Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 2618/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4581/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) des Klägers streitig.
Der 1947 geborene, verheiratete Kläger, der seit September 2007 Rente bezieht, war zwischen dem 10.04.1972 und 31.12.2004 als Organisationsprogrammierer bei der Firma W. P. GmbH in V. beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug bis 30.04.2002 37,5 Stunden. In der Zeit von Mai 2001 bis September 2001 belief sich sein Bruttogehalt auf monatlich 10.210,00 DM (5.220,00 EUR) und von Oktober 2001 bis April 2002 auf monatlich 9.194,20 DM bzw. 4.700,92 EUR. Zwischen dem 01.05.2002 und 31.12.2004 betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 23,75 Stunden pro Woche, wobei sich die wöchentliche Arbeitszeit unter dem Vorbehalt, dass bei Bedarf in gegenseitiger Abstimmung Abweichendes jederzeit vereinbart werden konnte, wie folgt verteilte: Montag: ganztägig, Dienstag bis Donnerstag: halbtägig und Freitag: frei. Das Bruttogehalt hierfür belief sich im Mai und Juni 2002 auf jeweils 3.642,47 EUR und im Anschluss daran monatlich auf 3.313,75 EUR. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine vom Arbeitgeber bestätigte Kündigung des Klägers vom 30.09.2004 zum 31.12.2004.
Am 01.10.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos. Im beigefügten Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Arbeitsaufgabe gab er an, dass er seit Mai 2002 krankheitsbedingt in Teilzeit gearbeitet habe; sein behandelnder Internist Dr. M. bestätigte, dass er die Programmiertätigkeit nicht mehr verrichten könne und er ihm dringend geraten habe, die Beschäftigung aufzugeben.
Mit Bescheid vom 03.01.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger, dem ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit Funktionseinschränkungen bescheinigt worden war, ab 01.01.2005 für 960 Tage Alg unter Zugrundelegung der Steuerklasse III, des allgemeinen Leistungssatzes und eines täglichen Bemessungsentgelts von 108,65 EUR in Höhe von täglich 44,23 EUR.
Dagegen legte der Kläger am 14.01.2005 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass er bereits ab Donnerstag, den 30.12.2004, beschäftigungslos gewesen sei, nachdem er freitags generell nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei, so dass sich die Berechnung des Alg nach der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) richte. Dies habe, da sich der Bemessungszeitraum um die Dauer der Teilzeitarbeit nach hinten verschiebe, unter Zugrundelegung eines Bemessungszeitraums vom 01.05.2001 bis 30.04.2002, ein Bemessungsentgelt von 1.135 EUR zur Folge, was einem Alg von täglich 59,25 EUR entspreche. Selbst wenn sich das Alg auf der Grundlage der ab 01.01.2005 geltenden Vorschriften errechne, würde sich die Rechtslage nicht anders darstellen. Auch in diesem Falle dürfe das Teilzeitentgelt nicht berücksichtigt werden, da § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung getrennt von Abs. 1 zu lesen sei, was bedeute, dass der Bemessungszeitraum - wie bisher - durch die Nichtberücksichtigung von Zeiten der Teilzeitarbeit nach hinten verlagert werden müsse, so dass sich der Bemessungsrahmen auch insoweit auf den 01.05.2001 bis 30.04.2002 erstrecke. Hieraus errechne sich ein tägliches Leistungsentgelt von 99,24 EUR und dementsprechend ein tägliches Alg von 59,54 EUR. Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III habe keinen zwingenden Charakter und sei nur dann anzuwenden, wenn dies zu Vorteilen für den Arbeitslosen führe. Im Übrigen sei er im Hinblick auf seine Entscheidung, beim Arbeitgeber zu kündigen, von der Beklagten im Jahr 2004 falsch beraten worden.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2005 die Bewilligung von Alg vom 03.01.2005 in Höhe von 3,54 EUR täglich ab 01.06.2005 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungen seien falsch berechnet worden. Die Teilzeitbeschäftigung vom 01.05.2002 bis 31.12.2004 bleibe bei der Bildung des Bemessungsrahmens der Leistungen außer Betracht, da vor der Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt worden sei. Der Bemessungsrahmen sei somit auf zwei Jahre zu verlängern. Innerhalb dieses erweiterten Bemessungsrahmens habe der Kläger jedoch keinen Bemessungszeitraum (abgerechnete Entgeltzeiten) von mindestens 150 Tagen, weshalb die Leistungen fiktiv zu bemessen seien. Unter Berücksichtigung der angestrebten Tätigkeit ergebe dies ein tägliches Bemessungsentgelt von 96,60 EUR, dies entspreche einem täglichen Leistungssatz von 40,69 EUR. Dies wurde mit Änderungsbescheid vom 30.05.2005 umgesetzt.
Mit Änderungsbescheid vom 28.07.2005 revidierte die Beklagte den Bescheid vom 25.05.2005 und berechnete das Alg auch ab 01.06.2005 wieder nach der verrichteten Teilzeitbeschäftigung. Es wurde ein Zahlbetrag von 44,32 EUR täglich nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 108,95 EUR festgesetzt.
Den wegen Nichtberücksichtigung der Vollzeittätigkeit aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2005 zurück. Im Falle des Klägers habe die aufgrund der Teilzeitvereinbarung reduzierte Arbeitszeit auf 23,75 Stunden bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht zu bleiben (§ 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III). Da im somit auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III) ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden könne, sei gemäß § 132 Abs. 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei. Der Kläger sei in die Qualifikationsgruppe I einzuordnen, weshalb sich ein fiktives Arbeitsentgelt von 96,60 EUR ergeben würde (1/300 von der Bezugsgröße von 28.980 EUR). Dieses fiktive Arbeitsentgelt wäre geringer als das Bemessungsentgelt, das sich nach § 131 Abs. 1 SGB III ohne Berücksichtigung der Vorschrift des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III ergebe. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III komme jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Bestimmung zu Vorteilen für den Arbeitslosen führe. Deshalb sei Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Ausgehend vom Bemessungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 habe der Kläger in 366 Tagen ein Arbeitsentgelt von insgesamt 39.756 EUR erzielt. Mithin ergebe sich ein durchschnittliches tägliches Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 108,65 EUR. Entsprechend den Eintragungen in die Steuerkarte bestehe ein Anspruch auf Alg nach dem allgemeinen Leistungssatz in Höhe von täglich 44,23 EUR (§ 129 SGB III).
Mit der am 04.08.2005 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ergänzend ausgeführt, dass ihm von Seiten der Beklagten das Merkblatt für Arbeitslose 2005 ausgehändigt worden sei, auf dessen Seite 32 sich eine Berechnung des Alg finde, wonach sich der Anspruch nach dem Entgelt der vorangegangenen Vollzeitbeschäftigung richte. Auf der Grundlage dieser Information und der Beratung durch die Beklagte habe er sein Arbeitsverhältnis gekündigt.
Die Beklagte hat dagegen vorgetragen, dass bei einem Beratungsgespräch Mitte 2004 nur die Rechtslage 2004 angesprochen worden sein könnte, da konkrete Weisungen zur Umsetzung der Gesetzesänderungen 2005 erst ab September 2005 eingegangen seien. Zusicherungen bezüglich 2005 seien daher nicht gemacht worden. Sie hätten zu ihrer Wirksamkeit auch der Schriftform bedurft. Das Merkblatt für Arbeitslose - Stand 2005 - sei erst am 27.12.2004 ausgeliefert worden.
Mit Urteil vom 01.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger könne für den streitbefangenen Zeitraum ab 01.01.2005 kein höheres Alg beanspruchen. Für die Leistungsbemessung seien die ab 01.01.2005 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich, denn der Anspruch des Klägers auf Alg sei erst ab 01.01.2005 entstanden. Vor Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des 31.12.2004 sei eine objektive und subjektive Verfügbarkeit des Klägers nicht erkennbar gewesen. Auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Selbst wenn er im August 2004 unzureichend oder fehlerhaft beraten worden sei, könne das Fehlen der - für die Beklagte erkennbaren - Verfügbarkeit vor dem 01.01.2005 nicht nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden. Eine Zusage dahingehend, dass weiterhin das bis zum 31.12.2004 geltende Recht Anwendung finde, bedürfe der Schriftform. Dies fehle hier. Die Berufung auf die Unwirksamkeit mangels Schriftform sei nicht rechtsmissbräuchlich. Im Falle des Klägers sei ein Sachverhalt nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung gegeben. Die Rechtsfolge des "Außer Betracht"-Bleibens sei, nachdem der Gesetzgeber nunmehr in § 130 Abs. 1 SGB III ausdrücklich zwischen den Begriffen des Bemessungszeitraums und des Bemessungsrahmens differenziert habe, nicht mehr wie früher als Aufschubtatbestand mit der Folge, dass sich der Bemessungszeitraum "nach hinten" verlängere, zu verstehen. Das "Außer Betracht"-Bleiben beziehe sich ausdrücklich nur auf den Bemessungszeitraum und nicht auf den Bemessungsrahmen. Dies bedeute, dass die erfassten Zeiten mit der regelmäßigen Folge eines höheren Durchschnittsverdienstes als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt würden. Ergebe die Ausklammerung der Teilzeitarbeit - wie hier -, dass der einjährige Regelbemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit Anspruch auf (berücksichtigungsfähiges) Arbeitsentgelt enthalte, sei der Bemessungsrahmen entsprechend § 130 Abs. 3 SGB III auf zwei Jahre zu erweitern. Könne ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf (berücksichtigungsfähiges) Arbeitsentgelt auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, sei nach § 132 Abs. 1 SGB III eine fiktive Bemessung nach Maßgabe von Abs. 2 vorzunehmen. Die in § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III verfügte Ausklammerung der dort in Nr. 1 bis Nr. 4 genannten Zeiten atypischer Beschäftigungen (hier: Teilzeitbeschäftigung) solle jedoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn dies für den Arbeitslosen vorteilhaft sei, nicht aber, wenn die Anwendung dieser Norm, wie im Falle des Klägers, letztlich zu einer Verschlechterung/niedrigeren Leistungsbemessung führe. Deshalb sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte als Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Kläger im Bemessungszeitraum von 01.01.2004 bis 31.12.2004 erzielt habe, zu seinen Gunsten zugrunde gelegt habe, woraus sich ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt von 108,65 EUR und ein täglicher Leistungssatz von 44,23 EUR (Steuerklasse III, allgemeiner Leistungssatz) ergebe.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 04.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 07.09.2006 eingelegte Berufung. Zur Begründung führt der Kläger aus, er sei im August 2004 durch einen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn B., beraten worden. In diesem Zusammenhang sei ihm gesagt worden, dass sich sein Arbeitslosengeldanspruch nach dem Entgelt der vorangegangenen Vollzeitbeschäftigung bestimme. Auf der Grundlage dieser Beratung habe er sich entschlossen, sein Arbeitsverhältnis Ende 2004 zu beenden. Es stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sich die Beklagte auf die fehlende Schriftform der Zusage berufe. Im Übrigen müsse das Alg auch deshalb nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage berechnet werden, da er bereits am Freitag, den 31.12.2004, arbeitslos gewesen sei, nachdem er ausweislich des Arbeitsvertrages freitags nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Abgesehen davon stehe ihm auch nach den zum 01.01.2005 geänderten Vorschriften ein Anspruch auf Alg nach seinem zwischen dem 01.05.2001 und 30.04.2002 erzielten Einkommen zu, denn der Bemessungszeitraum und mit ihm der Bemessungsrahmen müsse, da es sich um einen Aufschubtatbestand handele, für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung nach hinten verschoben werden, so dass der Bemessungsrahmen vorliegend diesen Zeitraum abdecke.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 3. Januar 2005 und 28. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2005 zu verurteilen, ihm ab 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung des im Bemessungszeitraum vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2002 erzielten Bruttoarbeitsentgelts zu gewähren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe Bezug.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Urteil vom 01.06.2006 die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes, das dem Bruttoarbeitsentgelt aus dem Zeitraum von Mai 2001 bis April 2002 entspricht, nicht zu. Denn dieser Abrechnungszeitraum liegt mehr als zwei Jahre für das ab Januar 2005 zu gewährende Alg zurück und kann daher nicht berücksichtigt werden.
Maßgebend für die Leistungsbemessung im Falle des Klägers sind die ab 01.01.2005 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmungen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger bis 31.12.2004 noch in einem Beschäftigungsverhältnis stand, weil das ursprüngliche Arbeitsverhältnis mit der Firma W. P. GmbH, nachdem es vom Kläger erst zum 31.12.2004 gekündigt und dieser Termin auch vom Arbeitgeber bestätigt worden ist, noch bestand, oder ob der Kläger am 31.12.2004 bereits beschäftigungslos war, da er freitags grundsätzlich frei hatte und er am 31.12.2004 tatsächlich nicht gearbeitet hat. Denn auf jeden Fall war der Kläger am 31.12.2004 subjektiv noch nicht verfügbar. Dies ergibt sich daraus, dass er das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2004 gekündigt hat. Er hat sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten erst ab dem 01.01.2005 zur Verfügung gestellt.
Das Alg beträgt nach § 129 SGB III für Arbeitslose ohne berücksichtigungsfähige Kinder 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgeltes (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr, er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003). Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben u.a. Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 % der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich vermindert war, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat, außer Betracht.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat der Kläger, wie das SG im angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegt hat, weshalb hierauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, keinen Anspruch auf Alg unter Zugrundelegung des von ihm zwischen Mai 2001 und April 2002 erzielten Bruttoarbeitsentgelts. Im nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III maßgeblichen Bemessungsrahmen vom 01.01. bis 31.12.2004 hat der Kläger nur die am 01.05.2002 begonnene Teilzeitbeschäftigung ausgeübt, die bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 4 außer Betracht bleibt. Der deshalb nach § 130 Abs. 3 SGB III auf zwei Jahre erweiterte Bemessungsrahmen (01.01.2003 bis 31.12.2004) enthält ebenfalls keinen Bemessungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus der bis 30.04.2002 ausgeübten Vollbeschäftigung, so dass nach § 132 SGB III grundsätzlich ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen ist. Hiervon ist im Fall des Klägers jedoch abzuweichen, da dies für ihn nachteilig wäre. Das Bemessungsentgelt bestimmt sich nach dem vom Kläger zwischen dem 01.01.2004 und 31.12.2004 erzielten Arbeitsentgelt aus der Teilzeitbeschäftigung.
