Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 37272/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 188/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2007 wird festgestellt, soweit darin eine Erstattungsforderung von 20.615,92 EUR geltend gemacht wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Gründe:
Über die Beschwerde war angesichts der Dringlichkeit der Sache, bei der eine jederzeitige Vollstreckung droht, in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden zu entscheiden.
Die Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen erstinstanzlich gestellten Rechtsschutzantrag weiter verfolgt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Antragsgegners vom 19. November 2007 festzustellen, und mit der er sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) durch das Sozialgericht wendet, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Statthafte Antragsart ist in Fällen, in denen – wie hier – zweifelhaft ist, ob ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzw. des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG analog (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl. 2008, § 86b Rn 15).
Dieser Antrag hat Erfolg, soweit der Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsforderung begehrt. Insoweit kommt dem Widerspruch und gegebenenfalls auch einer späteren Klage gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist vorliegend nicht gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ausgeschlossen, denn Erstattungsbescheide eines SGB II-Leistungsträgers sind nach der übereinstimmenden Rechtsprechung aller Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg keine Verwaltungsakte, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 12. Juli 2006 - L 10 B 345/06 AS ER, L 10 B 346/06 AS PKH-, vom 28. Juli 2006 – L 14 B 350/06 AS ER, L 14 B 351/06 AS PKH – und vom 19. Juli 2007 – L 25 B 1470/07 AS, sämtlich veröffentlicht in juris). Grundsätzlich entfalten auch unzulässige Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG (vgl. Keller, aaO, § 86a Rn 10).
Ein allein hier in Betracht kommender und die aufschiebende Wirkung ausschließender Ausnahmefall wegen offensichtlicher Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs bzw. eingetretener Bestandskraft des angegriffenen Bescheides liegt unter Berücksichtigung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht vor. Der Antragsteller bestreitet, den in der Verwaltungsakte befindlichen Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 3. April 2008 erhalten zu haben. Ein Zustellnachweis liegt nicht vor. Zwar hatte der Antragsgegner nach dem Inhalt der Verwaltungsakte keine Kenntnis von der Mandatsniederlegung durch Rechtsanwältin U, so dass diese ihm gegenüber weiterhin als bevollmächtigt galt und Bescheide demzufolge auch an diese Rechtsanwältin zugestellt werden konnten. (vgl. § 87 Abs. 1 ZPO). Rechtsanwältin U hat nach dem Vorbringen des Antragstellers den Widerspruchsbescheid aber ebenfalls nicht erhalten. Eine wirksame Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids ist daher nicht feststellbar.
Da der Antragsgegner und auch die mit der Vollstreckung betraute Bundesagentur für Arbeit (BA) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in Bezug auf die geltend gemachte Erstattungsforderung bereits vor der Fertigung des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2008 rechtswidrig nicht beachtet haben (vgl. nur Schreiben der BA vom 27. Februar 2008 und Vermerk der BA an den Antragsgegner vom selben Tage), war zur Vermeidung jederzeit drohender Vollstreckungshandlungen und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren zu entscheiden, zumal die BA unter dem 7. Dezember 2008 eine erneute Mahnung an den Antragsteller gesandt hat. Es wird zudem auch die im dargestellten Umfang aufschiebende Wirkung eines sich gegebenenfalls anschließenden Klageverfahrens zu beachten sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde im Übrigen (Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Aufhebungsentscheidung als solche) und die PKH-Beschwerde sind nicht begründet. Durch den (vollen) Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner ist der Antragsteller hinsichtlich der Prozesskosten nicht (mehr) als bedürftig anzusehen (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Über die Beschwerde war angesichts der Dringlichkeit der Sache, bei der eine jederzeitige Vollstreckung droht, in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden zu entscheiden.
Die Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen erstinstanzlich gestellten Rechtsschutzantrag weiter verfolgt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Antragsgegners vom 19. November 2007 festzustellen, und mit der er sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) durch das Sozialgericht wendet, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Statthafte Antragsart ist in Fällen, in denen – wie hier – zweifelhaft ist, ob ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzw. des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG analog (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl. 2008, § 86b Rn 15).
Dieser Antrag hat Erfolg, soweit der Antragsteller die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsforderung begehrt. Insoweit kommt dem Widerspruch und gegebenenfalls auch einer späteren Klage gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist vorliegend nicht gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ausgeschlossen, denn Erstattungsbescheide eines SGB II-Leistungsträgers sind nach der übereinstimmenden Rechtsprechung aller Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg keine Verwaltungsakte, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 12. Juli 2006 - L 10 B 345/06 AS ER, L 10 B 346/06 AS PKH-, vom 28. Juli 2006 – L 14 B 350/06 AS ER, L 14 B 351/06 AS PKH – und vom 19. Juli 2007 – L 25 B 1470/07 AS, sämtlich veröffentlicht in juris). Grundsätzlich entfalten auch unzulässige Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG (vgl. Keller, aaO, § 86a Rn 10).
Ein allein hier in Betracht kommender und die aufschiebende Wirkung ausschließender Ausnahmefall wegen offensichtlicher Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs bzw. eingetretener Bestandskraft des angegriffenen Bescheides liegt unter Berücksichtigung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht vor. Der Antragsteller bestreitet, den in der Verwaltungsakte befindlichen Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 3. April 2008 erhalten zu haben. Ein Zustellnachweis liegt nicht vor. Zwar hatte der Antragsgegner nach dem Inhalt der Verwaltungsakte keine Kenntnis von der Mandatsniederlegung durch Rechtsanwältin U, so dass diese ihm gegenüber weiterhin als bevollmächtigt galt und Bescheide demzufolge auch an diese Rechtsanwältin zugestellt werden konnten. (vgl. § 87 Abs. 1 ZPO). Rechtsanwältin U hat nach dem Vorbringen des Antragstellers den Widerspruchsbescheid aber ebenfalls nicht erhalten. Eine wirksame Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids ist daher nicht feststellbar.
Da der Antragsgegner und auch die mit der Vollstreckung betraute Bundesagentur für Arbeit (BA) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in Bezug auf die geltend gemachte Erstattungsforderung bereits vor der Fertigung des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2008 rechtswidrig nicht beachtet haben (vgl. nur Schreiben der BA vom 27. Februar 2008 und Vermerk der BA an den Antragsgegner vom selben Tage), war zur Vermeidung jederzeit drohender Vollstreckungshandlungen und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren zu entscheiden, zumal die BA unter dem 7. Dezember 2008 eine erneute Mahnung an den Antragsteller gesandt hat. Es wird zudem auch die im dargestellten Umfang aufschiebende Wirkung eines sich gegebenenfalls anschließenden Klageverfahrens zu beachten sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde im Übrigen (Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Aufhebungsentscheidung als solche) und die PKH-Beschwerde sind nicht begründet. Durch den (vollen) Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner ist der Antragsteller hinsichtlich der Prozesskosten nicht (mehr) als bedürftig anzusehen (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved