Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 VS 7/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 1/05
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 14.01.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat und deswegen Anspruch auf eine Versorgung nach § 80 SVG geltend machen kann.
Der 1978 geborene Kläger leistete vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 als Wehrpflichtiger Wehrdienst. Vom 01.05.1999 bis 30.06.1999 durchlief er die allgemeine Grundausbildung (Unterricht, praktische Ausbildung, Geländetage, Schießtage, Sport), daran schloss sich vom 01.07.1999 bis 30.01.1999 die spezielle Grundausbildung (Führerschein BCE, GGVS-Kurs, Trsp ATN, Sport) an, vom 01.10.1999 bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr am 29.02.2000 befand er sich in Vollausbildung (Transporte fahren, Wachdienste ausüben, Fristenarbeiten an LKW´s und Materialbewirtschaftung).
Mit Antrag vom 29.02.2000 hat der Kläger Antrag auf Beschädigtenversorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung gestellt. Er hat vorgetragen, dass die ersten Rückenschmerzen im Oktober 1999 während einer Transportübung begonnen hätten. Ein Arztbesuch hätte eine vorübergehende Besserung gebracht. Als er vom 06. bis 09.12.1999 auf Transport gewesen sei, habe er beim Beladen und Verzurren der Güter einen plötzlichen Schmerz im Rücken verspürt. Die schlechten Sitze der LKW´s hätten zunehmend die Rückenschmerzen verstärkt. Die Beklagte zog Listenauszüge der Krankenkassen des Klägers (AOK Bayern bzw. Landwirtschaftliche Krankenkasse) sowie die medizinischen Unterlagen des Instituts für Wehrmedizinalstatistik und Gerichtswesen bei. Den beigefügten Untersuchungsbögen von der Musterung sind auf orthopädischem Fachgebiet u.a. eine statische Brustwirbelsäulenachsabweichung, ein Schulterhochstand, eine Überlastungslumbalgie sowie eine Hyperlordose zu entnehmen. In dem Fragebogen über die gesundheitliche Vorgeschichte hat der Kläger am 15.04.1998 selbst vorgetragen, dass er an einer Überlastungslumbalgie leide. Anfang September 1999 begab der Kläger sich wegen Rückenbeschwerden in ärztliche Behandlung, weitere Behandlungen bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr folgten in regelmäßigem Abstand. Die Dres. V./K. nennen in ihrem Arztbrief vom 29.12.1999 als Diagnose eine statische Skoliosierung der Wirbelsäule bei Beckentiefstand links (minus 2 cm links). Kernspintomographisch habe sich bei der Untersuchung in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. ein Bandscheibenvorfall L5/S1 subligamentär medial ergeben. Im Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 08.12.1999 wird über eine Untersuchung am 25.11.1999 berichtet. Der Kläger klagte dort über rezidivierende Schmerzen im LWS-Bereich, die ausschließlich lokal begrenzt auftreten würden. In der Vorgeschichte sei ein Zustand nach verstärkter Kälteexposition im Dienst bekannt, die sich schmerzintensivierend bei langjährigen Rückenschmerzen ausgewirkt hätten. Die daraufhin vom Beklagten um eine versorgungsärztliche Stellungnahme gebetene Allgemeinärztin Dr. F. hat zusammenfassend ausgeführt, dass ein ursächlicher Zusammenhang der geklagten Gesundheitsstörungen mit wehrdienstlichen Verrichtungen nicht wahrscheinlich sei. Es habe bereits vorwehrdienstlich eine Rückenschädigung bestanden. Aufgrund der anlagebedingten Fehlstellung der Wirbelsäule sei es zu Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gekommen und zu einem Zustand der Blockierung in den kleinen Wirbelgelenken, hier im Bereich L5/S1. Die Blockierung selbst sei ein Zustand einer reversiblen gestörten Funktion eines Gelenkes im Sinne einer Bewegungseinschränkung. Eine Anerkennung des Bandscheibenleidens im Sinne der Entstehung durch die Dienstleistung bei der Bundeswehr scheide deshalb aus, weil die Wirbelsäule des Klägers bei Beginn der Grundausbildung bereits erheblich vorgeschädigt gewesen sei. Eine Anerkennung des Wirbelsäulenleidens im Sinne der Verschlimmerung komme ebenfalls nicht in Betracht. Es würde sich dann um eine Verschlimmerung handeln, wenn der schädigende Vorgang entweder den Zeitpunkt vorverlegt habe, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre oder das Leiden schwerer aufgetreten wäre als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Eine traumatische Entstehung des Bandscheibenvorfalls scheide aus, sie werde vom Antragsteller auch nicht behauptet.
Der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 07.11.2000 den Antrag auf Beschädigtenversorgung abgelehnt. Die wehrdienstlichen Belastungen würden keine wesentliche, d.h. annähernd gleichwertige Ursache für den Bandscheibenprolaps darstellen, allein wesentlich sei die chronische Degeneration der Bandscheibe und dies sei eine eigengesetzlich verlaufende Erkrankung.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 21.11.2000, der mit Schriftsatz vom 04.01.2001 näher begründet wurde. Den Manifestationszeitpunkt eines Bandscheibenvorfalles würden wesentlich - teilursächlich - das Hinzutreten äußerer Noxen, z.B. mittelschwere, schwere körperliche Arbeiten, bestimmen, der Kläger sei zu einem "Transportbataillon" einberufen worden, wo es zur Durchführung von Schwertransportübungen, z.B. Beladen mit schweren Gütern und anderem, gekommen sei. Im Oktober 1999 seien die ersten, ständigen schweren Rückenschmerzen aufgetreten als zwingende invasive Vorboten (kausal-genetisch) des Bandscheibenschadens. Die invasiv-schädlichen schweren wehrdienstlichen Belastungen in einem Transportbatallion hätten kausalrechtlich relevant die erhebliche zeitliche Vorverlegung des Manifestationszeitpunktes des Bandscheibenschadens in Abwägung zur "Fehlhaltung" der Wirbelsäule bewirkt. Diese Vorverlegung bereits mit 21 Jahren sei der Verursachungsform "Entstehung", sicher jedoch der Verursachungsform einer "richtunggebenden" Verschlimmerung zuzuordnen. Im Ablauf des täglichen bürgerlichen Lebens wäre der Bandscheibenschaden mit Sicherheit, wenn überhaupt, erst sehr viel später aufgetreten. Hierzu hat der Beklagte die versorgungsärztliche-unfallchirurgische Stellungnahme des Chirurgen R. vom 23.01.2001 eingeholt. Der Chirurg R. ist zu der Beurteilung gelangt, dass es sich vorliegend um einen Bandscheibenschaden auf degenerativer Grundlage handle, zumal ein wehrdienstliches Unfallereignis weder vorliege noch behauptet werde. Seit Entwicklung spezifizierender bildgebender Diagnostik (Computer- und Kernspintomographie) würden sehr häufig sogar größere Bandscheibenvorfälle bereits im Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren nachgewiesen. Als Berufskrankheit (nach den Richtlinien der gesetzlichen Unfallversicherungsträger) und als WDB seien bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule nur ausnahmsweise nach "langjährigem (d.h. mindestens 10-jährigem) Heben oder Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung", ausnahmsweise auch "nach langjähriger vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen" anerkennungsfähig. Diese Voraussetzungen würden beim Kläger nicht vorliegen, da sich der Wehrdienst nur über zehn Monate erstreckt habe. Die Einwendungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass dieser Bandscheibenschaden "im täglichen bürgerlichen Leben" wenn überhaupt erst sehr viel später aufgetreten wäre, sei nicht stichhaltig, da der Kläger auch im Zivilberuf als Landwirt deutlichen körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Die unterstellte vorwehrdienstliche Beschwerdefreiheit der Wirbelsäule des Klägers lasse sich leicht entkräften, da sich im Musterungsbefund vom 15.04.1998 des Kreiswehrersatzamtes B-Stadt bereits der Eintrag "Überlastungslumbalgie" finde. Den angeschuldigten wehrdienstlichen Ereignissen komme daher nur der Charakter einer sog. Gelegenheitsursache zu. Der Bandscheibenschaden wäre in ähnlichem zeitlichen Verlauf auch ohne wehrdienstliche Tätigkeit symp-tomatisch geworden. Hierfür seien konstitutionelle Faktoren ausschlaggebend, eine "richtungsweisende" Verschlimmerung" sei wissenschaftlich nicht beweisbar oder wahrscheinlich.
Die Beklagte hat daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2001 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 03.04.2001 zum Sozialgericht Augsburg, die mit Schriftsatz vom 17.07.2001 näher begründet wurde. Vor der Einberufung habe der Kläger keine Beschwerden gehabt, eine ärztliche Behandlung sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Erst nach Entlassung seien Beschwerden aufgetreten und hätten eine ständige ärztliche Behandlung erforderlich gemacht. Hierzu verweise er auf das ärztliche Attest des Orthopäden Dr. R. vom 05.07.2001, wo der Kläger seit 29.12.2000 in ärztlicher Behandlung sei.
Das SG hat einen Befundbericht des Internisten Dr. D. vom 23.08.2001 beigezogen, wo der Kläger seit 1997 bis zuletzt 28.06.2001 in Behandlung gewesen war. Der Schwerpunkt der Behandlungen lag auf dem Gebiet der Orthopädie mit belastungsabhängigen Rückenschmerzen, paravertebralem Hartspann, Bewegungseinschränkung im WS-Bereich, Lumbago bei Bandscheibenvorfall L5/S1.
