L 2 SO 1255/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 3948/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1255/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Übernahme von Mietkautionen durch den Beklagten.

Der 1958 geborene ledige und kinderlose Kläger bezieht seit 1. September 1986 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; der monatliche Zahlbetrag der Rente belief sich wegen Änderungen der Beitragszahlung zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung ab April 2005 auf 703,18 EUR, ab Mai 2005 auf 709,03 EUR sowie ab Juli 2005 auf 705,51 EUR und aufgrund einer Rentenanpassung ab 1. Juli 2007 auf 709,30 EUR. Der Kläger ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 80 sowie dem Merkzeichen "G" anerkannt.

Am 24. März 2005 beantragte der Kläger, der zuletzt in der K. in H. gewohnt hatte, wegen des anstehenden Abbruchs des Gebäudes Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mit der Begründung, er habe im Monat April 2005 einen erhöhten Unterkunftsbedarf durch eine anfallende Kaution. Hierzu legte er das Schreiben der Kreisbaugesellschaft H. GmbH, G., vom 14. März 2005 über eine zum 1. Mai 2005 beziehbare Wohnung in der B. in G., bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Flur, Bad mit WC, Balkon und Kellerraum, mit einer Grundfläche von 61,07 m² sowie Gaskachelofenheizung zu einer Grundmiete von 274,80 EUR (Gesamtmiete 345,00 EUR einschließlich Betriebskosten- und Kaltwasservorauszahlungen (33,00 EUR und 37,20 EUR)) vor; das Kautionsdarlehen sollte 830,00 EUR betragen. Der Beklagte errechnete einen Bedarf des Klägers von 668,85 EUR, welcher sich aus dem Regelsatz (345,00 EUR), dem Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen (58,65 EUR) sowie als angemessen erachteter Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 265,20 EUR (Grundmiete 180,00 EUR, Vorauszahlung Betriebskosten 33,00 EUR, Vorauszahlung Kaltwasser 37,20 EUR, Müllgebühren 15,00 EUR) zusammensetzte. Telefonisch wurde außerdem in Erfahrung gebracht, dass dem Kläger von der Kreisbaugesellschaft bereits am 14. Februar 2005 eine Wohnung im P. in G. mit einer Grundfläche von 40 m² sowie Einzelofenheizung, Baujahr 1962, zu einer Grundmiete von 165,00 EUR zuzüglich Nebenkosten von 44,00 EUR angeboten worden sei, welche er jedoch mit der Begründung abgelehnt habe, dass das Bad zu klein und kein Balkon vorhanden sei. Durch Bescheid vom 13. April 2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung "in Form von Sicherstellung einer Kautionszahlung" ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Angemessenheit der angebotenen Wohnung zu verneinen sei. Die Wohnung in der B. in G. war zwischenzeitlich vergeben worden. Klage und Berufung blieben erfolglos (SG Ulm, Gerichtsbescheid vom 19. September 2005 - S 6 SO 1969/05 -; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 6. April 2006, L 7 SO 4224/05).

Am 7. Oktober 2005 stellte der Kläger, der mittlerweile in einem Obdachlosenheim in H. untergekommen war, den Antrag auf Sicherstellung einer Kautionszahlung in Höhe von 490 EUR hinsichtlich einer von der Kreisbaugesellschaft (Schreiben vom 23. September 2005) angebotenen Wohnung im L. in G. (Grundmiete 162,60 EUR (Gesamtmiete 201,00 EUR), Grundfläche 42,23 m²). Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2005 mangels Bedürftigkeit ab. Hiergegen legte der Kläger am 14. Oktober 2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2005 mit der Begründung abgewiesen wurde, dass aufgrund der Höhe des Einkommens des Klägers die Gewährung von laufenden Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ausgeschlossen sei, sodass eine Übernahme bzw. Sicherstellung der Kautionszahlung ebenfalls nicht möglich sei. Die Rente übersteige den maßgebenden Bedarf.

Im März 2006 stellte der Kläger einen Antrag auf Übernahme einer Mietkaution für eine Wohnung im P. (zwei Zimmer, 40,35 m², Grundmiete 165,45 EUR, Vorauszahlung Betriebskosten 19,70 EUR und Vorauszahlung Kaltwasser 41,25 EUR, gesamt 250 EUR). Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2006 ab.

Zum 1. August 2006 mietete der Kläger eine Wohnung in der H. in G. (zwei Zimmer, 63 m², Grundmiete mit Pkw-Abstellplatz 320 EUR, Nebenkosten 80 EUR, insgesamt 400 EUR). Die Kaution in Höhe von 900 EUR erbrachte der Beklagte mittels einer Bürgschaftsvereinbarung vom 8. September 2006 und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 7. September 2006 für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 laufende Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 95,91 EUR, auf die er mit vorgefertigter Erklärung vom 4. Mai 2007 ab dem 1. Mai 2007 verzichtete.

Bereits am 9. Dezember 2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2005 erhoben und vorgetragen, seiner Meinung nach wolle sich der Beklagte nur vor der Zahlung drücken. Es sei ihm nicht bekannt, dass eine Baugesellschaft der Ratenzahlung einer Kaution zustimme. Am 30. November 2006 hat er sein Begehren auf die Abgabe einer Bürgschaftserklärung für die Wohnung P. in G. erweitert. Die Klage hat er auch nach dem Einzug in die Wohnung in der H. in G. mit der Begründung aufrechterhalten, er wolle dem Beklagten "eine reinwürgen". Der Beklagte müsse eine weitere Kaution bezahlen. Die Bürgschaft solle in Geld ausbezahlt werden und nicht lediglich in Papierform. Er werde auch in der jetzigen Wohnung nicht bleiben und dem Vermieter Schwierigkeiten machen. Es solle eine mündliche Verhandlung stattfinden, zu der Frau K. (Sachbearbeiterin des Beklagten) erscheinen solle.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2007 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen. Denn der Antrag auf Übernahme der Mietkaution für die Wohnung im L. habe sich dadurch erledigt, dass der Kläger tatsächlich in eine andere Wohnung gezogen sei. Ein besonderes Feststellungsinteresse liege jedoch nicht vor, zumal der Kläger inzwischen Leistungen von der Beklagten erhalte. Die Anträge, eine weitere Kaution und die Bürgschaft in Geld auszubezahlen, seien ebenfalls unzulässig. Denn jedenfalls lägen schon nicht die Voraussetzungen einer Klageerweiterung im Sinne von § 99 SGG mangels Verwaltungsentscheidung über die Anträge vor.

Gegen diesen ihm am 22. Februar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Februar 2007 beim SG Berufung eingelegt, mit der er sinngemäß die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Mietkautionen entsprechend seiner Anträge vom 1. Oktober 2005 und vom März 2006 zu übernehmen. Er hat geltend gemacht, er könne wegen des Ärgers, den er dort auch mit der Stadt habe, nicht in H. bleiben. Der Beklagte solle eine Kaution als Darlehen gewähren und bar auszahlen, damit er wegziehen könne.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Februar 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 10. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2005 und der Bescheid vom 22. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2006 rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Die Wohnung des Klägers in der H. ist am 16. November 2007 zwangsgeräumt worden und der Kläger, der nach seinen Angaben zunächst bei Bekannten wohnte, wurde in die städtische Obdachlosenunterkunft in G., R. eingewiesen, wo er sich weiterhin aufhält. Am 4. Januar 2008 beantragte er erneut Leistungen zur Grundsicherung beim Beklagten sowie die Übernahme einer Mietkaution für eine Wohnung im P. in G ... Der Antrag auf Übernahme der Kaution wurde mit Bescheid vom 12. Februar 2008 mangels Anspruchs abgelehnt. Einen weiteren Antrag auf Leistungen zur Grundsicherung sowie die Übernahme einer Mietkaution für eine Wohnung in der A. in G. stellte der Kläger am 3. März 2008, der mit Bescheid vom 12. März 2008 mangels Anspruchs abgelehnt wurde. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde abgelehnt, nachdem die Wohnung nicht mehr verfügbar war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Berufungsakte, der Gerichtsakte des SG und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes, ausgehend von dem mit der Klage sachlich verfolgten Ziel (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 1500 § 144 Nr. 5), mehr als 500,00 EUR beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG a.F.). Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Zutreffend hat das SG als einzig hier noch in Betracht kommende Klageart die Fortsetzungsfeststellungsklage geprüft; den entsprechenden Antrag hat der Kläger im Berufungsverfahren gestellt. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Die Zulassung dieser Klageart, die nicht der Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG unterliegt (vgl. BSG SozR 4100 § 19 Nr. 5; SozR 3-1500 § 116 Nr. 6), dient der Prozessökonomie; damit soll verhindert werden, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die Früchte der bisherigen Prozessführung gebracht wird (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 81, 226, 228; 89, 354, 355). In diesem Rahmen geht es demnach um die Klärung der Frage, ob der nicht mehr wirksame und auch nicht mehr rückgängig zu machende Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war (vgl. BVerwGE 26, 161, 166).

