L 33 R 1376/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 R 3959/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 1376/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente nach Teilzeitarbeit.

Der 1944 geborene Kläger, der als Verwaltungsangestellter beschäftigt war und keine Kinder hat, vereinbarte mit seinem Arbeitgeber eine Altersteilzeitregelung, nach der er vom 1. April 2000 bis zum 31. August 2002 wöchentlich 38,5 Stunden berufstätig und vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2004 ohne Beschäftigung war.

In dieser Zeit betreute er seine im Jahre 1912 geborene Mutter und seine schwerbehinderte Schwester. Die Beigeladene holte zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Mutter von der Pflegefachkraft W ein Gutachten vom 13. Juni 2003 ein. Die Sachverständige ging von den folgenden pflegebegründenden Diagnosen aus: Herzinsuffizienz mit Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Herzschrittmacher, Gonarthrose mit Mobilitätseinschränkung, Zustand nach Herzinfarkt, Angina pectoris, Belastungsdispnoe, Tremor und Stomabeutel. Zum damaligen Umfang der pflegerischen Versorgung führte die Sachverständige aus, dass die Mutter durch einen Pflegedienst, den Kläger sowie eine private Haushaltshilfe versorgt werde. Der Pflegedienst komme dreimal täglich zur Grundpflege und zum Wechsel des Stomabeutels. Der Sohn erscheine zwei- bis dreimal täglich und übernehme die hauswirtschaftliche Versorgung, insbesondere die Bereitstellung der Mahlzeiten, sowie die Begleitung außer Haus und die allgemeine soziale Betreuung. Die private Haushaltshilfe beteilige sich ebenfalls an der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass ein täglicher Grundpflegebedarf von 131 Minuten und ein täglicher Bedarf der hauswirtschaftlichen Versorgung im Umfang von 64 Minuten bestünden.

Die geistig behinderte Schwester, deren Betreuer der Kläger ist, war in der Zeit vor und seit dem 1. September 2002 bis zum 31. Mai 2003 in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe untergebracht. Vom 1. Juni 2003 bis zum 28. Februar 2004 lebte sie in einer betreuten Wohngemeinschaft des Diakonie-Wohnstättenwerkes. Ausweislich des Entwicklungsberichts der Diakonie vom 31. Oktober 2003 wurde der gesamte Pflegebedarf von den Mitarbeitern der Einrichtung gedeckt. Vom 1. März 2004 bis über den 31. März 2004 hinaus wohnte sie in einer vollstationären Einrichtung desselben Trägers. Jedes zweite Wochenende verbrachte sie im Haushalt der Mutter. Dort wurde sie vom Kläger betreut. Die Beigeladene holte ein Pflegegutachten der Pflegefachkraft G vom 18. Oktober 2005 ein, die zu dem Ergebnis kam, dass vor dem Hintergrund der bestehenden frühkindlichen Hirnschädigung mit Intelligenzminderung und einer Angststörung mit stark reduziertem Antrieb ein täglicher Grundpflege- und Hauswirtschaftsbedarf im Gesamtumfang von 200 Minuten bestehe.

Am 2. Dezember 2003 beantragte der Kläger die Bewilligung einer Altersrente nach Teilzeitarbeit. Mit einem am 1. Januar 2004 eingegangenen Vordruck gab er an, dass er seine Mutter und seine Schwester jeweils mehr als vierzehn Stunden wöchentlich pflege. Mit Bescheid vom 23. Februar 2004 bewilligte ihm die Beklagte mit Wirkung ab dem 1. April 2004 eine Altersrente nach Teilzeitarbeit in monatlicher Höhe von 900,67 EUR. Hierbei wurden keine Anrechnungszeiten für die Zeit vor der Vollendung des siebzehnten Lebensjahres berücksichtigt. Hinsichtlich der Frage, ob Beitragszeiten wegen der Pflege der Mutter und der Schwester anzuerkennen seien, wurde darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Ermittlungen noch liefen. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente wurde ein verminderter Zugangsfaktor von 0,820 berücksichtigt. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und berief sich dabei auf die Belastung durch die Pflege seiner Familienangehörigen. Zudem machte er geltend, dass das sechzehnte und siebzehnte Lebensjahr überhaupt keine Berücksichtigung gefunden hätten.

Am 28. November 2004 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen formell die Feststellung seiner Versicherungspflicht als Pflegeperson in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit Bescheid vom 2. März 2005 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Altersrente für die Zeit ab dem 1. April 2005 vor, weil sie einen höheren Krankenversicherungsbeitrag und einen Beitragszuschlag für Kinderlose erhob. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte nahm eine Überprüfung vor und bestätigte den Bescheid vom 2. März 2005 mit Bescheid vom 21. März 2005.

Mit Bescheid vom 14. April 2005 lehnte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers als Pflegeperson und die entsprechende Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Pflege von Angehörigen ab und gab zur Begründung an, dass in dieser Hinsicht keine Versicherungspflicht bestanden habe, da die Pflegetätigkeit weniger als vierzehn Stunden wöchentlich umfasst habe.

Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 23. Februar 2004, 2. März 2005, 21. März 2005 und vom 14. April 2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2005 zurück.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 16. August 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage gewandt. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2006 hat er nur noch geltend gemacht, dass ihm unter Anerkennung seiner Versicherungspflicht als Pflegeperson in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2004 eine höhere Rente gewährt wird. Im Übrigen hat er seine Klage zurückgenommen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Oktober 2006 abgewiesen, das dem Kläger am 3. November 2006 zugestellt worden ist. Mit der am 5. November 2006 beim Sozialgericht eingegangenen Berufung verfolgt der Kläger, dessen Mutter am selben Tag verstorben ist, sein Anliegen weiter. Mit Beschluss vom 19. Juli 2007 hat das Landessozialgericht die Deutsche Angestellten-Krankenkasse als Pflegekasse beigeladen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 23. Februar 2004 in der Gestalt der Bescheide vom 2. März 2005, 21. März 2005 und vom 14. April 2005 sowie des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung einer weiteren Pflichtbeitragszeit vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2004 eine höhere Altersrente nach Teilzeitarbeit zu gewähren.

Die Beklagte und die Beilgeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Sozialhilfeakten bezüglich der Schwester des Klägers, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2005 in der Gestalt der Bescheide vom 2. März 2005, 21. März 2005 und vom 14. April 2005 sowie des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005 ist rechtmäßig.

Soweit sich der Kläger ursprünglich im Wege der Anfechtungsklage dagegen gewandt hat, dass die Beklagte durch den Bescheid vom 2. März 2005 in der Gestalt des Bescheides vom 21. März 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2005 nachträglich einen Beitragszuschlag zur sozialen Pflegeversicherung erhoben hat, ist die Klage in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts zurückgenommen worden, so dass nur noch die Rentenhöhe streitig ist.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente nach Teilzeitarbeit aus § 237 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Beklagte hat die Rentenhöhe nach Maßgabe des § 64 SGB VI beanstandungsfrei berechnet. Sie hat insbesondere die zutreffenden rentenrechtlichen Zeiten nach den §§ 54, 55 SGB VI berücksichtigt.

Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren vorgebracht hat, dass auch seine Schulzeit vor dem siebzehnten Lebensjahr bei der Rentenberechnung als Anrechnungszeit zu berücksichtigen sei, steht diesem Begehren § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI entgegen. Danach sind Anrechnungszeiten solche Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten siebzehnten Lebensjahr höchstens bis zu acht Jahren eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben. Diese Beschränkung unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Juli 1984, 1 BvR 1405/83, SozR 2200 § 1259 Nr. 85; Bundessozialgericht, Urteil vom 11. August 1983, 1 RA 81/82, abrufbar bei der Datenbank Juris).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers wegen der Pflege seiner Mutter und seiner Schwester feststellt und den hier streitigen Zeitraum vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2004 als Pflichtbeitragszeit nach § 55 SGB VI anerkennt.

Hinsichtlich der Zeit bis zum 31. Dezember 2003 fehlt es bereits an dem hierfür erforderlichen Antrag, da Pflegezeiten erstmals mit dem am 1. Januar 2004 eingegangenen Vordruck geltend gemacht worden sind. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB XI erhalten Versicherte die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag, wobei die Leistungen ab Antragstellung gewährt werden, frühestens jedoch ab dem Zeitpunkt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen, die nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch die Erbringung von Beiträgen zur Rentenversicherung umfassen, gehören nach § 28 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI zu den Leistungen der Pflegeversicherung. Damit erfasst das Antragserfordernis auch diese Leistungen (vgl. BT-Drucksache 12/5262, S. 109, 116; Gürtner im Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2008, § 3 SGB VI Rn 4; § 33 SGB XI Rn 5 ff.). Es bestehen hier auch keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Beratungspflichten aus § 7 Abs. 2 SGB XI.

