L 2 AS 3515/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 2136/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 3515/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 2008 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die teilweise Aufhebung und Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.5.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 2.808,09 EUR wegen Erwerbseinkommen.

Die am 1963 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, lebt mit ihrem Ehemann S. (geb. 1971), der wechselnden Beschäftigungen nachgeht, und den gemeinsamen Kindern E. (geb. 1990) und M. (geb. 1997) zusammen in einer 92 m² großen 3-Zimmer-Wohnung. Seit 1.1.2005 stehen sie im Leistungsbezug der Beklagten und erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sowie Kosten der Unterkunft und Heizung, die der kommunale Träger trägt. Zuletzt erhielten sie unter Anrechnung von Erwerbseinkommen des Ehemanns (Tätigkeit als Fliesenleger) für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 Leistungen in Höhe von insgesamt 939,32 EUR monatlich (Bescheid vom 16.11.2005, Bl. 202 VA).

Am 13.3.2006 wurde der Beklagten bei einer Vorsprache mitgeteilt, dass der Ehemann nicht mehr arbeite (Tätigkeit bei der Fa. W. GmbH & Co. KG, Bl. 214 VA). Nachdem Unterlagen über das zuvor erzielte Erwerbseinkommen zunächst nicht vorgelegt wurden, wurden die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 9.5.2006 ab 11.4.2006 ganz versagt (Bl. 233 VA). Am 5.5.2006 beantragte die Klägerin unter Verneinung von Änderungen in den Einkommensverhältnissen und ohne Angabe von Einkommen auf dem Zusatzblatt 2.1 die Fortzahlung der Leistungen, die die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 31.5.2006 noch wegen fehlender Mitwirkung versagte. Nachdem die angeforderten Unterlagen vorgelegt worden waren, korrigierte die Beklagte die Leistungen für die zurückliegende Zeit bis einschließlich Mai 2006 (Änderungsbescheide vom 30.6.2006, Bl. 259, 269 VA). Mit Bewilligungsbescheid ebenfalls vom 30.6.2006 wurden der Bedarfsgemeinschaft SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 832,79 EUR monatlich bewilligt (Bl. 273 VA, wegen der Umstellung des Vorstands der Bedarfsgemeinschaft auf die Klägerin ist der Ehemann nicht extra erwähnt, erscheint aber auf Blatt 2 des Bescheids bei den Rentenversicherungsbeiträgen).

Durch eine Überschneidungsmitteilung mit einem Sozialversicherungsträger wurde der Beklagten bekannt, dass der Ehemann der Klägerin seit 12.4.2006 bei der Firma C. C. Personalbüro M. e.K. (CIP) in B. beschäftigt war. Der Fortzahlungsantrag vom 13.11.2006, in dem die Erwerbstätigkeit angegeben wurde, wurde zunächst bis zur Vorlage von Einkommensbescheinigungen nicht bearbeitet. Ausweislich der Gehaltsabrechnungen der Firma CIP hatte der Kläger im Jahr 2006 - jeweils brutto - im April 784,35 EUR, im Mai 1.364,38 EUR im Juni 1.372,17 EUR, im Juli 1.210,82 EUR, im August 1.374,08 EUR, im September 1.090,25 und im Oktober 1.194,20 EUR verdient, das Gehalt war jeweils am 20. des Folgemonats ausgezahlt worden (Blatt 312 ff, 321 ff VA). Mit Bescheid vom 27.11.2006 wurde gegenüber der Klägerin die Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen - ohne die Leistungen für Unterkunft und Heizung - für die Zeit vom 1.5. bis 30.11.2006 teilweise aufgehoben und die Erstattung von 4.346,30 EUR verlangt, weil die Bedarfsgemeinschaft nur ergänzend hilfebedürftig gewesen, die Beschäftigung verschwiegen und Einkommen erzielt worden sei. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie behauptete, den Arbeitsvertrag vom April 2006 gleich nach der Unterschrift bei der Beklagten vorgelegt zu haben, hatte wegen geänderter Weisungslage der Beklagten teilweise Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid - der an den Bevollmächtigten der Klägerin gerichtet war - vom 27.3.2007 beschränkte die Beklagte die Aufhebungsentscheidung in Abänderung des Bescheids vom 27.11.2006 auf die der Klägerin und den minderjährigen Kindern E. und M. zu Unrecht bewilligten Leistungen, wodurch sich der Erstattungsbetrag auf insgesamt 2.808,09 EUR reduzierte. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses sei der Beklagten nicht mitgeteilt worden. Das vom Ehemann erzielte Einkommen sei auf den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen. Da es sich bei dem Anspruch nach dem SGB II jedoch um einen Individualanspruch handele könne die Rückabwicklung zu Unrecht bewilligter Leistungen immer nur im Verhältnis zu demjenigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgen, dem die Leistungen bewilligt worden seien. Der angefochtene Bescheid habe sich an die Widerspruchsführerin gerichtet, mit diesem Bescheid habe daher nur die ihr und den minderjährigen Kindern - insoweit habe sich der Bescheid an die Klägerin als gesetzliche Vertreterin von E. und M. gerichtet - bewilligten Leistungen aufgehoben und zurückgefordert werden können. Hierbei handele es sich um Leistungen für die Klägerin in Höhe von insgesamt 1.676,61 EUR (149,58 EUR im Mai, 279,09 EUR im Juni, 285,61 EUR im Juli, 238,69 EUR im August, 242,40 EUR im September, 206,03 EUR im Oktober und 235,21 EUR im November 2006), in Höhe von insgesamt 765,29 EUR für E. (je 122 EUR im Juni, Juli und September, 72 EUR im Mai, 114,90 EUR im August, 99,17 EUR im Oktober und 113,22 EUR im November 2006) und in Höhe von insgesamt 366,19 EUR für M. (48,19 EUR im Mai sowie je 53 EUR von Juni bis November 2006). Gegenüber dem Ehemann der Klägerin hätten mit dem an die Klägerin gerichteten Bescheid keine Leistungen aufgehoben und zurückgefordert werden können.