Daraufhin wurde der Orthopäde Dr. F. zum Sachverständigen ernannt, der das Gutachten vom 17.03.2002 erstellt hat. Um den geltend gemachten und kernspintomo-graphisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall im letzten Segment der Lendenwirbelsäule kausal auf wehrdiensteigentümliche Einflüsse zurückführen zu können, müssten die Kriterien überprüft werden, die analog für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 gefordert würden, da die Beurteilung der entsprechenden Berufskrankheit mit derjenigen von Schädigungsfolgen an der Lendenwirbelsäule identisch seien. Im Falle des Klägers würden die geforderten arbeitstechnischen Voraussetzungen schon deswegen nicht vorliegen, da die Einwirkung während des nur vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 ablaufenden Wehrdienstes zeitlich viel zu kurz gewesen sei. Gefordert werde zur Anerkennung der Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 bzw. 2110 eine mindestens zehnjährige Exposition. Im Wesentlichen führe der Kläger die Entstehung des Bandscheibenvorfalles auf eine nur fünf Tage anhaltende stärkere Belastung durch Heben, Tragen, Fahrzeugschwingungen und ungünstige Sitzbelastung auf den ergonomisch schlecht gestalteten Lkw-Sitzen zurück. Die geforderten medizinisch-rechtlichen Bedingungen seien ebenfalls nur teilweise erfüllt. Der Befall des letzten Segments der Lendenwirbelsäule stelle eine nicht als altersspezifisch zu bezeichnende Erkrankung dar. Nicht erfüllt sei jedoch die Forderung nach der Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und beruflicher Einwirkung. Es bestehe der isolierte Befall des letzten Segmentes der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf jegliche Verschleißschäden eines weiteren Segmentes. Im untersten Segment der Lendenwirbelsäule würden schon unter physiologischen Bedingungen die stärksten dynamischen und statischen Belastungen ablaufen, da hier der bewegliche Teil der Lendenwirbelsäule in das starre Kreuzbein übergehe. Infolge dessen würden sich Bandscheibenschäden bei über 90 % aller Menschen auch ohne jegliche Einflüsse im untersten oder vorletzten Segment der Lendenwirbelsäule manifestieren. Nach Hax sei ein Kausalzusammenhang zwischen Berufsbelastung und bandscheibenbedingter Erkrankung um so unwahrscheinlicher, je weniger Segmente betroffen seien und je weiter kaudal die Veränderungen angesiedelt seien (Gutachtenskoloquium 13). Es könne jedoch der monosegmentale Befall der Lendenwirbelsäule nicht als alleiniger Ablehnungsgrund der Anerkennung von Schädigungsfolgen dienen. Andererseits seien beim Nachweis eines monosegmentalen Befalles die übrigen Bedingungen besonders kritisch zu prüfen. Beim Kläger würden eine Reihe konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten zur Entwicklung des Bandscheibenschadens bestehen, nämlich die Funktionsstörungen auch von Finger- und Zehengelenken, ausgeprägte Knick-Senk-Spreizfüße als Hinweis auf eine Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes, eine Bogenschlussstörung des 1. Kreuzbeinwirbels sowie ein leichter Beckenschiefstand mit geringer statischer seitlicher Verbiegung der Lendenwirbelsäule. Die Linksverschiebung des Auftretens der ersten Symptome sei ebenfalls ein Hinweis auf eine Verursachung des Bandscheibenvorfalles aus innerlichen Gründen (Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes).
Daraufhin wurde auf Antrag der Klägerseite gemäß § 109 SGG der Orthopäde Dr. R. zum Sachverständigen ernannt, der das Gutachten vom 20.02.2003 erstellt hat. Der Kläger hat gegenüber Dr. R. angegeben, dass es erstmal im Dezember 1999 zu einer akuten Verschlimmerung gekommen sei, als er ein schweres Lkw-Teil auf die Ladefläche habe hochheben wollen und es ihm dabei entglitten sei. Beim Nachfassen sei ein stechender Schmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule aufgetreten, so dass er sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen. Auf der Grundlage dieser Schilderung kam Dr. R. zu der Auffassung, dass der Wehrdienstschaden des Klägers durch einen Unfall entstanden und nicht mit einer Berufskrankheit vergleichbar sei. Als Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Unfallfolge werde in dem Buch "Bandscheibenbedingte Erkrankungen" von Jürgen Krämer gefordert: 1. ein adäquates Trauma in Form einer von außen kommenden Gewalteinwirkung oder von unerwarteten Kraftanstrengungen, 2. dass die typischen Beschwerden sofort einsetzen und 3. der Patient unmittelbar vor dem Ereignis beschwerdefrei gewesen sein müsse. Durch das Entgleiten der angehobenen Last sei es zu einer unerwarteten Kraftanstrengung gekommen, wodurch ein Bandscheibenvorfall erzeugt worden sei. Allein die dritte Bedingung sei nicht voll erfüllt, gleichwohl habe der Kläger nur geringfügige Beschwerden haben können, da er ansonsten dienstunfähig gewesen wäre. Zusammenfassend könne davon ausgegangen werden, dass es sich hier um einen Dienstunfall gehandelt habe, der zu einem Bandscheibenvorfall in Höhe L5 geführt habe. Der Vorgutachter Dr. F. gehe der Frage nach, ob wehrdiensteigentümliche Einflüsse kausale Bedeutung für den Bandscheibenvorfall gehabt hätten und ob sie die Kriterien erfüllen würden, die für die Anerkennung einer Berufskrankheit gefordert würden. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen könnten natürlich keineswegs erfüllt werden, da in der Regel eine mindestens zehnjährige Exposition gefordert werde. Dr. F. beschreibe eine Reihe konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten zur Entstehung eines Bandscheibenschadens. Diese seien sicherlich von Bedeutung im Falle einer Berufserkrankung, könnten aber allein schon wegen der Kürze der Wehrdienstzeit in diesem Falle nie zutreffen. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ab März 2000 betrage, bedingt durch die reinen Schädigungsfolgen, 20 v.H.
Hierzu hat sich der Beklagte mit Schreiben vom 20.05.2003 auf der Grundlage der chirurgischen Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. vom 12.05.2003 geäußert. Im Gutachten nach § 109 SGG des Orthopäden Dr. R. werde das Entgleiten eines schweren Lkw-Teiles beim Versuch, dieses Teil auf die Ladefläche eines Lkw zu heben, als Unfall interpretiert. Nach den Vorgaben der Anhaltspunkte 96, S. 299, 300, könne eine traumatische Bandscheibenschädigung keinesfalls unterstellt werden. Nicht berücksichtigt worden sei, dass schon bei der Musterung eine "Überlastungslumbalgie" dokumentiert worden sei. Nach den marginalen Funktionseinschränkungen der LWS bei der Begutachtung sei die MdE von 20 v.H. nicht nachvollziehbar. Hierzu wurde die ergänzende Stellungnahme des Dr. R. vom 8. Dezember 2003 eingeholt. Dr. R. hat ausgeführt, dass es unrichtig sei, dass nach den Vorgaben der Anhaltspunkte 96, S. 299, 300, keinesfalls eine traumatische Bandscheibenschädigung unterstellt werden könne. Jeder Fall bedürfe einer individuellen Bewertung, was durch seine Untersuchung geschehen sei. Gerade die genauere Analyse des angeschuldigten Ereignisses lasse den Schluss zu, dass er wesentlich zur Entstehung der Erkrankung beigetragen habe. Weiterhin werde der Einwand erhoben, dass schon bei der Musterung eine Überlastungslumbalgie dokumentiert worden sei. Hierzu sei zu bemerken, dass allgemein bei Erwachsenen nicht von primär gesunden Bandscheiben ausgegangen werden könne. Die von den Unfallversicherungen geforderte körperliche Unversehrtheit als Ausgangssituation sei somit nicht haltbar.
Hierzu hat sich die Beklagte auf der Grundlage der ergänzenden chirurgischen Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. vom 21.01.2004 mit Schreiben vom 28.01.2004 nochmals geäußert. Das vom Kläger geschilderte "Trauma" sei keinesfalls geeignet, bei gesunden Wirbelsäulen einen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Im Gutachten werde auch eine "akute Verschlimmerung" eines "bereits mäßiggradig vorhandenen Kreuzschmerzes" angegeben. Damit sei lediglich der Anlass zur klinischen Manifestation bei fortgeschrittener Zermürbung der Bandscheibe gegeben. Der geforderte Ursachenzusammenhang zwischen dem "Trauma" und der Schädigung sei damit nicht herzustellen. Die geschilderte Tätigkeit sei als Gelegenheitsursache zu bezeichnen. Nach dem klinischen Befund an der Wirbelsäule und ohne sensomotorische Störungen wäre eine MdE von 0 bis 10 sachgerecht. Ob mit einem späteren Rückschlag gerechnet werden müsse, sei für die Bewertung nicht relevant.
