L 21 RJ 177/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 793/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RJ 177/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 16. September 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2001 abge-ändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 01. Dezember 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Berufungsverfahren noch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Dezember 2000.

Die 1957 geborene Klägerin absolvierte von 1973 bis 1976 eine Ausbildung bei der D R zum Facharbeiter für den Betriebs- und Verkehrsdienst der D R. Anschließend war sie bis Ende 1977 als Zugmelder und Stellwerksmeister tätig. Nach der Geburt ihrer Söhne im Januar 1978 und anschließender "Babypause" arbeitete sie vom 21. Mai 1979 bis zum 31. Januar 1989 als Hilfsköchin/ Herdhilfe. Im Zeitraum November 1987 bis Dezember 1988 absolvierte sie zudem eine Ausbildung als Koch und schloss diese mit der Facharbeiterprüfung ab (Abschlusszeugnis und Facharbeiterzeugnis vom 12. Dezember 1988). Vom 01. Februar 1989 bis 11. September 1990 war sie als Köchin und anschließend bis zum 31. Dezember 1994 als Kantinenverkäuferin tätig. Vom 01. Januar 1995 bis zum 30. Juni 2003 arbeitete sie wieder als Köchin bei der D GmbH, Niederlassung N. Zuletzt war sie als "Springer" in verschiedenen Betriebsrestaurants der Niederlassung beschäftigt (nach der Arbeitgeberauskunft als "Beiköchin"). Sie wurde entlohnt nach dem Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des D Konzerns (Konzern ETV, gültig ab 01. November 2000), eingestuft in die Entgeltgruppe E 8 (Tätigkeiten, die zu ihrer Ausführung eine berufliche Spezialausbildung erfordern). Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2003 beendet. Zuletzt betrug ihre durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit 38 Stunden pro Woche. Ab dem 23. Juni 2003 war die Klägerin erneut arbeitsunfähig. Sie bezog durchgehend vom 1. Juli 2003 bis zum 21. Dezember 2004 Krankengeld und anschließend Leistungen der Arbeitsverwaltung.

Am 08. Dezember 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Sie gab an, seit 1997 wegen Schmerzen in Gelenken und Wirbelsäule nur noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen und Sitzen ca. vier Stunden täglich verrichten zu können.

Die Beklagte zog einen Reha Entlassungsbericht der P Klinik vom 23. April 2000 über eine vom 21. März bis 11. April 2000 durchgeführte stationäre Reha Maßnahme bei, in der der zeitliche Umfang, in dem die Klägerin als Köchin berufstätig sein könne, mit "unter zwei Stunden" und die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit "vollschichtig" angegeben wird. Ferner veranlasste die Beklagte das ärztliche Gutachten der Dr. E vom 07. Februar 2001, die die Klägerin nach Untersuchung am 06. Februar 2001 für die Verrichtung nur leichter Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg über eine gesamte Schicht, ohne Arbeiten in Zugluft oder extrem klimatischen Bedingungen (Hitze, Kälte) sowie ohne Arbeiten in Zwangshaltungen im Hauptberuf als Köchin für halb- bis untervollschichtig und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähig hielt. In dem Gutachten wird angegeben, die Klägerin arbeite zurzeit acht Stunden/Tag als Kaltmamsell. Die Frage, ob diese Tätigkeit unmittelbar auf Kosten der Gesundheit erfolge, wurde verneint.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach den §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese rügte, als Facharbeiterin nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar zu sein, wies die Beklagte nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft der D AG vom 11. Juni 2001 und Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr. B vom 04. Juli 2001, wonach die Klägerin im Hauptberuf als Köchin überhaupt nicht mehr, als Kaltmamsell halb- bis untervollschichtig und als Kassiererin in einem SB Restaurant, Verpackerin von Kleinteilen sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einzusetzen sei, mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2001 zurück. Eine Rente wegen Beruf- bzw. Erwerbsunfähigkeit könne nicht gewährt werden, weil die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI nicht erfüllt seien. Als Hauptberuf sei der der Köchin ermittelt worden, der der Berufsgruppe der Facharbeiter zuzuordnen sei. Dieser Hauptberuf könne aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden. Sie könne jedoch vollschichtig als Kassiererin in Selbstbedienungsrestaurants oder als Verpackerin von Kleinteilen tätig sein.

Am 23. November 2001 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Erteilung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten benannten Verweisungsberufe seien ihr medizinisch nicht zumutbar. Im Übrigen hat sie eine zunehmende Erkrankung auf psychosomatischem Gebiet (Fibromyalgiesyndrom/somatoforme Störung) geltend gemacht.

