Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 5062/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2944/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) für diese Zeit verneint hat.
Der 1958 geborene Kläger war von Juni 1983 bis zur außerordentlichen Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses durch seine Arbeitgeberin im November 2003 bei der Firma K., CNC-Technik GmbH, in L.-N. versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits am 11.07.1997 war sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.1997 wegen längerer Krankheit des Klägers gekündigt worden. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem der Kläger als Maschinenarbeiter (und nicht wie bisher als Schichtführer) weiterbeschäftigt werde.
Mit Schreiben vom 13. und 14.11.2003 (ersteres ging noch an die vorige Anschrift) kündigte die Arbeitgeberin des Klägers das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 08.12.2003. Am 20.11.2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. In der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin des Klägers vom 20.11.2003 gab diese an, die fristlose Kündigung sei wegen der Androhung einer Tätlichkeit und Alkoholgenusses während der Arbeit erfolgt. Der Kläger erklärte hierzu, er wisse nicht, warum er gekündigt worden sei. Er habe nichts getan, was zu einer Kündigung berechtige. Die Angaben in der Arbeitsbescheinigung träfen nicht zu. Er habe auch keinen Alkohol während der Arbeit getrunken. Mit Bescheid vom 18.12.2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 (12 Wochen) fest. Der Kläger habe seine Beschäftigung bei der Firma K. verloren, weil er gegenüber seinem Schichtführer mit Tätlichkeiten gedroht habe. Seine ehemalige Arbeitgeberin sei deshalb wegen Verstoßes gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers sei nicht erkennbar. Mit Bescheid vom 15.01.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 06.02.2004 Alg nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 631,62 EUR (Leistungsgruppe C/0).
Am 28.01.2004 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, er bestreite, am Arbeitsplatz oder während der Arbeitszeit Alkohol genossen zu haben. Es treffe auch nicht zu, dass er einen Kollegen bedroht habe. Ferner verwies der Kläger darauf, dass im anhängigen arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahren eine schriftliche Begründung seitens der Arbeitgeberin bislang nicht erfolgt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Mit dem angegriffenen Bescheid sei zu Recht der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt worden, da der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Angaben des Klägers, der die ihm zur Last gelegten Vorwürfe (Alkoholkonsum am Arbeitsplatz und Bedrohung eines Kollegen) bestreite, seien von seinem ehemaligen Arbeitgeber nicht bestätigt worden.
Am 30.07.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Kläger machte geltend, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien nicht erfüllt. Seine Kündigung durch seine frühere Arbeitgeberin sei unwirksam gewesen, weshalb er Kündigungsschutzklage erhoben habe. Er habe in keiner Weise gegen das Alkoholverbot am Arbeitsplatz verstoßen und er habe auch keinen Arbeitskollegen bedroht. Vielmehr sei er gemobbt worden, nachdem seine Arbeitgeberin eine früher ausgesprochene Kündigung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen eines Vergleichs zurückgenommen habe. Soweit er in der Vergangenheit von seiner Arbeitgeberin Abmahnungen erhalten habe, seien diese unberechtigt gewesen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, dass in der Arbeitsbescheinigung vom 20.11.2003 als Kündigungsgrund sowohl eine Tätlichkeitsandrohung des Klägers als auch Alkoholgenuss während der Arbeit genannt worden sei. Auch stelle eine Bedrohung ein vertragswidriges Verhalten dar.
