L 32 B 1712/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 108 AS 3167/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 B 1712/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Angemessene Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II können Kosten für zwei Unterkünfte sein.

Angemessene Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II sind bei notwendigem Heimaufenthalt alle nach dem Heimvertrag geschuldeten Beträge, wenn dieser ein einheitliches Gesamtentgelt vorsieht.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten auch des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragsstellerin beantragte beim Antragsgegner am 5. November 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie begehrt vor Gericht die einstweilige Verpflichtung zur Gewährung solcher Leistungen.

Sie verfügt über keine eigenen Einnahmen. Sie ist mit dem 1945 geborenen K H verheiratet. Dieser bezieht eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente in Höhe von zusammen 1.439,08 EUR monatlich. Die Eheleute lebten jedenfalls bis zum 13. April 2007 gemeinsam in dem Haus H Weg , welches der Antragstellerin und ihrem Sohn S H jeweils zur Hälfte gehört. Die Antragstellerin hatte ihrem Sohn im Jahr 2004 seine Hälfte geschenkt. Das Grundstück ist mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zu Gunsten der Eheleute belastet.

Am 13. April 2007 erlitt der Ehemann einen Herzinfarkt. Er befindet sich seither im Wachkoma. Er wurde zunächst im Krankenhaus betreut und wird seit dem 17. Juli 2007 im Pflegeheim K, EStr. 77 in Rversorgt. Der Betreuungsrichter des Amtsgerichts K stellte im Rahmen des Betreuungsverfahrens im Juni 2007 fest, dass eine Kommunikation mit dem Ehemann nicht möglich sei und der Arzt erklärt habe, dass dieser keine Reaktion auf Ansprache oder optische Annäherung zeige.

Die Antragstellerin gab in ihrem Antrag beim Antragsgegner an, für sich und ihren Ehemann an, seit 17. Juli 2007 getrennt zu leben. Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim Haus K und dem Ehemann sieht ein Gesamtentgelt vor, welches sich aus dem Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung (täglich 15,68 EUR), einem für Pflege (allgemeine Pflege, soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege 63,71 EUR) und einem für die nicht geförderten Investitionskosten von täglich 5,53 EUR + 4,97 EUR zusammensetzt, also insgesamt 89,89 EUR pro Tag (bei 30 Tagen 2.697,70 EUR). Leistungen des Sozialhilfeträgers hat der Ehemann bislang nicht erhalten. Die Pflegekasse zahlt - soweit von den Beteiligten vorgetragen - monatlich 1.432,- EUR, so dass das Pflegeheim derzeit vom Ehemann selbst 1.310,08 EUR monatlich verlangt.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007 ab. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin und ihr Ehemann bildeten eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Sie lebten zwar in unterschiedlichen Unterkünften, jedoch seien sie nicht dauerhaft getrennt, da eine lediglich krankheitsbedingte räumliche Trennung für die Feststellung eines dauernden Getrenntlebens nicht ausreiche. Dem Ehemann stünden gemäß § 7 Abs. 4 SGB II als Bezieher einer Altersrente Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage zwei mal 90 % des Regelsatzes gemäß § 20 Abs. 3 SGB II bzw. gemäß § 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. der Regelsatzverordnung, also 2 x 312,- EUR = 624,- EUR. Als Kosten der Unterkunft seien 399,34 EUR zu berücksichtigen (Schuldzinsen von 130,26 EUR zzgl. 137,52 EUR Nebenkosten und 142,- EUR Heizkosten abzüglich im Regelsatz enthaltene Warmwasserkosten pro Monat). Des Weiteren entstünden für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim Kosten in Höhe von 300,- EUR monatlich. Ob und in wie weit es sich dabei um im Rahmen des SGB II zu berücksichtigende Kosten handele, sei fraglich. Doch selbst bei voller Berücksichtigung ergebe sich hier kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Das sich so ergebende anrechenbare Einkommen von 1.436,08 EUR übersteige den Gesamtbedarf.