Unter Zugrundelegung der ab 01.01.2005 geltenden gesetzlichen Grundlagen vermag sich der Senat der Ansicht des Klägers, dass der Bemessungsrahmen um die Zeit seiner Teilzeitarbeit ( § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III) erweitert werden muss, nicht anzuschließen. Diese Zeiten bleiben nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III nur bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums, nicht aber bei der Ermittlung des Bemessungsrahmens außer Betracht. Die Zeiten sind keine sog. Aufschubzeiten, die zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens führen. Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen sind zu trennen. Durch das Außerachtlassen dieser Zeiten soll "nur" verhindert werden, dass ein geringeres Entgelt aus atypischen Beschäftigungsverhältnissen innerhalb des Bemessungsrahmens zu einem geringeren Bemessungsentgelt führt, der Bemessungsrahmen soll indessen nicht nach hinten verlagert werden (so zur gleichlautenden Regelung bei § 416a SGB III: BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 68/03 R - in www.juris.de; beim Erziehungsgeld: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2006 - L 8 AL 3082/06 - in www.juris.de und nachfolgend BSG, Urteil vom 29.05.2008 - B 11a /7a AL 64/06 R - ausweislich des Terminberichts Nr. 25/08 vom 29.05.2008; Landessozialgericht Berlin - Brandenburg, Urteil vom 16.10.2007 - L 12 AL 318/06 - in www.juris.de; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2007 - L 12 AL 113/06 - und nachfolgend BSG, Urteil vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - ausweislich des Terminberichts Nr. 25/08 vom 29.05.08; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 130 RdNr. 45; Behrend in Hennig, SGB III, § 130 RdNr. 80; a.A.: SG Berlin, Urteil vom 29.05.2006 - S 77 AL 961/06 - in www.juris.de sowie Rolfs in Gagel, SGB III § 130 RdNr. 34; Marschner in GK-SGB III § 130 Randziffer 39). Unter Bezugnahme auf die ausführliche Darstellung im Urteil des SG wird insoweit noch einmal darauf hingewiesen, dass die gegenteilige Rechtsauffassung des Klägers mit dem Wortlaut des § 130 SGB III unvereinbar ist. § 130 Abs. 2 SGB III bestimmt ausdrücklich, dass Zeiten (nur) für die Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht bleiben. Die Folgen eines nicht mit Zeiten gefüllten Bemessungszeitraums für den Bemessungsrahmen sind in § 130 Abs. 3 SGB III und § 132 Abs. 1 SGB III geregelt. Liegen in dem grundsätzlich ein Jahr umfassenden Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III) weniger als 150 Tage mit Arbeitsentgelt vor, die als Bemessungszeitraum zu berücksichtigen sind, wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, ebenso in dem Fall, dass zwar mindestens 150 Tage vorliegen, die Heranziehung dieser Arbeitsentgelte aber im Hinblick auf die im erweiterten (zweijährigen) Bemessungsrahmen erzielten (höheren) Arbeitsentgelte unbillig hart wäre (§ 130 Abs. 3 SGB III). Kann auch der erweiterte Bemessungsrahmen von zwei Jahren nicht mit mindestens 150 Tagen Bemessungszeitraum gefüllt werden, ist nach §132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Der Bemessungsrahmen ist nach dem Gesetz auf die Zeit von einem bzw. zwei Kalenderjahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit beschränkt. Die vom Kläger vertretene Rechtsfolge, dass der Bemessungsrahmen über die Dauer von zwei Jahren durch einzelne Monate verlängert werden kann, sieht das Gesetz der Art nach nicht vor. Dass bei längerer Teilzeitbeschäftigung für die Höhe des Alg nicht mehr auf das vorangegangene aus der Vollzeittätigkeit erzielte Arbeitseinkommen Bezug genommen wird, ist eine durch sachliche Gründe zu rechtfertigende Regelung, weil Alg keine Gegenleistung für eingezahlte Beiträge darstellt. Versichert ist das Risiko, das sich durch den Eintritt von Arbeitslosigkeit verwirklicht. Bei der Höhe der Leistungen ist zu berücksichtigen, dass - zeitlich befristet - der Ausfall des während der Arbeitslosigkeit zu erzielenden Entgelts ersetzt werden soll, dessen Höhe sich nicht vergangenheitsbezogen an den frühen Entgelten, sondern zukunftsbezogen an den künftig entgehenden Entgelten orientiert (BSG, Urteil vom 11.06.1987 - 7 RAr 29/86 - in SozR 4100 § 112 Nr. 31). Die Einschätzung des Gesetzgebers, der davon ausgeht, dass ein Arbeitslohn nur dann zuverlässige Hinweise auf die in einer neuen Beschäftigung zu erwartenden Einkünfte gibt, wenn die Beschäftigung eine gewisse Dauer hatte und noch nicht längere Zeit zurück liegt, ist nicht sachwidrig.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte und ihr folgend das SG die Vorschrift des § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III in der Fassung vom 23.12.2003 unter teleologischer Reduktion dahingehend ausgelegt hat, dass diese Norm in Fällen nicht anzuwenden ist, in denen ihre Anwendung nicht zu der beabsichtigten Besserstellung der in der Norm genannten Personen führt und es bei der Regelbemessung bleibt, sofern eine solche möglich ist (so auch SG Dresden, Urteil vom 18.10.2007 - S 37 AL 675/06 - in www.juris.de). Im Interesse des Klägers ist das Entgelt in Höhe von 39.765 EUR, das er im Bemessungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 aus der Teilzeittätigkeit erzielte, der Bemessung zugrunde zu legen, nachdem eine Bemessung nach einem fiktiven Arbeitsentgelt in Höhe von 28.980 EUR zu einem geringeren Bemessungsentgelt führt.
Der Kläger kann seinen Anspruch schließlich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Sommer 2004 falsch beraten wurde, was im Übrigen nicht der Fall gewesen sein dürfte, da die Beratung im Sommer 2004 unter Zugrundelegung des damals geltenden Rechts zutreffend gewesen sein dürfte, oder ob die Beklagte am 27.12.2004, als sie ausweislich der Verwaltungsakten eine Vergleichsberechnung anstellte, zur Beratung hinsichtlich der Vorverlegung des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre. Denn die fehlende tatsächliche Verfügbarkeit vor dem 01.01.2005 kann - wie das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt hat - nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Eine Zusicherung hätte gemäß § 34 Abs. 1 SGB X der Schriftform bedurft. Dass sich die Beklagte hierauf beruft, ist, nachdem ein Gesetz dieses Formerfordernis vorsieht und die Beklagte auch keinen Vertrauenstatbestand gesetzt hat, nicht treuwidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) des Klägers streitig.
Der 1947 geborene, verheiratete Kläger, der seit September 2007 Rente bezieht, war zwischen dem 10.04.1972 und 31.12.2004 als Organisationsprogrammierer bei der Firma W. P. GmbH in V. beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug bis 30.04.2002 37,5 Stunden. In der Zeit von Mai 2001 bis September 2001 belief sich sein Bruttogehalt auf monatlich 10.210,00 DM (5.220,00 EUR) und von Oktober 2001 bis April 2002 auf monatlich 9.194,20 DM bzw. 4.700,92 EUR. Zwischen dem 01.05.2002 und 31.12.2004 betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 23,75 Stunden pro Woche, wobei sich die wöchentliche Arbeitszeit unter dem Vorbehalt, dass bei Bedarf in gegenseitiger Abstimmung Abweichendes jederzeit vereinbart werden konnte, wie folgt verteilte: Montag: ganztägig, Dienstag bis Donnerstag: halbtägig und Freitag: frei. Das Bruttogehalt hierfür belief sich im Mai und Juni 2002 auf jeweils 3.642,47 EUR und im Anschluss daran monatlich auf 3.313,75 EUR. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine vom Arbeitgeber bestätigte Kündigung des Klägers vom 30.09.2004 zum 31.12.2004.
Am 01.10.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos. Im beigefügten Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Arbeitsaufgabe gab er an, dass er seit Mai 2002 krankheitsbedingt in Teilzeit gearbeitet habe; sein behandelnder Internist Dr. M. bestätigte, dass er die Programmiertätigkeit nicht mehr verrichten könne und er ihm dringend geraten habe, die Beschäftigung aufzugeben.
Mit Bescheid vom 03.01.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger, dem ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit Funktionseinschränkungen bescheinigt worden war, ab 01.01.2005 für 960 Tage Alg unter Zugrundelegung der Steuerklasse III, des allgemeinen Leistungssatzes und eines täglichen Bemessungsentgelts von 108,65 EUR in Höhe von täglich 44,23 EUR.
Dagegen legte der Kläger am 14.01.2005 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass er bereits ab Donnerstag, den 30.12.2004, beschäftigungslos gewesen sei, nachdem er freitags generell nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei, so dass sich die Berechnung des Alg nach der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) richte. Dies habe, da sich der Bemessungszeitraum um die Dauer der Teilzeitarbeit nach hinten verschiebe, unter Zugrundelegung eines Bemessungszeitraums vom 01.05.2001 bis 30.04.2002, ein Bemessungsentgelt von 1.135 EUR zur Folge, was einem Alg von täglich 59,25 EUR entspreche. Selbst wenn sich das Alg auf der Grundlage der ab 01.01.2005 geltenden Vorschriften errechne, würde sich die Rechtslage nicht anders darstellen. Auch in diesem Falle dürfe das Teilzeitentgelt nicht berücksichtigt werden, da § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung getrennt von Abs. 1 zu lesen sei, was bedeute, dass der Bemessungszeitraum - wie bisher - durch die Nichtberücksichtigung von Zeiten der Teilzeitarbeit nach hinten verlagert werden müsse, so dass sich der Bemessungsrahmen auch insoweit auf den 01.05.2001 bis 30.04.2002 erstrecke. Hieraus errechne sich ein tägliches Leistungsentgelt von 99,24 EUR und dementsprechend ein tägliches Alg von 59,54 EUR. Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III habe keinen zwingenden Charakter und sei nur dann anzuwenden, wenn dies zu Vorteilen für den Arbeitslosen führe. Im Übrigen sei er im Hinblick auf seine Entscheidung, beim Arbeitgeber zu kündigen, von der Beklagten im Jahr 2004 falsch beraten worden.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2005 die Bewilligung von Alg vom 03.01.2005 in Höhe von 3,54 EUR täglich ab 01.06.2005 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungen seien falsch berechnet worden. Die Teilzeitbeschäftigung vom 01.05.2002 bis 31.12.2004 bleibe bei der Bildung des Bemessungsrahmens der Leistungen außer Betracht, da vor der Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt worden sei. Der Bemessungsrahmen sei somit auf zwei Jahre zu verlängern. Innerhalb dieses erweiterten Bemessungsrahmens habe der Kläger jedoch keinen Bemessungszeitraum (abgerechnete Entgeltzeiten) von mindestens 150 Tagen, weshalb die Leistungen fiktiv zu bemessen seien. Unter Berücksichtigung der angestrebten Tätigkeit ergebe dies ein tägliches Bemessungsentgelt von 96,60 EUR, dies entspreche einem täglichen Leistungssatz von 40,69 EUR. Dies wurde mit Änderungsbescheid vom 30.05.2005 umgesetzt.
Mit Änderungsbescheid vom 28.07.2005 revidierte die Beklagte den Bescheid vom 25.05.2005 und berechnete das Alg auch ab 01.06.2005 wieder nach der verrichteten Teilzeitbeschäftigung. Es wurde ein Zahlbetrag von 44,32 EUR täglich nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 108,95 EUR festgesetzt.
Den wegen Nichtberücksichtigung der Vollzeittätigkeit aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2005 zurück. Im Falle des Klägers habe die aufgrund der Teilzeitvereinbarung reduzierte Arbeitszeit auf 23,75 Stunden bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht zu bleiben (§ 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III). Da im somit auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III) ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden könne, sei gemäß § 132 Abs. 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei. Der Kläger sei in die Qualifikationsgruppe I einzuordnen, weshalb sich ein fiktives Arbeitsentgelt von 96,60 EUR ergeben würde (1/300 von der Bezugsgröße von 28.980 EUR). Dieses fiktive Arbeitsentgelt wäre geringer als das Bemessungsentgelt, das sich nach § 131 Abs. 1 SGB III ohne Berücksichtigung der Vorschrift des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III ergebe. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III komme jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Bestimmung zu Vorteilen für den Arbeitslosen führe. Deshalb sei Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Ausgehend vom Bemessungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 habe der Kläger in 366 Tagen ein Arbeitsentgelt von insgesamt 39.756 EUR erzielt. Mithin ergebe sich ein durchschnittliches tägliches Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 108,65 EUR. Entsprechend den Eintragungen in die Steuerkarte bestehe ein Anspruch auf Alg nach dem allgemeinen Leistungssatz in Höhe von täglich 44,23 EUR (§ 129 SGB III).
Mit der am 04.08.2005 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ergänzend ausgeführt, dass ihm von Seiten der Beklagten das Merkblatt für Arbeitslose 2005 ausgehändigt worden sei, auf dessen Seite 32 sich eine Berechnung des Alg finde, wonach sich der Anspruch nach dem Entgelt der vorangegangenen Vollzeitbeschäftigung richte. Auf der Grundlage dieser Information und der Beratung durch die Beklagte habe er sein Arbeitsverhältnis gekündigt.
Die Beklagte hat dagegen vorgetragen, dass bei einem Beratungsgespräch Mitte 2004 nur die Rechtslage 2004 angesprochen worden sein könnte, da konkrete Weisungen zur Umsetzung der Gesetzesänderungen 2005 erst ab September 2005 eingegangen seien. Zusicherungen bezüglich 2005 seien daher nicht gemacht worden. Sie hätten zu ihrer Wirksamkeit auch der Schriftform bedurft. Das Merkblatt für Arbeitslose - Stand 2005 - sei erst am 27.12.2004 ausgeliefert worden.
Mit Urteil vom 01.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger könne für den streitbefangenen Zeitraum ab 01.01.2005 kein höheres Alg beanspruchen. Für die Leistungsbemessung seien die ab 01.01.2005 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich, denn der Anspruch des Klägers auf Alg sei erst ab 01.01.2005 entstanden. Vor Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des 31.12.2004 sei eine objektive und subjektive Verfügbarkeit des Klägers nicht erkennbar gewesen. Auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Selbst wenn er im August 2004 unzureichend oder fehlerhaft beraten worden sei, könne das Fehlen der - für die Beklagte erkennbaren - Verfügbarkeit vor dem 01.01.2005 nicht nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden. Eine Zusage dahingehend, dass weiterhin das bis zum 31.12.2004 geltende Recht Anwendung finde, bedürfe der Schriftform. Dies fehle hier. Die Berufung auf die Unwirksamkeit mangels Schriftform sei nicht rechtsmissbräuchlich. Im Falle des Klägers sei ein Sachverhalt nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung gegeben. Die Rechtsfolge des "Außer Betracht"-Bleibens sei, nachdem der Gesetzgeber nunmehr in § 130 Abs. 1 SGB III ausdrücklich zwischen den Begriffen des Bemessungszeitraums und des Bemessungsrahmens differenziert habe, nicht mehr wie früher als Aufschubtatbestand mit der Folge, dass sich der Bemessungszeitraum "nach hinten" verlängere, zu verstehen. Das "Außer Betracht"-Bleiben beziehe sich ausdrücklich nur auf den Bemessungszeitraum und nicht auf den Bemessungsrahmen. Dies bedeute, dass die erfassten Zeiten mit der regelmäßigen Folge eines höheren Durchschnittsverdienstes als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt würden. Ergebe die Ausklammerung der Teilzeitarbeit - wie hier -, dass der einjährige Regelbemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit Anspruch auf (berücksichtigungsfähiges) Arbeitsentgelt enthalte, sei der Bemessungsrahmen entsprechend § 130 Abs. 3 SGB III auf zwei Jahre zu erweitern. Könne ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf (berücksichtigungsfähiges) Arbeitsentgelt auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, sei nach § 132 Abs. 1 SGB III eine fiktive Bemessung nach Maßgabe von Abs. 2 vorzunehmen. Die in § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III verfügte Ausklammerung der dort in Nr. 1 bis Nr. 4 genannten Zeiten atypischer Beschäftigungen (hier: Teilzeitbeschäftigung) solle jedoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn dies für den Arbeitslosen vorteilhaft sei, nicht aber, wenn die Anwendung dieser Norm, wie im Falle des Klägers, letztlich zu einer Verschlechterung/niedrigeren Leistungsbemessung führe. Deshalb sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte als Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Kläger im Bemessungszeitraum von 01.01.2004 bis 31.12.2004 erzielt habe, zu seinen Gunsten zugrunde gelegt habe, woraus sich ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt von 108,65 EUR und ein täglicher Leistungssatz von 44,23 EUR (Steuerklasse III, allgemeiner Leistungssatz) ergebe.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 04.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 07.09.2006 eingelegte Berufung. Zur Begründung führt der Kläger aus, er sei im August 2004 durch einen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn B., beraten worden. In diesem Zusammenhang sei ihm gesagt worden, dass sich sein Arbeitslosengeldanspruch nach dem Entgelt der vorangegangenen Vollzeitbeschäftigung bestimme. Auf der Grundlage dieser Beratung habe er sich entschlossen, sein Arbeitsverhältnis Ende 2004 zu beenden. Es stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sich die Beklagte auf die fehlende Schriftform der Zusage berufe. Im Übrigen müsse das Alg auch deshalb nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage berechnet werden, da er bereits am Freitag, den 31.12.2004, arbeitslos gewesen sei, nachdem er ausweislich des Arbeitsvertrages freitags nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Abgesehen davon stehe ihm auch nach den zum 01.01.2005 geänderten Vorschriften ein Anspruch auf Alg nach seinem zwischen dem 01.05.2001 und 30.04.2002 erzielten Einkommen zu, denn der Bemessungszeitraum und mit ihm der Bemessungsrahmen müsse, da es sich um einen Aufschubtatbestand handele, für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung nach hinten verschoben werden, so dass der Bemessungsrahmen vorliegend diesen Zeitraum abdecke.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 3. Januar 2005 und 28. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2005 zu verurteilen, ihm ab 31. Dezember 2004 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung des im Bemessungszeitraum vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2002 erzielten Bruttoarbeitsentgelts zu gewähren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe Bezug.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit dem angefochtenen Urteil vom 01.06.2006 die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes, das dem Bruttoarbeitsentgelt aus dem Zeitraum von Mai 2001 bis April 2002 entspricht, nicht zu. Denn dieser Abrechnungszeitraum liegt mehr als zwei Jahre für das ab Januar 2005 zu gewährende Alg zurück und kann daher nicht berücksichtigt werden.
Maßgebend für die Leistungsbemessung im Falle des Klägers sind die ab 01.01.2005 in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmungen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger bis 31.12.2004 noch in einem Beschäftigungsverhältnis stand, weil das ursprüngliche Arbeitsverhältnis mit der Firma W. P. GmbH, nachdem es vom Kläger erst zum 31.12.2004 gekündigt und dieser Termin auch vom Arbeitgeber bestätigt worden ist, noch bestand, oder ob der Kläger am 31.12.2004 bereits beschäftigungslos war, da er freitags grundsätzlich frei hatte und er am 31.12.2004 tatsächlich nicht gearbeitet hat. Denn auf jeden Fall war der Kläger am 31.12.2004 subjektiv noch nicht verfügbar. Dies ergibt sich daraus, dass er das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2004 gekündigt hat. Er hat sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten erst ab dem 01.01.2005 zur Verfügung gestellt.
Das Alg beträgt nach § 129 SGB III für Arbeitslose ohne berücksichtigungsfähige Kinder 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgeltes (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr, er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003). Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben u.a. Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 % der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich vermindert war, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat, außer Betracht.
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat der Kläger, wie das SG im angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegt hat, weshalb hierauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, keinen Anspruch auf Alg unter Zugrundelegung des von ihm zwischen Mai 2001 und April 2002 erzielten Bruttoarbeitsentgelts. Im nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III maßgeblichen Bemessungsrahmen vom 01.01. bis 31.12.2004 hat der Kläger nur die am 01.05.2002 begonnene Teilzeitbeschäftigung ausgeübt, die bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 4 außer Betracht bleibt. Der deshalb nach § 130 Abs. 3 SGB III auf zwei Jahre erweiterte Bemessungsrahmen (01.01.2003 bis 31.12.2004) enthält ebenfalls keinen Bemessungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus der bis 30.04.2002 ausgeübten Vollbeschäftigung, so dass nach § 132 SGB III grundsätzlich ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen ist. Hiervon ist im Fall des Klägers jedoch abzuweichen, da dies für ihn nachteilig wäre. Das Bemessungsentgelt bestimmt sich nach dem vom Kläger zwischen dem 01.01.2004 und 31.12.2004 erzielten Arbeitsentgelt aus der Teilzeitbeschäftigung.
Unter Zugrundelegung der ab 01.01.2005 geltenden gesetzlichen Grundlagen vermag sich der Senat der Ansicht des Klägers, dass der Bemessungsrahmen um die Zeit seiner Teilzeitarbeit ( § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III) erweitert werden muss, nicht anzuschließen. Diese Zeiten bleiben nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III nur bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums, nicht aber bei der Ermittlung des Bemessungsrahmens außer Betracht. Die Zeiten sind keine sog. Aufschubzeiten, die zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens führen. Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen sind zu trennen. Durch das Außerachtlassen dieser Zeiten soll "nur" verhindert werden, dass ein geringeres Entgelt aus atypischen Beschäftigungsverhältnissen innerhalb des Bemessungsrahmens zu einem geringeren Bemessungsentgelt führt, der Bemessungsrahmen soll indessen nicht nach hinten verlagert werden (so zur gleichlautenden Regelung bei § 416a SGB III: BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 68/03 R - in www.juris.de; beim Erziehungsgeld: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2006 - L 8 AL 3082/06 - in www.juris.de und nachfolgend BSG, Urteil vom 29.05.2008 - B 11a /7a AL 64/06 R - ausweislich des Terminberichts Nr. 25/08 vom 29.05.2008; Landessozialgericht Berlin - Brandenburg, Urteil vom 16.10.2007 - L 12 AL 318/06 - in www.juris.de; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2007 - L 12 AL 113/06 - und nachfolgend BSG, Urteil vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - ausweislich des Terminberichts Nr. 25/08 vom 29.05.08; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 130 RdNr. 45; Behrend in Hennig, SGB III, § 130 RdNr. 80; a.A.: SG Berlin, Urteil vom 29.05.2006 - S 77 AL 961/06 - in www.juris.de sowie Rolfs in Gagel, SGB III § 130 RdNr. 34; Marschner in GK-SGB III § 130 Randziffer 39). Unter Bezugnahme auf die ausführliche Darstellung im Urteil des SG wird insoweit noch einmal darauf hingewiesen, dass die gegenteilige Rechtsauffassung des Klägers mit dem Wortlaut des § 130 SGB III unvereinbar ist. § 130 Abs. 2 SGB III bestimmt ausdrücklich, dass Zeiten (nur) für die Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht bleiben. Die Folgen eines nicht mit Zeiten gefüllten Bemessungszeitraums für den Bemessungsrahmen sind in § 130 Abs. 3 SGB III und § 132 Abs. 1 SGB III geregelt. Liegen in dem grundsätzlich ein Jahr umfassenden Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III) weniger als 150 Tage mit Arbeitsentgelt vor, die als Bemessungszeitraum zu berücksichtigen sind, wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, ebenso in dem Fall, dass zwar mindestens 150 Tage vorliegen, die Heranziehung dieser Arbeitsentgelte aber im Hinblick auf die im erweiterten (zweijährigen) Bemessungsrahmen erzielten (höheren) Arbeitsentgelte unbillig hart wäre (§ 130 Abs. 3 SGB III). Kann auch der erweiterte Bemessungsrahmen von zwei Jahren nicht mit mindestens 150 Tagen Bemessungszeitraum gefüllt werden, ist nach §132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Der Bemessungsrahmen ist nach dem Gesetz auf die Zeit von einem bzw. zwei Kalenderjahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit beschränkt. Die vom Kläger vertretene Rechtsfolge, dass der Bemessungsrahmen über die Dauer von zwei Jahren durch einzelne Monate verlängert werden kann, sieht das Gesetz der Art nach nicht vor. Dass bei längerer Teilzeitbeschäftigung für die Höhe des Alg nicht mehr auf das vorangegangene aus der Vollzeittätigkeit erzielte Arbeitseinkommen Bezug genommen wird, ist eine durch sachliche Gründe zu rechtfertigende Regelung, weil Alg keine Gegenleistung für eingezahlte Beiträge darstellt. Versichert ist das Risiko, das sich durch den Eintritt von Arbeitslosigkeit verwirklicht. Bei der Höhe der Leistungen ist zu berücksichtigen, dass - zeitlich befristet - der Ausfall des während der Arbeitslosigkeit zu erzielenden Entgelts ersetzt werden soll, dessen Höhe sich nicht vergangenheitsbezogen an den frühen Entgelten, sondern zukunftsbezogen an den künftig entgehenden Entgelten orientiert (BSG, Urteil vom 11.06.1987 - 7 RAr 29/86 - in SozR 4100 § 112 Nr. 31). Die Einschätzung des Gesetzgebers, der davon ausgeht, dass ein Arbeitslohn nur dann zuverlässige Hinweise auf die in einer neuen Beschäftigung zu erwartenden Einkünfte gibt, wenn die Beschäftigung eine gewisse Dauer hatte und noch nicht längere Zeit zurück liegt, ist nicht sachwidrig.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte und ihr folgend das SG die Vorschrift des § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III in der Fassung vom 23.12.2003 unter teleologischer Reduktion dahingehend ausgelegt hat, dass diese Norm in Fällen nicht anzuwenden ist, in denen ihre Anwendung nicht zu der beabsichtigten Besserstellung der in der Norm genannten Personen führt und es bei der Regelbemessung bleibt, sofern eine solche möglich ist (so auch SG Dresden, Urteil vom 18.10.2007 - S 37 AL 675/06 - in www.juris.de). Im Interesse des Klägers ist das Entgelt in Höhe von 39.765 EUR, das er im Bemessungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 aus der Teilzeittätigkeit erzielte, der Bemessung zugrunde zu legen, nachdem eine Bemessung nach einem fiktiven Arbeitsentgelt in Höhe von 28.980 EUR zu einem geringeren Bemessungsentgelt führt.
Der Kläger kann seinen Anspruch schließlich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Sommer 2004 falsch beraten wurde, was im Übrigen nicht der Fall gewesen sein dürfte, da die Beratung im Sommer 2004 unter Zugrundelegung des damals geltenden Rechts zutreffend gewesen sein dürfte, oder ob die Beklagte am 27.12.2004, als sie ausweislich der Verwaltungsakten eine Vergleichsberechnung anstellte, zur Beratung hinsichtlich der Vorverlegung des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre. Denn die fehlende tatsächliche Verfügbarkeit vor dem 01.01.2005 kann - wie das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt hat - nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Eine Zusicherung hätte gemäß § 34 Abs. 1 SGB X der Schriftform bedurft. Dass sich die Beklagte hierauf beruft, ist, nachdem ein Gesetz dieses Formerfordernis vorsieht und die Beklagte auch keinen Vertrauenstatbestand gesetzt hat, nicht treuwidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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