Das SG zog die Akte des Arbeitsgerichts Stuttgart (6 Ca 12865/03) bei. Daraus geht hervor, dass die Parteien am 14.10.2004 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, worin diese außer Streit stellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund außerordentlicher Kündigung der Beklagten mit dem 17.11.2003 geendet hat. Die Beklagte verpflichtete sich darin, an den Kläger eine Sozialabfindung in Höhe von 11.000,00 EUR brutto zu bezahlen. Anschließend holte das SG von dem an den Vorkommnissen beteiligten Mitarbeiter der damaligen Arbeitgeberin des Klägers, T. O. (O.), eine schriftliche Auskunft ein. Dieser und P. K., die Ehefrau des Geschäftsführers der Firma, gaben am 13.02.2006 unter Vorlage der von der Firma und von O. anlässlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens jeweils angefertigten Aufzeichnungen über die damaligen Geschehnisse und der SMS (in Schriftform), die O. am 12.11.2003 um 21.28 h an den Geschäftsführer K. der Firma gesandt hatte, an, diese Unterlagen hätten sie aufbewahrt und seien dem Rechtsanwalt der Firma anlässlich der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Kläger übergeben worden. O. schilderte in seinen Aufzeichnungen die damaligen Geschehnisse und gab an, dass es ungefähr im Juni 2003 begonnen habe, dass der Kläger seiner Arbeitspflicht nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen sei. So sei der Kläger vor dem Ende der Spätschicht gegangen bzw. habe anderen Mitarbeitern nicht - wie erforderlich - geholfen. Am 28.10.2003 sei der Kläger vom Geschäftsführer der Firma mündlich abgemahnt worden, weil er seine Anweisung (O.) ignoriert und langsam gearbeitet habe und schließlich auch früher gegangen sei. Daraufhin sei der Kläger noch schlechter auf ihn zu sprechen gewesen als schon zuvor. Nach weiteren entsprechenden Vorfällen am 31.10. und 10.11.2003 habe der Kläger am 12.11.2003 wiederum bewusst langsam gearbeitet. Er habe dies am nächsten Tag dem Geschäftsführer erzählt, worauf der Kläger abends zu ihm gekommen sei und ihm gedroht habe, dass sein Sohn heute noch mit Kumpels vorbeikommen würde und ihm das Maul stopfen würden. Kurz darauf habe er den Geschäftsführer per SMS hiervon verständigt.
In der mündlichen Verhandlung am 29.03.2006 hörte das SG den Kläger unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin an. Er erklärte, er habe O. nicht bedroht. Es habe keinen Streit und keine Konflikte zwischen ihm und O. gegeben. Auf die Frage, weshalb der Chef am 12.11.2003 abends um 22.30 Uhr in den Betrieb gekommen sei, wenn nichts vorgefallen wäre, erklärte der Kläger, es sei nichts passiert. Wegen den Angaben des Klägers im Einzelnen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 29.03.2006 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 29.03.2006 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt, da der Kläger durch sein Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen und hierdurch Anlass zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben habe. Es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger seinen Vorgesetzten (Schichtführer O.) bedroht habe. Dies folge aus den schriftlichen Angaben von O., die es für glaubhaft halte. Insbesondere seien sie durch die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erschüttert worden. Dieser habe keine Erklärung dafür geben können, weshalb O. falsche Angaben machen sollte. Es sei der Ansicht, dass der Kläger nicht habe akzeptieren können, dass O. seine ehemalige Position als Schichtführer übernommen habe. Die Bedrohung eines Arbeitskollegen stelle einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar und habe Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Dieses Verhalten könne arbeitsrechtlich gesehen eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung oder Prüfung einer Versetzungsmöglichkeit rechtfertigen. Hier komme hinzu, dass es vor dem Vorfall vom 12.11.2003 mehrere Gespräche mit dem Kläger gegeben habe, in denen er darauf hingewiesen worden sei, dass er die Anweisungen von O. zu befolgen habe. Er sei deswegen auch bereits abgemahnt worden. Der Kläger habe den Eintritt der Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig verursacht. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten habe der Kläger nicht gehabt. Das schriftliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.05.2006 zugestellt.
