L 2 AS 1145/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1221/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1145/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Dezember 2007 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2006 wird für die Zeit vom 1. bis 10. Oktober 2005 ganz aufgehoben. Für die Zeit vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2005 wird er aufgehoben, soweit die Leistungen vollständig und damit auch in Höhe von 35 EUR monatlich aufgehoben worden sind.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klage des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2005 und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 21. April 2006 wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) und begehrt laufende Leistungen, eine Bekleidungsbeihilfe sowie einen Zuschuss für Hausrat.

Der am x 1965 geborene Kläger befand sich in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis zum 30. April 2005 und vom 19. Mai 2005 bis zum 10. Juni 2005 in Haft. Am 14. Juni 2005 reichte er bei der Stadt Ü. einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II und am 23. Juni 2005 einen Antrag auf Bekleidungsbeihilfe ein.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2005 bewilligte der Beklagte, eine Optionskommune, dem Kläger laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nachdem der Kläger am 13. September 2005 zu einem Termin, der von ihm wegen einer Beratung über Existenzgründung telefonisch vereinbart worden war, nicht erschienen war, stellte der Beklagte Ermittlungen zu seinem Aufenthalt an. Ein Sozialarbeiter aus Ü. gab telefonisch an, dass der Kläger vom 1. Mai bis zum 1. Juni 2005 in der B.straße in Ü. gemeldet gewesen sei, seit dem 2. Juni 2005 sei er in der C.straße gemeldet. Er vermute eine Scheinadresse, Vermieter sei die Firma Immobilien G ... Herr G. gab gegenüber dem Beklagten an, dass der Kläger nicht in der C.straße wohne. Man habe ihm lediglich die Anmeldeadresse ermöglicht und es stehe ein Karton mit seiner Post dort. Der Kläger hole diese mal täglich und mal nur 14-tägig ab. Derzeit werde er in Ö. vermutet, dort wolle er etwas wegen einer Existenzgründung unternehmen.

Mit Bescheid vom 22. September 2005 stellte der Beklagte die gewährten Leistungen ab dem 1. Oktober 2005 ein und hob den Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2005 für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005 mit der Begründung auf, der tatsächliche Aufenthaltsort des Klägers sei nicht zu ermitteln. Dieser unter der Anschrift C.straße in Ü. übersandte Bescheid kam mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" an den Beklagten zurück. Nach Mitteilung der AOK-Dienststelle K. befand sich der Kläger seit dem 12. September 2005 im Krankenhaus. Nach telephonischer Mitteilung der AOK-Dienststelle Ü. vom 26. Oktober 2005 befand sich der Kläger seit 27. September 2005 und voraussichtlich bis zum 24. Oktober 2005 stationär im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) W ... In einer Gesprächsnotiz vom 26. Oktober 2005 ist vermerkt, dass der Kläger nach Auskunft der Zentrale des ZfP W. nicht bekannt sei, sich nach Angaben von Frau E. von der AOK jedoch tatsächlich vom 27. September bis zum 10. Oktober 2005 dort aufgehalten habe.

Am 10. November 2005 meldete sich der Kläger unter der Anschrift der Justizvollzugsanstalt R., wo er sich seit dem 21. Oktober 2005 in Untersuchungshaft befand. Daraufhin übersandte der Beklagte mit Anschreiben vom 10. November 2005 den Aufhebungsbescheid vom 22. September 2005 erneut. Gegen diesen legte der Kläger am 27. Dezember 2005 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, vom 1. bis 20. Oktober 2005 sei der Aufenthaltsort des Klägers nicht feststellbar gewesen und deshalb auch nicht seine Anspruchsberechtigung, welche einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraussetze. Seit dem 21. Oktober 2005 befinde sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt, so dass ab diesem Zeitpunkt keine Hilfebedürftigkeit mehr gegeben sei.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 3. Mai 2006 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und vorgetragen, sein tatsächlicher Aufenthaltsort sei weiterhin in der C.straße in Ü. gewesen. Mit irgendwelchen Auslandsadressen habe er nichts zu tun gehabt. Außerdem stehe ihm nach ca. drei Jahren Haft der reguläre Bekleidungssatz von 600 EUR zu. Weiterhin beantrage er noch nachträglich Zuschuss für Wohnungshausrat in Höhe von ca. 2.000 EUR, was gesetzlich nach so langer Haft vorgeschrieben sei. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, hinsichtlich eines "Zuschusses für Wohnungshausrat" sei sie unzulässig, weil der Kläger noch keinen Behördenantrag gestellt habe. Die mangelnde Feststellbarkeit seines Aufenthaltsortes bzw. die Änderung der Wohnsituation ab 21. Oktober 2005 stelle eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar, welche zur Aufhebung der Bewilligung für die Zukunft berechtige.

Am 20. November 2006 hat der Kläger eine weitere Klage erhoben und Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2005 bis zum 21. Oktober 2005 begehrt (S 3 AS 3240/06). Das SG hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 14. Juni 2007 verbunden.

Nach einer vom SG eingeholten Auskunft der Justizvollzugsanstalt R. befindet sich der Kläger dort seit 21. Oktober 2005 in Haft, und zwar zunächst in Untersuchungs- und seit 11. Juni 2006 in Strafhaft. Das SG hat weiterhin eine telephonische Auskunft der AOK B.-W., Dienststelle K. eingeholt. Danach hat sich der Kläger vom 27. September 2005 bis 10. Oktober 2005 im ZfP W. aufgehalten.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2006 hat der Beklagte den Antrag auf Bekleidungsbeihilfe mit der Begründung abgelehnt, hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage. Hiergegen hat der Kläger am 29. Juni 2006 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2007 hat das SG den Bescheid des Landratsamts B. vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2006 für den Zeitraum vom 1. bis 10. Oktober 2005, soweit der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag 40,25 EUR übersteigt, sowie für den Zeitraum vom 11. bis 20. Oktober 2005 in vollem Umfang aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Leistungsklage, mit der der Kläger Leistungen für die Monate Oktober bis Dezember 2005 begehre, sei unzulässig. Die Anfechtungsklage gegen den Aufhebungsbescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2006 sei dagegen zulässig und in geringem Umfang auch begründet. Rechtsgrundlage sei § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II. Soweit der Beklagte einen Auslandsaufenthalt als wesentliche Änderung im Sinne dieser Vorschrift annehme, sei dies teilweise durch den zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Krankenhausaufenthalt vom 27. September bis 10. Oktober 2005 widerlegt, im übrigen Zeitraum bis zur Inhaftierung am 21. Oktober 2005 gebe es hierfür keine greifbaren Anhaltspunkte. Diese Nichterweislichkeit gehe hier zu Lasten des Beklagten. Anders als bei der Bewilligung der Leistung, wo die objektive Beweislast für das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen beim Antragsteller liege, liege diese bei der Aufhebung einer bereits erfolgten Bewilligung beim Leistungsträger. Für die Zeit vom 1. bis 10. Oktober 2005 habe der Kläger während seines Krankenhausaufenthalts allerdings anzurechnendes Einkommen in Form von Verpflegung erzielt. Die Verpflegung des Beziehers von Leistungen nach dem SGB II während eines solchen Aufenthalts führe zwar zu keiner Bedarfsminderung, da der Bedarf nach diesen Gesetz pauschal und ohne Berücksichtigung individueller Bedürfnisse zu bemessen sei. Bei der kostenlosen Verpflegung, die der Kläger im Krankenhaus in dem genannten Zeitraum erhalten habe, handele es sich zur Überzeugung des Gerichts jedoch um Einkommen im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X und der §§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit §§ 2, 2b Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung. Der Bemessungswert geldwerter Naturalleistungen knüpfe an den Leistungssatz des § 20 Abs. 2 SGB II von (im Streitzeitraum) 345 EUR an. Der Anteil der Vollverpflegung hieran werde mit 35 Prozent und damit 120,75 EUR monatlich angesetzt. Auf die 10 (vollen) Tage Krankenhausaufenthalt des Klägers entfielen somit ein Drittel von 120,75 EUR, also 40,25 EUR. In dieser Höhe habe der Kläger nach Erlass des Bewilligungsbescheides Einkommen erzielt, das wegen der Anrechnung nach §§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit §§ 2, 2b Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung zur Minderung des Anspruchs um diesen Betrag geführt haben würde. § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X berechtige auch ohne Vorliegen subjektiver Momente insoweit zur Aufhebung des Verwaltungsaktes ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, hier also jedenfalls ab 1. Oktober 2005. Eine weitere Änderung der Verhältnisse stelle der Beginn der Untersuchungshaft des Klägers am 21. Oktober 2005 dar. Diese führe sowohl zu einem weitgehenden Wegfall des Bedarfs als auch zum Wegfall der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten. Hilfebedürftige, die sich in Untersuchungshaft befänden, hätten in den ersten sechs Monaten dieser Haft nur Anspruch auf Taschengeld in Höhe von 10 v. H. der Regelleistung. Die erforderliche Hilfe (u. a. Unterkunft, Heizung, Verpflegung) erhielten sie in großem Umfang von Dritten, im konkreten Fall von der Justizvollzugsanstalt. Damit sei der wesentliche Teil der zum Lebensunterhalt gehörenden Bedürfnisse abgedeckt. Nicht abgedeckt seien nur bestimmte persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens wie z.B. Aufwendungen für Zeitschriften, Körperpflegemittel, Tabak und sonstige Genussmittel. Es verbleibe deshalb nur noch ein Anspruch auf Zahlung der Regelleistung in Höhe des Betrages, der für die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse benötigt werde und von den Sachleistungen der Justizvollzugsanstalt nicht abgedeckt werde. Für diesen verbleibenden Bedarf sei jedoch der Beklagte örtlich nicht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Grundsicherungsträger knüpfe nach § 36 SGB II zunächst an den gewöhnlichen Aufenthalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an (Satz 1). Sei ein solcher nicht feststellbar, so sei der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende örtlich zuständig, in dessen Bereich sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige tatsächlich aufhalte. Es könne offen bleiben, ob der Kläger bereits mit der Einlieferung in die im Landkreis R. und damit außerhalb des Bezirkes des Beklagten gelegene Justizvollzugsanstalt dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe, denn jedenfalls sei über den 21. Oktober 2005 hinaus ein weiterer gewöhnlicher Aufenthalt im Bezirk des Beklagten nicht feststellbar, so dass nach § 36 Satz 2 SGB II ab diesem Zeitpunkt auf den tatsächlichen Aufenthalt des Klägers abzustellen sei. Somit sei eine Zuständigkeit des Beklagten auch für den Restbedarf nicht mehr gegeben. Nach alldem sei ab 21. Oktober 2005 eine wesentliche Änderung eingetreten, welche zum Wegfall des zuerkannten Leistungsanspruchs gegenüber dem Beklagten geführt habe. Die Bewilligung sei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Dies sei hier ohne weiteres der Fall. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetz buch (SGB 1) sei der Kläger als Bezieher von Sozialleistungen verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden seien, unverzüglich mitzuteilen. Auf diese Pflicht sei der Kläger im Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2005 ausdrücklich hingewiesen worden ("Änderung des Aufenthaltsortes"). Bei Missachtung klarer und eindeutiger Hinweise in einem Bescheid liege im Regelfall grobe Fahrlässigkeit vor. Es seien vorliegend keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Kläger aufgrund seiner persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, den eindeutigen Hinweis zu verstehen. Somit sei die Aufhebung der Bewilligung ab 21. Oktober 2005 rechtmäßig. Jedenfalls unbegründet sei die Klage bezüglich der Bekleidungsbeihilfe und des Zuschusses zur Beschaffung von Hausrat. Hinsichtlich der Bekleidungsbeihilfe bestehe keine Rechtsgrundlage. Auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 20. Juni 2006 werde verwiesen. Für die Gewährung einer Hausratsbeihilfe bestehe in dem für Leistungsklagen grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Bedarf; denn der Kläger befinde sich seit 21. Oktober 2005 durchgehend in Haft und habe somit keinen eigenen Haushalt.

Gegen dieses dem Kläger am 24. Januar 2008 zugestellte Urteil hat er am Montag, den 25. Februar 2008 beim SG Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Er weist insbesondere darauf hin, dass er weiterhin bis zum 10. Januar 2006 in Ü. gemeldet gewesen sei. Im Ausland habe er sich nicht aufgehalten. Er sei vor seinem Haftantritt am 21. Oktober 2005 bei seinen Eltern und Geschwistern in M. gewesen. Er vertritt die Auffassung, dass ihm bis zum Haftantritt die ursprünglich bestandskräftig bewilligten Leistungen zustünden und danach 35 EUR monatliches Taschengeld für sechs Monate.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Dezember 2007 abzuändern und den Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2006 hinsichtlich der Zeit vom 1. bis 10. Oktober 2005 vollständig und hinsichtlich der Zeit vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2005 soweit ihm ein monatliches Taschengeld in Höhe von 35 EUR nicht belassen wurde, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis 21. Oktober 2005 zu gewähren sowie den Bescheid vom 20. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, 600 EUR Bekleidungsbeihilfe zu gewähren sowie 2.000 EUR als Zuschuss für Hausrat und ferner Taschengeld in Höhe von 35 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 21. April 2006 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Mit Bescheid vom 2. April 2008 wurde in Ausführung des Urteils des SG dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 10. Oktober 2005 - insoweit allerdings unzutreffend statt 115 EUR minus 40,25 EUR lediglich 40,25 EUR und für die Zeit vom 11. bis zum 20. Oktober 2005 - zutreffend - 115 EUR gewährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Berufungsakte, die Gerichtsakte des SG und die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist.