Das Sozialgericht Augsburg hat mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2005 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe während des Wehrdienstes weder einen Unfall noch eine gesundheitliche Schädigung durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse erlitten. Dabei sei unstreitig durch kernspintomographische Aufnahmen vom Dezember 1999 belegt, dass der Kläger einen Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 habe. Unstreitig sei außerdem, dass diese Gesundheitsstörung während des Wehrdienstes vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 festgestellt worden sei. Dieser rein zeitliche Zusammenhang genüge allerdings noch nicht zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Wehrdienstbeschädigung. Hinsichtlich der Beurteilung des Kausalzusammenhangs würden widersprüchliche Sachverständigenaussagen vorliegen. Während der gerichtliche Sachverständige Dr. F. und ihm zustimmend die diversen versorgungsärztlichen Stellungnahmen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Wehrdienst des Klägers und dem Bandscheibenvorfall verneinen würden, vertrete der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte gerichtliche Sachverständige Dr. R. die gegenteilige Auffassung. Ihm könne jedoch bei kritischer Würdigung sämtlicher medizinischer Gutachtensäußerungen im Ergebnis nicht gefolgt werden. Denn einmal stütze er sein Gutachtensergebnis auf subjektive Tatsachenäußerungen des Klägers, die durch die Sachermittlungen des Gerichts aber auch des Beklagten widerlegt seien. Er gehe nämlich davon aus, dass der Kläger erstmals einige Monate nach Beginn des Wehrdienstes Kreuzschmerzen verspürt habe. Dieser vom Kläger auch im Widerspruchsverfahren und Klageverfahren vorgetragene Gesichtspunkt sei aber schon nicht in Einklang zu bringen mit seinen eigenen, am 15.04.1998 bei der Musterung unterschriftlich bestätigten Angaben von Überlastungslumbalgien. Schließlich habe das Bundeswehrkrankenhaus U. am 08.12.1999 darüber berichtet, dass der Kläger langjährig bekannte Rückenschmerzen angegeben habe. Sein Hausarzt Dr. D. habe dies bestätigt, indem er dem Gericht mitgeteilt habe, dass der Kläger bei ihm seit 1997 wegen belastungsabhängiger Rückenschmerzen in Behandlung stehe. Zum Zweiten habe Dr. R. auf der Grundlage ungeprüfter Angaben des Klägers unterstellt, dass dieser während des Wehrdienstes einen Unfall im Sinne von § 81 SVG erlitten habe. Er verkenne dabei, dass ein Unfallereignis als anspruchsbegründende Tatsache nicht mit der Beweiserleichterung der Wahrscheinlichkeit, sondern mit dem Strengbeweis, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sei. Der Kläger habe erstmals bei der Untersuchung im August 2002 knapp drei Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis vorgetragen, dass ihm ein schweres Lkw-Teil beim Ladeversuch entglitten und der Schmerz beim Nachfassen eingetreten sei. Ein solches Unfallereignis sei indessen nicht nachgewiesen. Weder in den Berichten der Dres. V./K. noch in denen des Bundeswehrkrankenhauses U. würden sich entsprechende Hinweise ergeben. Der Kläger selbst habe in seinem ersten Antrag den plötzlichen Eintritt des Schmerzes auf die Tätigkeit des Beladens und Verzurrens von Gütern bezogen und somit eine völlig andere Sachverhaltsschilderung abgegeben als gegenüber Dr. R ... Den Erstangaben messe das Gericht aber den höheren Beweiswert zu. Die drei Jahre nach dem angeblichen Unfall und bei äußerst ungünstiger Prozesslage neu in das Verfahren eingeführte Geschehensschilderung sei für das Gericht schlicht unglaubwürdig. Nach Überzeugung der Kammer sei bei der vorzunehmenden Kausalitätsbewertung richtigerweise auf das Gutachten des Dr. F. sowie die versorgungsärztlichen Stellungnahmen zurückzugreifen. Danach sei der Bandscheibenvorfall des Klägers lediglich anlässlich, nicht aber ursächlich durch den Wehrdienst und die ihm eigentümlichen Verhältnisse hervorgerufen worden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht vom 27.01.2005, die mit Schriftsatz des alten Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.02.2005 näher begründet wurde. Das Sachverständigengutachten des Dr. R. sei schlüssig, überzeugend und wissenschaftlich fundiert. Er sei der einzige qualifizierte Orthopäde, der sich speziell mit der wissenschaftlichen Literatur befasst habe. Zur Vorgeschichte habe er den Kläger analytisch nach den relevanten besonderen Schädigungen befragt.
Die neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die Berufung mit Schriftsatz vom 03.05.2005 weitergehend begründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg könne nicht gefolgt werden. Die Entscheidung werde zunächst darauf gestützt, dass der Kläger überhaupt keinen Wehrdienstunfall erlitten habe. Insoweit sei allerdings nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger von Anfang an angegeben habe, bei der Transportübung im Zeitraum vom 06.12. bis 09.12.1999 beim Beladen und Verzurren der Güter einen Schmerz im Rücken verspürt zu haben. Diese Angaben seien vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt hinterfragt worden. Es könne dem Kläger daher nicht unterstellt werden, er habe nun widersprüchliche Angaben gemacht. Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Sachverhaltes müsse der Auffassung des Gutachters Dr. R. zugestimmt werden, wonach der Dienstunfall zumindest mitursächlich für den Bandscheibenvorfall gewesen sei. Dr. F. könne insoweit nicht gefolgt werden. Hierbei sei zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. F. ausschließlich überprüft habe, ob eine Berufskrankheit vorliege. Die Ausführungen des Gutachters seien somit nicht verwertbar. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auch Dr. R. davon ausgegangen sei, dass bereits vor dem Dienstunfall vom Kläger Beschwerden in Bezug auf die Wirbelsäule angegeben worden seien. Zutreffend sei, dass beim Kläger etwa fünf Monate nach Beginn seines Wehrdienstes Kreuzschmerzen aufgetreten seien. Diese hätten zweifellos in Zusammenhang mit den Belastungen des Wehrdienstes, insbesondere Lauftraining und Märsche mit Rucksack gestanden. Entscheidend sei allerdings, dass durch den konkreten Dienstunfall eine akute Verschlimmerung eingetreten sei.
Hierzu hat sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15.06.2005 geäußert. Die Klägerbevollmächtigten würden den Begriff des Unfalls verkennen. Ein Unfall im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes sei ein auf äußeren Einwirkungen beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachenden Ereignis. Schon aus dieser Definition werde deutlich, dass das von dem Kläger angeschuldigte Ereignis kein Unfall im Sinne des SVG sei.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben hierauf erwidert, dass ein Unfall im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes sehr wohl vorliege. Der im Schriftsatz vom 03.05.2005 geschilderte Vorfall sei eine "äußere Einwirkung". Es sei zu überprüfen, ob dieses Unfallereignis auch die wesentliche Ursache für die beim Kläger vorliegenden Beschwerden sei. Hierzu hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.10.2005 nochmals darauf hingewiesen, dass das von Klägerseite geschilderte Ereignis keine äußere Einwirkung sei. Der Kläger verkenne insoweit den Begriff der "äußeren Einwirkung". Letztlich liege die Ursache des Bandscheibenprolapses in der Konstitution des Klägers. Hierzu haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers nochmals geltend gemacht, dass die Anforderungen, die der Beklagte an das Unfallereignis und die "äußere Einwirkung" stelle, nicht in Einklang mit der Rechtsprechung stehen würden. Insoweit könne insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) verwiesen werden. Das Merkmal "äußere Einwirkung" habe lediglich den Zweck, äußere Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers abzugrenzen.
Daraufhin wurde eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich tätigen Gutachters Dr. F. dazu eingeholt, ob sich eine Änderung der Beurteilung der Kausalität im Gutachten vom 17.03.2002 dann ergeben würde, wenn man die Angaben des Klägers gegenüber Dr. R. als wahr unterstelle. Dr. F. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 18.07.2008 ausgeführt, dass nach der aktuellen wissenschaftlichen Lehrmeinung (Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 7. Auflage) es den isolierten verletzungsbedingten Bandscheibenvorfall grundsätzlich nicht mehr gebe. Immer seien begleitende, wenn auch minimale knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen im vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment nachzuweisen, um einen Zusammenhang bejahen zu können. Ohne Begleitverletzung sei die Schadenslage wesentlich und gelte der Unfall als Gelegenheitsanlass. Die Begleitverletzung dokumentiere sich als bone bruise bzw. Knochenödem im Kernspintomogramm. Zudem gelte, dass eine Kompressionsbelastung (Heben einer Last, sog. Verheben), also der vom Kläger geschilderte Verletzungsmechanismus den Faserring straffe, welcher damit undurchlässiger werde. Werde der Druck erhöht, wie beispielsweise durch das geltend gemachte Nachfassen, so komme es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich, während Faserringverletzungen oder gar ein Bandscheibenvorfall nicht erzeugt würden. Analysiere man in Zusammenhang mit dieser Lehrmeinung das Kernspintomogramm der Lendenwirbelsäule vom 27.12.1999, so lasse sich hier keinerlei Begleitverletzung verifizieren. Gefunden worden sei eine flache Vorwölbung der Bandscheibe L5/S1 entsprechend einem kleinen Bandscheibenvorfall ohne relevante Kompression der Caudafasern. Nirgends sei ein bone bruise beschrieben. Vielmehr sei ein pathologisches Knochensignal ausdrücklich ausgeschlossen worden. Damit sei geklärt, dass die Kriterien eines traumatischen Bandscheibenvorfalls eindeutig nicht erfüllt seien entsprechend dem hierfür nicht geeigneten geltend gemachten Unfallereignis.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 hat der Kläger folgenden Sachverhalt geschildert: "Am 09.12.1999 war ich mit dem Festzurren von schweren Lkw-Reifen auf einer Palette beauftragt. Der oberste Reifen ist plötzlich heruntergerutscht. Ich habe dann versucht, den Lkw-Reifen aufzufangen, dies ist mir nicht ganz gelungen, er ist auf die Ladefläche gefallen. In diesem Augenblick verspürte ich einen stechenden Schmerz im Rücken." Weiter hat der Kläger ausgeführt, dass er schon während der Bundeswehrzeit Rückenschmerzen gehabt habe, aber nicht an der Stelle, an der die Schmerzen seit dem 09.12.1999 autreten (L5/S1). Ab Oktober 1999 habe er auch während der Bundeswehrzeit Rückenschmerzen gehabt. Diese Rückenschmerzen seien ähnlich wie vor der Bundeswehrzeit gewesen und nicht so wie nach dem 09.12.1999. Aktuell berichtete der Kläger, dass er beruflich nicht mehr körperlich tätig, sondern als angestellter Agrartechniker vorwiegend am Schreibtisch tätig sei. Hier habe er keine Beschwerden, wenn er sich aber körperlich betätige, komme es immer wieder zu Beschwerden im Rücken, immer an derselben Stelle.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgericht Augsburg vom 14. Januar 2005 und des Bescheides des Beklagten vom 07.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 zu verurteilen, beim Kläger als Wehrdienstbeschädigung einen Bandscheibenvorfall L5/S1 festzustellen und ihm hierfür Leistungen nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Der Vertreter des Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Vertreter der Beigeladenen stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die WDB-Akte der Wehrbereichsverwaltung V D-Stadt, die Akten des Sozialgerichts Augsburg mit dem Az.: S 11 VS 7/01 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 15 VS 1/05 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 und 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht Augsburg hat mit dem Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2005 die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 07.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstes wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung. Nach § 81 Abs.1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Störung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.
