Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 4460/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 SF 187/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Ablehnung der Vorsitzenden der 12. Kammer des Sozialgerichts Würzburg, Richterin am Sozialgericht S., wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet.
Gründe:
I.
Der Kläger führt vor der 12. Kammer des Sozialgerichts Würzburg (SG), deren Vorsitzende die Richterin am Sozialgericht (RiSG) S. ist, gegen die Beklagte einen Rechtsstreit wegen Pflichtversicherung als Selbständiger.
Mit Verfügung vom 27.08.2008 bestimmte RiSG S. Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17.09.2008 am Sitz des Gerichts in Würzburg. Mit Schreiben vom 28.08.2008 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, das persönliche Erscheinen des Klägers anzuordnen und den Termin in A-Stadt durchzuführen, da der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen sei. RiSG S. ließ dem Klägerbevollmächtigten daraufhin mitteilen, dass es bei der Ladung vom 27.08.2008 verbliebe und es dem Kläger frei stehe, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Auch auf den nochmaligen Antrag, das persönliche Erscheinen anzuordnen und den Termin in A-Stadt durchzuführen, ließ RiSG S. mitteilen, dass es bei der Ladung vom 27.08.2008 bleibe. Gleiches ließ die Richterin dem Kläger mit Schreiben vom 12.09.2008 mitteilen.
Mit Schreiben vom 17.09.2008 lehnte der Klägerbevollmächtigte RiSG S. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das Verhalten der Richterin stelle einen Verstoß gegen § 110 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar und verletzte den Kläger in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Durch die Weigerung des Gerichts, den Termin in A-Stadt abzuhalten, sei es dem Kläger gleichsam unmöglich, zum Termin persönlich zu erscheinen. Die gesamte Verfahrensführung durch die abgelehnte Richterin stelle eine Kette von Verstößen gegen prozessuale Rechte dar. So liege die Verfahrensdauer inzwischen bei fast vier Jahren, ohne dass es zu einer umfangreichen Beweisaufnahme oder Amtsermittlung gekommen wäre, was im Hinblick auf die sich aus § 106 SGG ergebenden Verpflichtungen zu beanstanden sei. Ferner habe die Richterin im Erörterungstermin vom 05.12.2007 erklärt, dass es einer weiteren Stellungnahme durch die Beklagte nicht bedürfe, da sie sowieso genug habe, um die Klage abzuweisen.
RiSG S. hat sich zum Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert und den letztgenannten Vorhalt als nicht zutreffend bezeichnet. Hierzu hat der Bevollmächtigte des Klägers wiederum Stellung genommen und seine Besorgnis der Befangenheit bestätigt gesehen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ablehnungsgesuch, die dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin und die Stellungnahme des Klägerbevollmächtigten hierzu Bezug genommen.
II.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 Satz 2 SGG).
Nach § 60 SGG in Verbindung mit den §§ 42 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen RiSG S. zurückzuweisen.
Soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch mit Äußerungen der Richterin im Erörterungstermin vom 05.12.2007 begründet, kann er gemäß § 43 ZPO damit nicht mehr gehört haben, da er das Ablehnungsgesuch nicht spätestens in diesem Termin gestellt hat. Abgesehen davon ist der angeführte Ablehnungsgrund nicht im Sinne von § 44 Abs.2 ZPO glaubhaft gemacht, da die vorgehaltene Äußerung von der Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme so nicht bestätigt wurde.
Soweit der Kläger der Richterin die Dauer des Verfahrens vorhält, mag dies das Ablehnungsgesuch nicht zu stützen.
Die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens belastet alle Prozessbeteiligten gleichermaßen und begründet für sich genommen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, ein Richter stehe der einen oder anderen Partei nicht mit der gebotenen Neutralität und Unbefangenheit gegenüber. Es ist Sache des Gerichts, nach seinem Ermessen darüber zu befinden, in welcher Weise das Verfahren in dem Zeitraum von der Klageerhebung bis zur Entscheidung zu fördern ist. Dementsprechend hat der Gesetzgeber einen Ablehnungsgrund der Verfahrensverzögerung nicht in die Befangenheitsvorschriften aufgenommen.
Soweit der Klägerbevollmächtigte der Richterin Verfahrensverstöße vorhält und insbesondere rügt, dass sie die Verhandlung nicht in A-Stadt terminiert und das persönliche Erscheinen des Klägers nicht anordnet, vermag dies unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt eine Besorgnis der Befangenheit begründen.
Die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist nämlich grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen vermeintlich oder tatsächlich fehlerhafte Verfahrenshandlungen eines Richters zu wehren, es sei denn, die mögliche Fehlerhaftigkeit beruhte auf Willkür des Richters. Von einer auf Willkür beruhenden Verfahrenshandlung kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn sie bei verständiger Würdigung schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint.
Objektive Anhaltspunkte hierfür vermag der Senat im vorliegenden Sachverhalt und im Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nicht zu erkennen. Vielmehr übersieht der Bevollmächtigte des Klägers, dass es allein im Ermessen eines Richters liegt, ob er das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin anordnet (§ 111 SGG). Ebenso ist die Kammervorsitzende gemäß § 110 Abs.1 SGG befugt, Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung zu bestimmen, wobei sie Sitzungen auch außerhalb des Gerichtsbezirkes abhalten kann, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist (§ 110 Abs.2 SGG). Ein Anspruch auf einen wohnortnahen Verhandlungsort lässt sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, inwieweit durch die Terminierung der Richterin der Anspruch des anwaltlich vertretenen Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt sein sollte.
Zusammenfassend hat der Bevollmächtigte des Klägers zur Begründung des Ablehnungsgesuchs keine Umstände aufgezeigt, die bei vernünftiger Betrachtungsweise befürchten lassen, RiSG S. stehe bei den im laufenden Verfahren zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen der Angelegenheit voreingenommen oder parteiisch gegenüber.
Das Ablehnungsgesuch ist daher zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 unanfechtbar.
Gründe:
I.
Der Kläger führt vor der 12. Kammer des Sozialgerichts Würzburg (SG), deren Vorsitzende die Richterin am Sozialgericht (RiSG) S. ist, gegen die Beklagte einen Rechtsstreit wegen Pflichtversicherung als Selbständiger.
Mit Verfügung vom 27.08.2008 bestimmte RiSG S. Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17.09.2008 am Sitz des Gerichts in Würzburg. Mit Schreiben vom 28.08.2008 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, das persönliche Erscheinen des Klägers anzuordnen und den Termin in A-Stadt durchzuführen, da der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen sei. RiSG S. ließ dem Klägerbevollmächtigten daraufhin mitteilen, dass es bei der Ladung vom 27.08.2008 verbliebe und es dem Kläger frei stehe, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Auch auf den nochmaligen Antrag, das persönliche Erscheinen anzuordnen und den Termin in A-Stadt durchzuführen, ließ RiSG S. mitteilen, dass es bei der Ladung vom 27.08.2008 bleibe. Gleiches ließ die Richterin dem Kläger mit Schreiben vom 12.09.2008 mitteilen.
Mit Schreiben vom 17.09.2008 lehnte der Klägerbevollmächtigte RiSG S. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das Verhalten der Richterin stelle einen Verstoß gegen § 110 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar und verletzte den Kläger in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Durch die Weigerung des Gerichts, den Termin in A-Stadt abzuhalten, sei es dem Kläger gleichsam unmöglich, zum Termin persönlich zu erscheinen. Die gesamte Verfahrensführung durch die abgelehnte Richterin stelle eine Kette von Verstößen gegen prozessuale Rechte dar. So liege die Verfahrensdauer inzwischen bei fast vier Jahren, ohne dass es zu einer umfangreichen Beweisaufnahme oder Amtsermittlung gekommen wäre, was im Hinblick auf die sich aus § 106 SGG ergebenden Verpflichtungen zu beanstanden sei. Ferner habe die Richterin im Erörterungstermin vom 05.12.2007 erklärt, dass es einer weiteren Stellungnahme durch die Beklagte nicht bedürfe, da sie sowieso genug habe, um die Klage abzuweisen.
