Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4005/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 602/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 14/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Würzburg vom 27.06.2006 (Az: S 2 R 4005/06) wird zurückgewiesen.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen werden als unzulässig
abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung/ Pflegeversicherung aus der Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab 01.04.2002 der Teil des Rentenzahlbetrags zu berücksichtigen ist, der auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfällt; ferner ist die Höhe der Altersrente seit 01.03.1999 streitig.
Der 1936 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid vom 11.02.1999 Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.03.1999 bewilligt. Mit Rentenbescheid vom 29.08.2002 berechnete die Beklagte die gewährte Altersrente ab 01.04.2002 neu, weil die Klägerin ab diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung bei der BKK Essanelle, S., pflichtversichert war und deshalb einen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus ihrer Rente zu zahlen hatte. Seit 01.06.2005 ist die Klägerin bei der Techniker-Krankenkasse (TKK) pflichtversichert.
Im Klageverfahren S 2 RA 215/03, das die Rentenanpassung zum 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2004 zum Gegenstand hatte, wandte sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.07.2005 u.a. gegen falsche, unrechtmäßig zu hohe Krankenkassen-/ Pflegeversicherungsbeiträge/ Rentenabzüge seit 01.04.2002. Mit Bescheid vom 08.09.2005 wertete die Beklagte dieses Schreiben als Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Rücknahme des Bescheides vom 17.05.2005, der eine erneute Beitragsbemessung aufgrund Beitragsänderung der TKK zum Inhalt hatte, und lehnte den Antrag ab. Beim Wechsel der Krankenkasse gelte für die Bemessung von Krankenversicherungsbeiträgen aus der Rente der Beitragssatz der gewählten Krankenkasse (TKK) vom Zeitpunkt des Wechsels an. Maßgebend sei der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse. Dieser betrage ab 01.06.2005 bei der TKK 13,7 %. Da Beitragssatzänderungen ab dem ersten Tag des dritten auf die Änderung folgenden Monats auf die Rentenzahlung anzuwenden seien, sei dieser ab 01.09.2005 zugrunde zu legen. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2005 Widerspruch und trug u.a. vor, dass der Kindererziehungsbetrag zu Unrecht bei den Krankenkassenbeiträgen mit einbezogen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil für Rentenbezugszeiten ab 01.07.2005 nach §§ 241a Abs 1, 247 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente einzubehalten sei. Der Beitragsbemessung pflichtversicherter Rentner sei auch der auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallende Teil des Rentenzahlbetrags zugrunde zu legen.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.01.2006 Klage zum Sozialgericht Würzburg
-SG- erhoben und begehrt, bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge die Kindererziehungszeiten nicht zu berücksichtigen. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie die Auffassung vertreten, dass die Kindererziehungsbeträge keine gesetzliche Rente aus Einkommen/ Kapital/ Andersrenten seien, sondern eine reine staatliche Anerkennung im Alter für Einkommenslose. Der Kindererziehungsbetrag sei ein reiner Nettobetrag und ohne jegliche Abzüge zu zahlen.
Mit Urteil vom 27.06.2006 (S 2 R 4005/06) hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Zu Recht habe die Beklagte die begehrte Neuberechnung abgelehnt, da ein Anspruch auf ungekürzte Auszahlung der Rente hinsichtlich der Beiträge für Kindererziehung ohne Berücksichtigung bei der Beitragszahlung zur Krankenversicherung der Rentner nicht gegeben sei. Zu Recht habe die Beklagte auch auf § 247 SGB V hingewiesen, wonach bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse sowie der zusätzliche Beitragssatz gelte. Nach § 226 Abs 1 Nr 2 SGB V werde beim versicherungspflichtigen Rentner der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung als beitragspflichtige Einnahme gewertet. Nach § 228 Abs 1 SGB V gelte als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung u.a. die Rente der Beklagten. Beitragspflichtig sei der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 237 Abs 1 Nr 1 SGB V). Für die von der Klägerin geltend gemachte Ausnahme für die Kindererziehungszeiten fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 30.08.2006 eingegangene Berufung der Klägerin. Weisungsgerecht habe sie zunächst fristgerecht bei der gesetzlichen Krankenkasse BKK Bavaria, der Rechtsvorgängerin der BKK Essanelle, reklamiert: Zu hohe Beitragsberechnung aus Nichtrentenbetrag. Der gesetzlichen Pflichtversicherung ab 01.04.2002 habe sie nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt zugestimmt, dass ihr keine Schlechterstellung gegenüber der vorherigen gesetzlichen freiwilligen Versicherung entstehe. Der Passus zur Beitragsberechnung ohne staatlichen Kindererziehungsbeitrag (dies sei kein Teil der Renteneinzahlungen) gelte sowohl für gesetzlich freiwillig Versicherte als auch für gesetzlich Pflichtversicherte. Der Rentenüberweisungsbetrag sei nicht der reine Rentenbetrag, sondern enthalte - aus Verwaltungsgründen - zugleich den sozialabgabenfreien Netto-Anerkennungsbetrag im Alter seitens des Staates für einkommensfreie Kindererziehung für die Allgemeinheit. Dieses Geld sei keine Rendite aus Einkommen/ Kapital. Der staatliche Kindererziehungsbetrag sei deshalb auf dem jährlichen Rentenbescheid der Beklagten/ Mitteilung separat ausgewiesen (hier 35,87 EUR). Seit 01.03.1999 sei die Altersvollrente von der Beklagten ganz erheblich gekürzt worden: 6 Monate Fachschulausbildung 2/52-8/52 gestrichen, 60 Monate Kindererziehung und Entgeltpunkte ihrer eigenen 100 % Beitragseinzahlungen sowie die 9 % Gesamtrentenanhebung aus der verminderten vorgezogenen Altersvollrente, 91 % auf 100 % fehlten. Ihre freiwilligen 100 % eigene Beitragseinzahlungen an unterster Mindestbeitragsgrenze sei ihre einzige mögliche Altersvorsorge. Die teilweise verminderte Anwendung des neuen Gesetzes ab 1998 seitens der Beklagten sei absolutes Unrecht; sie erhalte z.B. auch nicht die im neuen Gesetz genannte Höherberechnung (3 Jahre = 36 Monate) der Kindererziehung seitens des Staates.
Mit Schriftsatz vom 06.06.2008 hat die Klägerin Einwendungen gegen den "Widerspruchsbescheid" vom 14./30.05.2008, mit dem ihr Widerspruch gegen die zum 01.07.2000 ergangene Rentenanpassungsmitteilung zurückgewiesen wurde, erhoben. Ihr jeweiliger Widerspruch 7/2000 - 7/2007 richte sich nicht ausschließlich gegen die staatlich verfügten Rentenanpassungen (wenn auch die tatsächlichen Lebenshaltungskosten um ein Vielfaches höher seien als die Anpassung), sondern gegen die seit 01.03.1999 fehlenden beitragsnetto 100 % Einzahlungen und fest gebuchten Entgeltpunkte im Rentenverlauf 1952 - 1996/ 532 Monatsbeiträge, fehlende staatliche Kindererziehungs-Nettobeiträge für 4 Kinder (insgesamt 5 Kinder) und die im Rentenverlauf 1952 fest gebuchten fehlenden 6 Monate Berufsausbildung. Sie fordere nach wie vor diese amtlich verbrieften Rechtsansprüche seit 01.03.1999 plus Verzugszinsen.
Mit Beschlüssen vom 20. und 22.08.2008 hat der Senat die BKK Essanelle D. und die TKK zum Verfahren gemäß § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.06.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
unter Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002 der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung/ Pflegeversicherung aus der Altersrente den auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil des Rentenzahlbetrags nicht zugrunde zu legen sowie
unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung vom 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 und der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 sowie zum 01.07.2008 seit 01.03.1999 höhere Altersrente einschließlich Verzugszinsen zu zahlen,
wobei
a) 6 Monate Fachschulausbildung von 2/52 - 8/52,
b) insgesamt 60 Monate Kindererziehungszeit
anzuerkennen sind und
c) Entgeltpunkte entsprechend der 100 %igen Beitragseinzahlung zugrunde
zu legen sind sowie die vermindert vorgezogene Altersvollrente von 91 %
auf 100 % anzuheben ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.06.2006 zurückzuweisen und
die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen als unzulässig abzuweisen.