Der Senat geht zunächst entgegen der Auffassung des SG davon aus, dass der Kläger während der Ausübung des Wehrdienstes einen Unfall erlitten hat.
Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 eine von der bzw. den ursprünglichen Schilderungen wiederum etwas abweichende Darstellung des für die Wehrdienstbeschädigung angeschuldigten Ereignisses gegeben.
Im schriftlichen Antrag vom 29.02.2000 hatte er vorgetragen, dass die ersten Rückenschmerzen im Oktober 1999 während einer Transportübung begonnen hätten. Als er vom 06.09. bis 09.09.1999 auf Transport gewesen sei, habe er beim Beladen und Verzurren der Güter einen plötzlichen Schmerz im Rücken verspürt. Die schlechten Sitze in den Lkw`s hätten zunehmend die Rückenschmerzen verstärkt.
Bei der Begutachtung durch Dr. F. am 14.03.2002 gab der Kläger an, dass sich etwa vier bis fünf Monate nach Beginn des Wehrdienstes Rückenschmerzen eingestellt hätten, die sich im Dezember 1999 weiter verschlimmert hätten. Verschlechtert hätten sich die Beschwerden im Zusammenhang mit einem Lkw-Tranport, der sich über 5 Tage hingezogen habe. Er habe dabei auch schwere Gegenstände be- und entladen müssen, z.B. alte Reifen, Paletten etc.
Bei der Untersuchung durch Dr. R. am 20.08.2002 sprach der Kläger davon, dass er etwa fünf Monate nach Beginn des Wehrdienstes Kreuzschmerzen bekommen habe. Eine akute Verschlimmerung sei eingetreten, als er beim Transportdienst ein schweres Lkw-Teil auf die Ladefläche habe hochheben wollen. Das Teil sei ihm dabei entglitten, so dass er habe nachfassen müssen. Genau in diesem Moment habe sich der bereits mäßiggradige Kreuzschmerz verschlimmert.
In der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 schließlich hat der Kläger ausgesagt, dass am 09.12.1999 beim Festzurren von schweren Lkw-Reifen auf die Palette der oberste Reifen plötzlich herabgerutscht sei. Er habe versucht, den Lkw-Reifen aufzufangen. Dies sei nicht ganz gelungen, der Reifen sei auf die Ladefläche gefallen. In diesem Augenblick habe er einen stechenden Schmerz im Rücken verspürt. Bei einer Gesamtwürdigung der vom Kläger gemachten Angaben ist der Senat trotz der bestehenden Widersprüchlichkeiten und Abweichungen in den einzelnen Darstelllungen unter Berücksichtigung der grundsätzlich vorhandenen Glaubwürdigkeit des Klägers, von der sich der Senat in der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 überzeugen konnte, der Auffassung, dass der Kläger am 09.12.1999 einen Unfall im Sinne eines Verhebetraumas erlitten hat.
Diese Verhebetrauma erfüllt den Begriff des Unfalles im Sinne des § 81 Abs.1 SVG, der dem Begriff des Unfalls im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht. Gemäß § 8 Abs.1 Satz 2 SGB VII ist danach ein Unfall ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden (oder zum Tod) geführt hat. Das zur Überzeugung des Senats beim Kläger vorgekommene Verhebetrauma erfüllt die genannten Voraussetzungen eines Unfalles.
Weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung beim Kläger wäre, dass die gesundheitliche Schädigung - der Bandscheibenvorfall - des Klägers durch den Unfall (hier: Verhebetrauma) mit Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit) verursacht worden ist. Dies ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008 Rdnr.128 sind traumatische Bandscheibenschädigungen sehr selten. Sie kommen z.B. bei diskoligamentären Wirbelsäulenverletzungen oder Wirbelbrüchen an der benachbarten Zwischenwirbelsäule oder bei Stich- und Schussverletzungen vor, die die Bandscheibe direkt treffen.
Ergänzend und ausführlicher ist in dem medizinischen Lehrbuch "Arbeitsunfall und Berufskrankheit" von Schönberger, Mehrtens, Valentin, 7. Aufl., 2003 ausgeführt, dass Bandscheibenverletzungen unfallmäßig meist mit Wirbelkörperfrakturen entstehen. Die Bandscheibenbeteiligung ist eine häufige Begleitverletzung des Wirbelkörperbruchs. Ältere Lehrmeinungen über das Vorliegen isolierter traumatischer Bandscheibenverletzungen sind aufgrund moderner bildgebender Verfahren (Computer-, Kernspintomographie) nicht zu halten. Als Unfallfolge erscheinen Bandscheibenvorfälle stets mit begleitenden, minimalen knöchernen oder Bandverletzungen. Eine Kompressionsbelastung (Heben einer Last, "Verhebetrauma") strafft den Faserring, der damit undurchlässiger wird. Mit der Erhöhung des Drucks kommt es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich; eine Faserungsverletzung oder ein Bandscheibenvorfall werden dabei nicht erzeugt.
In Übereinstimmung mit der ergänzenden, für den Senat überzeugenden Stellungnahme des Gutachtens Dr. F. vom 18.07.2008, ist der Senat der Auffassung, dass der Bandscheibenvorfall des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit durch das Verhebetrauma am 09.12.1999 (mit-)verursacht worden ist. Maßgeblich für diese Auffassung ist zunächst die Auswertung der am 27.12.1999 von der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. u.a. gefertigte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule des Klägers. Danach zeigt die Bandscheibe des Klägers bei L5/S1 eine flache, mediale subligamentäre Vorwölbung bei horizontaler Ausrichtung, der Befund entspricht einem kleinen Bandscheibenvorfall. Darüber hinaus bestand kein weiterer auffälliger Befund. Eine relevante Kompression der benachbarten Kandafasern ließ sich nicht erkennen. Es bestand keine massive Forameneinengung, die primäre Spinalkanalweite war normwertig, es lag ein regelrechten Conusstand vor und es gab kein pathologisches Knochensignal. Der Gutachter Dr.F. hat die Kernspintomographie der Dres.M. u.a. nochmals ausgewertet und hat dabei den dort erhobenen Befund in vollem Umfang bestätigt. Danach handelt es sich vorliegend um einen isolierten Bandscheibenvorfall ohne begleitende, wenn auch minimale knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen in dem vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment, die sich im Kernspintomogramm als "bone bruise" oder Knochenödem dokumentiert hätten. Der Senat folgt dem Gutachter Dr.F. darin, dass ohne eine Begleitverletzung der isolierte Bandscheibenvorfall nach der aktuellen wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht kausal auf ein Verhebetrauma zurückgeführt werden kann, sondern für den Bandscheibenvorfall die Schadensanlage wesentlich ist und der Unfall sich als Gelegenheitsanlass darstellt. Für diese Auffassung spricht auch, dass der Kläger bereits vor dem angeschuldigten Ereignis am 09.12.1999 Rückenschmerzen hatte - auch schon vor der Wehrdienstzeit.
Hierzu passt, dass der Gutachter Dr.F. in seinem Gutachten vom 17.03.2002 als konkurrierende Verursachungsmöglichkeiten eine Bogenschlussstörung des 1. Kreuzbeinwirbels, einen leichten Beckenschiefstand mit geringer statischer, seitlicher Verbiegung der Lendenwirbelsäule und als Hinweis auf eine Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes Funktionsstörungen auch von Finger- und Zehengelenken sowie ausgeprägte Knicksenkspreizfüße festgestellt hat. Die beobachtete Linksverschiebung des Auftretens der ersten Symptome ist ebenfalls von Dr.F. als Hinweis auf eine Verursachung des Bandscheibenvorfalles aus innerer Ursache (Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes) gewertet worden.
Dem erstinstanzlich tätig gewordenen Gutachter Dr.R. (Gutachten vom 20.02.2003 und ergänzende Stellungnahme vom 08.12.2003), der den Bandscheibenvorfall ursächlich auf das Verhebetrauma zurückführt, kann dagegen nicht gefolgt werden. Die Ausführungen von Dr.R. haben den entscheidenden Mangel, dass er nicht herausgearbeitet hat, dass beim Kläger ein isolierter Bandscheibenvorfall ohne jegliche weitere knöcherne Verletzung oder Bänderverletzung im betroffenen Segment vorliegt. Daher hat er sich auch nicht mit der im Falle des Klägers bestehenden Problematik des Zusammenhangs zwischen Verhebetrauma und isoliertem Bandscheibenvorfall unter Zugrundelegung der hierzu vertretenen wissenschaftlichen Lehrmeinung befasst.
Der Bandscheibenvorfall des Klägers ist schließlich auch nicht auf die sonstigen Belastungen des Wehrdienstes zurückzuführen, wie dies die Gutachter Dr.F. und Dr.R. übereinstimmend überzeugend ausgeführt haben.
Die hierzu in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit genannten Voraussetzungen (langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung oder nach langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, AP Nr.128) liegen schon allein deshalb nicht vor, weil der vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 abgeleistete Wehrdienst schon rein zeitlich die Bandscheibenschädigung nicht verursacht haben kann.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 14.01.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat und deswegen Anspruch auf eine Versorgung nach § 80 SVG geltend machen kann.