Dagegen hat - nachdem das SG dies zunächst anders gesehen hat und nach Klarstellung durch den Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 25.6.2008 - ausdrücklich nur die Klägerin am 26.4.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und sich zunächst dagegen gewandt, dass sie als einkommenslose Hausfrau zur Rückgewährung von Leistungen an ihre minderjährigen Kinder verpflichtet werde. Sie habe auch keine falschen Angaben gemacht, weil die Anträge mangels Deutschkenntnissen von einem ihrer Brüder ausgefüllt worden seien. Wohl am 13.4.2006 habe sie mit ihrem Bruder eine Veränderungsmitteilung wegen der Beschäftigung bei der Fa. CIP bei der Beklagten abgegeben. Das SG hat mit Urteil vom 25.6.2008 der Klage insoweit stattgegeben, als die Klägerin durch den Bescheid vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2007 auch zur Rückerstattung der ihren Kindern E. und M. bewilligten Leistungen verpflichtet worden war, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bei Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft jeweils die einzelnen Mitglieder Anspruchsinhaber sind. Dies führe dazu, dass Entscheidungen über Aufhebung und Rückforderung an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergehen müssen, was im angefochtenen Bescheid nicht und im Widerspruchsbescheid nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sei. Im Übrigen sei die teilweise Rückforderung der Leistungen gem. §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 45 Abs. 1 SGB X, 330 Abs. 2 SGB III, 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtmäßig, weil der Änderungsbescheid vom 30.6.2006, mit welchem der Klägerin für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden seien, sowie der Bewilligungsbescheid vom 30.6.2006, mit dem Leistungen für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2006 bewilligt worden seien, von Anfang an rechtswidrig gewesen seien, weil dem Ehemann auf Grund des am 12.4.2006 aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma CIP Arbeitseinkommen zugeflossen sei und sich dadurch der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II verringert habe. Hinsichtlich des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit hat das SG auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass sich die Klägerin das Verhalten ihrer Brüder beim Ausfüllen der Antragsunterlagen nach §§ 166 Abs. 1 und 278 BGB zurechnen lassen müsse. Fehlende Deutschkenntnisse entschuldigten nicht falsche Angaben in einem Antragsformular. Es komme nicht darauf an, ob sie den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.4.2006 noch am gleichen Tag bei der Beklagten vorgelegt habe, auch dann blieben ihre Angaben im Antragsformular falsch.

Gegen das ihr am 27.6.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.7.2008 und die Klägerin - ohne Datum - auf der Geschäftsstelle des SG Berufung eingelegt. Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass sie im Widerspruchsbescheid die rechtlichen Vorgaben des Bundessozialgerichts im Urteil vom 7.11.2006 (B 7b AS 8/06 R) auch hinsichtlich der Rückforderung gegenüber den Kindern ausreichend berücksichtigt habe. Darin sei klargestellt worden, von wem was zurückgefordert werde. Bei minderjährigen Kindern wirke sich die Begrenzung der Vertretungsbefugnis nicht aus, weil in dem Fall die Eltern als gesetzliche Vertreter die Adressaten für die Rückforderung gegenüber den Kindern seien. Die vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze würden überspannt, sollten separat adressierte Aufhebungsbescheide gegenüber minderjährigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft gefordert werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 2008 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2007 insgesamt aufzuheben.