Die Berufung des Klägers ist zu einem geringen Teil begründet. Zutreffend hat das SG die Klage hinsichtlich der begehrten laufenden Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005 als reine Anfechtungsklage gegen die Aufhebung des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids vom 7. Juli 2005 als zulässig angesehen. Das SG hat die Klage hinsichtlich des im Rahmen der vorliegenden Klägerberufung streitgegenständlichen Zeitraums vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2005 jedoch zu Unrecht vollständig abgewiesen. Auch soweit das SG die Klage gegen die Aufhebungsentscheidung hinsichtlich des Zeitraums vom 1. bis 10. Oktober 2005 teilweise abgewiesen hat, hat die Berufung des Klägers Erfolg. Fraglich ist bereits, ob der Kläger vor Aufhebung des Bewilligungsbescheids in ausreichender Weise angehört worden ist, insbesondere, ob die Anhörung in Bezug auf die im Ausgangsbescheid mitgeteilten Tatsachen als nachgeholt angesehen werden kann (zur erneuten Anhörung vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), SozR 3-1300 § 24 Nr. 13 und Nr. 21). Dies kann im vorliegenden Fall aber ebenso offenbleiben, wie die Frage, ob der Beklagte zum Erlass des bereits existenten Rücknahme- und Erstattungsbescheids im November 2005 noch örtlich zuständig war (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 44 Abs. 3 SGB X), nachdem der Kläger seinen tatsächlichen Aufenthalt und, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits im Landkreis R. hatte. Denn es fehlen jedenfalls die materiellen Rücknahmevoraussetzungen hinsichtlich des hier noch strittigen Umfangs der Aufhebung.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt muss nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X i.V.m. dem über § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II anwendbaren § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, bzw. wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Gleiches gilt nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Die Aufhebungsentscheidung vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2006 ist nach diesem Maßstab hinsichtlich des Zeitraums vom 1. bis 10. Oktober 2005 insgesamt rechtswidrig. Die materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung liegen hier, entgegen der Ansicht des SG, für die Zeit vom 1. bis 10. Oktober 2005 nicht vor, so dass der angegriffene Bescheid vom 22. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids auch für diesen Zeitraum in vollem Umfang aufzuheben war. Zutreffend hat das SG dargelegt, dass der Kläger sich in der Zeit vom 27. September 2005 bis zum 10. Oktober 2005 nicht im Ausland, sondern im ZfP W. aufgehalten hat. Zwar war die von ihm angegebene Wohnanschrift in Überlingen nicht zutreffend, sondern nur eine Scheinanschrift; es gibt aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit eine Wohnung und damit seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten hatte. Der stationäre Aufenthalt, der ursprünglich vier Wochen dauern sollte und bereits nach zwei Wochen endete, hat den Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II nicht berührt. Anhaltspunkte dafür, dass seine Hilfebedürftigkeit ganz oder teilweise, insbesondere durch zu geflossenes Einkommen, entfallen sein könnte, liegen ebenfalls nicht vor. Dies gilt, entgegen der Ansicht des SG, auch in Anbetracht der dem Kläger im Rahmen der stationären Unterbringung gewährten Verpflegung. Zu dieser bis dahin umstrittenen Frage hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 18. Juni 2008 (- B 14 AS 22/07 R -, veröffentlicht in Juris) ausgeführt: "Nach § 1 Satz 1 SachbezV wird der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung auf monatlich 202,70 Euro festgesetzt. Die SachbezV ist jedoch nicht auf die Gewährung von Krankenhauskost bzw die kostenlose Zurverfügungstellung von Nahrung durch Verwandte, Eltern etc anzuwenden. Dies folgt zunächst daraus, dass die SachbezV lediglich über § 2 Abs. 4 Alg II-V in Bezug genommen wird. § 2 Alg II-V regelt die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit. Gemäß § 2 Abs. 1 Alg II-V ist bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)) von den Bruttoeinnahmen auszugehen. Nach § 2 Abs. 4 Alg II-V sind Sachleistungen nach der SachbezV in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten. Diese Regelungen der Alg II-V gelten ausdrücklich für die Bestimmung der Höhe von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit. In diesem Kontext der Berücksichtigung von Erwerbseinkommen bzw. von Nebeneinkünften gemäß §§ 11, 30 SGB II ist es systemgerecht, vom jeweiligen Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Sachleistungen zu bewerten, um dem erwerbsfähigen Grundsicherungsempfänger als Sachleistung verkappt gewährten Lohn sachgerecht bewerten zu können. Dementsprechend ist es Hauptziel der Sachbezugsverordnung, Lohnbestandteile möglichst weitgehend der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Es kann hier aber dahinstehen, inwieweit bei einem Grundsicherungsempfänger, der abhängig beschäftigt ist, und als sog "Aufstocker" ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezieht, in natura geleistete Lohnbestandteile nach § 2 Alg II-V bewertet werden können.