Der Kläger unterlag auch nicht der Versicherungspflicht wegen der Pflege von Angehörigen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch Elftes Buches (SGB XI) nicht erwerbsmäßig wenigstens vierzehn Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Diese Versicherungspflicht der Pflegepersonen in der Rentenversicherung konkretisiert die leistungsrechtliche Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, wonach die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflegepflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson im Sinne des § 19 SGB XI Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichten, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als dreißig Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Gemäß § 19 SGB XI erhält eine Pflegeperson nur dann Leistungen der sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI, wenn sie eine pflegebedürftige Person wenigsten vierzehn Stunden wöchentlich in ihrer häuslichen Umgebung pflegt.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI sind schon nicht erfüllt, soweit sich die Schwester des Klägers im streitigen Zeitraum nicht in häuslicher Umgebung, sondern in einer vollstationären Einrichtung befand, also in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. Mai 2003 und vom 1. März 2004 bis zum 30. März 2004. Denn der Begriff der häuslichen Umgebung ist als Abgrenzung zu einer vollstationären Pflege zu verstehen. Die Annahme einer Pflege in der häuslichen Umgebung ist demnach ausgeschlossen, wenn es sich bei der Einrichtung, in der sich der Pflegebedürftige aufhält, um eine zugelassene Pflegeeinrichtung mit stationärer Pflege handelt (Gürtner im Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2008, § 19 SGB XI Rn 10; vgl. auch BT-Drucksache 12/5262, S. 112).

Der Kläger war im streitigen Zeitraum auch deshalb nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI versicherungspflichtig, da er nicht mindestens wöchentlich vierzehn Stunden eine pflegebedürftige Person pflegte. Nach § 14 Abs. 1 SGB XI sind Personen pflegebedürftig, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, die nach § 14 Abs. 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Nach § 14 Abs. 4 SGB XI sind gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Hierbei werden die ersten drei Bereiche mit dem Begriff der Grundpflege zusammengefasst.

Bei der Berechnung der Mindestpflegezeit von vierzehn Wochenstunden sind nach Auffassung des Senats nur die genannten Pflegeleistungen im Rahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Maßgabe der §§ 14, 15 SGB XI zu berücksichtigen (ebenso Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 12. Februar 2002, L 3 P 7/01, abrufbar bei der Datenbank Juris und Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 3 (Stand: 3/07. VI/07)). Soweit sich die Gegenansicht, wonach neben der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung auch die ergänzenden Pflegeleistungen (zum Beispiel Behandlungspflege, nicht verrichtungsbezogene Anleitung oder Aufsicht, soziale Kommunikation oder nicht verrichtungsbezogene Mobilitätshilfen) einzubeziehen sind (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. September 2006, L 4 P 17/03; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. Juni 2005, L 4 RJ 58/04; jeweils abrufbar bei der Datenbank Juris; Wagner in Hauck/Wilde, SGB XI, Stand August 2008, § 19 Rn 27; Gürtner im Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2008, § 19 SGB XI Rn. 8; Udsching, SGB XI, 2. Auflage 2000, § 19 Rn 14), auf die ursprüngliche Gesetzesbegründung zum Begriff der Pflegeperson nach dem SGB XI stützt (vgl. BT-Drucksache 12/5262, S. 101), vermag das im Ergebnis nicht zu überzeugen. Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XI regeln die §§ 3, 141, 166, 170 SGB VI näheres über den Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherung. Aus dem Regelungszusammenhang mit § 166 Abs. 2 SGB VI ergibt sich, dass die beitragspflichtigen Einnahmen der nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen nach Maßgabe der Pflegestufen nach § 15 SGB XI bemessen werden, bei denen lediglich Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung berücksichtigt werden. In der späteren Gesetzesbegründung zu § 166 Abs. 2 SGB VI heißt es, dass nach dem tatsächlichen zeitlichen Pflegeaufwand der Pflegeperson differenziert werde, wobei sich die unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung desselben Zeitaufwandes in den verschiedenen Stufen dadurch rechtfertige, dass die tatsächliche (körperliche und seelische) Belastung der Pflegeperson mit zunehmender Pflegebedürftigkeit steige (BT-Drucksache 12/5952, S. 53 zu Nr. 10). Sollte demnach nur der tatsächliche Pflegeaufwand der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im Rahmen der Rentenversicherung berücksichtigt werden, so kann auch bei § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI nichts anderes gelten. Der Gesetzgeber hat demnach im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht an der ursprünglichen Gesetzesbegründung festhalten wollen. Zudem wird in der Gesetzesbegründung zu der später erfolgten Neuregelung des § 44 Abs. 1 Satz 3 SGB XI ausgeführt, dass für die in § 166 Abs. 2 SGB VI geforderten Pflegezeiten entsprechende Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich seien (BT-Drucksache 13/3696, S. 14). Auch daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Pflegezeiten nach § 166 Abs. 2 SGB XI als Maßstab für den Anspruch nach § 44 SGB XI angesehen hat. Schließlich hat auch das Bundessozialgericht, ohne sich allerdings festzulegen, darauf hingewiesen, dass § 166 Abs. 2 SGB VI und die dazu gehörende Gesetzesbegründung gegen die Ansicht, wonach auch ergänzende Pflegeleistungen bei der Berechnung der Mindestpflegezeit zu berücksichtigen sind, zu sprechen scheinen (vgl. Urteil vom 23. September 2003, B 12 P 2/02 R, abrufbar bei der Datenbank Juris).

Nach dieser Maßgabe erreichte der Kläger weder bei seiner Schwester noch bei seiner Mutter jeweils die Mindestpflegezeit von vierzehn Wochenstunden. Soweit sich die Schwester in der Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 28. Februar 2004 in einer betreuten Wohngemeinschaft aufhielt, ergibt sich aus dem Entwicklungsbericht der Einrichtung vom 31. Oktober 2003, dass der gesamte Pflegebedarf von den Mitarbeitern der Einrichtung gedeckt wurde. Der Senat hat keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln. Soweit der Kläger seine Schwester jedes zweite Wochenende in der Wohnung seiner Mutter versorgt hat, folgt daraus gleichwohl keine Mindestzeit von vierzehn Stunden (840 Minuten). Ausweislich des Gutachtens der Pflegefachkraft G vom 18. Oktober 2005, das der Senat für nachvollziehbar und schlüssig hält, bestand ein täglicher Grundpflege- und Hauswirtschaftsbedarf im Umfang von 200 Minuten. Wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass dieser Bedarf auch schon im streitigen Zeitraum bestand, und wenn man für jeden Monat zwei Wochenenden im mütterlichen Haushalt berücksichtigt, die jeweils grob mit zweieinhalb Tagen veranschlagt werden können, ergibt sich ein Grundpflege- und Hauswirtschaftsbedarf im Umfang von 1000 Minuten im Monat, also bei dreißig Tagen ein täglicher Bedarf von 33,33 Minuten, was einen wöchentlichen Bedarf von 233,33 Minuten ergibt, so dass die wöchentliche Mindestzeit von 840 Minuten unterschritten wird. Diese Mindestpflegezeit erreichte der Kläger auch nicht bei der Pflege seiner Mutter. Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Sachverständigen W vom 13. Juni 2003, dem der Senat folgt, bestand damals ein täglicher Grundpflegebedarf von 131 Minuten und ein täglicher Bedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 64 Minuten. Die Grundpflege und das Wechseln des Stomabeutels wurden vom Pflegedienst erledigt. Die hauswirtschaftliche Versorgung, wozu auch die Bereitstellung der Mahlzeiten gehört (Gürtner im Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2008, § 14 SGB XI Rn 17, 20 mit weiteren Nachweisen), übernahm der Kläger, der auch die Begleitung außer Haus und die allgemeine soziale Betreuung erledigte. Auch eine private Haushaltshilfe beteiligte sich an der hauswirtschaftlichen Versorgung. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger die gesamte hauswirtschaftliche Versorgung alleine bewältigte, ergibt sich nur eine wöchentliche Pflegezeit von 448 Minuten. Soweit die Sachverständige im Rahmen des Grundpflegebedarfs keinen Pflegebedarf im Zusammenhang mit dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung veranschlagt hat, ist das nicht zu beanstanden. Das Leben des Pflegebedürftigen soll zwar nicht auf die Wohnung beschränkt bleiben, er soll vielmehr die Möglichkeit zum Verlassen der Wohnung haben, um Ärzte, Krankengymnasten, Sprachtherapeuten, Apotheken oder Behörden aufzusuchen. Berücksichtigungsfähig sind jedoch nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen (Gürtner im Kasseler Kommentar, Stand Oktober 2008, § 14 SGB XI Rn 19 mit weiteren Nachweisen). Die Notwendigkeit derartiger Verrichtungen ist hier nicht ersichtlich. Soweit eine ärztliche Untersuchung erforderlich war, konnte die Mutter einen Hausbesuch des Arztes in Anspruch nehmen.

Soweit sich der Kläger schließlich dagegen wendet, dass die Beklagte einen auf 0,820 geminderten Zugangsfaktor anstelle des Zugangsfaktors von 1,0 berücksichtigt hat, steht diesem Begehren § 237 Abs. 3 in Verbindung mit der Anlage 19 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 76 und Nr. 133 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998) und mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) entgegen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist der Zugangsfaktor bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese gesetzliche Neuregelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie zur Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt war (Beschluss vom 11. November 2008, 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05, abrufbar bei der Datenbank Juris). Nach dieser Maßgabe musste die Beklagte von einem auf 0,820 verminderten Zugangsfaktor ausgehen, da der Kläger sechzig Kalendermonate früher in den Ruhestand getreten ist.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Klägers beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Beantwortung der Frage, nach welchem Maßstab die Mindestpflegezeit des § 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI zu berechnen ist, grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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