Das Sozialgericht Berlin (SG) hat mit Beschluss vom 7. August 2008 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 29. Januar 2008 (= Eingang des Antrages bei Gericht) bis zum 31. Dezember 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 721,78 EUR zu gewähren. Zwar dürfte der Ehemann wohl hinsichtlich der Kosten für die Unterbringung im Pflegeheim Ansprüche aus SGB XII gegen den zuständigen Sozialhilfeträger nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII haben. Auch verweise der Antragsteller zutreffend darauf, dass der Ehemann sein eigenes Einkommen über die Bedarfsgrenze hinaus nach § 87 SGB XII einzusetzen habe. Die vom Antragsgegner zutreffend ermittelte Einkommensgrenze liege hier gemäß § 85 SGB XII bei ca. 1.346,- EUR, so dass gemäß § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII der Ehemann selbst aus seinem eigenen Einkommen lediglich 37,- EUR einzusetzen hätte. So betrachtet könne der Bedarf der Antragstellerin aus dem Einkommen des Ehemanns gedeckt werden. Allerdings verkenne der Antragsgegner dabei, dass gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Aufbringung der Mittel auch unterhalb der Einkommensgrenze verlangt werden könne (§ 88 Abs. 1 SGB XII). Die Voraussetzungen seien hier erfüllt, da der Ehemann aufgrund des Pflegevertrages Kost und Logis erhalte und somit ansonsten zur Deckung seines Bedarfes nur geringfügige Mittel erforderlich seien. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Die Leistungsgewährung sei rückwirkend für die Zeit ab Antragseingang bei Gericht auszusprechen. Grundsätzlich sei dies zwar nicht möglich, weil die einstweilige Anordnung der Abwendung gegenwärtiger Nachteile diene. Hier jedoch drohe dem Ehemann aufgrund der gegenüber dem Pflegeheim aufgelaufenen Schulden der erhebliche Nachteil des Verlusts des Heimplatzes.

Hiergegen richtet sich die auf Aufhebung des Beschlusses und Antragszurückweisung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners. Er habe gemeinsam mit dem zuständigen Sozialamt eine Berechnung des Leistungsanspruches des Ehemannes nach dem SGB XII vorgenommen. Daraus ergebe sich, dass die Antragstellerin und der Ehegatte lediglich einen Eigenanteil von 399,90 EUR an das Pflegeheim zahlen müssten. Das Sozialamt müsse ca. 2.300,- EUR Leistungen nach dem SGB XII erbringen, abzüglich der Leistung aus der Pflegeversicherung.

II. Der Sozialhilfeträger war nicht beizuladen. Eine notwendige Beiladung ist im Eilverfahren kaum denkbar, weil nur einstweilige Regelungen getroffen werden und § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hier nicht einschlägig ist. Eine einfache Beiladung nach § 75 Abs. 1 SGG ist nicht opportun, da damit Verzögerungen verbunden wären.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das SG hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Antragstellerin auf einstweilige Gewährung von Arbeitslosengeld II bejaht.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -). Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz stellt insbesondere dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn das einstweilige Verfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht, wie dies im Streit um laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose regelmäßig der Fall ist. Ganz allgemein ist ein Zuwarten umso eher unzumutbar, je größer die Erfolgschancen in der Sache einzuschätzen sind (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Beschluss vom 4. April 2008 - L 32 B 458/08 AS ER -). Eine solche Situation liegt hier vor:

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II ist, selbst wenn dabei von einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem im Pflegeheim lebenden Ehegatten nach § 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3, Nr. 3 a) ausgegangen und dabei als dessen Einkommen seine Renten nach § 11 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden.

Allerdings spricht einiges dafür, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann dauernd getrennt leben im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Zwar stellt die dauerhaft erforderliche Heimunterbringung eines Ehegatten für sich alleine noch kein Getrenntleben dar (vgl. dazu zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. August 2007 - L 8 LW 5/07 - Juris Rdnr. 52 mit Bezug auf Bundesgerichtshof (BGH) FamRZ 1981, 479 ff.). Nach § 1567 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) leben Ehegatten getrennt, wenn einerseits zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und andererseits mindestens ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will. Da die häusliche Trennung alleine also nicht ausreicht, muss zusätzlich ein Trennungswille erkennbar sein. Ein Getrenntleben liegt (erst) vor, wenn der trennungswillige Ehegatte dies unmissverständlich zu erkennen gibt. Hier hat allerdings die Antragstellerin in ihrem Antrag auf Leistungen den Familienstand beider Eheleute mit "dauernd getrennt lebend seit 17. Juli 2007" angegeben. Auch im Schriftsatz vor Gericht bezeichnet sie sich als getrennt lebend. Dies könnte für einen erklärten Trennungswillen sprechen.

Geht man von einer Bedarfsgemeinschaft aus, richtet sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemannes nach dem SGB II (und nicht nach dem SGB XII), obgleich er als Rentner nach § 7 Abs. 4 SGB II keine Leistungen beziehen kann. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht insoweit keine Differenzierung zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft bei der Ermittlung des Bedarfes vor, sondern nennt allein den Gesamtbedarf. Mangels ausdrücklicher Bezugnahme etwa auf das SGB XII kann es sich dabei nach dem Wortsinn nur um einen nach dem SGB II ermittelten Bedarf handeln. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) (vgl. zuletzt Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R - Rdnr. 39 f m.w.N.). Als Einkommen des Ehemannes nach § 11 Abs. 1 SGB II sind hier die Rentenzahlungen in Höhe von 1.439,08 EUR anzurechnen. Die Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.432,- EUR bleiben - wenn es sich nicht von vornherein um Sachleistungen, die nicht Einnahmen sind handelt - nach § 11 Abs. 3 SGB II unberücksichtigt. Sie dienen jedenfalls nur dem bestimmten Zweck, die Pflege mitzufinanzieren.

Hinsichtlich des Bedarfes kann im einstweiligen Rechtschutzverfahren vereinfacht die Berechnung des Antragsgegners im Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2007 zugrunde gelegt werden. Zusätzlich zu den Regelleistungen und den Kosten für das von der Antragstellerin bewohnte Haus zählen allerdings als Kosten für angemessene Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch die Heimkosten für den Heimplatz des Ehemannes. Da dieser nicht zu Hause leben kann, fallen für die Bedarfsgemeinschaft Kosten für zwei Unterkünfte an. Das Gesetz beschränkt nämlich die zu übernehmenden Kosten nicht auf lediglich eine Unterkunft. Es sind vielmehr die Kosten allgemein für eine angemessene Unterkunft zu leisten. So ist deshalb bereits anerkannt, dass für Kinder Unterkunftsbedarf in zwei Wohnungen bestehen kann (vgl. konkret zur Möglichkeit, dass Kinder bei beiden getrennt lebenden Eltern wohnen und insoweit doppelte Bedarfsgemeinschaften bestehen: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - Rdnr. 27) und dass die angemessene Unterkunft auch Pflegekinder zu berücksichtigen hat, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft zählen (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 - Rdnr. 23). Ferner wird - zutreffend - vertreten, dass bei so genanntem betreuten Wohnen zu den angemessenen Unterkunftskosten auch die Betreuungspauschalen zählen, und dass es jedenfalls für sechs Monate angemessen ist, trotz der Unterkunft eines Inhaftierten in der Haftanstalt die Wohnung weiter vorzuhalten (vgl. hierzu jeweils Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008 § 22 Rdnr. 19 f. mit Nachweisen). Der zusätzliche Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 1, 1. Alt. SGB II (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) steht aus demselben Grund einer Berücksichtigung als Unterkunftskosten entgegen wie § 7 Abs. 4 S. 1, 2. Alt SGB II (Rentenbezug): Es geht hier nur um die Bedarfsermittlung, nicht um Leistungen für die Heimunterbringung. Auch § 5 Abs. 2 SGB II regelt nur das Verhältnis der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII und erlaubt keinen Rückschluss auf die Bedarfsermittlung.

Nach dem vorgelegten Heimvertrag schuldet der Ehemann für alle Leistungen (Unterkunft, Verpflegung und Pflegeleistungen) ein einheitliches Entgelt. Jedenfalls im Eilverfahren ist deshalb dem Grunde nach von 2.714,11 EUR Heimkosten/Monat abzüglich 1.432,- EUR Pflegegeld = 1.282,11 EUR auszugehen. Nach den SGB II-Regelungen ist lediglich gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) ab Januar 2008 für bereitgestellte Vollverpflegung pauschal 35 % des Regelsatzes nach § 20 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen, hier also 109,20 EUR pro Monat.

Dem Ehemann stehen demnach rein rechnerisch 1.548,28 EUR zur Verfügung. Er erhält zur Zeit darüber hinaus keine Leistungen, insbesondere nicht nach dem SGB XII. Nach § 11 SGB II sind nur tatsächliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II wird der nicht durch Einkommen gedeckte Gesamtbedarf im Verhältnis des jeweiligen Einzelbedarfs am Gesamtbedarf an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Einkommen einzelner Personen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung ihrer eigenen Bedarfe, nicht jedoch zur Deckung des Gesamtbedarfs der Bedarfsgemeinschaft genügt. Ist allerdings ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II - wie hier der Ehemann der Antragstellerin - ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist. Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüber zu stellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfes des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Der Senat folgt insoweit dem BSG (a.a.O. Rdnr. 47 ff.):

"Art. 3 Abs. 1 GG gebietet in Fällen wie hier entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur für die leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anwendung findet (ebenso BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 jeweils Rdnr. 15). Nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen ist auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu teilen. Ansonsten würden Hilfebedürftige, die - wie die Klägerin - mit einer Person zusammen leben, die Altersrente bezieht und von Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, schlechter stehen als Hilfebedürftige, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit anderen Hilfebedürftigen oder zumindest potentiell nach dem SGB II bei Anspruchsberechtigten Personen leben. Dafür ist jedenfalls dann kein sachlicher Grund ersichtlich, wenn die von Leistungsausschluss nach dem SGB II betroffene Person wegen der anderen Einkommensberechnung nach dem SGB XII auch dort nicht leistungsberechtigt ist."

(vgl. BSG, a.a.O. Rdnr. 49).

Hier ist der eigene Bedarf des Ehemannes der Antragstellerin nicht gedeckt. Den Einnahmen in Höhe von 1.548,28 EUR steht ein Bedarf von 312,- EUR zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie der Hälfte der normalen Wohnkosten, 399,34 EUR/2 = 199,67 EUR (zur Kopfteilung vgl. BSG, a.a.O. Rdnr. 44), sowie 1.282,11 EUR Heimkosten gegenüber, so dass übersteigende Einnahmen für die Antragstellerin nicht zur Verfügung stehen.

Zumindest im Eilverfahren kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin nicht bedürftig ist, weil sie zunächst einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II hat. Das Sozialamt geht zwar - für § 90 SGB XII - von einem sofort realisierbaren Vermögensgegenstand einer Schenkungsrückforderung aus. Grundsätzlich hat nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB der Schenker Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, "soweit" er außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Dieser Rückforderungsanspruch besteht auch grundsätzlich nur lediglich in dem Umfang, in welchem der Schenkungsgegenstand zur Deckung des angemessenen Unterhalts erforderlich ist. Bedarf es insoweit nur eines Teiles des Geschenkes, und ist der Schenkungsgegenstand unteilbar, richtet sich der Anspruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB von vornherein auf Zahlung in Höhe des der Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertteiles des Geschenkes, bis der Wert des Gegenstandes erschöpft ist (so ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Urteil vom 17. Januar 1996 - IV ZR 184/94 - NJW 1996, 587 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen und unter Bezugnahme auf Bundesverwaltungsgericht, NJW 1992, 3312). Hier allerdings ist der Wert der Schenkung, aufgrund des eingetragenen Wohnungsrechts der Antragstellerin und ihres Ehemannes deutlich geringer als der nominelle Miteigentumsanteil und ist möglicherweise nach dem Verkehrswert zu vernachlässigen. Auch ist derzeit völlig offen, ob die Forderung realisierbar ist.

Der (zum 1. Januar 2008 neu eingeführte) § 12 a SGB II, welcher eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorrangigen Sozialleistung ausdrücklich klarstellt, steht einem Anspruch der Antragstellerin ebenfalls nicht entgegen. Der Ehemann hat Sozialhilfe beantragt. Jedenfalls im Eilverfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin oder ihr Ehemann Mitwirkungspflichten nicht erfüllt haben könnten. In jedem Fall bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, nach § 5 Abs. 3 SGB II vorzugehen und im Falle endgültig festgestellter Leistungspflicht Erstattung beim Sozialhilfeträger zu verlangen.

Hinsichtlich der einstweiligen Verpflichtung des Antragsgegners zu Leistungen bereits für die Zeit ab Eingang des Eilantrages bei Gericht als hier gegebene Ausnahme zur Regel, dass ein Anordnungsgrund nur für die Zeit ab Entscheidung dringlich sein kann, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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