Dagegen hat der Kläger am 12.06.2006 Berufung eingelegt. Er macht geltend, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien nicht erfüllt. Der Kläger bringt vor, er habe vor gut 10 Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten, dessen Folgen bis jetzt teilweise fortbestünden. Er sei schon immer eher schüchtern und zurückhaltend und auch wenig kommunikativ gewesen. Nach dem Schlaganfall hätten sich diese Charaktereigenschaften erheblich verstärkt. Zudem habe er erhebliche Gedächtnisprobleme und Schwierigkeiten damit, Ereignisse logisch und zeitlich geordnet darzustellen. Dies gelte in besonderem Maße in Stresssituationen, wie beispielsweise bei seiner Anhörung vor dem SG am 29.03.2006. Aufgrund des Schlaganfalls und der darauffolgenden langen Zeit der Arbeitsunfähigkeit sei ihm von seinem Arbeitgeber gekündigt worden. Im von ihm angestrengten Arbeitsgerichtsverfahren hätten sie sich dahingehend geeinigt, dass er weiterbeschäftigt werde, allerdings nicht mehr als Schichtführer. Damit habe er aber keinerlei Probleme gehabt. Daran habe sich auch zunächst nichts daran geändert, als O. eingestellt und sein Schichtführer geworden sei. Sein Verhältnis zu O. habe sich jedoch geändert, als sich die Arbeitseinstellung von O. verändert habe. Dieser habe während der Arbeitszeit in der Spätschicht ab 18.00 Uhr seine Arbeitstätigkeit in erheblichem Maße eingestellt und sich nicht nur mit Computerspielen beschäftigt, sondern auch häufig Freunde und Bekannte empfangen, mit denen er sich teilweise stundenlang unterhalten habe. Er und die übrigen Mitarbeiter, die Zeugen B. und D. seien dann von O. angewiesen worden, seinen Arbeitsplatz mit zu übernehmen. Darunter habe er stark gelitten. Am Abend der Kündigung sei er von O. angewiesen worden, neben seinen beiden Maschinen (Arbeitsplätzen) auch noch den von O. zu übernehmen. Dies habe er abgelehnt und zu O. gesagt, dass er etwas mehr Respekt zeigen solle, da er schließlich sein Sohn sein könne. Eine irgendwie geartete Drohung habe er nicht ausgesprochen. Es könne nur darüber spekuliert werden, dass O. einen ihm unbequem gewordenen Mitarbeiter habe loswerden wollen, der ihm durch das Gespräch mit dem Arbeitgeber auch habe gefährlich werden können. Ferner bringt der Kläger vor, die benannten Zeugen seien keine Augenzeugen des angeblichen Vorfalls gewesen. Sie könnten jedoch zum Verhalten von O., der ihn schikaniert habe, Angaben machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 14. November 2003 bis 5. Februar 2004 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat vom Arbeitsgericht Stuttgart die Akte 6 Ca 12865/03 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg für den hier streitigen Zeitraum vom 14.11.2003 bis 05.02.2004.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2004, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 festgestellt und die Zahlung von Alg insoweit abgelehnt hat.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 eine Sperrzeit wegen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses infolge arbeitsvertragswidrigem Verhalten des Klägers eingetreten ist. Anzuwenden ist hier noch § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) in der aufgrund Art. 1 des Hartz-I-Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607) ab 01.01.2003 geltenden und bis 05.08.2004 maßgeblichen Fassung. Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Für den Senat steht fest, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Ein arbeitsvertragswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten verstößt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag, gesetzlichen Bestimmungen, tarifvertraglichen Regelungen oder einer Betriebsvereinbarung obliegen. Hierzu gehört das Gebot, sich so zu verhalten, dass der Betriebsfrieden nicht ernstlich und schwer gefährdet wird und dass die Zusammenarbeit im Betrieb mit den übrigen Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber für diese zumutbar bleibt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 26 S. 115). Die Drohung mit einer Tätlichkeit gegenüber einem Arbeitskollegen stellt zweifellos ein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar. Darüber hinaus muss es sich um ein schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten handeln, das - gegebenenfalls zusammen mit anderen Umständen - geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit tatsächlich eingetreten ist (vgl. BSGE 67, 26). Auch dies ist hier anzunehmen.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger den Schichtführer O. am 12.11. 2003 während der Spätschicht im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Tätlichkeit bedroht hat. Diese Drohung musste O. nach den Umständen des Falles auch ernst nehmen. Dies folgt für den Senat aus der von O. anlässlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens verfassten und dem SG vorgelegten schriftlichen Zusammenfassung der damaligen Geschehnisse, deren Darstellung durch O. der Senat für glaubhaft hält. Danach kam der Kläger am 12.11.2003 während der Spätschicht zu ihm und drohte ihm, dass sein Sohn heute noch mit Kumpels vorbeikommen und ihm dann das Maul stopfen würden. O. erklärte das damit, dass er am Tag zuvor dem Geschäftsführer mitgeteilt habe, dass der Kläger absichtlich langsam arbeite und deshalb sein Arbeitspensum nicht bewältige. Soweit der Kläger bestreitet, eine solche Drohung ausgesprochen zu haben und vor dem SG sogar einen Streit mit O. geleugnet und in der Berufungsbegründung lediglich einen Disput mit O. eingeräumt hat, hält dies der Senat für unglaubhaft, zumal durch den aktenkundigen Inhalt der von O. am 12.11.2003 (21.28 Uhr) dem Geschäftsführer der Firma K. zugesandten SMS diese Angaben von O. in vollem Umfang bestätigt werden. Der Senat hat keinerlei Anlass, die "Echtheit" dieser SMS zu bezweifeln. Hinzu kommt, dass O. keinen Grund hatte, den Kläger wahrheitswidrig einer Tätlichkeitsandrohung zu beschuldigen. Das nicht näher substantiierte und von ihm selbst als Spekulation bezeichnete Vorbringen des Klägers vor dem Senat wonach O. einen ihm unbequem gewordenen Mitarbeiter habe loswerden wollen, überzeugt nicht. O. war schon längere Zeit Schichtführer und demzufolge befugt, den übrigen Mitarbeitern, also auch dem Kläger, Anweisungen zu erteilen. Eine Konkurrenzsituation zwischen O. und dem Kläger wegen der Stelle als Schichtführer bestand nicht (mehr). Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, wie der Kläger O. - wie von ihm ebenfalls vorgetragen - durch das Gespräch mit dem Arbeitgeber hätte gefährlich werden können. Das Vorbringen des Klägers ist widersprüchlich und ungereimt wie auch dem jeweiligen Verfahrensstand angepasst worden, weshalb der Senat es insgesamt für unglaubhaft gehalten hat. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht auf Nachfrage ausdrücklich einen Konflikt verneint, jedoch einen solchen für die Zeit vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses dann aber eingeräumt und wenig überzeugend im Berufungsverfahren Gedächtnisstörungen als Begründung hierfür genannt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger auf Frage angegeben, Grund für die angeblich falschen Behauptungen des O. sei gewesen, dass er die Firma habe übernehmen wollen und jetzt Chef sei. Erst auf nachdrückliche Rückfrage - zuletzt auch aufgrund der Intervention seines Prozessbevollmächtigten und der im Zuschauerraum anwesenden Ehefrau - hat der Kläger eingeräumt, dass die Geschäftsführung nicht von O. übernommen worden ist. Sowohl diese sich bereits in der mündlichen Verhandlung als unrichtig erweisende Behauptung des Klägers als auch sein Versuch, mit wechselnder, wenig überzeugender Begründung die Glaubwürdigkeit des O. zu erschüttern, waren nicht geeignet, beim Senat Zweifel an den Angaben des O. zu wecken, sodass er sich gedrängt gesehen hätte, die Glaubwürdigkeit des Zeugen bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Angaben weiter aufzuklären.
Unabhängig von diesen Erwägungen spricht auch der gerichtliche Vergleich, den der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin zur Beendigung des Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht Stuttgart am 14.10.2004 geschlossen haben, ebenfalls in starkem Maße dafür, dass sich die damaligen Geschehnisse tatsächlich so zugetragen haben wie von O. geschildert ... Die außerordentliche Kündigung des Klägers durch seine Arbeitgeberin vom 13.11.2003 ist damit nämlich (mit Wirkung zum 17.11.2003) bestätigt worden. Der Kläger hat somit das ihm zur Last gelegte Verhalten eingeräumt. Anders kann seine Zustimmung zu dieser vergleichsweisen Regelung, mit der die außerordentliche Kündigung seiner Arbeitgeberin im Wesentlichen bestätigt worden ist, nicht verstanden werden. Vor dem Arbeitsgericht hat keine andere Beweislage bestanden. Auch die gleichzeitig vereinbarte Abfindung (11.000,00 EUR brutto) ändert hieran nichts, da sie angesichts der über 20jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers relativ niedrig ist. Sie entspricht einem Bruttoverdienst des Klägers von ca. 4 Monaten und liegt daher weit unter den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes, die bei dieser langen Betriebszugehörigkeit eine Abfindung in Höhe von 12 Monatsverdiensten und mehr vorsehen.
Ob schließlich hier ein weiterer Sperrzeittatbestand (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alt. SGB III aF) erfüllt ist, lässt der Senat dahinstehen. Der Kläger hat nämlich das Beschäftigungsverhältnis durch den gerichtlichen Vergleich vom 14.10.2004 gelöst. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R) löst der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis durch die Vereinbarung über die Hinnahme einer Kündigung auch dann, wenn diese Vereinbarung im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs geschlossen wird.
Die Sperrzeit begann gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF am 14.11.2003 (Tag nach der außerordentlichen Kündigung am 13.11.2003) und endete am 05.02.2004. Während der Sperrzeit ruhte der Anspruch des Klägers auf Alg (§ 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) für diese Zeit verneint hat.
