L 1 SK 9/98

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 1 SK 9/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Nach einem Berufungsverfahren, in dem der Kläger drei materiellrechtliche, durch erstinstanzliche Beschlüsse miteinander verbundene Ansprüche gegenüber zwei Berufungsbeklagten verfolgt, fällt nur eine Pauschgebühr an.

2. Die Berufungsbeklagten haben je zur Hälfte die Pauschgebühr zu tragen; eine Verteilung der Kostenlast nach der Zahl der Ansprüche findet nicht statt.
Die Beschwerde der I wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der I wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger hatte nach erfolglosen Widerspruchsverfahren erstinstanzlich drei Klagen erhoben, von denen sich zwei gegen die I und eine gegen die I Schleswig-Holstein (später I genannt) richteten. Diese Klagen waren unter den Aktenzeichen S 1 KR 11/05, S 1 KR 104/05 und S 1 KR 56/06 eingetragen. Mit Beschlüssen vom 26. Juli 2005 und 27. April 2006 verband das Sozialgericht diese Verfahren miteinander nach § 113 SGG und führte sie unter dem Aktenzeichen S 1 KR 11/05 fort. Unter diesem Aktenzeichen entschied es auch über die erhobenen Ansprüche durch ein abweisendes Urteil.

Hiergegen legte der Kläger Berufung ein (Aktenzeichen L 5 KR 12/07). Mit Urteil vom 12. Dezember 2007 wurde seine Berufung zurückgewiesen. Als Beklagte sind in diesem Urteil zu 1) die I und zu 2) die I aufgeführt.

Am 8. April 2008 übersandte der Kostenbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts den Beklagten einen Auszug aus dem Gebührenverzeichnis, mit welchem beide Beklagte nach § 184 ff. SGG jeweils zur Zahlung einer halben Pauschgebühr in Höhe von 112,50 EUR aufgefordert wurden. Hiergegen legten beide Beklagte rechtzeitig Erinnerung ein und begehrten, die Gebühr so aufzuteilen, dass die I 2 x 75,00 EUR = 150,00 EUR und die I 75,00 EUR zu tragen hätten. Ferner begehrte die I , die gegen sie erhobene Forderung mit einem Guthaben aus dem Verfahren L 3 AL 112/06 in Höhe von 56,25 EUR zu verrechnen.

Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Kostensenat vorgelegt. Auf die beigezogenen Streitakten und die gewechselten Schriftsätze wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Erinnerung der I ist unzulässig, weil kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Käme es zu der von ihr beantragten Drittelung der Gebühr, müsste sie 150,00 EUR zahlen. Nach der Entscheidung des Kostenbeamten soll sie aber nur 112,50 EUR entrichten. Somit ist sie nicht beschwert.

Die Erinnerung der I ist dagegen nach § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

Vorliegend ist umstritten, wie die Gebühr von 225,00 EUR unter den Berufungsbeklagten aufzuteilen ist. Maßgebliche Vorschrift ist § 187 SGG. Sind an einer Streitsache mehrere nach § 184 Abs. 1 SGG Gebührenpflichtige beteiligt, so haben sie nach dieser Vorschrift die Gebühr zu gleichen Teilen zu entrichten. Danach trägt jeder Erinnerungsführer eine halbe Gebühr.

Unstreitig sind die I und die I Gebührenpflichtige im Sinne des § 184 Abs. 1 SGG. Die Berufung L 5 KR 12/07 war auch eine Streitsache. Unter Streitsache ist das Verfahren zu sehen, unabhängig davon, wie viele Ansprüche materiellrechtlich verfolgt und gegen wie viele Beklagte diese Ansprüche erhoben werden (Hennig, Kommentar zum SGG, § 184 Rdz. 8 und 10). Es ist daher unerheblich, ob eine objektive (§ 56 SGG) oder eine subjektive (§ 74 SGG) Klaghäufung vorliegt. Der Begriff der Streitsache ist rein prozessrechtlich zu verstehen. Hatte der Kläger ursprünglich drei materiellrechtliche Ansprüche in drei Verfahren geltend gemacht, so ist durch die Verbindung nach § 113 SGG prozessrechtlich daraus eine Streitsache, d. h. ein Verfahren mit dem Aktenzeichen S 1 KR 11/05 geworden. Dieses eine Verfahren ist in die Berufung gegangen. Dadurch hat sich am Fortbestand eines Verfahrens nichts geändert, obwohl der Kläger in der Berufung weiterhin drei materielle Ansprüche gegenüber zwei Beklagten geltend gemacht hat. Mit der Berufung ist daher nur eine Gebühr nach § 184 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGG in Höhe von 225,00 EUR entstanden. Sie ist mit dem Berufungsurteil vom 12. Dezember 2007 nach § 185 SGG fällig geworden.

Für die Aufteilung der Gebühr von 225,00 EUR unter den beiden Beklagten ist entscheidend, ob die Worte "sind beteiligt" in § 187 SGG prozessrechtlich oder materiellrechtlich ausgelegt werden müssen. Der Wortlaut lässt § 69 SGG anklingen, wo der Beklagte als Beteiligter aufgeführt ist. Beklagter ist jeder, den der Kläger als verpflichtet in Anspruch nimmt (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 69 Rz. 2). Dies kann aber nur im Rahmen eines Verfahrens geschehen. Die Begriffe Beteiligter und Beklagter in § 69 SGG sind daher sowohl materiellrechtlich wie auch prozessrechtlich zu verstehen. Der Wortlaut gibt für die Auslegung nichts her.

§ 187 SGG ist daher nach seinem Sinn und Zweck zu interpretieren. Der Gesetzgeber fordert wegen der Privilegierung in § 183 SGG von den meisten Klägern keine Gerichtshaltungskosten ein. Er will aber auch nicht die gesamten Gerichtshaltungskosten auf die Beklagten abwälzen. Er hat sich daher für ermäßigte Pauschgebühren entschlossen, die für jedes Verfahren unabhängig von seinem Ausgang anfallen. Er gewinnt dadurch ein leicht handhabbares Gebührenrecht, dessen Ausführung er vorrangig den Urkundsbeamten überlassen kann (§ 189 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Gesetzgeber orientiert die Höhe der Gebühren aus Vereinfachungsgründen bewusst nicht am Kostenverursachungsprinzip. Es ist daher vom Kostenbeamten nicht zu prüfen, wie schwierig die Streitfrage materiellrechtlich ist, wie umfangreich sich der Schriftwechsel der Beteiligten gestaltet oder wie viele Ansprüche vom Kläger geltend gemacht werden.

Der Verzicht auf das Kostenverursachungsprinzip löst nicht das Problem, wie die Gebühren auf mehrere Beklagte an einem Verfahren zu verteilen sind. Mehrere Beklagte werden in aller Regel höhere Gerichtshaltungskosten verursachen, sodass die Gebühr nach der Anzahl der Beklagten eigentlich erhöht werden müsste. Eine solche Regelung käme aber auf das Verursachungsprinzip zurück, das der Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen aber gerade nicht berücksichtigen will. Nach seinen Vorstellungen soll es daher nicht nur unerheblich sein, um wie viele Ansprüche in einem Verfahren gestritten wird, sondern auch, wie viele Verpflichtete dem Kläger in einem Verfahren gegenüber stehen. Demnach ist in § 187 SGG schlichtweg die Zahl derer entscheidend, gegen die der Kläger das Verfahren führt.

Vorliegend sind im Berufungsverfahren zwei Beklagte zu zählen. Infolgedessen hat jeder die halbe Gebühr zu tragen. Auf die Anzahl der umstrittenen Ansprüche gegen die I und gegen die I kommt es nicht an. Der Kostenbeamte hat die Gebührenanteile zutreffend festgesetzt.

Auch die Abrechnung ist zutreffend erfolgt. Wie die I in ihrem Schreiben vom 22. Juli 2008 einräumt, ist das Guthaben von 56,25 EUR aus dem Verfahren L 3 AL 112/06 verrechnet worden. Sie hat zutreffend den Betrag von 56,25 EUR überwiesen.

Ihre Erinnerung ist infolgedessen unbegründet.

Diese Entscheidung ist nach § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG unanfechtbar.

Dr. Stoll Brandt Thomsen
Rechtskraft
Aus
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