Die Klägerin wende sich gegen die Urteile des SG mit den Az: S 2 R 4334/03 WA,
S 2 R 4423/04 und S 2 R 4005/06. Vorliegend begehre die Klägerin bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge den Teil der Rente, der auf Kindererziehungszeiten beruhe, nicht zu berücksichtigen. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Die Beigeladenen zu 1. und 2. stellen keinen Antrag.
Die Beigeladene zu 1. schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten (Bände I-VI) und des SG (S 5 An 95/82;
S 12 RA 202/96; S 12 RA 171/99; S 12 RA 249/00; S 2 R 4005/06; S 2 R 4423/04) beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gegen das Urteil des SG vom 27.06.2006 form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005. Die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und zum 01.07.2008 sind weder gemäß § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 96 Abs 1 SGG noch gemäß § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 99 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
1. Das Gericht ist zur Entscheidung über die Einbeziehung der Rentenanpassungsmitteilung vom 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 gemäß §§ 96 in der Fassung ab 01.04.2008, 99 SGG als erstinstanzielles Gericht zuständig. § 29 SGG steht dem nicht entgegen. Gemäß § 29
Abs 1 SGG entscheiden die Landessozialgerichte im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. Andernfalls würde die Vorschrift des § 96 SGG leerlaufen und dem Berufungsgericht wäre die Entscheidung über Bescheide gemäß § 96 SGG verwehrt (siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 29). Neben § 96 SGG muss auch § 99 SGG als Ausnahme von der Beschränkung der funktionellen Zuständigkeit des LSG auf zweitinstanzliche Entscheidungen angesehen werden. Eine unterschiedliche Behandlung von § 96 SGG und § 99 SGG ist nach dem Sinn und Zweck beider Vorschriften nicht gerechtfertigt. Die Gegenmeinung des 4.Senats des Bundessozialgerichts -BSG- (Urteil vom 31.07.2002,
B 4 RA 20/01 R, SozR 3-1500 § 29 Nr 1), die die Berufungsinstanz nicht für befugt hält, erstinstanzlich über eine Klageänderung nach § 99 SGG zu entscheiden, überzeugt nicht. In neueren Entscheidungen sind andere Senate des BSG (vgl. BSG vom 22.06.2004, B 2 U 22/03 R; 14.07.2004, B 12 KR 10/02 R) nicht davon ausgegangen, dass § 99 SGG im Berufungsverfahren generell nicht anwendbar ist.
Die Voraussetzungen des § 96 n.F. SGG liegen jedoch nicht - auch nicht in entsprechender Anwendung - vor. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 enthalten allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Wertes des Rechts auf Rente (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 248 Nr 8 mwN). Insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente bzw. die Anerkennung von Zeiten bzw. Feststellung von Entgeltpunkten, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden. Somit enthalten die angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen keine Regelungen hinsichtlich der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und daher keine Verwaltungsakte, die den im Bescheid vom 08.09.2005 bzw. im Bescheid vom 17.05.2005 enthaltenen Verwaltungsakt bezügl. der Berücksichtigung des auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teils des Rentenzahlbetrags bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung/ Pflegeversicherung i.S. des § 96 n.F. SGG ändern oder ersetzen können.
Eine Einbeziehung der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen in das Berufungsverfahren im Wege einer Klageänderung nach § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 99 SGG scheidet ebenfalls aus. Zwar ist auch in der Berufungsinstanz eine Klageänderung wie in erster Instanz möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 99 Rdnr 12). Auch schließt die Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG es grundsätzlich nicht aus, einen solchen Bescheid im Wege der Klageänderung gemäß § 99 SGG einzubeziehen (Leitherer aaO § 96 Rdnr 9b). Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Einwilligung aller Beteiligten (also auch der Beigeladenen), die hier schon deshalb nicht vorliegt, weil weder die Beklagte noch die Beigeladenen zu 1. und 2. in die Änderung eingewilligt oder sich auf die geänderte Klage schriftsätzlich eingelassen haben. Auch ist Sachdienlichkeit einer solchen Klageänderung zu verneinen, denn der Regelungsgehalt der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen betrifft nicht das klägerische Begehren und es würde ein weiterer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt.
