L 11 KR 206/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4260/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 206/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Absatz 2 Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Vorliegend kommt, da es dem Antragsteller ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 29. Juli 2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 f.). Als existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung kommen in erster Linie ambulante oder stationäre ärztliche Behandlungen in Betracht. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Geboten, aber auch ausreichend ist daher ein summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage.

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch. Dies hat bereits das SG zutreffend dargelegt. Auch dem Beschwerdevorbringen lässt sich eine Eilbedürftigkeit in Bezug auf die geltend gemachte Kündigung der Mitgliedschaft nicht entnehmen, zumal der Antragsteller eingeräumt hat, dass ihn die Kosten, die er für beide Therapien momentan trage, nicht in eine existentielle Notlage brächten. Somit ist es dem Antragsteller zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Dessen ungeachtet fehlt es auch an einem Anordnungsanspruch. Nach summarischer Prüfung dürfte die Kündigung der Mitgliedschaft zum 31. Dezember 2008 nicht möglich sein. Dass die Mindestbindungsfrist für Wahltarife mindestens drei Jahre beträgt und daher abweichend von § 175 Abs. 4 SGB V die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin frühestens zum Ablauf der dreijährigen Mindestbindungsfrist gekündigt werden kann, folgt bereits aus § 53 Abs. 8 Satz 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Antragsteller, der seit dem 15. Februar 1990 Mitglied der Antragsgegnerin und seit dem 1. Januar 2005 als Selbständiger versichert ist, nimmt seit dem 01. Januar 2008 an dem T.-Tarif Prämie 240 und damit an einem Wahltarif in diesem Sinne teil. Bereits mit der Teilnahmebestätigung vom 14. November 2004 wurde ihm das frühestmögliche Ende seiner Teilnahme am T.-Tarif-Selbstbehalt zum 31. Dezember 2010 bestätigt wurde.

Zwar hat nach § 53 Abs. 8 Satz 3 SGB V der Tarif ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Dies hat den Hintergrund, dass dem Versicherten wegen nicht vorhersehbarer Ereignisse das Festhalten an dem Wahltarif nicht zuzumuten sein kann, wie dies z.B. bei einer chronischen Erkrankung, Pflegebedürftigkeit, aber auch einer Änderung der wirtschaftlichen oder familiären Situation der Fall ist (so Krauskopf, Soziale Kranken- und Pflegeversicherung, § 53 SGB V Rdnr. 26; Höfler in Kasseler Kommentar, § 53 SGB V Rrnr. 49). Die von dem Antragsteller vorgetragenen Gründe einer angeblich fehlerhaften Beratungsleistung, der Verweigerung gesetzlich vorgegebener Leistungen und der nicht qualitativ angemessenen Betreuung dürften einen solchen Härtefall im Sinne einer notfallmäßigen Situation nicht begründen. Der Antragsteller hat insbesondere keinen unverhältnismäßigen Schaden oder gar eine existenzielle Notlage geltend gemacht. Eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit aus Härtefallgesichtsgründen dürfte deswegen ebenfalls ausscheiden.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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