwendigkeit eines eigenen Schrankes tatsächlich herausstellen sollte, der Kaufpreis für einen Schrank aus dem Sozialgeld angespart wird. Zu Kinderkleidung und Babyerstausstattung generell ist noch darauf hinzuweisen, dass es neben dem von den Antragstellern angestrebten Kauf neuer Gegenstände eine Fülle alternativer Beschaffungsmöglichkeiten gibt. Der in dieser Hinsicht sachkundig besetzte Senat (alle Senatsmitglieder haben Kinder) verweist auf die nicht nur in bedürftigen Familien gebräuchlichen Methoden der Weitergabe von Kindersachen innerhalb der Familien, bzw. der Freundes- und Bekanntenkreise, des Verleihens der Sachen der älteren Geschwisterkinder mit jedenfalls teilweisem Rückfluss und im Gegenzug des Leihens aus den entsprechenden oder anderen Familien, des Tauschens oder des preiswerten Einkaufs auf speziellen Kinderflohmärkten etwa bei Kirchen, Kindergärten und Schulen. Mindestens insoweit fehlt es am Vortrag der Antragsteller und auch deshalb an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, mit welchem Erfolg die genannten Beschaffungsmöglichkeiten in Anspruch genommen worden sind.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin erst während des Beschwerdeverfahrens ein Teilanerkenntnis über weitere 70 EUR abgegeben hat. Entsprechend dem obsiegenden Anteil von etwa einem Viertel hatte damit eine Kostenquotelung zu erfolgen.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht anfechtbar.¶
Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ein Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Es geht in dem Eilverfahren noch um die für die 2006 geborene Antragstellerin zu 3) und den 2004 geborenen Antragsteller zu 4) begehrten Kleidungsstücke als Mehrbedarf im Wege des Eilverfahrens. Hinsichtlich des auch streitbefangenen Mehrbedarfs für einen Kleiderschrank hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren ein von den Antragstellern angenommenes Teilanerkenntnis in Höhe von 70 EUR abgegeben.
Die Antragsteller stehen im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2). Mit Bescheid vom 28. August 2006 bewilligte die Antragsgegnerin für die zu erwartende Antragstellerin zu 3) eine einmalige Beihilfe in Höhe von 69 EUR für ein Kinderbett (komplett) und für einen Baby-Kinderwagen in Höhe von 68 EUR. Am 16. Oktober 2006 beantragte die Antragstellerin zu 1) weitere Leistungen für die Erstlingsausstattung, da die bisherige Beihilfe nicht ausgereicht habe. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 4. November 2006 wurde weitergehender Bedarf für Klinikbedarf (Bademantel, Still-BHs) und Baby-Erstausstattung geltend gemacht. Mit Bescheid vom 7. November 2006 bewilligte die Antragsgegnerin weitere 128,70 EUR (davon 75 EUR für Schlafsack, Schnuller, Fläschchen, Hemdchen, Strampelhosen, und 53,70 EUR für Schlafzimmer Deckbett und Kopfkissen). Mit Schreiben vom 9. November 2006 wies die Antragstellerin zu 1) darauf hin, dass die bisherigen Beihilfen nicht ausgereicht hätten und weitere Zahlungen auch für die selbst beschaffte Umstandskleidung erforderlich seien. Mit Bescheid vom 23. November 2006 bewilligte die Antragsgegnerin weitere 44 EUR für die Baby-Erstausstattung (Pauschale von 119 EUR abzüglich bereits bewilligter 75 EUR), 200 EUR für Umstandskleidung und 13,80 EUR für einen Still-BH. Hiergegen hat die Antragstellerin zu 1) am 5. Dezember 2006 Widerspruch eingelegt, über den nach Aktenlage bisher nicht entschieden wurde. Mit Schreiben vom 29. Januar 2007 (das der Antragsgegnerin mit einem anderen Schreiben des Prozessbevollmächtigten am 8. Februar 2007 zugeleitet wurde, beantragte die Antragstellerin zu 1) für die Antragstellerin zu 3) neues Kleidergeld, da sie aus der Erstausstattung hinausgewachsen sei:
7 Bodys ca. 13 EUR
6 Strampler ca. 25 EUR
7 Pullover ca. 25 EUR
7 Paar Socken ca. 10 EUR
5 Schlafanzüge ca. 20 EUR
4 Strumpfhosen ca. 10 EUR
und einen Kleiderschrank
für den seit 2. Januar 2007 in den Kindergarten gehenden Antragsteller zu 4):
Gummistiefel ca. 20 EUR
1 Kindergartentasche ca. 15 EUR
Matschhose ca. 26 EUR
Regenjacke ca. 20 EUR
Vor Bescheidung durch die Antragsgegnerin stellte der Prozessbevollmächtigte am 20. Februar 2007 bei dem Sozialgericht Wiesbaden den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung u. a. hinsichtlich des o. a. Mehrbedarfs. Soweit zusätzlich die Aussetzung einer ratenweisen Einbehaltung beantragt worden war, wurde dies nach Aufklärung durch die Antragsgegnerin, dass eine Einbehaltung noch nicht verfügt worden sei, fallengelassen.