Der 1978 geborene Kläger leistete vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 als Wehrpflichtiger Wehrdienst. Vom 01.05.1999 bis 30.06.1999 durchlief er die allgemeine Grundausbildung (Unterricht, praktische Ausbildung, Geländetage, Schießtage, Sport), daran schloss sich vom 01.07.1999 bis 30.01.1999 die spezielle Grundausbildung (Führerschein BCE, GGVS-Kurs, Trsp ATN, Sport) an, vom 01.10.1999 bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr am 29.02.2000 befand er sich in Vollausbildung (Transporte fahren, Wachdienste ausüben, Fristenarbeiten an LKW´s und Materialbewirtschaftung).
Mit Antrag vom 29.02.2000 hat der Kläger Antrag auf Beschädigtenversorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung gestellt. Er hat vorgetragen, dass die ersten Rückenschmerzen im Oktober 1999 während einer Transportübung begonnen hätten. Ein Arztbesuch hätte eine vorübergehende Besserung gebracht. Als er vom 06. bis 09.12.1999 auf Transport gewesen sei, habe er beim Beladen und Verzurren der Güter einen plötzlichen Schmerz im Rücken verspürt. Die schlechten Sitze der LKW´s hätten zunehmend die Rückenschmerzen verstärkt. Die Beklagte zog Listenauszüge der Krankenkassen des Klägers (AOK Bayern bzw. Landwirtschaftliche Krankenkasse) sowie die medizinischen Unterlagen des Instituts für Wehrmedizinalstatistik und Gerichtswesen bei. Den beigefügten Untersuchungsbögen von der Musterung sind auf orthopädischem Fachgebiet u.a. eine statische Brustwirbelsäulenachsabweichung, ein Schulterhochstand, eine Überlastungslumbalgie sowie eine Hyperlordose zu entnehmen. In dem Fragebogen über die gesundheitliche Vorgeschichte hat der Kläger am 15.04.1998 selbst vorgetragen, dass er an einer Überlastungslumbalgie leide. Anfang September 1999 begab der Kläger sich wegen Rückenbeschwerden in ärztliche Behandlung, weitere Behandlungen bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr folgten in regelmäßigem Abstand. Die Dres. V./K. nennen in ihrem Arztbrief vom 29.12.1999 als Diagnose eine statische Skoliosierung der Wirbelsäule bei Beckentiefstand links (minus 2 cm links). Kernspintomographisch habe sich bei der Untersuchung in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. ein Bandscheibenvorfall L5/S1 subligamentär medial ergeben. Im Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 08.12.1999 wird über eine Untersuchung am 25.11.1999 berichtet. Der Kläger klagte dort über rezidivierende Schmerzen im LWS-Bereich, die ausschließlich lokal begrenzt auftreten würden. In der Vorgeschichte sei ein Zustand nach verstärkter Kälteexposition im Dienst bekannt, die sich schmerzintensivierend bei langjährigen Rückenschmerzen ausgewirkt hätten. Die daraufhin vom Beklagten um eine versorgungsärztliche Stellungnahme gebetene Allgemeinärztin Dr. F. hat zusammenfassend ausgeführt, dass ein ursächlicher Zusammenhang der geklagten Gesundheitsstörungen mit wehrdienstlichen Verrichtungen nicht wahrscheinlich sei. Es habe bereits vorwehrdienstlich eine Rückenschädigung bestanden. Aufgrund der anlagebedingten Fehlstellung der Wirbelsäule sei es zu Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gekommen und zu einem Zustand der Blockierung in den kleinen Wirbelgelenken, hier im Bereich L5/S1. Die Blockierung selbst sei ein Zustand einer reversiblen gestörten Funktion eines Gelenkes im Sinne einer Bewegungseinschränkung. Eine Anerkennung des Bandscheibenleidens im Sinne der Entstehung durch die Dienstleistung bei der Bundeswehr scheide deshalb aus, weil die Wirbelsäule des Klägers bei Beginn der Grundausbildung bereits erheblich vorgeschädigt gewesen sei. Eine Anerkennung des Wirbelsäulenleidens im Sinne der Verschlimmerung komme ebenfalls nicht in Betracht. Es würde sich dann um eine Verschlimmerung handeln, wenn der schädigende Vorgang entweder den Zeitpunkt vorverlegt habe, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre oder das Leiden schwerer aufgetreten wäre als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Eine traumatische Entstehung des Bandscheibenvorfalls scheide aus, sie werde vom Antragsteller auch nicht behauptet.
Der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 07.11.2000 den Antrag auf Beschädigtenversorgung abgelehnt. Die wehrdienstlichen Belastungen würden keine wesentliche, d.h. annähernd gleichwertige Ursache für den Bandscheibenprolaps darstellen, allein wesentlich sei die chronische Degeneration der Bandscheibe und dies sei eine eigengesetzlich verlaufende Erkrankung.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 21.11.2000, der mit Schriftsatz vom 04.01.2001 näher begründet wurde. Den Manifestationszeitpunkt eines Bandscheibenvorfalles würden wesentlich - teilursächlich - das Hinzutreten äußerer Noxen, z.B. mittelschwere, schwere körperliche Arbeiten, bestimmen, der Kläger sei zu einem "Transportbataillon" einberufen worden, wo es zur Durchführung von Schwertransportübungen, z.B. Beladen mit schweren Gütern und anderem, gekommen sei. Im Oktober 1999 seien die ersten, ständigen schweren Rückenschmerzen aufgetreten als zwingende invasive Vorboten (kausal-genetisch) des Bandscheibenschadens. Die invasiv-schädlichen schweren wehrdienstlichen Belastungen in einem Transportbatallion hätten kausalrechtlich relevant die erhebliche zeitliche Vorverlegung des Manifestationszeitpunktes des Bandscheibenschadens in Abwägung zur "Fehlhaltung" der Wirbelsäule bewirkt. Diese Vorverlegung bereits mit 21 Jahren sei der Verursachungsform "Entstehung", sicher jedoch der Verursachungsform einer "richtunggebenden" Verschlimmerung zuzuordnen. Im Ablauf des täglichen bürgerlichen Lebens wäre der Bandscheibenschaden mit Sicherheit, wenn überhaupt, erst sehr viel später aufgetreten. Hierzu hat der Beklagte die versorgungsärztliche-unfallchirurgische Stellungnahme des Chirurgen R. vom 23.01.2001 eingeholt. Der Chirurg R. ist zu der Beurteilung gelangt, dass es sich vorliegend um einen Bandscheibenschaden auf degenerativer Grundlage handle, zumal ein wehrdienstliches Unfallereignis weder vorliege noch behauptet werde. Seit Entwicklung spezifizierender bildgebender Diagnostik (Computer- und Kernspintomographie) würden sehr häufig sogar größere Bandscheibenvorfälle bereits im Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren nachgewiesen. Als Berufskrankheit (nach den Richtlinien der gesetzlichen Unfallversicherungsträger) und als WDB seien bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule nur ausnahmsweise nach "langjährigem (d.h. mindestens 10-jährigem) Heben oder Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung", ausnahmsweise auch "nach langjähriger vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen" anerkennungsfähig. Diese Voraussetzungen würden beim Kläger nicht vorliegen, da sich der Wehrdienst nur über zehn Monate erstreckt habe. Die Einwendungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass dieser Bandscheibenschaden "im täglichen bürgerlichen Leben" wenn überhaupt erst sehr viel später aufgetreten wäre, sei nicht stichhaltig, da der Kläger auch im Zivilberuf als Landwirt deutlichen körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Die unterstellte vorwehrdienstliche Beschwerdefreiheit der Wirbelsäule des Klägers lasse sich leicht entkräften, da sich im Musterungsbefund vom 15.04.1998 des Kreiswehrersatzamtes B-Stadt bereits der Eintrag "Überlastungslumbalgie" finde. Den angeschuldigten wehrdienstlichen Ereignissen komme daher nur der Charakter einer sog. Gelegenheitsursache zu. Der Bandscheibenschaden wäre in ähnlichem zeitlichen Verlauf auch ohne wehrdienstliche Tätigkeit symp-tomatisch geworden. Hierfür seien konstitutionelle Faktoren ausschlaggebend, eine "richtungsweisende" Verschlimmerung" sei wissenschaftlich nicht beweisbar oder wahrscheinlich.
Die Beklagte hat daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2001 den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 03.04.2001 zum Sozialgericht Augsburg, die mit Schriftsatz vom 17.07.2001 näher begründet wurde. Vor der Einberufung habe der Kläger keine Beschwerden gehabt, eine ärztliche Behandlung sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Erst nach Entlassung seien Beschwerden aufgetreten und hätten eine ständige ärztliche Behandlung erforderlich gemacht. Hierzu verweise er auf das ärztliche Attest des Orthopäden Dr. R. vom 05.07.2001, wo der Kläger seit 29.12.2000 in ärztlicher Behandlung sei.
Das SG hat einen Befundbericht des Internisten Dr. D. vom 23.08.2001 beigezogen, wo der Kläger seit 1997 bis zuletzt 28.06.2001 in Behandlung gewesen war. Der Schwerpunkt der Behandlungen lag auf dem Gebiet der Orthopädie mit belastungsabhängigen Rückenschmerzen, paravertebralem Hartspann, Bewegungseinschränkung im WS-Bereich, Lumbago bei Bandscheibenvorfall L5/S1.