Der 1958 geborene Kläger war von Juni 1983 bis zur außerordentlichen Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses durch seine Arbeitgeberin im November 2003 bei der Firma K., CNC-Technik GmbH, in L.-N. versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits am 11.07.1997 war sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.1997 wegen längerer Krankheit des Klägers gekündigt worden. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem der Kläger als Maschinenarbeiter (und nicht wie bisher als Schichtführer) weiterbeschäftigt werde.
Mit Schreiben vom 13. und 14.11.2003 (ersteres ging noch an die vorige Anschrift) kündigte die Arbeitgeberin des Klägers das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 08.12.2003. Am 20.11.2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. In der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin des Klägers vom 20.11.2003 gab diese an, die fristlose Kündigung sei wegen der Androhung einer Tätlichkeit und Alkoholgenusses während der Arbeit erfolgt. Der Kläger erklärte hierzu, er wisse nicht, warum er gekündigt worden sei. Er habe nichts getan, was zu einer Kündigung berechtige. Die Angaben in der Arbeitsbescheinigung träfen nicht zu. Er habe auch keinen Alkohol während der Arbeit getrunken. Mit Bescheid vom 18.12.2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 (12 Wochen) fest. Der Kläger habe seine Beschäftigung bei der Firma K. verloren, weil er gegenüber seinem Schichtführer mit Tätlichkeiten gedroht habe. Seine ehemalige Arbeitgeberin sei deshalb wegen Verstoßes gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers sei nicht erkennbar. Mit Bescheid vom 15.01.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 06.02.2004 Alg nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 631,62 EUR (Leistungsgruppe C/0).
Am 28.01.2004 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, er bestreite, am Arbeitsplatz oder während der Arbeitszeit Alkohol genossen zu haben. Es treffe auch nicht zu, dass er einen Kollegen bedroht habe. Ferner verwies der Kläger darauf, dass im anhängigen arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahren eine schriftliche Begründung seitens der Arbeitgeberin bislang nicht erfolgt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Mit dem angegriffenen Bescheid sei zu Recht der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt worden, da der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Angaben des Klägers, der die ihm zur Last gelegten Vorwürfe (Alkoholkonsum am Arbeitsplatz und Bedrohung eines Kollegen) bestreite, seien von seinem ehemaligen Arbeitgeber nicht bestätigt worden.
Am 30.07.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Kläger machte geltend, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien nicht erfüllt. Seine Kündigung durch seine frühere Arbeitgeberin sei unwirksam gewesen, weshalb er Kündigungsschutzklage erhoben habe. Er habe in keiner Weise gegen das Alkoholverbot am Arbeitsplatz verstoßen und er habe auch keinen Arbeitskollegen bedroht. Vielmehr sei er gemobbt worden, nachdem seine Arbeitgeberin eine früher ausgesprochene Kündigung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen eines Vergleichs zurückgenommen habe. Soweit er in der Vergangenheit von seiner Arbeitgeberin Abmahnungen erhalten habe, seien diese unberechtigt gewesen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, dass in der Arbeitsbescheinigung vom 20.11.2003 als Kündigungsgrund sowohl eine Tätlichkeitsandrohung des Klägers als auch Alkoholgenuss während der Arbeit genannt worden sei. Auch stelle eine Bedrohung ein vertragswidriges Verhalten dar.