Die vom Kläger erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht schon deswegen unstatthaft, weil das Gesetz den Übergang auf diese Klageart ausdrücklich nur für die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG) vorsieht. Denn die Vorschrift des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (vgl. auch § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)) hat die Rechtsprechung des BSG - wie auch des BVerwG - stets weit ausgelegt und die Regelung beispielsweise auch auf die Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGG; vgl. BSGE 42, 212, 216; BVerwG Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 173) und die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 7. September 1988 - 10 RAr 8/87 - (juris)) angewandt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 - L 7 SO 4224/05 -). Grundvoraussetzung für den Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist, dass sich das ursprüngliche Klageziel nach Erhebung der Klage oder nach Erlass des Verwaltungsakts erledigt hat, wobei der Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich nicht entgegensteht, dass sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hatte (vgl. (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 a.a.O. unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 109 Nr. 2; BVerwGE 26, 161, 165). Im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG liegt eine Erledigung allgemein dann vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos gemacht hat oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt; sie ist mit dem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bzw. der sich aus einem Verwaltungsakt ergebenden Beschwer gleichzusetzen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 a.a.O. m.w.N.). Eine derartige Erledigung ist hier spätestens dadurch eingetreten, dass der Kläger ab August 2006 eine andere Wohnung in der H. angemietet hatte, für die der Beklagte die Kaution in Form einer Bürgschaft übernommen hatte. Hinsichtlich der Wohnung im P. war die Klage, unabhängig von der Zulässigkeit der Klageerweiterung, allerdings bereits deswegen unzulässig, weil der Bescheid vom 22. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2006 zu diesem Zeitpunkt bestandskräftig war, so dass die Voraussetzung für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht gegeben ist, und eine Feststellungsklage dementsprechend an der Subsidiarität gegenüber der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage scheitert. Falls eine Erledigung bereits vor Bestandskraft des Bescheids vom 22. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2006 durch Vergabe der Wohnung eingetreten sein sollte, wäre die Klageerweiterung sachdienlich und die Klage entsprechend der Ausführungen zur Wohnung im L. zulässig, aber aus den gleichen Gründen ebenfalls unbegründet.

Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht unter der weiteren Voraussetzung, dass ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung als Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses besteht. Hierfür genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann (vgl. BSG SozR 4100 § 91 Nr. 5; SozR 3-2500 § 126 Nr. 2); ein derartiges Feststellungsinteresse kommt im Grundsatz in drei Richtungen in Betracht, nämlich wegen eines Rehabilitierungsinteresses, wegen eines Wiederholungsinteresses oder wegen eines Schadensinteresses (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 a.a.O. m.w.N.), wobei ein beabsichtigter Amtshaftungsprozess aber nur dann ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründet, wenn die Erledigung erst während des gerichtlichen Verfahrens eingetreten ist, da der Kläger ansonsten darauf zu verweisen ist, unmittelbar Amtshaftungsklage beim hierfür zuständigen Gericht zu erheben (BVerwG vom 27. März 1998 - 4 C 14/96 -, veröffentlicht in Juris). Die angestrebte Entscheidung muss die Lage des Klägers objektiv verbessern können (vgl. BSGE 79, 33, 34); nicht ausreichend ist, dass der Kläger seine Rechtsauffassung bestätigt sehen möchte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 a.a.O.). Ein Feststellungsinteresse des Klägers im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG liegt hier in Form der Wiederholungsgefahr vor. Eine Wiederholungsgefahr setzt die konkrete Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. April 2006 a.a.O. unter Hinweis auf BSGE 42, 212, 217; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr. 12). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Beklagte, nachdem der Kläger die Wohnung in der H. verloren hatte und erneut in der Obdachlosenunterkunft untergebracht war, die Übernahme einer Mietkaution für eine Wohnung im P. in G. und eine Wohnung in der A. in G. wiederum deswegen abgelehnt hat, weil der Kläger die Miete für diese Wohnungen - ebenso wie hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Wohnung im L. (bzw. im P.) in G. - aus seiner Rente bestreiten könne, ohne bedürftig im Sinne des SGB II zu werden.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid war im Zeitpunkt seiner Erledigung nicht rechtswidrig. Der Kläger hatte zunächst keinen Anspruch nach § 29 SGB XII, was der Beklagte zutreffend ausgeführt hat. Hierbei handelt es sich um Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, die nur Personen zu leisten ist, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können (vgl. § 19 Abs. 1 SGB XII). Im Ergebnis zutreffend hat der Beklagte festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner laufenden Einnahmen in Form seiner Erwerbsunfähigkeitsrente nicht hilfebedürftig war. Insbesondere wäre auch mit dem Zeitpunkt des Umzugs in die Wohnung im L. bei einer Gesamtmiete von 201,00 EUR keine Bedürftigkeit entstanden. Der Gesamtbedarf des Klägers hätte dann 604,65 EUR betragen (345 EUR [Regelsatz] + 58,65 EUR [Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 1 SGB XII] + 201 EUR = 604,65 EUR). Damit wären dem Kläger von seiner Rente monatlich noch etwa 100,- EUR für die Heizkosten u.ä. geblieben. Bedürftigkeit wäre damit durch den Umzug nicht eingetreten. (Entsprechendes gilt für die Wohnung im P.: Gesamtbedarf des Klägers hätte dann 653,65 EUR betragen (345 EUR [Regelsatz] + 58,65 EUR [Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 1 SGB XII] + 250 EUR = 653,65 EUR), so dass dem Kläger noch etwa 50 EUR monatlich verblieben wären).

Auch die nachrangigen Leistungen nach §§ 67 f. SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten i.d.F. der Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 72 des Bundessozialhilfegesetzes (Art. 14 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003) kommen nicht in Betracht. Nach § 67 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt wird, gehen diese Leistungen vor. Gemäß § 68 SGB XII sind Maßnahmen zu erbringen, die notwendig sind, um Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Neben reaktiven Maßnahmen sind damit auch präventive Leistungen zur Vermeidung von Schwierigkeiten erfasst. Die notwendige, zu prognostizierende Erfolgsaussicht setzt dabei voraus, dass die Hilfe objektiv geeignet ist, den anvisierten Erfolg herbeizuführen. Neben der Erfolgsaussicht ist die Nachhaltigkeit der Hilfe Leistungsvoraussetzung. Bei der Gesamtabwägung im Rahmen der Entscheidung über die Hilfe sind einerseits die sozialen Rechte des Einzelnen auf optimale soziale Hilfe (§ 2 SGB I) und andererseits das Interesse der Allgemeinheit an möglichst die Mittel schonender Hilfe, mithin Kostenerwägungen zu berücksichtigen (vgl. Gudat in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), Beck scher Online-Kommentar, Stand: 01.12.2008, § 68 Rdnr. 2).

Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 DVO i.V.m. § 69 SGB XII ist persönliche Leistungsvoraussetzung, dass besondere Lebensverhältnisse derart mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, dass die Überwindung der besonderen Lebensverhältnisse auch die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten erfordert. Nach § 1 Abs. 2 DVO i.Vm. § 69 SGB XII bestehen besondere Lebensverhältnisse u.a. bei fehlender oder nicht ausreichender Wohnung. Der Senat sieht beide Voraussetzungen hier als gegeben an. Der Kläger lebt in einer Obdachlosenunterkunft und hat nicht die finanziellen Mittel, um die für die Anmietung einer Wohnung erforderliche Mietkaution aufzubringen. Hinzu kommt, dass er voll erwerbsgemindert ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 DVO zu § 69 SGB XII sollen die Hilfesuchenden durch ihre Unterstützung zur selbständigen Bewältigung ihrer besonderen sozialen Schwierigkeiten in die Lage versetzt werden, ihr Leben entsprechend ihren Bedürfnissen, Wünschen und Fähigkeiten zu organisieren und selbstverantwortlich zu gestalten. Auch wenn § 2 Abs. 2 S. 1 DVO i.V.m. § 69 SGB XII grundsätzlich Maßnahmen als Dienst-, Geld- und Sachleistungen als Formen der Hilfe vorsieht, schreibt § 2 Abs. 2 S. 2 DVO i.V.m. § 69 SGB XII als vorrangige Leistung der Hilfe zur Selbsthilfe Dienstleistungen in Form der Beratung und der persönlichen Unterstützung des Hilfesuchenden und seiner Angehörigen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung, bei der Vermittlung in Ausbildung, bei Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie bei Aufbau und Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen und der Gestaltung des Alltags vor. Auch die Hilfe zur Erhaltung und Erschaffung einer Wohnung ist gem. § 4 Abs. 1 DVO i.V.m. § 69 SGB XII primär auf die hierfür erforderliche Beratung und persönliche Unterstützung gerichtet. Die Formulierung "vor allem" macht jedoch deutlich, dass auch andere (materielle) Leistungen möglich sind. Sie umfasst gem. § 4 Abs. 2 DVO i.V.m. § 69 SGB XII auch sonstige Leistungen zur Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, insbesondere nach § 34 SGB XII. Auch wenn danach in einem Fall, wie dem vorliegenden, sozialleistungsrechtliche Hilfe zur Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums im Wege der Wohnungsbeschaffung durch Übernahme einer Mietkaution nach § 29 SGB XII gewährt werden kann, scheitert ein solcher Anspruch hier an der fehlenden Nachhaltigkeit. Der Kläger hat gezeigt, dass er – auch ohne Unterstützung - durchaus in der Lage ist, Wohnungen, insbesondere auch solche, deren Mietpreis er aus eigenen Mittel zahlen kann, und Vermieter zu finden, die bereits sind, ihm diese zu vermieten. Weiterhin geht der Senat davon aus, dass die Anmietung und der Umzug in die Wohnungen in G. im L. (und P.) allein deswegen gescheitert ist, weil der Kläger die Mietsicherheit nicht aufbringen konnte. Die Übernahme dieser Sicherheit durch den Beklagten wäre insoweit eine grundsätzlich notwendige Maßnahme im Sinne der genannten Vorschriften gewesen. Sie hätte aber hier zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Wohnungssituation des Klägers geführt. Denn der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger, wenn die streitgegenständliche(n) Mietkaution(en) übernommen worden wäre(n), nicht längerfristig in der von ihm gemieteten Wohnung geblieben, sondern - mit zusätzlichen Mietschulden - erneut in eine Obdachlosenunterkunft zurückkehrt wäre. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die von ihm ab dem 1. August 2006 gemietete Wohnung in der H. in G., für die der Beklagte die Mietsicherheit erbracht hat, bereits am 16. November 2007 zwangsgeräumt wurde, nachdem erhebliche Mietrückstände vorlagen. Dass der Kläger diese Zwangsräumung provoziert hat, ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger schon am 30. Januar 2007 bei einer persönlichen Vorsprache bei der Geschäftsstelle des Sozialgerichts angegeben hat, dass die Behörde die Mietkaution für diese Wohnung nicht zurückerhalten werde. Er habe in der Wohnung Schimmel gefunden und werde deswegen Klage gegen den Vermieter erheben und in der Wohnung Schaden verursachen, so dass die Kaution nicht zurückbezahlt werde. Mietschulden werde er wahrscheinlich auch hinterlassen. Er werde in dieser Wohnung nicht bleiben und dem Vermieter Schwierigkeiten machen. Er werde alles tun, um der Beklagten (und anderen) Unannehmlichkeiten etc. zu bereiten. Seine Angaben in der mündlichen Berufungsverhandlung in Bezug auf die von ihm aktuell in Aussicht genommene Wohnung und der Gesamteindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen hat, zeigen, dass es sich hier um eine grundlegende Fehleinstellung handelt. So gab der Kläger u.a. an, dass man in einer Wohnung immer etwas finde und wollte sich nicht festlegen, ob er im Falle der von dem Beklagten grundsätzlich angebotenen Übernahme der Mietsicherheit in der Wohnung in U. bleiben wolle. Nach alledem spricht alles dagegen, dass sich der Kläger im Falle der Übernahme der hier strittige(n) Mietsicherheit(en) anders verhalten hätte als er dies im Hinblick auf die Wohnung in der H. getan hat. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die ernsthafte Motivation hatte, seine Wohnungssituation auf Dauer zu verändern. Es ist damit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte, dessen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen den Kläger schon längere Zeit aufgrund von persönlichen Vorsprachen kannten, nicht zu einer für den Kläger günstigeren Einschätzung gekommen ist. Denn der Antrieb des Klägers für seine grundsätzlich erfolgreiche Wohnungssuche bestand und besteht auch nach Überzeugung des Senats darin, im Zusammenhang mit der Annmietung einer Wohnung anderen, insbesondere dem Beklagten, Unannehmlichkeiten zu machen. Seinen hierauf beruhenden Schwierigkeiten, die letztlich zu einem dauerhaften Verbleiben in Obdachlosenunterkünften führen, kann durch die Übernahme von Mietkautionen nicht nachhaltig begegnet werden. Sie würde vielmehr dem Interesse der Allgemeinheit an möglichst die Mittel schonender Hilfe eindeutig widersprechen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger einerseits seine Wohnungssituation selbst durch die beabsichtigten Umzüge nicht ernsthaft dauerhaft verbessern wollte und will, und er andererseits durch die Unterbringung zumindest nicht obdachlos war und ist. Im Hinblick auf seine dargestellten Probleme könnte an Hilfe in Form sozialpädagogischer Betreuung gedacht werden, die allerdings nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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