Eine Auslegung der klägerischen Anträge 2 a) - c) in Anträge nach § 44 SGB X auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 11.02.1999 ist zwar grundsätzlich gemäß § 123 SGG möglich, aber im vorliegenden Fall ebenfalls nicht sachdienlich. Denn insoweit liegt noch kein Bescheid gemäß § 44 SGB X vor, der Klagegegenstand i.S. des § 54 Abs 1 SGG sein kann, so dass die Klage unzulässig wäre.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie gegen die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 sind daher als unzulässig abzuweisen.
2. Die gegen das Urteil vom 27.06.2006, mit dem das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 abgewiesen hat, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG.
Der angefochtene Bescheid vom 08.09.2005 enthält nach seinem materiell-rechtlichen Regelungsgehalt zwei Verwaltungsakte nach § 44 SGB X. Zum einen hat die Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 18.07.2005, mit dem diese zu hohe Rentenabzüge für Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.04.2002 geltend gemacht hatte, als Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 17.05.2005, in dem die ab 01.06.2005 bei der TKK (= Beigeladene zu 2.) geltende Beitragssatzänderung auf 13,7 % ab 01.09.2005 der Rentenzahlung zugrunde gelegt worden war, gewertet und diesen Antrag abgelehnt. Zum anderen hat die Beklagte im Bescheid vom 08.09.2005 sinngemäß die Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002, mit dem sie die gewährte Altersrente ab 01.04.2002 wegen Erhebung eines Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags aufgrund Pflichtversicherung ab diesem Zeitpunkt neu berechnete, abgelehnt, denn sie hat festgestellt, dass die Rente in zutreffender Höhe festgestellt worden sei und aufgrund der Versicherungspflicht der Klägerin ab 01.04.2002 auch die Beiträge aus der Rente für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung erhoben werden müssten.
Nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren die Beitragsbemessung gemäß Beitragssatzänderung bei der TKK ab dem 01.09.2005 nicht mehr angefochten hat, ist Streitgegenstand allein die Frage der Berücksichtigung des auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Anteils des Rentenzahlbetrags bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung/ Pflegeversicherung. Im Übrigen erfolgte die Berücksichtigung der Beitragssatzänderung der TKK auf 13,7 % ab 01.09.2005 gemäß § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V zu Recht.
Der Klägerin steht kein Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002 zu, denn die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, dass bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung der Teil der Rente, der auf Kindererziehungszeiten beruht, nicht berücksichtigt wird.
Nach § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt. § 226 Abs 2 und die §§ 228, 229 und 231 gelten entsprechend, Satz 2.
Nach § 228 Abs 1 SGB V gelten als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung.
Nach dem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V ist der Zahlbetrag der Rente zugrunde zu legen. Das ist der Betrag der Rente, der an den Empfänger der Rente (ohne die Kinderzuschüsse nach § 270 SGB VI) ausbezahlt wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.03.1994, B 12 RK 4/92 sowie BSG, Urteil vom 28.01.1999, B 12 KR 24/98 R zum Zahlbetrag von Versorgungsbezügen). Ein Herausrechnen des auf die Kindererziehungszeiten entfallenden Anteils des Zahlbetrags ist gesetzlich ebenso wenig vorgesehen wie die Berücksichtigung nur des Ertragsanteils der Rente (vgl. BSG, Urteil vom 10.03.1997, aaO; siehe auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.03.2004, L 5 KR 34/03).
Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt gemäß § 57 Abs 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V entsprechend.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bezieht sich der Inhalt des von ihr vorgelegten Merkblatts auf die Vorschrift des § 299 SGB VI, der die Anrechnungsfreiheit der Leistung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 regelt und keine im vorliegenden Fall maßgebliche Norm darstellt.
Soweit die Klägerin einwendet, sie habe der Versicherungspflicht nur unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass insofern damit keine Schlechterstellung für sie verbunden ist, ist dies rechtlich unbeachtlich. Vielmehr tritt die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs 1 Nr 11 SGB XI unabhängig vom Willen des Berechtigten kraft Gesetzes ein, wenn die im Gesetz bestimmten Tatbestände vorliegen.