Es sei unklar, gegen wen sich nun der angefochtene Bescheid richte und wer am Gerichtsverfahren beteiligt sei. Auch aus dem Tenor des Widerspruchsbescheids ergebe sich, dass es nur um die Mutter gehe. Förmlich könne mit dem streitgegenständlichen Bescheid weder vom Vater noch von den Kindern etwas zurückgefordert werden, weil weder Vater noch Kinder ordnungsgemäß beteiligt und angehört worden seien. Im Übrigen sei nicht geprüft worden, ob die Voraussetzungen einer Rückforderung für die Leistungen an die Kinder vorlägen, diese hätten sich nichts vorzuwerfen. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Leistungen von der Mutter, nicht aber vom Vater zurückgefordert würden.

Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten im Termin am 20.11.2008 erörtert, die sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg (1.), nicht aber die Berufung der Klägerin (2.).

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufung der Klägerin, von der nicht bekannt ist, wann sie eingelegt wurde, ist zumindest als unselbständige Anschlussberufung, die nicht an die Berufungsfrist gebunden ist (HK-SGG/Eckertz, 3. Aufl. 2009 § 143 Rdnr. 36), zulässig.

1. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Im Rahmen ihrer Berufung steht der Bescheid vom 27.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2007 zur Überprüfung, soweit das SG diesen hinsichtlich der den Kindern der Klägerin E. und M. bewilligten Leistungen aufgehoben hat. Insoweit hat das SG den angefochtenen Bescheid jedoch zu Unrecht aufgehoben.

Anders als das SG erkennt der Senat im angefochtenen Bescheid nur eine Rückforderung von der Klägerin in Höhe von 1.676,61 EUR. Der Senat erachtet den Bescheid vom 27.11.2006 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 27.3.2007 gefunden hat (§ 95 SGG), für formell rechtmäßig, insbesondere für inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für einen verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29.01.1997, 11 RAr 43/96). Aus dem Verfügungssatz muss für einen Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 06.02.2007, B 8 KN 3/06 R; Urteil vom 2.06.2004, B 7 AL 58/03; Urteil vom 15.05.2002, B 6 KA 25/01 R). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ergibt sich durch Auslegung des Widerspruchsbescheids, dass sowohl die Klägerin als auch ihre Kinder E. und M. Adressaten unterschiedlicher Verfügungen sind und welche Regelung im Einzelfall getroffen wird (§ 31 SGB X). Hinweise hierzu ergeben sich nicht aus der Adressierung an die bevollmächtigten Anwälte. Zwar haben diese nur im Namen ihrer Mandantin, der Klägerin, Widerspruch eingelegt; wie die Vorgehensweise des SG mit vorübergehender Erweiterung des Rubrums auch auf die Kinder der Klägerin zeigt, ergibt sich daraus nicht eindeutig, dass auch tatsächlich nur die Klägerin allein - und nicht auch ihre minderjährigen Kinder - vertreten werden wollte. Wie auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) belegt, bestand zumindest in der Übergangszeit häufig Unklarheit in diesem Punkt. Zudem war der Ausgangsbescheid vom 27.11.2006 allein an die Klägerin gerichtet und forderte nur von ihr die gesamten übersteigenden Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft zurück. Auch der Tenor des Widerspruchsbescheids differenziert nicht, von wem welche Leistung zurückgefordert wird. Er besagt aber auch nicht, dass alle anteiligen Leistungen der drei Bedarfsgemeinschaftsmitglieder (Klägerin, E. und M.) insgesamt von der Klägerin zurückgefordert werden; die Formulierung ist insoweit offen. Eindeutig ist jedoch in der Begründung des Widerspruchs zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte im Bescheid vom 27.11.2006 einen Fehler gemacht hat, als sie den Gesamtanspruch gegen die Bedarfsgemeinschaft von der Klägerin gefordert hat, sie nun berücksichtigt, dass es sich um Individualansprüche handelt, und sich der Bescheid insofern an die Klägerin selbst, sowie an sie als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder richtet. Damit lässt sich aus dem Inhalt des Widerspruchsbescheids eindeutig schließen, wer inhaltlich Adressat und von der Entscheidung betroffen ist. Der Widerspruchsbescheid ist auch sowohl der Klägerin als auch ihren Kindern bekannt gegeben und damit wirksam geworden (§§ 37, 39 Abs. 1 S. 1 SGB X). Hinsichtlich der Klägerin ist dies unproblematisch, da der Widerspruchsbescheid an ihren Bevollmächtigten ging (§§ 13, 37 Abs. 1 S. 2 SGB X). Aber auch hinsichtlich der minderjährigen Kinder ist die Bekanntgabe an die Klägerin als (neben dem Ehemann auch) gesetzliche Vertreterin der Kinder erfolgt. Es reicht die Bekanntgabe bzw. Zustellung des Bescheids an einen Elternteil (Udsching/Link, Aufhebung von Leistungsbescheiden im SGB II, in SGb 9/07, S. 513 ff, S. 516), sodass auch gesonderte Aufhebungsbescheide hinsichtlich der ihren Kindern bewilligten Leistungen an die Klägerin - die für den Zeitraum auch als Vertreterin der Bedarfsgemeinschaft aufgetreten ist - hätten adressiert werden müssen. Demnach hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 27.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2007 die Bewilligungsentscheidungen sowohl für die Klägerin als auch für die Kinder E. und M. für den Zeitraum vom 1.5.2006 bis 30. 11.2006 teilweise aufgehoben und fordert von der Klägerin die ihr bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.676,61 EUR - nämlich 149,58 EUR im Mai, 279,09 EUR im Juni, 285,61 EUR im Juli, 238,69 EUR im August, 242,40 EUR im September, 206,03 EUR im Oktober und 235,21 EUR im November 2006 - zurück. Den Restbetrag zu 2.808,09 EUR (765,29 EUR für Emrullah und 366,19 EUR für Merve) fordert sie von den Kindern. Es wird damit in dem Widerspruchsbescheid deutlich, welche Personen in welchem Zeitraum und in welcher Höhe Leistungsempfänger waren, welche Bewilligung aufgehoben wird und was von ihnen zurückgefordert wird. Von daher genügt der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in der Form, die er durch den Widerspruchsbescheid genommen hat, dem Individualisierungsgrundsatz und damit den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit.