Denn im vorliegenden Kontext geht es nicht um die Erzielung von Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung und die Gewährung von Lohnbestandteilen in natura (als Verpflegung oder Deputate o.ä.).

Konsequenter Weise ermöglicht § 2b Alg II-V auch nur eine "entsprechende Anwendung" des § 2 Alg II-V für die Berechnung des Einkommens. Die Berücksichtigung von im Krankenhaus oder von Verwandten gewährter kostenloser Nahrung kann aber nicht "entsprechend" bewertet werden wie die innerhalb einer abhängigen Beschäftigung (als Lohnbestandteil) gewährte kostenfreie Ernährung. Jedenfalls deckt der Wortlaut des § 2b Alg II-V nicht einen so weitgehenden Eingriff in die Struktur der Regelleistung wie er mit einer anteiligen Kürzung verbunden ist (vgl. noch unter 3.). Zu Recht hat das LSG Niedersachsen in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung von Sachbezügen damit über den Betrag hinausgeht, der in der gewährten Regelleistung für die Verpflegung angesetzt ist (vgl. LSG Celle, Beschluss vom 29. Januar 2007, L 13 AS 14/06 ER = FEVS 58, 543, vgl. auch Peters, NDV 2007, 425, 428 f.). Geht man wie die Beklagte von einem Regelleistungsanteil von 35 v.H. für Nahrung aus, so entsprach dies zum damaligen Zeitpunkt (Regelleistung 345 Euro) einem Betrag von 120,75 Euro. Bei Anwendung der § 2 Abs. 4 Satz 1, § 2b Alg II-V i.V.m. § 1 SachbezV wäre der Wert der Verpflegung im streitigen Zeitraum mit 202,70 Euro monatlich anzusetzen. Mithin könnte diese Regelung auch dazu führen, dass dem Grundsicherungsempfänger der Wert der gewährten Krankenhauskost mit einem deutlich höheren Betrag in Ansatz gebracht würde, als ihm in der Regelleistung für Ernährung überhaupt zugestanden wird. Geht man weiterhin davon aus, dass auch bei Kindern, die sich im Krankenhaus aufhalten, eine entsprechende Berücksichtigung des Essens nach der SachbezV vorzunehmen wäre, so würde sich die zum damaligen Zeitpunkt für unter 14-jährige Kinder auf 207 Euro belaufende Regelleistung auf Grund der ersparten Aufwendungen für Essen in einem Krankenhaus um 202,70 Euro monatlich reduzieren. Auch dies zeigt, dass § 2b Alg II-V keine Rechtsgrundlage dafür sein kann, über die Sachbezugsverordnung in die Struktur der Regelleistung einzugreifen. § 2 Abs. 4 Alg II-V iVm der SachbezV ist mithin nicht über § 2b Alg II-V "entsprechend" anwendbar.

