L 12 AL 218/09 PKH-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4003/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 218/09 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Kosten für Wochenendheimfahrten aufgrund einer auswärtigen Beschäftigung des Klägers.

Anlässlich einer zum 25. August 2008 geplanten Arbeitsaufnahme bei der Firma T. mit Einsatzort in K. teilte der Kläger mit E-Mail vom 20. August 2008 der Beklagten mit, er überlege, die Arbeit aufzunehmen. Bedingung sei allerdings, ihm eine Monatskarte für die Bahnfahrt von P. nach K. zur Verfügung zu stellen (ca. 230 EUR). Am 21. August 2008 sagte ihm die Mitarbeiterin der Beklagten Frau G. telefonisch zu, Kosten in Höhe von 230 EUR monatlich zu übernehmen; dies gehe allerdings nicht über Fahrkostenbeihilfe, sondern nur über Trennungskostenbeihilfe. Am 22. August 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Trennungskostenbeihilfe, wobei er auf dem Formblatt "in Form einer Monatskarte DB P.-K." ergänzte.

Mit Bescheid vom 25. August 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Arbeitsaufnahme am 25. August 2008 Trennungskostenbeihilfe für die ersten sechs Monate der Beschäftigung in Höhe von 230 EUR monatlich. Der erste Teilbetrag wurde von der Beklagten gezahlt.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm sei eine Monatskarte zugesagt worden; diese koste laut Auskunft der Bahn 779 EUR monatlich.

Am 8. September 2008 beendete der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Am 27. August 2008 stellte der Kläger vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Übernahme der Kosten einer Monatskarte, welche das SG mit Beschluss vom 12. September 2008 abwies. Die Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 23. September 2008 - L 7 AL 4444/08 ER-B -).

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die am 11. September 2008 zum SG erhobene Klage, für welche der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2009 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Der Sache nach begehre der Kläger Trennungskostenbeihilfe über den bewilligten Betrag von 230 EUR hinaus. Nach § 54 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) könne eine monatliche Trennungskostenbeihilfe lediglich für die ersten sechs Monate der Beschäftigung gewährt werden bis zu einem Betrag von 260 EUR. Der Kläger selbst habe in seinem Antrag die Kosten auf 230 EUR beschränkt. Auch aus der Beantragung einer Monatskarte ergebe sich nichts anderes. Leistungen nach §§ 53 ff. SGB III würden durch Bereitstellung finanzieller Hilfen, nicht über Naturalien oder als Sachgutscheine erbracht. Die Beklagte habe nur den Betrag von 230 EUR als beantragt erkennen können unabhängig von den tatsächlichen Kosten einer Fahrkarte.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 14. Januar 2009 eingelegten Beschwerde. Im PKH-Verfahren dürften die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Das Arbeitsverhältnis mit der T. bestehe noch, dies werde lediglich von der T. streitig gestellt, die dies gekündigt haben wolle. Insoweit laufe ein Kündigungsschutzverfahren. Die Frage der Trennungskostenbeihilfe stelle sich nicht, da die Fahrtkosten über die Fahrtkostenbeihilfe abgedeckt seien. Die von ihm vorgenommene Bezifferung auf ca. 230 EUR sei unschädlich, da es sich hierbei um einen Fehler gehandelt habe. Es habe dem Sachbearbeiter sofort auffallen müssen, dass es für 230 EUR keine Monatskarte nach K. geben könne. Insoweit begehre der Kläger für die Dauer von sechs Monaten die Gewährung von monatlich weiteren 549 EUR, der Beschwerdewert liege bei 3.294 EUR. Sollten Trennungskostenbeihilfe und Fahrtkosten ins Leere gehen, seien die Leistungen nach § 10 SGB III zu bewilligen. Nachdem es nicht zur Arbeitsaufnahme gekommen sei, dürfe eine Fortsetzungsfeststellungsklage der richtige Weg sein. Sollte der Kläger vor dem Arbeitsgericht M. gegen die T. obsiegen, entstehe die gleiche Situation wieder; die Beklagte dürfte dann verpflichtet sein, für sechs Monate eine Monatskarte nach K. zu bezahlen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist gemäß § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch statthaft (§ 172 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat für das Klageverfahren S 11 AL 4003/08 keinen Anspruch auf PKH.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 2102, 2103; Bundesgerichtshof NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. November 1998 - VI G 120/98 - (juris) oder eine weitere Sachaufklärung ernsthaft in Betracht kommt (vgl. hierzu BVerfG NJW-RR 2002, 1069; NJW 2003, 2976, 2977).

Unter Beachtung der oben genannten Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn die Klage ist unzulässig. Ein besonderes Feststellungsinteresse an der angestrebten Entscheidung ist nicht ersichtlich.

Ursprünglich war die Klage bei Auslegung des klägerischen Begehrens (§ 123 SGG) darauf gerichtet, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2008 zu verurteilen, für die Zeit vom 25. August 2008 bis 24. Februar 2009 höhere Leistungen zu erbringen. In dieser Form war die Klage schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 11. September 2008 unzulässig, da der Kläger die Arbeit in K. nicht angetreten hatte, so dass ihm Kosten in Form von Monatskarten für die Strecke P. - K. nicht entstanden sind. Da sich der Bescheid vom 25. August 2008 durch die tatsächliche Entwicklung (Nichtantritt der Arbeitsstelle) erledigt hat, kommt insoweit eine Klage auf Feststellung in Betracht, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (Fortsetzungsfeststellungsklage). Eine derartige Klage kommt auch in Betracht, wenn sich der Verwaltungsakt vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 Rdnr. 7d m.w.N.).

Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit besteht. Ein solches schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein (Bundessozialgericht (BSG) in SozR 4100 § 91 Nr. 5; SozR 3-7815 Art. 1 § 3 Nr. 4). In Betracht kommen Schadensinteresse, die Absicht weitergehende Ansprüche geltend zu machen (BSG SozSich 93, 155), das Interesse, der Wiederholung eines Verwaltungsakts vorzubeugen, Rehabilitationsinteresse bei Verwaltungsakten mit diskriminierender Wirkung oder wenn die Begründung des Verwaltungsakts oder Umstände seines Zustandekommens den Betroffenen in seiner Menschenwürde, Persönlichkeitsrechten oder Ansehen erheblich beeinträchtigten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 131 Rdnr. 10a).

Weder ist dem Vorbringen des Klägers ein solches berechtigtes Interesse zu entnehmen, noch ist dem Senat solches ersichtlich. Die Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts an sich können nicht zur Begründung eines besonderen Feststellungsinteresses herangezogen werden. Ein Schadensinteresse ist nicht ersichtlich, da dem Kläger kein Schaden entstanden ist. Auch besteht entgegen der Auffassung des Klägers keine Wiederholungsgefahr. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger damit rechnen müsste, dass es in einer vergleichbaren Situation wieder zu entsprechenden Streitigkeiten über Kosten für Wochenendheimfahrten käme. Abgesehen davon, dass nicht absehbar ist, dass der Kläger tatsächlich die Arbeit in K. aufnehmen wird und gänzlich offen ist, ob anderweitige auswärtige Arbeitsaufnahmen erfolgen, kann schon deshalb keine Wiederholungsgefahr erkannt werden, weil die hier streitigen Regelungen der §§ 53 ff. SGB III mit Wirkung zum 1. Januar 2009 aufgehoben worden sind (Gesetz vom 21. Dezember 2008, BGBl. I S. 2917). Nach der insoweit maßgeblichen Neuregelung des § 45 SGB III können Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Mit dieser Änderung sollte eine Vereinfachung erfolgen durch eine Streichung einer Vielzahl von Einzelvorschriften über die Förderungsmöglichkeiten, um der Agentur für Arbeit eine individuelle, zielgerichtete und unbürokratische Förderung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/11233; BT-Drucks. 16/11196). Eine Entscheidung zum alten Recht wäre insoweit selbst bei Auftreten vergleichbarer Konstellationen nicht präjudiziell für die aktuell geltende Gesetzeslage, weshalb dem Kläger aus einer gerichtlichen Feststellung keinerlei Vorteil erwachsen würde. Schließlich hat der Kläger auch kein berechtigtes Interesse an der verlangten Feststellung, weil er in tief greifender Weise in seinen Grundrechten verletzt wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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