L 10 R 4393/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1858/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4393/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.09.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Bei der am 1953 geborenen Klägerin besteht seit dem 16. Lebensjahr ein Epilepsieleiden. Seit 1986 steht sie in regelmäßiger ambulanter neurologischer Behandlung, gleichwohl traten weiterhin in wechselnder Häufigkeit leichtere Anfälle auf. Sie konnte trotz dieser gesundheitlicher Einschränkungen eine Ausbildung zur Friseurin erfolgreich abschließen und in diesem Beruf arbeiten. Ab 1982 bis zuletzt war sie als Lagerarbeiterin in einem pharmazeutischen Großhandel rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Durch diese Tätigkeit zog sie sich eine Atemwegserkrankung in Form einer - so der Bescheid der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft vom 26.07.2004 - leichtgradigen manifesten obstruktiven Ventilationsstörung und bronchialen Hyperreagibilität der unteren Atemwege sowie Rhinopathie (Fließschnupfen) der oberen Atemwege bei Sensibilisierung gegenüber Lagerstäuben zu. Wegen dieser Gesundheitsstörung war sie ab Mai 2007 arbeitsunfähig.

Auf den Rentenantrag vom 15.02.2007 veranlasste die Beklagte zunächst eine Begutachtung durch die Internistin und Sozialmedizinerin Dr. D. , die die von der Berufsgenossenschaft festgestellte Atemwegserkrankung, ein epileptisches Anfallsleiden, ein rezidivierendes belastungsabhängiges Wirbelsäulensyndrom, eine arterielle Hypertonie und eine Adipositas diagnostizierte und die Klägerin deshalb in qualitativer Hinsicht beeinträchtigt sah. Sie bejahte ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten und schloss Zwangshaltungen, inhalative Belastungen und Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr sowie erhöhter Stressbelastung und Zeitdruck aus. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.05.2007 den Rentenantrag ab.

Nachdem die Klägerin in ihrem Widerspruch psychische Defizite in Form von Depressionen, Angstzuständen, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit behauptet hatte und der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. nicht nur die Epilepsie bestätigt hatte, sondern auch eine zunehmende organische Persönlichkeitsstörung mit depressiver Verstimmung, Angst, Unruhe, sozialem Rückzug und Schlafstörungen, weswegen die Klägerin häufig kaum noch in der Lage sei, ihren eigenen Haushalt zu führen, holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten beim Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. ein. Er konnte keine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert feststellen und fand die Klägerin lediglich in der Grundstimmung subdepressiv, niedergeschlagen und ängstlich. Er diagnostizierte die bekannte Grand mal-Epilepsie sowie eine Angst- und depressive Störung gemischt sowie die übrigen, bereits von Dr. D. festgestellten Gesundheitsstörungen und hielt die Klägerin ebenfalls für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr auszuüben. Nicht leidensgerecht seien Tätigkeiten mit vermehrt geistig-psychischen Belastungen, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit Unfallgefahr oder inhalativer Belastung und solche Arbeiten, die eine 100%-ige Gang- und Standsicherheit voraussetzen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darstellung der Rechtsgrundlagen für die begehrte Rente (§ 43 und § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) zurück. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen seien der Klägerin leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf die sie angesichts der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Lagerarbeiterin verweisbar sei, in wechselnder Körperhaltung und unter Beachtung von - entsprechend den Gutachten im Widerspruchsbescheid wiedergegebenen - qualitativen Einschränkungen zumutbar.

Das hiergegen am 03.06.2008 angerufene Sozialgericht Mannheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.09.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und sich ebenfalls der Beurteilung in den von der Beklagten eingeholten Gutachten angeschlossen. Die Beurteilung von Dr. K. sei nicht geeignet, eine andere Leistungsbeurteilung zu rechtfertigen. Angesichts der - im einzelnen dargestellten - von Dr. Sch. erhobenen Befunde und des Umstandes, dass dieser eine Persönlichkeitsstörung gerade nicht habe feststellen können, sei die Leistungsbeurteilung des behandelnden Nervenarztes nicht nachvollziehbar.

Zur Begründung ihrer am 15.09.2008 eingelegten Berufung behauptet die Klägerin weiterhin, insbesondere durch die nervenärztlichen Gesundheitsstörungen derart eingeschränkt zu sein, dass sie nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten könne, noch nicht einmal in der Lage sei, ihren geringen häuslichen Verpflichtungen nachzukommen. Sie legt ein ärztliches Attest des Dr. K. vor, wonach sich die gesundheitlichen Verhältnisse im Verlauf des vergangenen Jahres nicht gebessert hätten, allenfalls eine langsame Zunahme der kognitiven Störungen sei festzustellen. Seiner Auffassung nach sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit von Wert nachzugehen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.09.2008 und den Bescheid vom 22.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht in den Gründen der angefochtenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Rechtsgrundlage der begehrten Rente und der Beurteilung des verbliebenen Leistungsvermögens der Klägerin sowie der daraus zu ziehenden Schlussfolgerung, dass nämlich keine rentenberechtigende Minderung der Leistungsfähigkeit vorliegt, Bezug genommen und im Hinblick auf die von der Klägerin in den Vordergrund ihrer Argumentation gestellte Erkrankung auf nervenärztlichem Gebiet ebenso zutreffend ausgeführt, dass auch insoweit von keiner rentenrelevanten Leistungsminderung ausgegangen werden kann. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Es bleibt somit dabei, dass angesichts der von Dr. Sch. erhobenen Befunde die Beurteilung des behandelnden Nervenarztes Dr. K. nicht nachvollzogen werden kann. Die Klägerin wirkte auf Dr. Sch. altersentsprechend, war gepflegt gekleidet und modisch frisiert. Gestik und Mimik waren ausgewogen. Eine Antriebsminderung lag nicht vor, die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt, das formale Denken war folgerichtig und nicht verlangsamt. Dr. Sch. fand lediglich eine subdepressive Grundstimmung, die Klägerin war niedergeschlagen und ängstlich. Für eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert ergab sich kein Anhalt. Wenn Dr. Sch. vor diesem Hintergrund das Leistungsvermögen auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht wesentlich eingeschränkt sah, ist dies für den Senat nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Epilepsie der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass diese Erkrankung die Klägerin in der Vergangenheit nicht hinderte, eine Ausbildung zur Friseurin abzuschließen, in diesem Beruf zu arbeiten und nachfolgend, ab 1982 und bis zuletzt die Tätigkeit als Lagerarbeiterin auszuüben. Veränderungen hinsichtlich der Epilepsie sind nicht eingetreten, sodass diese Erkrankung auch einer weiteren beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht entgegensteht. Im Ergebnis vermag der Senat somit - wie die Beklagte und das Sozialgericht - der Leistungsbeurteilung von Dr. K. nicht zu folgen. Weder in seiner Auskunft gegenüber der Beklagten noch in dem von der Klägerin vorgelegten Attest sind konkrete Befunde aufgeführt, die eine derartige Beurteilung rechtfertigen würden.

Allerdings geht der Senat davon aus, dass die Klägerin im Hinblick auf die beruflich verursachte Atemwegserkrankung ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit und alle Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen nicht mehr ausüben kann. Dies begründet indessen keinen Rentenanspruch. Denn der Klägerin sind eine Vielzahl anderer Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sie mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen (leichte- bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr unter Beachtung der von den Gutachtern der Beklagten und im Widerspruchsbescheid aufgeführten qualitativen Einschränkungen) noch ausüben kann. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid hierzu und auch zur Frage der Berufsunfähigkeit das Erforderliche ausgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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