Mit Beschluss vom 12. April 2007 wies das Sozialgericht Wiesbaden den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurück, ein Anordnungsanspruch sei weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich. Es handele sich nicht um einen Erstausstattungsbedarf. Erstausstattung des Babys liege bereits deshalb nicht vor, da ausdrücklich angegeben worden sei, dass die Antragstellerin zu 3) aus der Erstlingsausstattung hinausgewachsen sei. Es handele sich auch nicht um einen unvorhersehbaren Bedarf, da bei den Antragstellern zu 3) und 4) von normalem Wachstum und damit zusammenhängendem voraussehbaren Bedarf auszugehen sei. Das Gericht verkenne nicht, dass der im Regelsatz vorgesehene Ansparbetrag für Bedarfe, die auf der Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes als Einmalleistungen hätten beansprucht werden können, sehr knapp gehalten sei und damit der Kritik unterliege. Nicht zuletzt aus dem Individualisierungsgrundsatz und den aus der Mitwirkungspflicht der Beteiligten folgenden Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes folge aber, dass der Hilfebedürftige bei der Rüge eines nicht hinreichenden Regelsatzes im Einzelfall darlegen und glaubhaft machen müsse, dass ein unabweisbarer Bedarf aus den Ansparbeträgen des Regelsatzes nicht hätte gedeckt werden können. Die darzulegende Haushaltsführung sei ein allein in der Privatsphäre der Hilfebedürftigen liegender Bereich, der der Amtsermittlung des Gerichts allein durch den Vortrag der Antragsteller zugänglich würde. Gegen den am 13. April 2007 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller zu 3) und 4) am 16. April 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Die Antragsteller tragen u. a. vor, den beantragten Kleiderschrank habe das Sozialgericht vollständig übergangen. Nachdem dieser in Höhe von 70 EUR bewilligt worden sei, könne der Antrag insoweit für erledigt erklärt werden unter Hinweis auf die Kostentragungslast durch die Antragsgegnerin. Die von der Antragsgegnerin für die Babyerstausstattung bewilligten 119 EUR seien viel zu knapp bemessen. Es sei offensichtlich, dass damit nicht die gesamte geburtsbedingte Erstausstattung für Bekleidung und Wäsche für Kinder in den ersten sechs Monaten abgedeckt werden könne. Die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB 2, mit der durch das Fortentwicklungsgesetz eine zusätzliche Leistung klargestellt worden sei, korrespondiere mit § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB 12 (Bundestagsdrucksache 15/1749) und knüpfe erkennbar an die bisherige BSHG-Praxis an. Die D. Hartz IV-Fibel (auszugsweise beigefügt) komme zu einem Gesamtbedarf für eine Bekleidungserstausstattung in Höhe von 320 EUR. Die Arge D-Stadt habe darauf ihre Pauschale für Baby-Erstausstattungsbekleidung von bislang 145 EUR auf 300 EUR erhöht. Dem entspreche der Standard, der sich bundesweit herausschäle. Das LSG Berlin-Brandenburg halte im Beschluss vom 3. März 2006 (L 10 B 106/06 AS ER) für die gesamt Baby-Erstausstattung einen Betrag in Höhe von 500 EUR für erforderlich, wobei es entsprechend den im Land B. geltenden Vorschriften für den Bekleidungs-, und Hygienebedarf sowie Bettenausstattung von einem Betrag von 310,74 EUR ausgehe. Dort werde auch darauf hingewiesen, dass in der Stadt H. die gesamte Erstausstattungspauschale bei Geburt 500 EUR für alle "geburtsbedingten" Bedarfe betrage. Das Sozialgericht erkenne in sehr formalistischer Begriffsjurisprudenz als Erstausstattungsbedarf nur solchen direkt nach der Geburt an. Es sei nicht davon inspiriert, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stünden und das Recht des SGB dazu beitragen solle, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen zu schaffen, sowie die Familie zu schützen und zu fördern, § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB 1.
Die Antragsteller zu 3) und 4) beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. April 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig für die Antragstellerin zu 3) weitere 103 EUR als Erstausstattung und für den Antragsteller zu 4) weitere 81 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die angefochtene Entscheidung. Die Bedarfe, die die Antragsteller geltend machten, seien aus den pauschalierten Regelleistungen zu decken. Das Bundessozialgericht (BSG) habe zwischenzeitlich mit Urteil vom 23. November 2006 ausdrücklich ausgeführt, dass keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistung bestünden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller zu 3) und 4) ist statthaft (§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) und insbesondere form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt; das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde, soweit noch streitbefangen, ist hinsichtlich des Streitgegenstandes nicht begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. April 2007 ist lediglich in Bezug auf den Kostenausspruch abzuändern (hierzu s. u.); das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung im Hinblick auf den noch streitbefangenen Streitgegenstand zutreffend verneint. Die begehrte Anordnung hat auch im Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen. Soweit die Antragsgegnerin durch (angenommenes) Teilanerkenntnis in Höhe von 70 EUR einen fortbestehenden Anspruch auf eine Babyerstausstattung anerkannt hat, hatte der erkennende Senat darüber nicht mehr zu entscheiden.
Soweit die Antragsteller zu 1) bis 6) im erstinstanzlichen Verfahren sich zunächst noch gegen eine Einbehaltung durch die Antragsgegnerin gewandt haben, ist dies nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Das Gericht kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Neben dem Anordnungsgrund, das ist: der Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, setzt die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nach herrschender Meinung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Rdnr. 26c zu § 86b) einen Anordnungsanspruch, das ist: ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die Leistung, voraus, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung: Ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund (wie vor, Rdnr. 29). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, muss die Sach- und Rechtslage abschließend geprüft und Fragen des Grundrechtsschutzes einbezogen werden, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Alle Voraussetzungen des Einstweiligen Rechtsschutzes sind – unter Beachtung der Grundsätze der objektiven Beweislast – glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -); die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordert insoweit eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnr. 16b). Sind Grundrechte tangiert, ist die Sach- und Rechtslage allerdings nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, a. a. O.).
In dem anhängigen Verfahren spricht nach dem derzeitigen Sach- und Rechtsstand keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sowie eines Anordnungsanspruchs zugunsten der Antragsteller. Eine Notwendigkeit zur Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses durch einstweilige Anordnung ist nach Würdigung aller Umstände zu verneinen.
Ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsteller ohne Zahlung der geltend gemachten Beträge für die genannten Kleidungsstücke in eine existenzielle Notlage geraten. Denn es ist nicht erkennbar, dass sie die erforderlichen Kleidungsstücke nicht aus den gewährten Leistungen oder eigenen Anstrengungen beschaffen können. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund sind auch nicht wegen offensichtlicher Begründetheit des Anordnungsanspruchs gemindert. Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht feststellbar. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB 2 in Form von Geldleistungen, insbesondere zur Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhaltes der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erbracht. Erwerbsfähige erhalten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 SGB 2 als Arbeitslosengeld 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Dazu zählen die Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB 2), die Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB 2), die Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB 2) sowie abweichend von der Regelleistung zu erbringende Leistungen (§ 23 SGB 2). Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Antragsteller trotz der von der Antragsgegnerin gewährten Leistungen in Bezug auf die begehrten Zusatzleistungen hilfebedürftig im Sinne des § 9 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2) sind, bzw. die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung aus § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2 nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist. Nach Auffassung des erkennenden Senates haben die Antragsteller zu 3) und 4) gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf zusätzliche Leistungen wegen eines abweichenden Bedarfs hinsichtlich der geltend gemachten Gegenstände.
Soweit es um die für den Antragsteller zu 4) geltend gemachten Kleidungsstücke und die Kindergartentasche geht, handelt es sich um typische Gegenstände, die vom Regelsatz umfasst werden. Der Bedarf an Regenbekleidung bei kleinen Kindern entsteht auch nicht plötzlich oder überraschend oder nur im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Kindergarten, sondern ist für die Jahreszeit (hier: Anfang Januar) normal und damit bereits für den Beginn der Schlechtwetterperiode (November) planbar. Auch sind die Kosten bei weitem nicht so hoch, wie von den Antragstellern vorgetragen. Wie der von der Antragsgegnerin vorgelegte Prospekt eines Discounters beispielhaft zeigt, sind Kindergummistiefel für 5 EUR, Matschhosen für 6 EUR und Matschjacken für 7 EUR erhältlich. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass ein Kindergartenkind unbedingt eine spezielle Kindergartentasche für 20 EUR benötigt, vielmehr wird einer der gebräuchlichen und preiswerten – möglicherweise auch bei den Antragstellern schon vorhandenen – Kinderrucksäcke ausreichen. Es ist im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens auch nicht feststellbar, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung zur Gewährung einer Erstausstattung bei Geburt (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2) hinsichtlich der Antragstellerin zu 3) nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die nach drei Monaten wegen des Wachstums anfallenden Kosten für Bekleidung noch unter den Begriff der Erstausstattung fallen.
Die erfolgten Bewilligungen hinsichtlich der Antragstellerin zu 3) in Höhe von zusammen 326 EUR (69 EUR Kinderbett, 68 EUR Kinderwagen, 75 EUR Schlafsack, Schnuller usw., 44 EUR Rest Pauschale, 70 EUR Schrank) sind jedenfalls unter Berücksichtigung der familiären Situation der Antragsteller nicht so niedrig, dass Raum für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verbliebe, weitere Leistungen vorläufig zu erbringen. Es sind drei ältere Geschwister der Antragstellerin zu 3) vorhanden im Abstand von 2 ¾ Jahren, 7 ¾ Jahren und 9 ¾ Jahren. Bei Beginn der Schwangerschaft war das damalige jüngste Kind etwa zwei Jahre alt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass noch Teile der früheren Babyausstattung vorhanden waren, die jedenfalls für einen Teil des Erstausstattungsbedarfes zur Verfügung stehen. Soweit die Antragsteller sich zur Unterstützung ihrer Argumentation auf die veröffentlichten Sätze der ARGE D-Stadt beziehen, ist dem vorgelegten Auszug zu entnehmen, dass bei der Pauschale einer Babygrundausstattung in Höhe von 300 EUR ein Abzug von 50 % gemacht werden kann, wenn die letzte Geburt nicht länger als zwei Jahre zurückliegt. Der erkennende Senat hält eine solche starre Zeitgrenze nicht für angebracht, geht jedoch davon aus, dass bei dem Vorhandensein mehrerer Geschwister, bei denen das jüngste nur etwa zwei Jahre alt war bei Beginn der neuen Schwangerschaft, ein geringerer Betrag für die Erstausstattung in Frage kommt als bei dem ersten Kind in einer Familie. Auch ist keineswegs davon auszugehen, dass bei vier Kindern im Alter bis zu 10 Jahren jedes Kind bereits einen eigenen Schrank besitzen muss. Es kann durchaus genügen, dass für das jüngste Kind zunächst in den vorhandenen Schränken der Geschwister die Sachen untergebracht werden und dann in den folgenden Monaten, wenn sich die Notwendigkeit eines eigenen Schrankes tatsächlich herausstellen sollte, der Kaufpreis für einen Schrank aus dem Sozialgeld angespart wird. Zu Kinderkleidung und Babyerstausstattung generell ist noch darauf hinzuweisen, dass es neben dem von den Antragstellern angestrebten Kauf neuer Gegenstände eine Fülle alternativer Beschaffungsmöglichkeiten gibt. Der in dieser Hinsicht sachkundig besetzte Senat (alle Senatsmitglieder haben Kinder) verweist auf die nicht nur in bedürftigen Familien gebräuchlichen Methoden der Weitergabe von Kindersachen innerhalb der Familien, bzw. der Freundes- und Bekanntenkreise, des Verleihens der Sachen der älteren Geschwisterkinder mit jedenfalls teilweisem Rückfluss und im Gegenzug des Leihens aus den entsprechenden oder anderen Familien, des Tauschens oder des preiswerten Einkaufs auf speziellen Kinderflohmärkten etwa bei Kirchen, Kindergärten und Schulen. Mindestens insoweit fehlt es am Vortrag der Antragsteller und auch deshalb an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, mit welchem Erfolg die genannten Beschaffungsmöglichkeiten in Anspruch genommen worden sind.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin erst während des Beschwerdeverfahrens ein Teilanerkenntnis über weitere 70 EUR abgegeben hat. Entsprechend dem obsiegenden Anteil von etwa einem Viertel hatte damit eine Kostenquotelung zu erfolgen.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht anfechtbar.¶
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