Das SG zog die Akte des Arbeitsgerichts Stuttgart (6 Ca 12865/03) bei. Daraus geht hervor, dass die Parteien am 14.10.2004 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, worin diese außer Streit stellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund außerordentlicher Kündigung der Beklagten mit dem 17.11.2003 geendet hat. Die Beklagte verpflichtete sich darin, an den Kläger eine Sozialabfindung in Höhe von 11.000,00 EUR brutto zu bezahlen. Anschließend holte das SG von dem an den Vorkommnissen beteiligten Mitarbeiter der damaligen Arbeitgeberin des Klägers, T. O. (O.), eine schriftliche Auskunft ein. Dieser und P. K., die Ehefrau des Geschäftsführers der Firma, gaben am 13.02.2006 unter Vorlage der von der Firma und von O. anlässlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens jeweils angefertigten Aufzeichnungen über die damaligen Geschehnisse und der SMS (in Schriftform), die O. am 12.11.2003 um 21.28 h an den Geschäftsführer K. der Firma gesandt hatte, an, diese Unterlagen hätten sie aufbewahrt und seien dem Rechtsanwalt der Firma anlässlich der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Kläger übergeben worden. O. schilderte in seinen Aufzeichnungen die damaligen Geschehnisse und gab an, dass es ungefähr im Juni 2003 begonnen habe, dass der Kläger seiner Arbeitspflicht nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen sei. So sei der Kläger vor dem Ende der Spätschicht gegangen bzw. habe anderen Mitarbeitern nicht - wie erforderlich - geholfen. Am 28.10.2003 sei der Kläger vom Geschäftsführer der Firma mündlich abgemahnt worden, weil er seine Anweisung (O.) ignoriert und langsam gearbeitet habe und schließlich auch früher gegangen sei. Daraufhin sei der Kläger noch schlechter auf ihn zu sprechen gewesen als schon zuvor. Nach weiteren entsprechenden Vorfällen am 31.10. und 10.11.2003 habe der Kläger am 12.11.2003 wiederum bewusst langsam gearbeitet. Er habe dies am nächsten Tag dem Geschäftsführer erzählt, worauf der Kläger abends zu ihm gekommen sei und ihm gedroht habe, dass sein Sohn heute noch mit Kumpels vorbeikommen würde und ihm das Maul stopfen würden. Kurz darauf habe er den Geschäftsführer per SMS hiervon verständigt.
In der mündlichen Verhandlung am 29.03.2006 hörte das SG den Kläger unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin an. Er erklärte, er habe O. nicht bedroht. Es habe keinen Streit und keine Konflikte zwischen ihm und O. gegeben. Auf die Frage, weshalb der Chef am 12.11.2003 abends um 22.30 Uhr in den Betrieb gekommen sei, wenn nichts vorgefallen wäre, erklärte der Kläger, es sei nichts passiert. Wegen den Angaben des Klägers im Einzelnen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 29.03.2006 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 29.03.2006 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt, da der Kläger durch sein Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen und hierdurch Anlass zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben habe. Es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger seinen Vorgesetzten (Schichtführer O.) bedroht habe. Dies folge aus den schriftlichen Angaben von O., die es für glaubhaft halte. Insbesondere seien sie durch die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erschüttert worden. Dieser habe keine Erklärung dafür geben können, weshalb O. falsche Angaben machen sollte. Es sei der Ansicht, dass der Kläger nicht habe akzeptieren können, dass O. seine ehemalige Position als Schichtführer übernommen habe. Die Bedrohung eines Arbeitskollegen stelle einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar und habe Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Dieses Verhalten könne arbeitsrechtlich gesehen eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung oder Prüfung einer Versetzungsmöglichkeit rechtfertigen. Hier komme hinzu, dass es vor dem Vorfall vom 12.11.2003 mehrere Gespräche mit dem Kläger gegeben habe, in denen er darauf hingewiesen worden sei, dass er die Anweisungen von O. zu befolgen habe. Er sei deswegen auch bereits abgemahnt worden. Der Kläger habe den Eintritt der Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig verursacht. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten habe der Kläger nicht gehabt. Das schriftliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.05.2006 zugestellt.