Etwas anderes folgt für den vorliegend zu entscheidenden streitigen Zeitraum auch nicht aus den Neuregelungen in § 2 Abs. 5 Alg II-V i.V.m. § 4 Alg II-V i.d.F. der Verordnung vom 17. Dezember 2007 (BGBl I 2942). Hiernach ist bereitgestellte Vollverpflegung pauschal in Höhe von monatlich 35 v.H. der nach § 20 SGB II maßgebenden monatlichen Regelleistung als Einkommen zu berücksichtigen (Satz 1). § 2 Abs. 5 Satz 1 SGB II enthält nunmehr (i.V.m. § 4 Alg II-V) eine § 31 SGB I genügende, hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage, wie bereitgestellte Vollverpflegung als Einkommen zu berücksichtigen ist (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Allerdings trat diese Fassung der Verordnung nach § 10 Alg II-V erst am 1. Januar 2008 in Kraft und misst sich keinerlei Rückwirkung bei".

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollumfänglich an. Ergänzend hinzuweisen ist darauf, dass bei den Regelungen in § 2 Abs. 5 Alg II-V i.V.m. § 4 Alg II-V i.d.F. der Verordnung vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I 2942) die mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I 2780) eingeführte Einschränkung zu beachten ist, die sich aus der gemäß Art. 2 Satz 2 rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Einfügung der Nr. 11 des § 1 der Verordnung ergibt. Danach ist Verpflegung, die außerhalb der in den §§ 2, 3 und 4 Nummer 4 genannten Einkommensarten bereitgestellt wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 21. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 hat das SG die Klage zu Unrecht vollständig abgewiesen. Insoweit ist der Bescheid vom 22. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids, soweit er vom Kläger noch angegriffen wird, rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten. Denn im Hinblick auf den noch geltend gemachten Anspruch des Klägers auf monatliche Leistungen in Höhe von 35 EUR ist nach der Bekanntgabe der Bewilligung eine wesentliche Änderung d.h. rechtserhebliche Änderung nicht eingetreten, insbesondere ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) gegenüber dem Beklagten insoweit nicht weggefallen. Alg II gemäß § 19 SGB II erhält nach § 7 Abs. 1 SGB II ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Im Widerspruchsbescheid wurde insofern die Hilfebedürftigkeit ab dem 21. Oktober 2005 verneint. Nach Überzeugung des Senats bestand aber jedenfalls ein ungedeckter Bedarf während der Untersuchungshaft in der vom Kläger geltend gemachten Höhe weiter. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten auch einen grundsätzlichen Leistungsanspruch über den 20. Oktober 2005 hinaus nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Denn trotz der örtlichen Unzuständigkeit hatte der Kläger nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X vorerst einen Weitergewährungsanspruch gegenüber dem Beklagten. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X muss im Falle des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch so lange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X enthält eine eigenständige materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage (Hauck/Noftz Kommentar zum SGB II, § 2 Rn 15; von Wulffen-Engelmann, Kommentar zum SGB X, § 2 Rn 13). Sie begründet damit einen Leistungsanspruch gegenüber dem bisherigen, nunmehr unzuständig gewordenen Leistungsträger, der einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger ausschließt (Krasney, in: Kasseler Kommentar, § 2 Rn. 13). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, eine typischerweise bei einem Zuständigkeitswechsel eintretende Unterbrechung der Leistung an den Leistungsempfänger zu verhindern und einen nahtlosen Übergang der Leistungsgewährung zu erreichen (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 8/2034 zu Artikel I § 2; Hauck/Noftz a.a.O., Rn 14). Da § 36 SGB II für den Fall des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit keine abweichende Regelung enthält, ist die allgemeine Regelung des § 2 Abs. 3 SGB X einschlägig (Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Kommentar, 2007 § 36 Rn 14).