Daraufhin wurde der Orthopäde Dr. F. zum Sachverständigen ernannt, der das Gutachten vom 17.03.2002 erstellt hat. Um den geltend gemachten und kernspintomo-graphisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall im letzten Segment der Lendenwirbelsäule kausal auf wehrdiensteigentümliche Einflüsse zurückführen zu können, müssten die Kriterien überprüft werden, die analog für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 gefordert würden, da die Beurteilung der entsprechenden Berufskrankheit mit derjenigen von Schädigungsfolgen an der Lendenwirbelsäule identisch seien. Im Falle des Klägers würden die geforderten arbeitstechnischen Voraussetzungen schon deswegen nicht vorliegen, da die Einwirkung während des nur vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 ablaufenden Wehrdienstes zeitlich viel zu kurz gewesen sei. Gefordert werde zur Anerkennung der Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 bzw. 2110 eine mindestens zehnjährige Exposition. Im Wesentlichen führe der Kläger die Entstehung des Bandscheibenvorfalles auf eine nur fünf Tage anhaltende stärkere Belastung durch Heben, Tragen, Fahrzeugschwingungen und ungünstige Sitzbelastung auf den ergonomisch schlecht gestalteten Lkw-Sitzen zurück. Die geforderten medizinisch-rechtlichen Bedingungen seien ebenfalls nur teilweise erfüllt. Der Befall des letzten Segments der Lendenwirbelsäule stelle eine nicht als altersspezifisch zu bezeichnende Erkrankung dar. Nicht erfüllt sei jedoch die Forderung nach der Korrelation zwischen Lokalisation der Veränderung und beruflicher Einwirkung. Es bestehe der isolierte Befall des letzten Segmentes der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf jegliche Verschleißschäden eines weiteren Segmentes. Im untersten Segment der Lendenwirbelsäule würden schon unter physiologischen Bedingungen die stärksten dynamischen und statischen Belastungen ablaufen, da hier der bewegliche Teil der Lendenwirbelsäule in das starre Kreuzbein übergehe. Infolge dessen würden sich Bandscheibenschäden bei über 90 % aller Menschen auch ohne jegliche Einflüsse im untersten oder vorletzten Segment der Lendenwirbelsäule manifestieren. Nach Hax sei ein Kausalzusammenhang zwischen Berufsbelastung und bandscheibenbedingter Erkrankung um so unwahrscheinlicher, je weniger Segmente betroffen seien und je weiter kaudal die Veränderungen angesiedelt seien (Gutachtenskoloquium 13). Es könne jedoch der monosegmentale Befall der Lendenwirbelsäule nicht als alleiniger Ablehnungsgrund der Anerkennung von Schädigungsfolgen dienen. Andererseits seien beim Nachweis eines monosegmentalen Befalles die übrigen Bedingungen besonders kritisch zu prüfen. Beim Kläger würden eine Reihe konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten zur Entwicklung des Bandscheibenschadens bestehen, nämlich die Funktionsstörungen auch von Finger- und Zehengelenken, ausgeprägte Knick-Senk-Spreizfüße als Hinweis auf eine Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes, eine Bogenschlussstörung des 1. Kreuzbeinwirbels sowie ein leichter Beckenschiefstand mit geringer statischer seitlicher Verbiegung der Lendenwirbelsäule. Die Linksverschiebung des Auftretens der ersten Symptome sei ebenfalls ein Hinweis auf eine Verursachung des Bandscheibenvorfalles aus innerlichen Gründen (Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes).
Daraufhin wurde auf Antrag der Klägerseite gemäß § 109 SGG der Orthopäde Dr. R. zum Sachverständigen ernannt, der das Gutachten vom 20.02.2003 erstellt hat. Der Kläger hat gegenüber Dr. R. angegeben, dass es erstmal im Dezember 1999 zu einer akuten Verschlimmerung gekommen sei, als er ein schweres Lkw-Teil auf die Ladefläche habe hochheben wollen und es ihm dabei entglitten sei. Beim Nachfassen sei ein stechender Schmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule aufgetreten, so dass er sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen. Auf der Grundlage dieser Schilderung kam Dr. R. zu der Auffassung, dass der Wehrdienstschaden des Klägers durch einen Unfall entstanden und nicht mit einer Berufskrankheit vergleichbar sei. Als Bedingung für die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Unfallfolge werde in dem Buch "Bandscheibenbedingte Erkrankungen" von Jürgen Krämer gefordert: 1. ein adäquates Trauma in Form einer von außen kommenden Gewalteinwirkung oder von unerwarteten Kraftanstrengungen, 2. dass die typischen Beschwerden sofort einsetzen und 3. der Patient unmittelbar vor dem Ereignis beschwerdefrei gewesen sein müsse. Durch das Entgleiten der angehobenen Last sei es zu einer unerwarteten Kraftanstrengung gekommen, wodurch ein Bandscheibenvorfall erzeugt worden sei. Allein die dritte Bedingung sei nicht voll erfüllt, gleichwohl habe der Kläger nur geringfügige Beschwerden haben können, da er ansonsten dienstunfähig gewesen wäre. Zusammenfassend könne davon ausgegangen werden, dass es sich hier um einen Dienstunfall gehandelt habe, der zu einem Bandscheibenvorfall in Höhe L5 geführt habe. Der Vorgutachter Dr. F. gehe der Frage nach, ob wehrdiensteigentümliche Einflüsse kausale Bedeutung für den Bandscheibenvorfall gehabt hätten und ob sie die Kriterien erfüllen würden, die für die Anerkennung einer Berufskrankheit gefordert würden. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen könnten natürlich keineswegs erfüllt werden, da in der Regel eine mindestens zehnjährige Exposition gefordert werde. Dr. F. beschreibe eine Reihe konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten zur Entstehung eines Bandscheibenschadens. Diese seien sicherlich von Bedeutung im Falle einer Berufserkrankung, könnten aber allein schon wegen der Kürze der Wehrdienstzeit in diesem Falle nie zutreffen. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ab März 2000 betrage, bedingt durch die reinen Schädigungsfolgen, 20 v.H.
Hierzu hat sich der Beklagte mit Schreiben vom 20.05.2003 auf der Grundlage der chirurgischen Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. vom 12.05.2003 geäußert. Im Gutachten nach § 109 SGG des Orthopäden Dr. R. werde das Entgleiten eines schweren Lkw-Teiles beim Versuch, dieses Teil auf die Ladefläche eines Lkw zu heben, als Unfall interpretiert. Nach den Vorgaben der Anhaltspunkte 96, S. 299, 300, könne eine traumatische Bandscheibenschädigung keinesfalls unterstellt werden. Nicht berücksichtigt worden sei, dass schon bei der Musterung eine "Überlastungslumbalgie" dokumentiert worden sei. Nach den marginalen Funktionseinschränkungen der LWS bei der Begutachtung sei die MdE von 20 v.H. nicht nachvollziehbar. Hierzu wurde die ergänzende Stellungnahme des Dr. R. vom 8. Dezember 2003 eingeholt. Dr. R. hat ausgeführt, dass es unrichtig sei, dass nach den Vorgaben der Anhaltspunkte 96, S. 299, 300, keinesfalls eine traumatische Bandscheibenschädigung unterstellt werden könne. Jeder Fall bedürfe einer individuellen Bewertung, was durch seine Untersuchung geschehen sei. Gerade die genauere Analyse des angeschuldigten Ereignisses lasse den Schluss zu, dass er wesentlich zur Entstehung der Erkrankung beigetragen habe. Weiterhin werde der Einwand erhoben, dass schon bei der Musterung eine Überlastungslumbalgie dokumentiert worden sei. Hierzu sei zu bemerken, dass allgemein bei Erwachsenen nicht von primär gesunden Bandscheiben ausgegangen werden könne. Die von den Unfallversicherungen geforderte körperliche Unversehrtheit als Ausgangssituation sei somit nicht haltbar.
Hierzu hat sich die Beklagte auf der Grundlage der ergänzenden chirurgischen Stellungnahme des Chirurgen Dr. T. vom 21.01.2004 mit Schreiben vom 28.01.2004 nochmals geäußert. Das vom Kläger geschilderte "Trauma" sei keinesfalls geeignet, bei gesunden Wirbelsäulen einen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Im Gutachten werde auch eine "akute Verschlimmerung" eines "bereits mäßiggradig vorhandenen Kreuzschmerzes" angegeben. Damit sei lediglich der Anlass zur klinischen Manifestation bei fortgeschrittener Zermürbung der Bandscheibe gegeben. Der geforderte Ursachenzusammenhang zwischen dem "Trauma" und der Schädigung sei damit nicht herzustellen. Die geschilderte Tätigkeit sei als Gelegenheitsursache zu bezeichnen. Nach dem klinischen Befund an der Wirbelsäule und ohne sensomotorische Störungen wäre eine MdE von 0 bis 10 sachgerecht. Ob mit einem späteren Rückschlag gerechnet werden müsse, sei für die Bewertung nicht relevant.