RiSG S. hat sich zum Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert und den letztgenannten Vorhalt als nicht zutreffend bezeichnet. Hierzu hat der Bevollmächtigte des Klägers wiederum Stellung genommen und seine Besorgnis der Befangenheit bestätigt gesehen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ablehnungsgesuch, die dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin und die Stellungnahme des Klägerbevollmächtigten hierzu Bezug genommen.
II.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 Satz 2 SGG).
Nach § 60 SGG in Verbindung mit den §§ 42 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen RiSG S. zurückzuweisen.
Soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch mit Äußerungen der Richterin im Erörterungstermin vom 05.12.2007 begründet, kann er gemäß § 43 ZPO damit nicht mehr gehört haben, da er das Ablehnungsgesuch nicht spätestens in diesem Termin gestellt hat. Abgesehen davon ist der angeführte Ablehnungsgrund nicht im Sinne von § 44 Abs.2 ZPO glaubhaft gemacht, da die vorgehaltene Äußerung von der Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme so nicht bestätigt wurde.
Soweit der Kläger der Richterin die Dauer des Verfahrens vorhält, mag dies das Ablehnungsgesuch nicht zu stützen.
Die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens belastet alle Prozessbeteiligten gleichermaßen und begründet für sich genommen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, ein Richter stehe der einen oder anderen Partei nicht mit der gebotenen Neutralität und Unbefangenheit gegenüber. Es ist Sache des Gerichts, nach seinem Ermessen darüber zu befinden, in welcher Weise das Verfahren in dem Zeitraum von der Klageerhebung bis zur Entscheidung zu fördern ist. Dementsprechend hat der Gesetzgeber einen Ablehnungsgrund der Verfahrensverzögerung nicht in die Befangenheitsvorschriften aufgenommen.
Soweit der Klägerbevollmächtigte der Richterin Verfahrensverstöße vorhält und insbesondere rügt, dass sie die Verhandlung nicht in A-Stadt terminiert und das persönliche Erscheinen des Klägers nicht anordnet, vermag dies unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt eine Besorgnis der Befangenheit begründen.
Die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist nämlich grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen vermeintlich oder tatsächlich fehlerhafte Verfahrenshandlungen eines Richters zu wehren, es sei denn, die mögliche Fehlerhaftigkeit beruhte auf Willkür des Richters. Von einer auf Willkür beruhenden Verfahrenshandlung kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn sie bei verständiger Würdigung schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint.
Objektive Anhaltspunkte hierfür vermag der Senat im vorliegenden Sachverhalt und im Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nicht zu erkennen. Vielmehr übersieht der Bevollmächtigte des Klägers, dass es allein im Ermessen eines Richters liegt, ob er das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin anordnet (§ 111 SGG). Ebenso ist die Kammervorsitzende gemäß § 110 Abs.1 SGG befugt, Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung zu bestimmen, wobei sie Sitzungen auch außerhalb des Gerichtsbezirkes abhalten kann, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist (§ 110 Abs.2 SGG). Ein Anspruch auf einen wohnortnahen Verhandlungsort lässt sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, inwieweit durch die Terminierung der Richterin der Anspruch des anwaltlich vertretenen Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt sein sollte.
Zusammenfassend hat der Bevollmächtigte des Klägers zur Begründung des Ablehnungsgesuchs keine Umstände aufgezeigt, die bei vernünftiger Betrachtungsweise befürchten lassen, RiSG S. stehe bei den im laufenden Verfahren zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen der Angelegenheit voreingenommen oder parteiisch gegenüber.
Das Ablehnungsgesuch ist daher zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 unanfechtbar.
Rechtskraft
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