L 13 B 1025/08 R

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 38/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 B 1025/08 R
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 9. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.



Gründe:

I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der durch die Beauftragung des Dr. P. entstandenen Kosten auf die Staatskasse.

Der Kläger und Beschwerdeführer begehrte in dem Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht München die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Beklagte hatte diese mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2006 abgelehnt. Das Sozialgericht holte aktuelle Befundberichte ein und beauftragte den Internisten Dr. H. sowie die Psychiaterin und Nervenärztin Dr. M. mit der Erstellung von Gutachten.

Dr. H. gelangte in dem Gutachten vom 17. April 2007 zu dem Ergebnis, dass der Kläger trotz einer bestehenden symmetrischen, distal betonten, sensiblen diabetischen Neuropathie, einer Mediasklerose der Beinarterien, eines tablettenpflichtigen Diabetes mellitus Typ IIb, einer Adipositas, eines Bluthochdrucks, einer beginnenden diabetischen Nephropathie und einer Ringelflecke (Erythema anulare) im Bereich der linken Hand noch leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Die Tätigkeiten als Bauleiter und Arbeiten in Kurier-, Express- und Paketdiensten seien nicht mehr zumutbar, sofern diese mit Fahrtätigkeit, Packen und Auslieferung von Sendungen verbunden seien. Tätigkeiten im Innendienst einer Spedition oder in der Baubranche seien noch sechs Stunden täglich möglich. Zu dieser Einschätzung gelangte auch Dr. M ... Auch sie vertrat die Ansicht, dass der Kläger bei beinbetonter sensomotorischer Polyneuropathie bei Diabetes mellitus noch leichte Arbeiten sowie Tätigkeiten im Innendienst einer Spedition sechs bis unter acht Stunden täglich verrichten könne. Unzumutbar sei aber auch eine Tätigkeit mit überwiegendem Bedienen von Tastaturen oder Schreibarbeiten.

Auch der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Arzt für Neurologie Dr. P. gelangte in seinem Gutachten vom 14. Januar 2008 zu dem Ergebnis, dass der Kläger bei im Vordergrund stehender sensomotorischer Polyneuropathie noch leichte, kurzzeitig mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr ausüben könne. Eine Tätigkeit als Bauleiter sowie als Arbeitnehmer bei Kurier-, Express- und Paketdiensten komme hingegen nicht mehr in Betracht; eine Arbeit im Innendienst einer Spedition sei aber noch grundsätzlich möglich.

Mit Schreiben vom 11. März 2008 forderte das Sozialgericht die Beklagte zur Stellungnahme insbesondere zu den Anforderungen an Mitarbeiter im Innendienst einer Spedition auf. Die Beteiligten schlossen zur Beendigung des Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich, mit dem die Beklagte dem Kläger mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 31. Januar 2006 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gewährte.

Den Antrag des Klägers vom 2. Oktober 2008, die Kosten des Gutachtens des Dr. P. auf die Staatskasse zu übernehmen, lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 9. Oktober 2008 ab. Das Gutachten des Dr. P. sei zu vergleichbaren Diagnosen wie die Vorgutachter gekommen. Auch bei der Leistungsbeurteilung habe dieser die gleichen quantitativen Leistungseinschränkungen gesehen. Bei den qualitativen Leistungseinschränkungen habe er sogar noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten für zumutbar gehalten. Das Gutachten des Dr. P. sei für das Vergleichsangebot der Beklagten ohne Bedeutung gewesen. Die dort anerkannte Berufsunfähigkeit beruhe auf den bereits nach § 106 SGG eingeholten Gutachten.

Zur Begründung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, das Gutachten des Dr. P. habe wesentlich zur Aufklärung des klinischen Sachverhalts beigetragen. Insbesondere aufgrund der im Rahmen des Gutachtens vorgenommenen Diagnostik sei deutlich geworden, dass die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen tatsächlich vorhanden seien und diese ihn im täglichen Leben erheblich beeinträchtigen. Es sei ausschließlich auf dieses Gutachten zurückzuführen, dass die Beklagte ein Vergleichsangebot unterbreitet habe.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Kosten einer Begutachtung nach § 109 SGG von dem Antragsteller zu tragen sind, steht im Ermessen des Gerichts. Die Ermessensentscheidung ist im Beschwerdeverfahren beschränkt darauf nachprüfbar, ob die Voraussetzungen und die Grenzen des Ermessens richtig bestimmt und eingehalten sind.

Die Übernahme der für ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG verauslagten Kosten auf die Staatskasse im Wege einer "anderen Entscheidung" ist gerechtfertigt, wenn das Gutachten die Aufklärung objektiv gefördert hat und somit Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat bzw. hätte. Dabei spielt weder der Ausgang des Verfahrens noch die Frage eine Rolle, ob das Gutachten die Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gefördert und damit dem Rechtsfrieden gedient hat. Entscheidend ist vielmehr, ob durch das Gutachten beispielsweise neue beweiserhebliche Gesichtspunkte zu Tage getreten sind oder die Leistungsbeurteilung auf eine wesentlich breitere und für das Gericht und die Prozessbeteiligten überzeugendere Grundlage gestellt wurde.

Diese Voraussetzungen liegen beim Gutachten des Dr. P. vom 14. Januar 2008 nicht vor. Bereits die gemäß § 106 SGG gehörte Gutachterin Dr. M. hat in ihrem Gutachten einen umfassenden Untersuchungsbefund erstellt und eine schlüssige Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes vorgenommen. Wesentliche Abweichungen in der Diagnose und der grundsätzlichen Leistungsbeurteilung ergeben sich zwischen diesen beiden Gutachten nicht. Maßgebend ist danach jeweils eine sensomotorische Polyneuropathie. Auch in der Diagnostik finden sich keine wesentlichen Unterschiede. Wie Dr. P. führte auch Dr. M. bereits umfangreiche Untersuchungen durch, insbesondere erhob sie einen neurologischen und einen psychopathologischen Befund und stützte ihre Diagnose und Leistungsbewertung ergänzend auf physiologische Zusatzuntersuchungen durch Dr. D., insbesondere des Nervus medianus und des Nervus tibialis. Dr. P. wiederholte dabei diese Befunderhebung, ohne dass sich hieraus relevante Änderungen ergaben. Es ließen sich weder klinisch noch in der Elektromyographie motorische Defizite objektivieren. Der Sachverständige gab vielmehr an, dass sich gegenüber den Voruntersuchungen wie dem Gutachten der Dr. M. keine wesentliche Befundänderung und damit auch keine eindeutige Progredienz der neurologischen Ausfälle nachweisen lasse.

Auch wenn das Gutachten des Dr. P. als sorgfältig und überzeugend anzusehen ist, sind dadurch keine neuen beweiserheblichen Gesichtspunkte zu Tage getreten.

Schließlich ist das Vergleichsangebot der Beklagten vom 5. September 2008 nicht in Zusammenhang mit dem Gutachten des Dr. P. zu sehen. Zum einen ist bereits ausgeführt, dass grundsätzlich nicht entscheidend ist, ob das Gutachten die Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gefördert und damit dem Rechtsfrieden gedient hat. Zum anderen lag dem Vergleichsangebot eine Aufforderung an die Beklagten durch das Sozialgericht zur Stellungnahme zugrunde. In diesem Schreiben verwies das Sozialgericht im Hinblick auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ausdrücklich auf die Gutachten der Dr. M. und des Dr. H ... Beide Gutachter waren zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger nicht mehr als Bauleiter sowie als Arbeitnehmer bei Kurier-, Express- und Paketdiensten tätig sein kann. Das Gericht wies ferner darauf hin, dass nach dem Gutachten der Dr. M. Arbeiten an Tastaturen und Schreibarbeiten nicht mehr zumutbar sind, so dass auch eine Arbeit im Innendienst einer Spedition fraglich ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass vor allem das Gutachten der Dr. M. die Beklagte veranlasste, ein Vergleichsangebot abzugeben.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 9. Oktober 2008 ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist endgültig (§ 177 SGG) und kostenfrei (§ 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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