Das Sozialgericht Augsburg hat mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2005 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe während des Wehrdienstes weder einen Unfall noch eine gesundheitliche Schädigung durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse erlitten. Dabei sei unstreitig durch kernspintomographische Aufnahmen vom Dezember 1999 belegt, dass der Kläger einen Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 habe. Unstreitig sei außerdem, dass diese Gesundheitsstörung während des Wehrdienstes vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 festgestellt worden sei. Dieser rein zeitliche Zusammenhang genüge allerdings noch nicht zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Wehrdienstbeschädigung. Hinsichtlich der Beurteilung des Kausalzusammenhangs würden widersprüchliche Sachverständigenaussagen vorliegen. Während der gerichtliche Sachverständige Dr. F. und ihm zustimmend die diversen versorgungsärztlichen Stellungnahmen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Wehrdienst des Klägers und dem Bandscheibenvorfall verneinen würden, vertrete der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte gerichtliche Sachverständige Dr. R. die gegenteilige Auffassung. Ihm könne jedoch bei kritischer Würdigung sämtlicher medizinischer Gutachtensäußerungen im Ergebnis nicht gefolgt werden. Denn einmal stütze er sein Gutachtensergebnis auf subjektive Tatsachenäußerungen des Klägers, die durch die Sachermittlungen des Gerichts aber auch des Beklagten widerlegt seien. Er gehe nämlich davon aus, dass der Kläger erstmals einige Monate nach Beginn des Wehrdienstes Kreuzschmerzen verspürt habe. Dieser vom Kläger auch im Widerspruchsverfahren und Klageverfahren vorgetragene Gesichtspunkt sei aber schon nicht in Einklang zu bringen mit seinen eigenen, am 15.04.1998 bei der Musterung unterschriftlich bestätigten Angaben von Überlastungslumbalgien. Schließlich habe das Bundeswehrkrankenhaus U. am 08.12.1999 darüber berichtet, dass der Kläger langjährig bekannte Rückenschmerzen angegeben habe. Sein Hausarzt Dr. D. habe dies bestätigt, indem er dem Gericht mitgeteilt habe, dass der Kläger bei ihm seit 1997 wegen belastungsabhängiger Rückenschmerzen in Behandlung stehe. Zum Zweiten habe Dr. R. auf der Grundlage ungeprüfter Angaben des Klägers unterstellt, dass dieser während des Wehrdienstes einen Unfall im Sinne von § 81 SVG erlitten habe. Er verkenne dabei, dass ein Unfallereignis als anspruchsbegründende Tatsache nicht mit der Beweiserleichterung der Wahrscheinlichkeit, sondern mit dem Strengbeweis, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sei. Der Kläger habe erstmals bei der Untersuchung im August 2002 knapp drei Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis vorgetragen, dass ihm ein schweres Lkw-Teil beim Ladeversuch entglitten und der Schmerz beim Nachfassen eingetreten sei. Ein solches Unfallereignis sei indessen nicht nachgewiesen. Weder in den Berichten der Dres. V./K. noch in denen des Bundeswehrkrankenhauses U. würden sich entsprechende Hinweise ergeben. Der Kläger selbst habe in seinem ersten Antrag den plötzlichen Eintritt des Schmerzes auf die Tätigkeit des Beladens und Verzurrens von Gütern bezogen und somit eine völlig andere Sachverhaltsschilderung abgegeben als gegenüber Dr. R ... Den Erstangaben messe das Gericht aber den höheren Beweiswert zu. Die drei Jahre nach dem angeblichen Unfall und bei äußerst ungünstiger Prozesslage neu in das Verfahren eingeführte Geschehensschilderung sei für das Gericht schlicht unglaubwürdig. Nach Überzeugung der Kammer sei bei der vorzunehmenden Kausalitätsbewertung richtigerweise auf das Gutachten des Dr. F. sowie die versorgungsärztlichen Stellungnahmen zurückzugreifen. Danach sei der Bandscheibenvorfall des Klägers lediglich anlässlich, nicht aber ursächlich durch den Wehrdienst und die ihm eigentümlichen Verhältnisse hervorgerufen worden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht vom 27.01.2005, die mit Schriftsatz des alten Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.02.2005 näher begründet wurde. Das Sachverständigengutachten des Dr. R. sei schlüssig, überzeugend und wissenschaftlich fundiert. Er sei der einzige qualifizierte Orthopäde, der sich speziell mit der wissenschaftlichen Literatur befasst habe. Zur Vorgeschichte habe er den Kläger analytisch nach den relevanten besonderen Schädigungen befragt.
Die neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die Berufung mit Schriftsatz vom 03.05.2005 weitergehend begründet. Der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg könne nicht gefolgt werden. Die Entscheidung werde zunächst darauf gestützt, dass der Kläger überhaupt keinen Wehrdienstunfall erlitten habe. Insoweit sei allerdings nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger von Anfang an angegeben habe, bei der Transportübung im Zeitraum vom 06.12. bis 09.12.1999 beim Beladen und Verzurren der Güter einen Schmerz im Rücken verspürt zu haben. Diese Angaben seien vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt hinterfragt worden. Es könne dem Kläger daher nicht unterstellt werden, er habe nun widersprüchliche Angaben gemacht. Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Sachverhaltes müsse der Auffassung des Gutachters Dr. R. zugestimmt werden, wonach der Dienstunfall zumindest mitursächlich für den Bandscheibenvorfall gewesen sei. Dr. F. könne insoweit nicht gefolgt werden. Hierbei sei zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. F. ausschließlich überprüft habe, ob eine Berufskrankheit vorliege. Die Ausführungen des Gutachters seien somit nicht verwertbar. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auch Dr. R. davon ausgegangen sei, dass bereits vor dem Dienstunfall vom Kläger Beschwerden in Bezug auf die Wirbelsäule angegeben worden seien. Zutreffend sei, dass beim Kläger etwa fünf Monate nach Beginn seines Wehrdienstes Kreuzschmerzen aufgetreten seien. Diese hätten zweifellos in Zusammenhang mit den Belastungen des Wehrdienstes, insbesondere Lauftraining und Märsche mit Rucksack gestanden. Entscheidend sei allerdings, dass durch den konkreten Dienstunfall eine akute Verschlimmerung eingetreten sei.
Hierzu hat sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15.06.2005 geäußert. Die Klägerbevollmächtigten würden den Begriff des Unfalls verkennen. Ein Unfall im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes sei ein auf äußeren Einwirkungen beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachenden Ereignis. Schon aus dieser Definition werde deutlich, dass das von dem Kläger angeschuldigte Ereignis kein Unfall im Sinne des SVG sei.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben hierauf erwidert, dass ein Unfall im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes sehr wohl vorliege. Der im Schriftsatz vom 03.05.2005 geschilderte Vorfall sei eine "äußere Einwirkung". Es sei zu überprüfen, ob dieses Unfallereignis auch die wesentliche Ursache für die beim Kläger vorliegenden Beschwerden sei. Hierzu hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.10.2005 nochmals darauf hingewiesen, dass das von Klägerseite geschilderte Ereignis keine äußere Einwirkung sei. Der Kläger verkenne insoweit den Begriff der "äußeren Einwirkung". Letztlich liege die Ursache des Bandscheibenprolapses in der Konstitution des Klägers. Hierzu haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers nochmals geltend gemacht, dass die Anforderungen, die der Beklagte an das Unfallereignis und die "äußere Einwirkung" stelle, nicht in Einklang mit der Rechtsprechung stehen würden. Insoweit könne insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) verwiesen werden. Das Merkmal "äußere Einwirkung" habe lediglich den Zweck, äußere Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers abzugrenzen.
Daraufhin wurde eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich tätigen Gutachters Dr. F. dazu eingeholt, ob sich eine Änderung der Beurteilung der Kausalität im Gutachten vom 17.03.2002 dann ergeben würde, wenn man die Angaben des Klägers gegenüber Dr. R. als wahr unterstelle. Dr. F. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 18.07.2008 ausgeführt, dass nach der aktuellen wissenschaftlichen Lehrmeinung (Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 7. Auflage) es den isolierten verletzungsbedingten Bandscheibenvorfall grundsätzlich nicht mehr gebe. Immer seien begleitende, wenn auch minimale knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen im vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment nachzuweisen, um einen Zusammenhang bejahen zu können. Ohne Begleitverletzung sei die Schadenslage wesentlich und gelte der Unfall als Gelegenheitsanlass. Die Begleitverletzung dokumentiere sich als bone bruise bzw. Knochenödem im Kernspintomogramm. Zudem gelte, dass eine Kompressionsbelastung (Heben einer Last, sog. Verheben), also der vom Kläger geschilderte Verletzungsmechanismus den Faserring straffe, welcher damit undurchlässiger werde. Werde der Druck erhöht, wie beispielsweise durch das geltend gemachte Nachfassen, so komme es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich, während Faserringverletzungen oder gar ein Bandscheibenvorfall nicht erzeugt würden. Analysiere man in Zusammenhang mit dieser Lehrmeinung das Kernspintomogramm der Lendenwirbelsäule vom 27.12.1999, so lasse sich hier keinerlei Begleitverletzung verifizieren. Gefunden worden sei eine flache Vorwölbung der Bandscheibe L5/S1 entsprechend einem kleinen Bandscheibenvorfall ohne relevante Kompression der Caudafasern. Nirgends sei ein bone bruise beschrieben. Vielmehr sei ein pathologisches Knochensignal ausdrücklich ausgeschlossen worden. Damit sei geklärt, dass die Kriterien eines traumatischen Bandscheibenvorfalls eindeutig nicht erfüllt seien entsprechend dem hierfür nicht geeigneten geltend gemachten Unfallereignis.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 hat der Kläger folgenden Sachverhalt geschildert: "Am 09.12.1999 war ich mit dem Festzurren von schweren Lkw-Reifen auf einer Palette beauftragt. Der oberste Reifen ist plötzlich heruntergerutscht. Ich habe dann versucht, den Lkw-Reifen aufzufangen, dies ist mir nicht ganz gelungen, er ist auf die Ladefläche gefallen. In diesem Augenblick verspürte ich einen stechenden Schmerz im Rücken." Weiter hat der Kläger ausgeführt, dass er schon während der Bundeswehrzeit Rückenschmerzen gehabt habe, aber nicht an der Stelle, an der die Schmerzen seit dem 09.12.1999 autreten (L5/S1). Ab Oktober 1999 habe er auch während der Bundeswehrzeit Rückenschmerzen gehabt. Diese Rückenschmerzen seien ähnlich wie vor der Bundeswehrzeit gewesen und nicht so wie nach dem 09.12.1999. Aktuell berichtete der Kläger, dass er beruflich nicht mehr körperlich tätig, sondern als angestellter Agrartechniker vorwiegend am Schreibtisch tätig sei. Hier habe er keine Beschwerden, wenn er sich aber körperlich betätige, komme es immer wieder zu Beschwerden im Rücken, immer an derselben Stelle.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgericht Augsburg vom 14. Januar 2005 und des Bescheides des Beklagten vom 07.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 zu verurteilen, beim Kläger als Wehrdienstbeschädigung einen Bandscheibenvorfall L5/S1 festzustellen und ihm hierfür Leistungen nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Der Vertreter des Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Vertreter der Beigeladenen stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die WDB-Akte der Wehrbereichsverwaltung V D-Stadt, die Akten des Sozialgerichts Augsburg mit dem Az.: S 11 VS 7/01 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 15 VS 1/05 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 und 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht Augsburg hat mit dem Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2005 die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 07.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstes wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung. Nach § 81 Abs.1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Störung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.
Der Senat geht zunächst entgegen der Auffassung des SG davon aus, dass der Kläger während der Ausübung des Wehrdienstes einen Unfall erlitten hat.
Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 eine von der bzw. den ursprünglichen Schilderungen wiederum etwas abweichende Darstellung des für die Wehrdienstbeschädigung angeschuldigten Ereignisses gegeben.
Im schriftlichen Antrag vom 29.02.2000 hatte er vorgetragen, dass die ersten Rückenschmerzen im Oktober 1999 während einer Transportübung begonnen hätten. Als er vom 06.09. bis 09.09.1999 auf Transport gewesen sei, habe er beim Beladen und Verzurren der Güter einen plötzlichen Schmerz im Rücken verspürt. Die schlechten Sitze in den Lkw`s hätten zunehmend die Rückenschmerzen verstärkt.
Bei der Begutachtung durch Dr. F. am 14.03.2002 gab der Kläger an, dass sich etwa vier bis fünf Monate nach Beginn des Wehrdienstes Rückenschmerzen eingestellt hätten, die sich im Dezember 1999 weiter verschlimmert hätten. Verschlechtert hätten sich die Beschwerden im Zusammenhang mit einem Lkw-Tranport, der sich über 5 Tage hingezogen habe. Er habe dabei auch schwere Gegenstände be- und entladen müssen, z.B. alte Reifen, Paletten etc.
Bei der Untersuchung durch Dr. R. am 20.08.2002 sprach der Kläger davon, dass er etwa fünf Monate nach Beginn des Wehrdienstes Kreuzschmerzen bekommen habe. Eine akute Verschlimmerung sei eingetreten, als er beim Transportdienst ein schweres Lkw-Teil auf die Ladefläche habe hochheben wollen. Das Teil sei ihm dabei entglitten, so dass er habe nachfassen müssen. Genau in diesem Moment habe sich der bereits mäßiggradige Kreuzschmerz verschlimmert.
In der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 schließlich hat der Kläger ausgesagt, dass am 09.12.1999 beim Festzurren von schweren Lkw-Reifen auf die Palette der oberste Reifen plötzlich herabgerutscht sei. Er habe versucht, den Lkw-Reifen aufzufangen. Dies sei nicht ganz gelungen, der Reifen sei auf die Ladefläche gefallen. In diesem Augenblick habe er einen stechenden Schmerz im Rücken verspürt. Bei einer Gesamtwürdigung der vom Kläger gemachten Angaben ist der Senat trotz der bestehenden Widersprüchlichkeiten und Abweichungen in den einzelnen Darstelllungen unter Berücksichtigung der grundsätzlich vorhandenen Glaubwürdigkeit des Klägers, von der sich der Senat in der mündlichen Verhandlung am 16.09.2008 überzeugen konnte, der Auffassung, dass der Kläger am 09.12.1999 einen Unfall im Sinne eines Verhebetraumas erlitten hat.
Diese Verhebetrauma erfüllt den Begriff des Unfalles im Sinne des § 81 Abs.1 SVG, der dem Begriff des Unfalls im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht. Gemäß § 8 Abs.1 Satz 2 SGB VII ist danach ein Unfall ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden (oder zum Tod) geführt hat. Das zur Überzeugung des Senats beim Kläger vorgekommene Verhebetrauma erfüllt die genannten Voraussetzungen eines Unfalles.
Weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung beim Kläger wäre, dass die gesundheitliche Schädigung - der Bandscheibenvorfall - des Klägers durch den Unfall (hier: Verhebetrauma) mit Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit) verursacht worden ist. Dies ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008 Rdnr.128 sind traumatische Bandscheibenschädigungen sehr selten. Sie kommen z.B. bei diskoligamentären Wirbelsäulenverletzungen oder Wirbelbrüchen an der benachbarten Zwischenwirbelsäule oder bei Stich- und Schussverletzungen vor, die die Bandscheibe direkt treffen.
Ergänzend und ausführlicher ist in dem medizinischen Lehrbuch "Arbeitsunfall und Berufskrankheit" von Schönberger, Mehrtens, Valentin, 7. Aufl., 2003 ausgeführt, dass Bandscheibenverletzungen unfallmäßig meist mit Wirbelkörperfrakturen entstehen. Die Bandscheibenbeteiligung ist eine häufige Begleitverletzung des Wirbelkörperbruchs. Ältere Lehrmeinungen über das Vorliegen isolierter traumatischer Bandscheibenverletzungen sind aufgrund moderner bildgebender Verfahren (Computer-, Kernspintomographie) nicht zu halten. Als Unfallfolge erscheinen Bandscheibenvorfälle stets mit begleitenden, minimalen knöchernen oder Bandverletzungen. Eine Kompressionsbelastung (Heben einer Last, "Verhebetrauma") strafft den Faserring, der damit undurchlässiger wird. Mit der Erhöhung des Drucks kommt es zunächst zur Frakturschädigung im Deckplattenbereich; eine Faserungsverletzung oder ein Bandscheibenvorfall werden dabei nicht erzeugt.
In Übereinstimmung mit der ergänzenden, für den Senat überzeugenden Stellungnahme des Gutachtens Dr. F. vom 18.07.2008, ist der Senat der Auffassung, dass der Bandscheibenvorfall des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit durch das Verhebetrauma am 09.12.1999 (mit-)verursacht worden ist. Maßgeblich für diese Auffassung ist zunächst die Auswertung der am 27.12.1999 von der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. u.a. gefertigte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule des Klägers. Danach zeigt die Bandscheibe des Klägers bei L5/S1 eine flache, mediale subligamentäre Vorwölbung bei horizontaler Ausrichtung, der Befund entspricht einem kleinen Bandscheibenvorfall. Darüber hinaus bestand kein weiterer auffälliger Befund. Eine relevante Kompression der benachbarten Kandafasern ließ sich nicht erkennen. Es bestand keine massive Forameneinengung, die primäre Spinalkanalweite war normwertig, es lag ein regelrechten Conusstand vor und es gab kein pathologisches Knochensignal. Der Gutachter Dr.F. hat die Kernspintomographie der Dres.M. u.a. nochmals ausgewertet und hat dabei den dort erhobenen Befund in vollem Umfang bestätigt. Danach handelt es sich vorliegend um einen isolierten Bandscheibenvorfall ohne begleitende, wenn auch minimale knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen in dem vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment, die sich im Kernspintomogramm als "bone bruise" oder Knochenödem dokumentiert hätten. Der Senat folgt dem Gutachter Dr.F. darin, dass ohne eine Begleitverletzung der isolierte Bandscheibenvorfall nach der aktuellen wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht kausal auf ein Verhebetrauma zurückgeführt werden kann, sondern für den Bandscheibenvorfall die Schadensanlage wesentlich ist und der Unfall sich als Gelegenheitsanlass darstellt. Für diese Auffassung spricht auch, dass der Kläger bereits vor dem angeschuldigten Ereignis am 09.12.1999 Rückenschmerzen hatte - auch schon vor der Wehrdienstzeit.
Hierzu passt, dass der Gutachter Dr.F. in seinem Gutachten vom 17.03.2002 als konkurrierende Verursachungsmöglichkeiten eine Bogenschlussstörung des 1. Kreuzbeinwirbels, einen leichten Beckenschiefstand mit geringer statischer, seitlicher Verbiegung der Lendenwirbelsäule und als Hinweis auf eine Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes Funktionsstörungen auch von Finger- und Zehengelenken sowie ausgeprägte Knicksenkspreizfüße festgestellt hat. Die beobachtete Linksverschiebung des Auftretens der ersten Symptome ist ebenfalls von Dr.F. als Hinweis auf eine Verursachung des Bandscheibenvorfalles aus innerer Ursache (Schwäche des mesenchymalen Bindegewebes) gewertet worden.
Dem erstinstanzlich tätig gewordenen Gutachter Dr.R. (Gutachten vom 20.02.2003 und ergänzende Stellungnahme vom 08.12.2003), der den Bandscheibenvorfall ursächlich auf das Verhebetrauma zurückführt, kann dagegen nicht gefolgt werden. Die Ausführungen von Dr.R. haben den entscheidenden Mangel, dass er nicht herausgearbeitet hat, dass beim Kläger ein isolierter Bandscheibenvorfall ohne jegliche weitere knöcherne Verletzung oder Bänderverletzung im betroffenen Segment vorliegt. Daher hat er sich auch nicht mit der im Falle des Klägers bestehenden Problematik des Zusammenhangs zwischen Verhebetrauma und isoliertem Bandscheibenvorfall unter Zugrundelegung der hierzu vertretenen wissenschaftlichen Lehrmeinung befasst.
Der Bandscheibenvorfall des Klägers ist schließlich auch nicht auf die sonstigen Belastungen des Wehrdienstes zurückzuführen, wie dies die Gutachter Dr.F. und Dr.R. übereinstimmend überzeugend ausgeführt haben.
Die hierzu in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit genannten Voraussetzungen (langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung oder nach langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, AP Nr.128) liegen schon allein deshalb nicht vor, weil der vom 01.05.1999 bis 29.02.2000 abgeleistete Wehrdienst schon rein zeitlich die Bandscheibenschädigung nicht verursacht haben kann.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 14.01.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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