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nur in dem Umfang, in dem die Leistungsgewährung rechtmäßig ist und die bisher zuständige Behörde mit Rechtsgrund leistet. Auf diesen Umfang ist auch der in § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X vorgesehene Erstattungsanspruch des Beklagten gegen den nach den örtlichen Zuständigkeitsregeln zuständigen Leistungsträger beschränkt (Hauck/Noftz § 2 Rn 16). Der Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten bestand danach im vorliegenden Fall auch grundsätzlich weiter. Insbesondere war der Kläger, der sich seit dem 12. Juni 2006 in Strafhaft befindet, nicht aufgrund des Untersuchungshaftantritts am 21. Oktober 2005 gemäß § 7 Abs. 4 SGB II aus dem Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II ausgeschlossen. § 7 Abs 4 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954), gültig vom 1. Januar 2005 bis 1. August 2006) lautete: "Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist oder Rente wegen Alters bezieht". Zwar wurde erst mit dem am 1. August 2006 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706 ff.) § 7 Abs. 4 SGB II geändert und nunmehr ausdrücklich der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung gleichgestellt. Es ist nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/1410 S. 20; BT-Drucks. 16/1696 S. 25) aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dieser Änderung eine Klarstellung vorgenommen hat, die auch zur Auslegung der Vorschrift vor dem Wirksamwerden der Änderung herangezogen werden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Januar 2008 - L 12 AS 2544/07 ; BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 60/06 R , veröffentlicht in Juris). Damit war hier aufgrund des zunächst für unbestimmte Zeit – erfolgten Haftantritts keine den Leistungsanspruch grundsätzlich beseitigende Änderung eingetreten. § 7 Abs. 4 SGB II a.F. forderte insoweit eine Prognoseentscheidung. Das Wesen einer Prognoseentscheidung besteht darin, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (Prognosezeitpunkt) für die Zukunft ein bestimmter Sachverhalt vorhergesagt (prognostiziert) wird. Im vorliegenden Fall muss ab einem bestimmten Prognosezeitpunkt mit einer längeren Unterbringung als sechs Monate in einer die Leistungen nach dem SGB II ausschließenden Einrichtung gemäß § 7 Abs. 4 SGB II a.F. gerechnet werden können. Bei der Vorschrift des § 7 Abs 4 SGB II a.F. handelt es sich mithin nicht um eine Ausschlussfrist. Auch wenn durch eine mehr als sechsmonatige Unterbringung die ursprüngliche Prognose widerlegt worden ist, bleibt diese beachtlich, wenn sie zum Prognosezeitpunkt bei vorausschauender Betrachtung zutreffend gewesen ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 a.a.O.). Der Vollzug der Untersuchungshaft darf nach § 121 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) aber nur unter bestimmten Voraussetzungen über 6 Monate hinaus aufrechterhalten werden. Diese sind Gegenstand der für die Fortdauer der Untersuchungshaft erforderlichen Haftprüfung. Dabei kommt es u.a. darauf an, ob ein Haftgrund weiterhin vorliegt, der weitere Vollzug der Untersuchungshaft verhältnismäßig ist und nicht gegen das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen verstoßen wurde (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 31. März 2006 - 40 Hes 7 - 10/06 -, veröffentlicht in Juris). Ob eine Verlängerung erforderlich werden würde und für diese die genannten Voraussetzungen vorliegen werden würden, so dass die Fortdauer über sechs Monate hinaus angeordnet werden könnte, war zu dem hier maßgeblichen Prognosezeitpunkt des Haftantritts nicht vorauszusehen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2007 - L 8 AS 1969/06 -, veröffentlicht in Juris). Die Untersuchungshaft hat hier bei nachträglicher Betrachtung insgesamt weniger als acht Monate gedauert, so dass kein aufklärungsbedürftiger Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass von der Einhaltung der Grenze von sechs Monaten von Anfang an nicht hätte ausgegangen werden können und eine von dem gesetzlichen Regelfall abweichende Prognose hätte gestellt werden müssen. Da damit der Ausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. nicht eingreift, war die Aufhebungsentscheidung auch für die Zeit vom 21. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 jedenfalls in dem Umfang, in dem der Kläger sie für diesen Zeitraum angreift, rechtswidrig. Denn es bestand weiterhin ein grundsätzlicher Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten. Ob und in welcher Weise die Bedarfsdeckung durch die Justizvollzugsanstalt bei der Höhe der Leistung zu berücksichtigen ist, bedarf hier keiner weiteren Ausführungen, da die Abweisung der Anfechtungsklage hinsichtlich der Zeit vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2005 vom Kläger nur bezüglich der begehrten 35 EUR monatlich - innerhalb der Berufungsfrist - angegriffen wurde. Dass dem Kläger jedenfalls in dieser von ihm begehrten Höhe ein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten für die Zeit vom 21. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 weiterhin zustand, steht für den Senat fest. Er schließt sich insofern der Entscheidung des 8. Senats an, der hierzu ausgeführt hat, dass im Rahmen einer Untersuchungshaft durch die Justizvollzugsanstalt bestimmte persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens wie z.B. Aufwendungen für Zeitschriften, Körperpflegemittel, Tabak und sonstige Genussmittel nicht abgedeckt werden. Es bestehe deshalb noch ein Anspruch auf Zahlung der Regelleistung in Höhe des Betrages der für die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse benötigt werde. Dieser sei ohne weitere Ermittlungen zum tatsächlichen Aufwand eines Untersuchungsgefangenen für Bedürfnisse des täglichen Lebens in Anlehnung an die hierzu ergangene Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Sozialhilferecht im Wege der Schätzung auf 10 v.H. der Regelleistung festzusetzen. Unter Berücksichtigung der Berechnungs- und Rundungsvorschrift in § 41 SGB II ergebe dies einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von monatlich 35 EUR (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2007 a.a.O.). Jedenfalls in diesem Umfang war damit der Aufhebungsbescheid für die Zeit vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2005 rechtswidrig, da insoweit keine Änderung im Sinne des § 48 SGB X vorlag.