Die Entscheidung des SG ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Würzburg vom 27.06.2006 (Az: S 2 R 4005/06) wird zurückgewiesen.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen werden als unzulässig
abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung/ Pflegeversicherung aus der Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab 01.04.2002 der Teil des Rentenzahlbetrags zu berücksichtigen ist, der auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfällt; ferner ist die Höhe der Altersrente seit 01.03.1999 streitig.
Der 1936 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid vom 11.02.1999 Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.03.1999 bewilligt. Mit Rentenbescheid vom 29.08.2002 berechnete die Beklagte die gewährte Altersrente ab 01.04.2002 neu, weil die Klägerin ab diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung bei der BKK Essanelle, S., pflichtversichert war und deshalb einen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus ihrer Rente zu zahlen hatte. Seit 01.06.2005 ist die Klägerin bei der Techniker-Krankenkasse (TKK) pflichtversichert.
Im Klageverfahren S 2 RA 215/03, das die Rentenanpassung zum 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2004 zum Gegenstand hatte, wandte sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.07.2005 u.a. gegen falsche, unrechtmäßig zu hohe Krankenkassen-/ Pflegeversicherungsbeiträge/ Rentenabzüge seit 01.04.2002. Mit Bescheid vom 08.09.2005 wertete die Beklagte dieses Schreiben als Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Rücknahme des Bescheides vom 17.05.2005, der eine erneute Beitragsbemessung aufgrund Beitragsänderung der TKK zum Inhalt hatte, und lehnte den Antrag ab. Beim Wechsel der Krankenkasse gelte für die Bemessung von Krankenversicherungsbeiträgen aus der Rente der Beitragssatz der gewählten Krankenkasse (TKK) vom Zeitpunkt des Wechsels an. Maßgebend sei der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse. Dieser betrage ab 01.06.2005 bei der TKK 13,7 %. Da Beitragssatzänderungen ab dem ersten Tag des dritten auf die Änderung folgenden Monats auf die Rentenzahlung anzuwenden seien, sei dieser ab 01.09.2005 zugrunde zu legen. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2005 Widerspruch und trug u.a. vor, dass der Kindererziehungsbetrag zu Unrecht bei den Krankenkassenbeiträgen mit einbezogen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil für Rentenbezugszeiten ab 01.07.2005 nach §§ 241a Abs 1, 247 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente einzubehalten sei. Der Beitragsbemessung pflichtversicherter Rentner sei auch der auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallende Teil des Rentenzahlbetrags zugrunde zu legen.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.01.2006 Klage zum Sozialgericht Würzburg
-SG- erhoben und begehrt, bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge die Kindererziehungszeiten nicht zu berücksichtigen. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie die Auffassung vertreten, dass die Kindererziehungsbeträge keine gesetzliche Rente aus Einkommen/ Kapital/ Andersrenten seien, sondern eine reine staatliche Anerkennung im Alter für Einkommenslose. Der Kindererziehungsbetrag sei ein reiner Nettobetrag und ohne jegliche Abzüge zu zahlen.
Mit Urteil vom 27.06.2006 (S 2 R 4005/06) hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Zu Recht habe die Beklagte die begehrte Neuberechnung abgelehnt, da ein Anspruch auf ungekürzte Auszahlung der Rente hinsichtlich der Beiträge für Kindererziehung ohne Berücksichtigung bei der Beitragszahlung zur Krankenversicherung der Rentner nicht gegeben sei. Zu Recht habe die Beklagte auch auf § 247 SGB V hingewiesen, wonach bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse sowie der zusätzliche Beitragssatz gelte. Nach § 226 Abs 1 Nr 2 SGB V werde beim versicherungspflichtigen Rentner der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung als beitragspflichtige Einnahme gewertet. Nach § 228 Abs 1 SGB V gelte als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung u.a. die Rente der Beklagten. Beitragspflichtig sei der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 237 Abs 1 Nr 1 SGB V). Für die von der Klägerin geltend gemachte Ausnahme für die Kindererziehungszeiten fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 30.08.2006 eingegangene Berufung der Klägerin. Weisungsgerecht habe sie zunächst fristgerecht bei der gesetzlichen Krankenkasse BKK Bavaria, der Rechtsvorgängerin der BKK Essanelle, reklamiert: Zu hohe Beitragsberechnung aus Nichtrentenbetrag. Der gesetzlichen Pflichtversicherung ab 01.04.2002 habe sie nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt zugestimmt, dass ihr keine Schlechterstellung gegenüber der vorherigen gesetzlichen freiwilligen Versicherung entstehe. Der Passus zur Beitragsberechnung ohne staatlichen Kindererziehungsbeitrag (dies sei kein Teil der Renteneinzahlungen) gelte sowohl für gesetzlich freiwillig Versicherte als auch für gesetzlich Pflichtversicherte. Der Rentenüberweisungsbetrag sei nicht der reine Rentenbetrag, sondern enthalte - aus Verwaltungsgründen - zugleich den sozialabgabenfreien Netto-Anerkennungsbetrag im Alter seitens des Staates für einkommensfreie Kindererziehung für die Allgemeinheit. Dieses Geld sei keine Rendite aus Einkommen/ Kapital. Der staatliche Kindererziehungsbetrag sei deshalb auf dem jährlichen Rentenbescheid der Beklagten/ Mitteilung separat ausgewiesen (hier 35,87 EUR). Seit 01.03.1999 sei die Altersvollrente von der Beklagten ganz erheblich gekürzt worden: 6 Monate Fachschulausbildung 2/52-8/52 gestrichen, 60 Monate Kindererziehung und Entgeltpunkte ihrer eigenen 100 % Beitragseinzahlungen sowie die 9 % Gesamtrentenanhebung aus der verminderten vorgezogenen Altersvollrente, 91 % auf 100 % fehlten. Ihre freiwilligen 100 % eigene Beitragseinzahlungen an unterster Mindestbeitragsgrenze sei ihre einzige mögliche Altersvorsorge. Die teilweise verminderte Anwendung des neuen Gesetzes ab 1998 seitens der Beklagten sei absolutes Unrecht; sie erhalte z.B. auch nicht die im neuen Gesetz genannte Höherberechnung (3 Jahre = 36 Monate) der Kindererziehung seitens des Staates.
Mit Schriftsatz vom 06.06.2008 hat die Klägerin Einwendungen gegen den "Widerspruchsbescheid" vom 14./30.05.2008, mit dem ihr Widerspruch gegen die zum 01.07.2000 ergangene Rentenanpassungsmitteilung zurückgewiesen wurde, erhoben. Ihr jeweiliger Widerspruch 7/2000 - 7/2007 richte sich nicht ausschließlich gegen die staatlich verfügten Rentenanpassungen (wenn auch die tatsächlichen Lebenshaltungskosten um ein Vielfaches höher seien als die Anpassung), sondern gegen die seit 01.03.1999 fehlenden beitragsnetto 100 % Einzahlungen und fest gebuchten Entgeltpunkte im Rentenverlauf 1952 - 1996/ 532 Monatsbeiträge, fehlende staatliche Kindererziehungs-Nettobeiträge für 4 Kinder (insgesamt 5 Kinder) und die im Rentenverlauf 1952 fest gebuchten fehlenden 6 Monate Berufsausbildung. Sie fordere nach wie vor diese amtlich verbrieften Rechtsansprüche seit 01.03.1999 plus Verzugszinsen.
Mit Beschlüssen vom 20. und 22.08.2008 hat der Senat die BKK Essanelle D. und die TKK zum Verfahren gemäß § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.06.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
unter Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002 der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung/ Pflegeversicherung aus der Altersrente den auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil des Rentenzahlbetrags nicht zugrunde zu legen sowie
unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung vom 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 und der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 sowie zum 01.07.2008 seit 01.03.1999 höhere Altersrente einschließlich Verzugszinsen zu zahlen,
wobei
a) 6 Monate Fachschulausbildung von 2/52 - 8/52,
b) insgesamt 60 Monate Kindererziehungszeit
anzuerkennen sind und
c) Entgeltpunkte entsprechend der 100 %igen Beitragseinzahlung zugrunde
zu legen sind sowie die vermindert vorgezogene Altersvollrente von 91 %
auf 100 % anzuheben ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.06.2006 zurückzuweisen und
die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen als unzulässig abzuweisen.
Die Klägerin wende sich gegen die Urteile des SG mit den Az: S 2 R 4334/03 WA,
S 2 R 4423/04 und S 2 R 4005/06. Vorliegend begehre die Klägerin bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge den Teil der Rente, der auf Kindererziehungszeiten beruhe, nicht zu berücksichtigen. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Die Beigeladenen zu 1. und 2. stellen keinen Antrag.
Die Beigeladene zu 1. schließt sich der Rechtsauffassung der Beklagten an.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten (Bände I-VI) und des SG (S 5 An 95/82;
S 12 RA 202/96; S 12 RA 171/99; S 12 RA 249/00; S 2 R 4005/06; S 2 R 4423/04) beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gegen das Urteil des SG vom 27.06.2006 form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005. Die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und zum 01.07.2008 sind weder gemäß § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 96 Abs 1 SGG noch gemäß § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 99 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
1. Das Gericht ist zur Entscheidung über die Einbeziehung der Rentenanpassungsmitteilung vom 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 gemäß §§ 96 in der Fassung ab 01.04.2008, 99 SGG als erstinstanzielles Gericht zuständig. § 29 SGG steht dem nicht entgegen. Gemäß § 29
Abs 1 SGG entscheiden die Landessozialgerichte im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. Andernfalls würde die Vorschrift des § 96 SGG leerlaufen und dem Berufungsgericht wäre die Entscheidung über Bescheide gemäß § 96 SGG verwehrt (siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 29). Neben § 96 SGG muss auch § 99 SGG als Ausnahme von der Beschränkung der funktionellen Zuständigkeit des LSG auf zweitinstanzliche Entscheidungen angesehen werden. Eine unterschiedliche Behandlung von § 96 SGG und § 99 SGG ist nach dem Sinn und Zweck beider Vorschriften nicht gerechtfertigt. Die Gegenmeinung des 4.Senats des Bundessozialgerichts -BSG- (Urteil vom 31.07.2002,
B 4 RA 20/01 R, SozR 3-1500 § 29 Nr 1), die die Berufungsinstanz nicht für befugt hält, erstinstanzlich über eine Klageänderung nach § 99 SGG zu entscheiden, überzeugt nicht. In neueren Entscheidungen sind andere Senate des BSG (vgl. BSG vom 22.06.2004, B 2 U 22/03 R; 14.07.2004, B 12 KR 10/02 R) nicht davon ausgegangen, dass § 99 SGG im Berufungsverfahren generell nicht anwendbar ist.
Die Voraussetzungen des § 96 n.F. SGG liegen jedoch nicht - auch nicht in entsprechender Anwendung - vor. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 enthalten allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Wertes des Rechts auf Rente (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 248 Nr 8 mwN). Insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente bzw. die Anerkennung von Zeiten bzw. Feststellung von Entgeltpunkten, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden. Somit enthalten die angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen keine Regelungen hinsichtlich der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und daher keine Verwaltungsakte, die den im Bescheid vom 08.09.2005 bzw. im Bescheid vom 17.05.2005 enthaltenen Verwaltungsakt bezügl. der Berücksichtigung des auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teils des Rentenzahlbetrags bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung/ Pflegeversicherung i.S. des § 96 n.F. SGG ändern oder ersetzen können.
Eine Einbeziehung der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen in das Berufungsverfahren im Wege einer Klageänderung nach § 153 Abs 1 SGG i.V.m. § 99 SGG scheidet ebenfalls aus. Zwar ist auch in der Berufungsinstanz eine Klageänderung wie in erster Instanz möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 99 Rdnr 12). Auch schließt die Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG es grundsätzlich nicht aus, einen solchen Bescheid im Wege der Klageänderung gemäß § 99 SGG einzubeziehen (Leitherer aaO § 96 Rdnr 9b). Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Einwilligung aller Beteiligten (also auch der Beigeladenen), die hier schon deshalb nicht vorliegt, weil weder die Beklagte noch die Beigeladenen zu 1. und 2. in die Änderung eingewilligt oder sich auf die geänderte Klage schriftsätzlich eingelassen haben. Auch ist Sachdienlichkeit einer solchen Klageänderung zu verneinen, denn der Regelungsgehalt der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen betrifft nicht das klägerische Begehren und es würde ein weiterer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt.