Das SG durfte über den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid idF des Widrspruchsbescheids hinsichtlich der Kinder nicht entscheiden, denn die im angefochtenen Bescheid verfügte Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung die Kinder betreffend war nicht Gegenstand der Klage vor dem SG. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG für eine Übergangszeit bis 30.6.2007 Anträge im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie Urteile, die eine Bedarfsgemeinschaft betreffen, großzügig auszulegen und nach dem Meistbegünstigungsprinzip im Zweifel von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen (BSG a.a.O.), sodass - wie es das SG zunächst getan hat - davon auszugehen war, dass auch die Kinder (gesetzlich vertreten durch ihre Mutter) als Kläger in das Rubrum aufzunehmen sind. Hier liegt jedoch nach der ausdrücklichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25.6.2008 ein solcher Zweifelsfall nicht vor. Beteiligt am Rechtsstreit ist erklärtermaßen nur die Klägerin und nicht ihre Kinder E. und M ... Die Berufung der Beklagten ist deshalb begründet. Nicht zur Diskussion steht auch hinsichtlich der an die Kinder erbrachten Leistungen ein Ersatzanspruch gegen die Klägerin nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, weil die Beklagte darüber keine Entscheidung getroffen hat.

2. Die Berufung der Klägerin ist dagegen nicht begründet. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Der gegenüber der Klägerin ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (idF des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2007) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung gegenüber der Klägerin ist - wie das SG zutreffend erkannt hat - § 45 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 SGB III. Diese gesetzlichen Voraussetzungen hat das SG in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, den Sachverhalt darunter zutreffend subsumiert und umfassend begründet, warum sich die Klägerin hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen nicht auf Vertrauen berufen kann. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an, sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei vorliegendem Sachverhalt die Beklagte auch die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen beachtet hat. Ferner ist die fehlende Anhörung vor Erlass des Bescheids vom 27.11.2006 durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X, Wiesner in von Wulffen SGB X, 5. Aufl. 2005, § 41 Rdnr. 8). Die Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zu Aufhebungs- und Erstattungsstreitigkeiten durch die Beklagte im Widerspruchsbescheid stellt keine neuen Tatsachen oder Umstände dar, die im Widerspruchsverfahren gesondert zur Anhörung hätten gestellt werden müssen, zumal dies zu einer teilweisen Abhilfe des Widerspruchs der Klägerin durch die Reduzierung der Erstattungsforderung geführt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved