L 3 U 58/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 U 194/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 58/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 1998 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach ihrem am 24. Juli 1995 auf dem Weg zur Arbeit verstorbenen Ehemann K R (im Folgenden: Versicherter).

Der 1939 geborene Versicherte war seit 1970 als Bauleiter/Schachtmeister bei der E GmbH beschäftigt. Am 24. Juli 1995 gegen 6.00 Uhr morgens befuhr er mit einem Pkw Kombi (einem Firmenwagen) die Verbindungsfahrbahn von der A 115 zur A 100 in Fahrtrichtung Nord. Nach den schriftlichen Aussagen der Augenzeugen R P, J R und C T in der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte kam der Pkw des Versicherten, dessen Fahrverhalten zunächst „ganz normal“ gewesen sei, nach Beginn einer leichten Linkskurve von seiner Fahrlinie ab; das Fahrzeug zog zunächst nach links gegen den Bordstein und dann nach rechts gegen die Leitplanke, wo es zum Stehen kam. Nach der Darstellung des Zeugen T (damals Medizinstudent im letzten Semester) saß der Fahrer senkrecht hinter dem Steuer. Kurze Zeit später, als er und ein anderer Zeuge den Versicherten aus dem Fahrzeug holten, sei dieser im Gesicht bereits blau gewesen und habe nicht mehr geatmet. In der Beschreibung des Zeugen P heißt es, das Fahrzeug sei nur mit dem Fahrer besetzt gewesen, welcher zusammengesunken und nicht mehr ansprechbar hinter dem Lenkrad gesessen habe. Es seien sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet worden, bis der Notarzt eingetroffen sei. Dieser hatte, wie aus dem Leichenbericht folgt, um 6.45 Uhr den Tod des Versicherten festgestellt, dessen Leiche in die D-Kliniken W gebracht wurde. Nach dem polizeilichen Ermittlungsbericht war die rechte vordere Stoßstangenecke am Pkw des Versicherten eingedrückt; es wurde ein Kunststoffaufrieb an der Leitplanke festgestellt, ein Kantenstein im Boden war gelöst.

Nach Eingang der Unfallanzeige des Arbeitgebers bei der Beklagten veranlasste diese mit Zustimmung der Klägerin eine Obduktion der Leiche des Versicherten zur Feststellung der genauen Todesursache durch Prof. Dr. M vom Institut für Rechtsmedizin der Freien Universität Berlin (FUB). Dieser führte in seinem vorläufigen Gutachten zum Obduktionsbericht vom 3. August 1995 aus, die Untersuchung der Leiche habe keine Verletzungen ergeben, die auf eine relevante Traumatisierung des Körpers gedeutet oder gar den Tod erklärt hätten. Lediglich am Brustkorb seien umfangreiche Knochenbrüche festzustellen, die ihrer Lokalisation nach aber am ehesten auf die noch erfolgten Wiederbelebungsmaßnahmen zurückgingen. Selbst wenn einige dieser Brüche gegebenenfalls bereits vorher, etwa durch Anprall an den Sicherheitsgurt oder das Lenkrad entstanden wären, könnten sie den offenbar akut eingetretenen Tod nicht erklären. Im Mittelpunkt stünden die beträchtlichen krankhaften Organveränderungen. So sei vor allem das Herz in beiden Kammern vergrößert gewesen und habe an den versorgenden Kranzarterien bereits langstreckige, zum Teil stark einengende arteriosklerotische Wandveränderungen aufgewiesen. In der Herzhinterwand sei eine kleinfleckige Narbe als Ausdruck eines älteren Gewebsuntergangs festzustellen. Sichere frische Muskeluntergänge seien jedoch mit freiem Auge nicht zu erkennen gewesen. Nach den bisher vorliegenden Informationen und Befunden sei davon auszugehen, dass es während der Fahrt zu einer akuten, letztlich tödlichen koronaren Mangeldurchblutung gekommen sei. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 7. November 1995 führte Prof. Dr. M nach Auswertung der staatsanwaltlichen Ermittlungsakten und Rückfrage bei dem am Unfallort tätig gewesenen Notarzt aus, es komme eine unfallbedingte stumpfe Traumatisierung des Brustkorbes mit der Möglichkeit schwerer innerer Verletzungen von vornherein nicht in Betracht. Die beschriebenen Veränderungen seien durchweg als Reanimationsverletzungen aufzufassen. Der Tod des Versicherten sei ausschließlich auf ein aus innerer Ursache bedingtes Herzversagen zurückzuführen. Für den Tod relevante unfallbedingte Verletzungen hätten nicht vorgelegen. Da der Versicherte sehr kurz nach Stillstand des Fahrzeugs praktisch leblos in diesem vorgefunden worden sei, dürfte der Todeseintritt mit dem Anprall an der rechten Leitplanke zeitlich zusammentreffen.

Durch Bescheid vom 22. November 1995 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Todes des Versicherten als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil der Tod ausschließlich auf ein „aus innerer Ursache bedingtes Herzleiden zurückzuführen“ sei. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, es sei durchaus möglich, dass ein äußeres Ereignis stattgefunden habe und dass es dadurch zu dem Unfall gekommen sei. Möglicherweise sei der Versicherte aufgrund des Unfallschocks an Herzversagen gestorben. Es sei zu berücksichtigen, dass er nach einem einwöchigen Urlaub am Montag ausgeruht und stressfrei zur Arbeit gefahren sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1996 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass äußere Umstände den Tod des Versicherten begünstigt hätten.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage reichte die Klägerin ein ärztliches Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H vom 11. März 1996 ein, in dem dieser aufgrund der Kenntnis der Krankheitsgeschichte und der Zeit der Betreuung des Versicherten als Hausarzt seit 1986 die Ansicht vertrat, dass das unmittelbar zum Tode führende Ereignis nicht zwingend in der körperlichen Beschaffenheit des Versicherten gelegen haben könne. Für den Eintritt des Todes seien externe Gründe zu vermuten.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Juni 1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Witwenrente zu, da der Tod des Versicherten nicht Folge eines Unfalls gewesen sei. Durch den Obduktionsbericht des Prof. Dr. M vom 3. August 1995 und dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 7. November 1995 sei erwiesen, dass eine innere Ursache vorgelegen habe, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Unfallereignis und zum Tod des Versicherten geführt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass besondere Umstände im Hinblick auf das Zustandekommen des Unfalls und die Schwere des Unfalls entscheidend mitgewirkt hätten. Anhaltspunkte für die Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer lägen, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, nicht vor. Vielmehr sei aufgrund der ärztlichen Feststellungen anzunehmen, dass der Versicherte wegen des akuten Herzversagens die Kontrolle über das Fahrzeug verloren habe, so dass es sich auf der Fahrbahn zunächst nach links, dann nach rechts bewegt habe, wo es auf der rechten Fahrbahn an der Leitplanke zum Stehen gekommen sei.

Gegen das am 12. August 1998 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 11. September 1998 eingelegten Berufung. Sie hat ein weiteres Attest des behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H vorgelegt und unter Bezugnahme auf eine von ihr eingereichte „gutachterliche Stellungnahme zum Urteil“ (vom 8. Juni 1998) des Prof. Dr. H (Leiter der Kieferchirurgischen Klinik an der FUB) vom 1. November 1999 ausgeführt, aus der Aussage des Zeugen T, dass der Versicherte zunächst noch gelebt habe, folge, dass das Herzversagen erst durch den Unfallschock oder durch ein stumpfes Trauma verursacht worden sei. Der Nachweis für den Eintritt des Herztodes durch eine akute Mangeldurchblutung aufgrund einer inneren Ursache sei im Obduktionsbericht nicht erfolgt, da ein frischer Gewebsuntergang nicht habe festgestellt werden können.

Der Senat hat ein Vorerkrankungsverzeichnis betreffend den Versicherten von der AOK Berlin aus den Jahren 1993 bis 1995 eingeholt, aus dem ersichtlich ist, dass der Versicherte wegen Angina pectoris in den Zeiten vom 14. Oktober bis 26. November 1993, 25. Juli bis 5. August 1994 und vom 2. bis 13. März 1995 arbeitsunfähig krankgeschrieben war. Auf Anforderung des Senats hat Dr. H am 27. Januar 2000 einen Befundbericht erstattet. Anschließend hat auf Veranlassung des Senats der Arzt für Innere Medizin - Kardiologie Prof. Dr. F (Deutsches Herzzentrum Berlin) am 10. August 2000 ein Gutachten nach Aktenlage erstattet. Er kam zu dem Ergebnis, der Versicherte sei mit großer Wahrscheinlichkeit an Kammerflattern/-flimmern im Rahmen eines plötzlichen Herztodes verstorben. So hätten bei ihm die einschlägigen Risikofaktoren in Form einer fortgeschrittenen koronaren Dreigefäßerkrankung, Angina-pectoris-Symptomatik und arterieller Hypertonus vorgelegen. Im Obduktionsbericht sei weiterhin eine Myokardnarbe im Sinne eines alten Myokardinfarktbezirkes beschrieben worden. Eine Auslösung des Herztodes durch äußere Einwirkung sei auszuschließen. So handele es sich bei dem dichten Verkehrsaufkommen im morgendlichen Berufsverkehr noch nicht um eine besondere Stresssituation, sondern um eine alltägliche, gewöhnlich vorkommende Belastung. Die laut Obduktionsbericht dokumentierten Verletzungen des Herzens und des Brustkorbes (beidseitige Rippenserienfrakturen, Sternumfraktur, kleinfleckige Einblutungen im Bereich des Ausflusstraktes der linken Herzkammer und ein kleiner Einriss der Herzinnenhaut im Bereich des rechten Vorhofes) seien nicht durch den Unfall erklärbar, da keine erkennbaren äußeren Verletzungen vorgelegen hätten und der Unfallhergang nach Schilderung der Zeugen und dem beschriebenen geringen Sachschaden mit keinem relevanten Thoraxtrauma vereinbar sei. Sie entsprächen auch nicht Gurtverletzungen. Vielmehr seien sie nur durch die Reanimationsmaßnahmen plausibel zu erklären. Das von den Zeugen beschriebene Abkommen des Fahrzeuges zuerst nach links, dann nach rechts mit Überfahren des Randsteins und Streifens der Schutzplanke sei wahrscheinlich Folge und nicht Ursache des plötzlichen Herztodes. Es sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bereits durch das akute Krankheitsgeschehen (Bewusstseinsverlust) zu erklären. Er halte die im rechtsmedizinischen Gutachten auf der Basis des endgültigen Obduktionsberichtes von Prof. Dr. M gezogenen Schlussfolgerungen für zutreffend.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2000 hat der Senat, dem Antrag der Klägerin entsprechend, die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. S beschlossen und entschieden, dass die Einholung des Gutachtens von der Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.000,- DM bis zum 5. November 2000 abhängig gemacht werde.

In einem Erörterungs- und Beweistermin vom 29. März 2001 hat die Berichterstatterin des Senats den Arzt T zu seinen „Beobachtungen beim bzw. nach dem Unfall des am 24. Juli 1995 verstorbenen K R“ uneidlich als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 29. März 2001 Bezug genommen.

Im Anschluss daran ist der Sachverständige Prof. Dr. F zur Abgabe einer erneuten Stellungnahme unter Berücksichtigung des von dem Zeugen T geschilderten Geschehensablauf gebeten worden. In seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2001 hat der Sachverständige geäußert, alle Aspekte der Zeugenaussage des Zeugen T stimmten mit der gutachterlichen Feststellung vom 10. August 2000 überein. Neue Gesichtspunkte, die eine abweichende Einschätzung rechtfertigen könnten, hätten sich nicht ergeben.