Die Berufung gegen die Abweisung der Leistungsklagen ist demgegenüber insgesamt unbegründet. Die Klage auf Auszahlung der Leistungen für die Monate August 2005 bis 30. September 2005 war von vorneherein aussichtslos, weil die bewilligten Leistungen ausweislich der Akten für diese Monate (Verwaltungsakte Bl. 42 und 46 ff.) Ende Juli und Ende August 2005 ausgezahlt worden sind. Hinsichtlich der begehrten Bekleidungsbeihilfe ist die Berufung unbegründet, weil die Klage schon unzulässig war. Denn das erforderliche Widerspruchsverfahren ist insoweit nicht durchgeführt worden. Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juni 2006 ist bisher noch nicht entschieden worden, so dass allein eine Untätigkeitsklage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids in Betracht käme, die vom Kläger aber nicht erhoben worden ist. Im Übrigen hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Rechtsgrundlage insoweit fehlt. Zudem fällt auf, dass der Kläger nach dem Entlassungsschein der JVA K. vom 10. Juni 2005 dort angegeben hat, über ausreichende Kleidung zu verfügen. Dementsprechend wurden ihm bei der Entlassung keine Bekleidungsstücke ausgehändigt. Hinsichtlich des begehrten Zuschusses für Hausrat ist die Berufung ebenfalls schon deshalb unbegründet, weil die Klage unzulässig war. Denn ein Verwaltungsverfahren ist insoweit noch nicht durchgeführt worden. Im Übrigen kann auch der Senat einen aktuellen gegenüber der Beklagten geltend zu machenden - Bedarf nicht erkennen, da der Kläger eine neue Wohnungsanschrift - im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht mitgeteilt hat, sondern sich weiterhin in der Justizvollzugsanstalt in R. aufhalten dürfte.

Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von laufenden Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Juli 2005 begehrt, liegt eine unzulässige Klageänderung vor. Der Kläger legt zunächst schon selbst nicht dar, dass ihm die bewilligten Beträge nicht - befreiend - gezahlt worden sind. Die sich insoweit stellenden Fragen hinsichtlich der im Juni 2005 erfolgten Vorschusszahlung in Höhe von 100 EUR, der Ausgabe eines Schecks durch die Stadt Ü. und der "Verrechnung" mit der Leistung für Juli 2005 berühren den vorliegenden Streitgegenstand nicht. Damit sind unterschiedliche Voraussetzungen zu beurteilen und unterschiedliche Lebenssachverhalte zu ermitteln, so dass die Klageänderung, der der Beklagte nicht zugestimmt und auf die er sich nicht eingelassen hat, nicht sachdienlich ist. Soweit der Kläger ebenfalls erstmals die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von laufenden Leistungen über den 31. Dezember 2005 hinaus begehrt, liegt ebenfalls eine Klageänderung vor. Diese Klage ist, unabhängig von der Zulässigkeit der Klageänderung, unzulässig, weil der Kläger den Anspruch mangels Leistungsbewilligung nicht im Wege der isolierten Leistungsklage geltend machen kann, sondern nur mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Hierfür fehlt aber das Verwaltungs- und Vorverfahren. Der Kläger hat schon keinen Antrag auf - weitere - Leistungen ab dem 1. Januar 2006 gestellt. Dementsprechend dürfte der Anspruch in der Sache auch bereits daran scheitern, dass gemäß § 37 Abs. 2 SGB II Leistungen für Zeiten vor Antragstellung nicht erbracht werden. Auf die Frage der Zulässigkeit der Klageerweiterungen als solche kommt es damit nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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