Eine Auslegung der klägerischen Anträge 2 a) - c) in Anträge nach § 44 SGB X auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 11.02.1999 ist zwar grundsätzlich gemäß § 123 SGG möglich, aber im vorliegenden Fall ebenfalls nicht sachdienlich. Denn insoweit liegt noch kein Bescheid gemäß § 44 SGB X vor, der Klagegegenstand i.S. des § 54 Abs 1 SGG sein kann, so dass die Klage unzulässig wäre.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2008 sowie gegen die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2007 und 01.07.2008 sind daher als unzulässig abzuweisen.
2. Die gegen das Urteil vom 27.06.2006, mit dem das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 abgewiesen hat, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG.
Der angefochtene Bescheid vom 08.09.2005 enthält nach seinem materiell-rechtlichen Regelungsgehalt zwei Verwaltungsakte nach § 44 SGB X. Zum einen hat die Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 18.07.2005, mit dem diese zu hohe Rentenabzüge für Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.04.2002 geltend gemacht hatte, als Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 17.05.2005, in dem die ab 01.06.2005 bei der TKK (= Beigeladene zu 2.) geltende Beitragssatzänderung auf 13,7 % ab 01.09.2005 der Rentenzahlung zugrunde gelegt worden war, gewertet und diesen Antrag abgelehnt. Zum anderen hat die Beklagte im Bescheid vom 08.09.2005 sinngemäß die Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002, mit dem sie die gewährte Altersrente ab 01.04.2002 wegen Erhebung eines Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags aufgrund Pflichtversicherung ab diesem Zeitpunkt neu berechnete, abgelehnt, denn sie hat festgestellt, dass die Rente in zutreffender Höhe festgestellt worden sei und aufgrund der Versicherungspflicht der Klägerin ab 01.04.2002 auch die Beiträge aus der Rente für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung erhoben werden müssten.
Nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren die Beitragsbemessung gemäß Beitragssatzänderung bei der TKK ab dem 01.09.2005 nicht mehr angefochten hat, ist Streitgegenstand allein die Frage der Berücksichtigung des auf die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Anteils des Rentenzahlbetrags bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung/ Pflegeversicherung. Im Übrigen erfolgte die Berücksichtigung der Beitragssatzänderung der TKK auf 13,7 % ab 01.09.2005 gemäß § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V zu Recht.
Der Klägerin steht kein Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 29.08.2002 zu, denn die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, dass bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung der Teil der Rente, der auf Kindererziehungszeiten beruht, nicht berücksichtigt wird.
Nach § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt. § 226 Abs 2 und die §§ 228, 229 und 231 gelten entsprechend, Satz 2.
Nach § 228 Abs 1 SGB V gelten als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung.
Nach dem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V ist der Zahlbetrag der Rente zugrunde zu legen. Das ist der Betrag der Rente, der an den Empfänger der Rente (ohne die Kinderzuschüsse nach § 270 SGB VI) ausbezahlt wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.03.1994, B 12 RK 4/92 sowie BSG, Urteil vom 28.01.1999, B 12 KR 24/98 R zum Zahlbetrag von Versorgungsbezügen). Ein Herausrechnen des auf die Kindererziehungszeiten entfallenden Anteils des Zahlbetrags ist gesetzlich ebenso wenig vorgesehen wie die Berücksichtigung nur des Ertragsanteils der Rente (vgl. BSG, Urteil vom 10.03.1997, aaO; siehe auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.03.2004, L 5 KR 34/03).
Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt gemäß § 57 Abs 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) § 237 Satz 1 Nr 1 SGB V entsprechend.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bezieht sich der Inhalt des von ihr vorgelegten Merkblatts auf die Vorschrift des § 299 SGB VI, der die Anrechnungsfreiheit der Leistung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 regelt und keine im vorliegenden Fall maßgebliche Norm darstellt.
Soweit die Klägerin einwendet, sie habe der Versicherungspflicht nur unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass insofern damit keine Schlechterstellung für sie verbunden ist, ist dies rechtlich unbeachtlich. Vielmehr tritt die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs 1 Nr 11 SGB XI unabhängig vom Willen des Berechtigten kraft Gesetzes ein, wenn die im Gesetz bestimmten Tatbestände vorliegen.
Die Entscheidung des SG ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
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