Die Klägerin ist vom Gericht mit Schreiben vom 18. Juni 2001 unter Fristsetzung bis 20. Juli 2001 zur Einzahlung des Kostenvorschusses für das Gutachten des Dr. S aufgefordert worden unter Hinweis darauf, dass nunmehr Ermittlungen von Amts wegen nicht mehr beabsichtigt seien.

Mit in der mündlichen Verhandlung am 6. September 2001 vorgelegtem Schriftsatz vom 10. August 2001 hat die Klägerin beantragt, „den Sachverständigen zur Erläuterung seiner Stellungnahme zu laden“. Dieser habe die Beweisfragen der Beweisanordnung vom 14. Mai 2000 unter Berücksichtigung der Bekundungen des Zeugen T, aus denen sich ein neuer Sachverhalt ergebe, nicht beantwortet. Da infolge der von dem Zeugen initial durchgeführten Reanimationsmaßnahmen vorübergehend ein stabiler Kreislauf hergestellt worden sei, stelle sich die Frage, welches Geschehen ursächlich für den Eintritt des Todes gewesen sei, nachdem der Notarzt erst ca. 40 Minuten später eingetroffen sei. Die Beweisfragen seien unter Zugrundelegung dieses veränderten Sachverhalts mit Sicherheit medizinisch anders zu beantworten, als in den Vorgutachten erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung am 6. September 2001 hat der Senat unter Aufhebung des Beschlusses vom 5. Oktober 2000 den Antrag der Klägerin, Dr. S gemäß § 109 SGG zum Sachverständigen zu bestellen, abgelehnt, weil die Klägerin den geforderten Kostenvorschuss von 1.000,- DM nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist eingezahlt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juni 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1996 zu verurteilen, ihr Witwenrente nach dem am 24. Juli 1995 verstorbenen Versicherten K R zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der den Versicherten betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin - 2 VeJs 1698/95 - lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass ihr kein Anspruch auf Witwenrente zusteht, weil nicht feststeht, dass ihr Ehemann durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Witwenrente richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der von ihr geltend gemachte Arbeitsunfall ihres Ehemannes vor dem Inkrafttreten des Siebenten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Anspruch auf Witwenrente besteht gemäß § 589 Abs. 1 RVO bei Tod des Versicherten durch Arbeitsunfall. Arbeitsunfall im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt nach § 550 Abs. 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.

Der Versicherte befand sich zwar, als er auf der Verbindungsfahrbahn von der A 115 zur A 100 am 24. Juli 1995 in dem Pkw-Kombi verstarb, auf dem Weg zur Arbeit und stand deshalb unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Es kann jedoch nicht als erwiesen angesehen werden, dass er hierbei einen Unfall erlitten hatte, der für sein Ableben ursächlich war.

Der Begriff des Unfalls ist in der RVO nicht bestimmt. Nach der in der Rechtsprechung und im Schrifttum im Wesentlichen einhellig vertretenen Auffassung ist Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (u.a. BSGE 23, 139, 141; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56; BSG, Urteil vom 2. Februar 1999 - B 2 U 6/98 R -; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Auflage, § 8 RdNr. 7; siehe jetzt auch § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Soweit daneben gefordert wird, das Ereignis müsse „von außen“ auf den Menschen einwirken, soll damit ausgedrückt werden, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis, nicht als Unfall anzusehen ist (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56; Brackmann/Krasney a.a.O. § 8 RdNr. 10). Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind hiernach ein (äußeres) Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Die Körperschädigung kann durch körperlich gegenständliche Einwirkungen oder durch geistig-seelische Einwirkungen in einem engbegrenzten Zeitraum verursacht sein (BSGE 61, 113, 116).

Nach dem Obduktionsbericht des Dr. M vom 3. August 1995 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. November 1995 sowie aufgrund des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. F vom 10. August 2000 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 8. Juni 2001 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Versicherte auf dem Weg zur Arbeit im Rahmen eines plötzlichen Herztodes verstorben ist, der durch Kammerflattern/-flimmern ausgelöst wurde und sich als typische Komplikation der bei dem Versicherten bestehenden fortgeschrittenen koronaren Herzerkrankung ereignete. Wie sich aus den Attesten seines behandelnden Arztes Dr. H und den im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben der Klägerin sowie daraus ergibt, dass er entsprechende Medikamente mit sich führte, war der Versicherte herzkrank. Er war mehrfach wegen Angina pectoris arbeitsunfähig krankgeschrieben. In dem Obduktionsbefund sind erhebliche krankhafte Organveränderungen, vor allem eine deutliche Vergrößerung beider Herzkammern und an versorgenden Kranzarterien bereits langstreckige zum Teil stark einengende arteriosklerotische Wandveränderungen, festgestellt worden. Diese Befunde erklären, wie Prof. Dr. F überzeugend dargelegt hat, den während der Fahrt erlittenen plötzlichen Herztod des Versicherten.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass an dem Geschehen irgendwelche äußeren Einwirkungen mitgewirkt haben. Es kann nach den schriftlichen Aussagen der Zeugen P, R und T sowie den Bekundungen des Letztgenannten bei seiner Zeugenvernehmung am 29. März 2001 ausgeschlossen werden, dass ein von außen auf den Versicherten einwirkendes Ereignis oder eine besondere Stresssituation zu dem Ausscheren des Fahrzeuges geführt oder hierzu in irgendeiner Weise beigetragen hatte. Der Zeuge T, der mit seinem Motorrad direkt hinter dem Pkw-Kombi des Versicherten fuhr, hat bekundet, es habe wenig Verkehr geherrscht. Das Fahrzeug des Versicherten sei zunächst nach links rübergezogen, habe kräftig abgebremst, den linken Bordstein berührt, dann sei es nach rechts rübergezogen und auf der rechten Seite zum Stehen gekommen. Der Zeuge hat auf weiteres Befragen erklärt, dass zwischen ihm und dem Pkw des Versicherten kein Verkehr gewesen sei, er habe auch keinen Gegenstand auf der Fahrbahn wahrgenommen. Es gibt somit nicht den geringsten Hinweis dafür, dass der Versicherte durch ein äußeres Ereignis, beispielsweise Nötigung durch einen anderen Verkehrsteilnehmer, Ausweichen wegen eines auf der Fahrbahn liegenden Gegenstandes oder eines anderen unvorhergesehenen Geschehnisses, zu dem von dem Zeugen beschriebenen Fahrverhalten veranlasst wurde. Dieses ist nur dadurch zu erklären, dass er wegen des Herzversagens in seiner Handlungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war. Dieses und nicht irgendeine äußere Einwirkung ist ursächlich für den Geschehensablauf und für den Tod des Versicherten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die rechtliche Bewertung unerheblich, ob der Versicherte bereits tot war, als das Fahrzeug zum Stehen kam oder ob er später verstarb bzw. wann der Tod eingetreten ist. Ein „Aufprall“ an die Leitplanke, der bei dem Versicherten einen „Unfallschock“ oder ein stumpfes Trauma ausgelöst haben könnte, hat nach den schriftlichen Zeugenaussagen und den Bekundungen des Zeugen T nicht stattgefunden. Selbst wenn man unterstellte, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Stillstandes des Autos noch gelebt hatte, könnte daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Unfallschock oder eine Verletzung des Herzens durch Einwirkung eines stumpfen Traumas ursächlich für den Tod gewesen ist. Der gesamte Geschehensablauf lässt, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Verhalten des Versicherten, dem Abkommen von der Fahrbahn, um die Folge und nicht um die Ursache des Herzversagens handelte.

Soweit die Klägerin in dem Schriftsatz vom 10. August 2001 die Auffassung vertreten hat, es bedürfe, nachdem der Zeuge T erklärt habe, er habe bei dem Versicherten durch initial durchgeführte Reanimationsmaßnahmen vorübergehend einen stabilen Kreislauf herstellen können, der Klärung der Frage, welches Geschehen ursächlich für den Eintritt des Todes gewesen sei, durch einen medizinischen Sachverständigen, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Selbst wenn eine erneute medizinische Einschätzung des von dem Zeugen T bekundeten Geschehensablaufs zu dem Ergebnis führen würde, der Versicherte hätte durch sachkundig durchgeführte Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem früheren Eintreffen des Notarztes am Leben gehalten werden können, so dass letztlich der Umstand, dass der Notarzt zu spät eintraf und der Versicherte nicht rechtzeitig medizinisch sachkundig versorgt wurde, (mit) ursächlich für seinen Tod war, würde das an der unfallrechtlichen Bewertung nichts ändern.

Dem Anspruch auf Witwenrente steht auch bei Unterstellung eines solchen Sachverhalts entgegen, dass kein Geschehensablauf vorläge, der rechtlich als Unfall gewertet werden könnte. Es fehlt an einem „von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Rechtsansicht vertreten hat, nach der „neueren Rechtsprechung“ sei ein äußeres Ereignis nicht mehr zu fordern, steht dem das bereits zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Februar 1999 (B 2 U 6/98 R) sowie die Legaldefinition des Unfallsbegriffs in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII entgegen. Das zu fordernde zeitlich begrenzte, auf den Körper einwirkende Ereignis kann auch nicht, wie die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, in einer unterlassenen oder ungenügenden Hilfeleistung oder darin gesehen werden, dass der Notarztwagen nicht rechtzeitig eintraf. Der Senat vermag nicht zu erkennen, worin hierbei ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis liegen soll.

Da die von der Klägerin für klärungsbedürftig gehaltene Frage, welches Geschehen ursächlich für den Eintritt des Todes gewesen sei, für die rechtliche Wertung unerheblich ist, war ihrem Antrag, den Sachverständigen zur Erläuterung seiner Stellungnahme zu laden, nicht zu entsprechen. Vielmehr hat Prof. Dr. F in seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2001 klar und eindeutig erklärt, dass sich aus der Aussage des Zeugen T keine Änderung seiner im Gutachten zum Ausdruck gebrachten Einschätzung ergebe, und auf die dort gegebenen Antworten verwiesen. Ein weiterer Klärungsbedarf ergibt sich nicht, so dass es einer erneuten Befragung des Sachverständigen oder seiner Ladung zum Termin „zur Erläuterung seiner Stellungnahme“ nicht bedarf.

Die (Prozessbevollmächtigte der) Klägerin ist in dem gerichtlichen Schreiben vom 18. Juni 2001 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass nach dem Vorliegen der Stellungnahme Prof. Dr. F keine Ermittlungen von Amts wegen mehr beabsichtigt seien. Sie hat, nachdem sie die in dem Beschluss vom 5. Oktober 2000 gesetzte Frist zur Einzahlung des Kostenvorschusses hat verstreichen lassen, die ihr erneut gesetzte Frist bis 20. Juli 2001 wiederum nicht eingehalten. Hierdurch hat sie eine erhebliche Verzögerung des ohnehin schon lang andauernden Rechtsstreits aus grober Nachlässigkeit verursacht, denn sie durfte nicht erwarten, dass der Senat ihrem mit Schriftsatz vom 10. August 2001 gestellten Antrag, nochmals den gerichtlichen Sachverständigen zu hören, entsprechen würde. Daher war der Antrag auf Begutachtung durch Dr. S gemäß § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen.

Der Berufung musste der Erfolg versagt werden, weil der Versicherte keinen Unfall erlitten hatte, der einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente auslösen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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