Dagegen hat der Kläger am 12.06.2006 Berufung eingelegt. Er macht geltend, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien nicht erfüllt. Der Kläger bringt vor, er habe vor gut 10 Jahren einen schweren Schlaganfall erlitten, dessen Folgen bis jetzt teilweise fortbestünden. Er sei schon immer eher schüchtern und zurückhaltend und auch wenig kommunikativ gewesen. Nach dem Schlaganfall hätten sich diese Charaktereigenschaften erheblich verstärkt. Zudem habe er erhebliche Gedächtnisprobleme und Schwierigkeiten damit, Ereignisse logisch und zeitlich geordnet darzustellen. Dies gelte in besonderem Maße in Stresssituationen, wie beispielsweise bei seiner Anhörung vor dem SG am 29.03.2006. Aufgrund des Schlaganfalls und der darauffolgenden langen Zeit der Arbeitsunfähigkeit sei ihm von seinem Arbeitgeber gekündigt worden. Im von ihm angestrengten Arbeitsgerichtsverfahren hätten sie sich dahingehend geeinigt, dass er weiterbeschäftigt werde, allerdings nicht mehr als Schichtführer. Damit habe er aber keinerlei Probleme gehabt. Daran habe sich auch zunächst nichts daran geändert, als O. eingestellt und sein Schichtführer geworden sei. Sein Verhältnis zu O. habe sich jedoch geändert, als sich die Arbeitseinstellung von O. verändert habe. Dieser habe während der Arbeitszeit in der Spätschicht ab 18.00 Uhr seine Arbeitstätigkeit in erheblichem Maße eingestellt und sich nicht nur mit Computerspielen beschäftigt, sondern auch häufig Freunde und Bekannte empfangen, mit denen er sich teilweise stundenlang unterhalten habe. Er und die übrigen Mitarbeiter, die Zeugen B. und D. seien dann von O. angewiesen worden, seinen Arbeitsplatz mit zu übernehmen. Darunter habe er stark gelitten. Am Abend der Kündigung sei er von O. angewiesen worden, neben seinen beiden Maschinen (Arbeitsplätzen) auch noch den von O. zu übernehmen. Dies habe er abgelehnt und zu O. gesagt, dass er etwas mehr Respekt zeigen solle, da er schließlich sein Sohn sein könne. Eine irgendwie geartete Drohung habe er nicht ausgesprochen. Es könne nur darüber spekuliert werden, dass O. einen ihm unbequem gewordenen Mitarbeiter habe loswerden wollen, der ihm durch das Gespräch mit dem Arbeitgeber auch habe gefährlich werden können. Ferner bringt der Kläger vor, die benannten Zeugen seien keine Augenzeugen des angeblichen Vorfalls gewesen. Sie könnten jedoch zum Verhalten von O., der ihn schikaniert habe, Angaben machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 14. November 2003 bis 5. Februar 2004 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat vom Arbeitsgericht Stuttgart die Akte 6 Ca 12865/03 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg für den hier streitigen Zeitraum vom 14.11.2003 bis 05.02.2004.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2004, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 festgestellt und die Zahlung von Alg insoweit abgelehnt hat.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil vom 14.11.2003 bis 05.02.2004 eine Sperrzeit wegen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses infolge arbeitsvertragswidrigem Verhalten des Klägers eingetreten ist. Anzuwenden ist hier noch § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) in der aufgrund Art. 1 des Hartz-I-Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607) ab 01.01.2003 geltenden und bis 05.08.2004 maßgeblichen Fassung. Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Für den Senat steht fest, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Ein arbeitsvertragswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten verstößt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag, gesetzlichen Bestimmungen, tarifvertraglichen Regelungen oder einer Betriebsvereinbarung obliegen. Hierzu gehört das Gebot, sich so zu verhalten, dass der Betriebsfrieden nicht ernstlich und schwer gefährdet wird und dass die Zusammenarbeit im Betrieb mit den übrigen Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber für diese zumutbar bleibt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 26 S. 115). Die Drohung mit einer Tätlichkeit gegenüber einem Arbeitskollegen stellt zweifellos ein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar. Darüber hinaus muss es sich um ein schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten handeln, das - gegebenenfalls zusammen mit anderen Umständen - geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit tatsächlich eingetreten ist (vgl. BSGE 67, 26). Auch dies ist hier anzunehmen.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger den Schichtführer O. am 12.11. 2003 während der Spätschicht im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Tätlichkeit bedroht hat. Diese Drohung musste O. nach den Umständen des Falles auch ernst nehmen. Dies folgt für den Senat aus der von O. anlässlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens verfassten und dem SG vorgelegten schriftlichen Zusammenfassung der damaligen Geschehnisse, deren Darstellung durch O. der Senat für glaubhaft hält. Danach kam der Kläger am 12.11.2003 während der Spätschicht zu ihm und drohte ihm, dass sein Sohn heute noch mit Kumpels vorbeikommen und ihm dann das Maul stopfen würden. O. erklärte das damit, dass er am Tag zuvor dem Geschäftsführer mitgeteilt habe, dass der Kläger absichtlich langsam arbeite und deshalb sein Arbeitspensum nicht bewältige. Soweit der Kläger bestreitet, eine solche Drohung ausgesprochen zu haben und vor dem SG sogar einen Streit mit O. geleugnet und in der Berufungsbegründung lediglich einen Disput mit O. eingeräumt hat, hält dies der Senat für unglaubhaft, zumal durch den aktenkundigen Inhalt der von O. am 12.11.2003 (21.28 Uhr) dem Geschäftsführer der Firma K. zugesandten SMS diese Angaben von O. in vollem Umfang bestätigt werden. Der Senat hat keinerlei Anlass, die "Echtheit" dieser SMS zu bezweifeln. Hinzu kommt, dass O. keinen Grund hatte, den Kläger wahrheitswidrig einer Tätlichkeitsandrohung zu beschuldigen. Das nicht näher substantiierte und von ihm selbst als Spekulation bezeichnete Vorbringen des Klägers vor dem Senat wonach O. einen ihm unbequem gewordenen Mitarbeiter habe loswerden wollen, überzeugt nicht. O. war schon längere Zeit Schichtführer und demzufolge befugt, den übrigen Mitarbeitern, also auch dem Kläger, Anweisungen zu erteilen. Eine Konkurrenzsituation zwischen O. und dem Kläger wegen der Stelle als Schichtführer bestand nicht (mehr). Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, wie der Kläger O. - wie von ihm ebenfalls vorgetragen - durch das Gespräch mit dem Arbeitgeber hätte gefährlich werden können. Das Vorbringen des Klägers ist widersprüchlich und ungereimt wie auch dem jeweiligen Verfahrensstand angepasst worden, weshalb der Senat es insgesamt für unglaubhaft gehalten hat. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht auf Nachfrage ausdrücklich einen Konflikt verneint, jedoch einen solchen für die Zeit vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses dann aber eingeräumt und wenig überzeugend im Berufungsverfahren Gedächtnisstörungen als Begründung hierfür genannt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger auf Frage angegeben, Grund für die angeblich falschen Behauptungen des O. sei gewesen, dass er die Firma habe übernehmen wollen und jetzt Chef sei. Erst auf nachdrückliche Rückfrage - zuletzt auch aufgrund der Intervention seines Prozessbevollmächtigten und der im Zuschauerraum anwesenden Ehefrau - hat der Kläger eingeräumt, dass die Geschäftsführung nicht von O. übernommen worden ist. Sowohl diese sich bereits in der mündlichen Verhandlung als unrichtig erweisende Behauptung des Klägers als auch sein Versuch, mit wechselnder, wenig überzeugender Begründung die Glaubwürdigkeit des O. zu erschüttern, waren nicht geeignet, beim Senat Zweifel an den Angaben des O. zu wecken, sodass er sich gedrängt gesehen hätte, die Glaubwürdigkeit des Zeugen bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Angaben weiter aufzuklären.
Unabhängig von diesen Erwägungen spricht auch der gerichtliche Vergleich, den der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin zur Beendigung des Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht Stuttgart am 14.10.2004 geschlossen haben, ebenfalls in starkem Maße dafür, dass sich die damaligen Geschehnisse tatsächlich so zugetragen haben wie von O. geschildert ... Die außerordentliche Kündigung des Klägers durch seine Arbeitgeberin vom 13.11.2003 ist damit nämlich (mit Wirkung zum 17.11.2003) bestätigt worden. Der Kläger hat somit das ihm zur Last gelegte Verhalten eingeräumt. Anders kann seine Zustimmung zu dieser vergleichsweisen Regelung, mit der die außerordentliche Kündigung seiner Arbeitgeberin im Wesentlichen bestätigt worden ist, nicht verstanden werden. Vor dem Arbeitsgericht hat keine andere Beweislage bestanden. Auch die gleichzeitig vereinbarte Abfindung (11.000,00 EUR brutto) ändert hieran nichts, da sie angesichts der über 20jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers relativ niedrig ist. Sie entspricht einem Bruttoverdienst des Klägers von ca. 4 Monaten und liegt daher weit unter den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes, die bei dieser langen Betriebszugehörigkeit eine Abfindung in Höhe von 12 Monatsverdiensten und mehr vorsehen.
Ob schließlich hier ein weiterer Sperrzeittatbestand (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alt. SGB III aF) erfüllt ist, lässt der Senat dahinstehen. Der Kläger hat nämlich das Beschäftigungsverhältnis durch den gerichtlichen Vergleich vom 14.10.2004 gelöst. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R) löst der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis durch die Vereinbarung über die Hinnahme einer Kündigung auch dann, wenn diese Vereinbarung im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs geschlossen wird.
Die Sperrzeit begann gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF am 14.11.2003 (Tag nach der außerordentlichen Kündigung am 13.11.2003) und endete am 05.02.2004. Während der Sperrzeit ruhte der Anspruch des Klägers auf Alg (§ 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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