Die Beklagte hat Arbeitsplatzbeschreibungen für die von ihr benannten Verweisungstätigkeiten sowie eine Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit vom 29. Juni 2001 zu der Tätigkeit eines Kassierers in Selbstbedienungsrestaurants zur Akte gereicht. Das Sozialgericht hat eine Auskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, der D GmbH, vom 22. März 2002 eingeholt sowie Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte beigezogen, und zwar des Dr. K (Facharzt für Orthopädie) vom 07. März 2002, DM N (Facharzt für Neurochirurgie) vom 03. März 2002, Dr. L (Praktischer Arzt) vom 01. Juli 2002, Dr. A (Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie) vom 13. September 2002, Dr. P (Facharzt für Anästhesiologie) vom 16. September 2002, Dr. E (Arzt für Innere Medizin/Rheumatologie/Sozialmedizin) vom 28. März 2003, Dr. H (Facharzt für Innere Medizin/Psychotherapie) vom 17. September 2003, DM P (Facharzt für HNO Heilkunde) vom 08. Oktober 2003, Dr. K (Internist/Pulmologe) vom 17. Oktober 2003, Dr. Sch/Dr. E (Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde) vom 28. Oktober 2003 und Dr. B (Augenärztin) vom 30. Oktober 2003. Das Sozialgericht hat ferner die folgenden Gutachten und Unterlagen beigezogen: Gutachten des T B (Praktischer Arzt, Dipl. Psych. und Psychotherapeut) vom 20. Dezember 2002 aus dem Rechtsstreit S 5 SB 87/01 vor dem Sozialgericht Cottbus, Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 08. August 2003 (Dr. E), Entlassungsbericht des Krankenhauses R vom 21. November 2003 sowie das berufskundliche Gutachten des Sachverständigen M L vom 03. Februar 2002 zur Tätigkeit eines Kassierers in Selbstbedienungsrestaurants.

Ferner hat das Sozialgericht das medizinische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S (Arzt für Orthopädie und Rheumatologie) vom 28. November 2002 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 22. Mai 2003 und 19. Juli 2004 und das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. C vom 05. April 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 30. Juni 2004 veranlasst. Prof. Dr. S hat nach körperlicher Untersuchung der Klägerin vom 25. November 2002 zusammenfassend bei der Klägerin die folgenden Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet diagnostiziert: Fehlform des Achsorgans mit rezidivierenden geringgradigen Nervenwurzelreizerscheinungen, Blockierung der rechten Kreuz-Darmbein-Fuge, leichtes Überlastungssyndrom der unteren Extremitäten, Senk-Spreiz-Knickfuß-Leiden. Sie sei in der Lage, auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Sie könne nicht ständig in Zwangshaltungen und wegen der Übergewichtigkeit nicht auf Gerüsten und Leitern, wohl aber auch im Freien arbeiten. Der Gerichtssachverständige Dr. C diagnostizierte bei der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet nach neuropsychiatrischer Untersuchung vom 31. März 2004 eine somatopsychische Reaktion mit überwiegend histrionischen Verarbeitungsstörungen. Die Klägerin könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten und in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Kälte, Nässe und Zugluft und unter Ausschluss von Nachtschicht sowie Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck vollschichtig ausüben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. September 2004 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit, in der sie als Facharbeiter einzustufen sei, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne. Sie sei aber gesundheitlich und sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Kassiererin in Selbstbedienungsrestaurants verweisbar. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI und erst recht wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI a. F. könne sie daher nicht beanspruchen.

Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 20. Oktober 2004 zugestellte Urteil am 16. November 2004 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihr Begehren auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit beschränkt und trägt insofern vor, die benannten Verweisungsberufe seien ihr nicht zumutbar. Die Tätigkeit als Kassiererin sei ihr schon wegen einer seit 1998 bestehenden Nickelallergie nicht möglich. Die Tätigkeit als Kaltmamsell verlange ihr jene gesundheitlichen Belastungen ab, welchen sie bereits als Koch ausgesetzt gewesen sei und die sie nicht mehr habe erfüllen können. Die Tätigkeit als Bürogehilfe/Bürohelfer und Mitarbeiter in einer Poststelle seien Tätigkeiten der ungelernten Ebene, auf die sie nicht verwiesen werden könne. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben insoweit Auszüge aus der Berufsdatenbank der Bundesagentur für Arbeit - "berufenet" zum Verfahren gereicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 16. September 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, ab dem 01. Dezember 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an dem Verweisungsberuf der Kassiererin in Selbstbedienungsrestaurants nicht mehr fest und benennt als Verweisungstätigkeiten nunmehr die Tätigkeiten als Kaltmamsell/ Gardemanger, Bürogehilfe/Bürohelfer und Mitarbeiter in einer Poststelle. Hierzu hat sie Tätigkeitsbeschreibungen sowie Unterlagen zur tariflichen Einstufung Poststellenmitarbeiter E 3 TVöD eingereicht. Die tarifliche Eingruppierung für die Verweisungstätigkeiten erfolge auf Anlernebene, insofern bestehe kein unzumutbarer sozialer Abstieg.

Der Senat hat weitere Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt, und zwar des Dr. S (Facharzt für Orthopädie) vom 24. Februar 2005, der Dr. B (Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren) vom 14. März 2005, des Dr. L (Praktischer Arzt) vom 30. September 2005, und das orthopädische Gutachten des Dr. L (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Spezielle Orthopädische Chirurgie, Orthopädische Rheumatologie, Sportmedizin) vom 07. Juni 2006 veranlasst. Der orthopädische Sachverständige hat nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 29. Mai 2006 die folgenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet festgestellt: 1. lumbales Schmerzsyndrom ohne Funktionseinschränkung, kein radikuläres Syndrom, kein pathologischer Röntgenbefund, 2. rezidivierendes zervikales Schmerzsyndrom ohne Funktionseinschränkung, beginnende Bandscheibendegeneration mit HWS, leichte bis mittelgradige Spondylosis deformans, 3. Zustand nach Sakroilitis beidseits, 4. Hallux valgus rechts, Zustand nach Resektionsarthroplastik bei Hallux valgus links, Senkspreizfuß beidseits, 5. Chondromalazie beide Kniegelenke, keine Funktionseinschränkung, keine Gonarthrose, 6. plantarer Fersensporn beidseits und ein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten für erforderlich gehalten. Die Klägerin könne trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen und der daraus resultierenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit leichte und mittelschwere Arbeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten.

Der Senat hat ferner die Erstellung des nervenärztlichen Gutachtens der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. K vom 13. Februar 2007 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 24. Juli und 14. August 2007 veranlasst. Die Sachverständige hat nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 09. Januar 2007 und unter Auswertung der aktenkundigen Gutachten und Befundberichte zusammenfassend als Gesundheitsstörung eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie auf orthopädischem Gebiet ein lumbales zervikales Schmerzsyndrom ohne Funktionseinschränkungen diagnostiziert. Aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen könne die Klägerin mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Arbeiten in Kälte, Nässe, Zugluft, Hitze, starken Temperaturschwankungen sollten vermieden werden, ebenso Arbeiten im Steigen und Klettern. Einschränkungen bestünden aus orthopädischer Sicht bei Arbeiten mit Bücken, Heben und Tragen von Lasten. Arbeiten in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung ebenso seien Arbeiten unter Zeitdruck erschwert. Hinsichtlich des Reaktionsvermögens, der Aufmerksamkeit sowie Arbeiten, die Übersicht, Verantwortungsbewusstsein oder Zuverlässigkeit erfordern, bestünden keine Einschränkungen. Die Klägerin könne Tätigkeiten unter Beachtung des beschriebenen Leistungsvermögens vollschichtig, d. h. bis einschließlich acht Stunden arbeitstäglich, verrichten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Gz.: ) und der Arbeitsverwaltung (Gz.: ) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Teilrücknahme noch anhängige Berufung ist zulässig und begründet. Soweit das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt hat, waren das angefochtene Urteil und der angefochtene Bescheid abzuändern und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung - SGB VI a. F. ab dem 01. Dezember 2000.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach § 43 SGB VI a. F., weil die Klägerin ihren Rentenantrag im Dezember 2000 gestellt hat und Rente (auch) für Zeiträume vor dem 01. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a. F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind (medizinische Voraussetzung), die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen).

Berufsunfähig gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. sind Versicherte, deren Erwerbs-fähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F.).

Die Klägerin erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Denn sie hat in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 08. Dezember 1995 bis zum 07. Dezember 2000 mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt (vgl. Versicherungsverlauf, Verwaltungsvorgang Blatt 75 ff.).

Die Klägerin ist auch berufsunfähig. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf, d. h. die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Wertigkeit des bisherigen Berufs ist die Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 22, 29, 32). Hauptberuf der Klägerin ist danach ihre bei der D GmbH ausgeübte Tätigkeit als Köchin.

Diesen Hauptberuf kann die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Insofern wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Nach den zum streitgegenständlichen Zeitraum zeitnahen Sachverständigengutachten der Prof. Dr. S und Dr. C konnte die Klägerin im Dezember 2000 nur noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichten, wobei Kälte, Nässe und Zugluft sowie Zeitdruck zu vermeiden waren. Damit konnte sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der D GmbH nicht mehr ausüben, denn hierbei handelt es sich nach der Arbeitgeberauskunft vom 22. März 2002 um körperlich mittelschwere Arbeiten, die unter Kälte und Nässe sowie starken Temperaturschwankungen im Wechsel zwischen Gehen und Stehen zu verrichten sind. Dass die aktuellen Sachverständigengutachten die Klägerin auch zur Verrichtung "mittelschwerer" Arbeiten in der Lage sehen und sahen, ändert hieran nichts, denn auch unter Zugrundelegung der von diesen Sachverständigen benannten sonstigen bereits für Dezember 2000 angenommenen qualitativen Leistungseinschränkungen war und ist der Klägerin eine Ausübung ihres Berufs nicht möglich. Insoweit geben die medizinischen Sachverständigen L und K nachvollziehbar an, dass Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet und Arbeiten in u.a. Nässe und starken Temperaturschwankungen sowie Arbeiten unter Zeitdruck vermieden werden sollten. Mit diesem Leistungsvermögen war aber die Klägerin den Anforderungen ihres Berufes, wie sie in der Arbeitgeberauskunft beschrieben werden, nicht mehr gewachsen. Der Senat brauchte nicht weiter aufzuklären, ob auch die von den Gutachtern zwar nicht berücksichtigte, jedoch bereits 1998 festgestellte Nickelallergie eine Tätigkeit als Köchin ausschloss, weil Nickel sowohl in Küchengeräten und Besteck als auch in Nahrungsmitteln vorkommt, wobei insbesondere Erdbeeren, Erbsen, Kleie, Reis und Nahrungsmitteln, die in Dosen oder Alu-Folie aufbewahrt werden, einen besonders hohen Nickelgehalt aufweisen (http://www.derma.de/Bochum/470.0. html). Denn den Beruf einer Köchin konnte die Klägerin bereits aus den oben genannten von den medizinischen Sachverständigen festgestellten gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin tatsächlich noch bis zum Jahr 2003 als Beiköchin sowie als so genannte Kaltmamsell (jetzt: Gardemanger), d. h. in einer Ausübungsform des Berufes der Köchin, tätig gewesen ist. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens war die Klägerin zur Ausübung der von ihr zuletzt bis Juni 2003 verrichteten Tätigkeiten gesundheitlich nicht in der Lage. Denn diese Tätigkeiten entsprachen nicht dem von allen medizinischen Sachverständigen insoweit übereinstimmend festgestellten Leistungsvermögen der Klägerin und erfolgten auf Kosten ihrer Gesundheit. Zwar hat nach der Rechtsprechung des BSG die Tatsache der Ausübung einer zumutbaren Arbeit in der Regel einen stärkeren Beweiswert als die scheinbar dies ausschließenden medizinischen Befunde (vgl. SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO; SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Diese Beweisregel zwingt das Tatsachengericht aber nicht, auch dann von der Fähigkeit des Versicherten zur tatsächlich ausgeübten Tätigkeit auszugehen, wenn auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsleistung zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass die tatsächliche Arbeitsleistung den Versicherten überfordert und in seiner Gesundheit gefährdet (BSG, Urteil v. 26. Juni 1980 - 5 RJ 66/79 - Juris). So liegt der Fall hier, wie insbesondere die aktenkundigen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in dem für den Eintritt des Leistungsfalls maßgeblichen Zeitraum belegen.

Neben den bereits genannten und dargestellten medizinischen Sachverständigen hat auch die Gutachterin der Beklagten, Frau Dr. B (Sozialmedizinerin), schon unter dem 04. Juli 2001 festgestellt, dass der Klägerin die Tätigkeit einer "Kaltmamsell" nur halb- bis untervollschichtig zuzumuten sei. Dieselbe Gutachterin gibt in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 24. Oktober 2003 an, dass die Klägerin schon im Dezember 2000 als Köchin "überhaupt nicht mehr" habe arbeiten können und ihr keine Tätigkeiten in Nässe und Kälte sowie nur "leichte bis mittelschwere Arbeiten" möglich gewesen seien. Der gutachterlichen Feststellung der Frau Dr. E vom 07. Februar 2001, dass die "aktuell ausgeübte" Tätigkeit als Kaltmamsell, acht Stunden täglich, nicht auf Kosten der Gesundheit der Klägerin erfolge, kann nicht gefolgt werden. Diese Aussage widerspricht bereits den Feststellungen derselben Ärztin, dass die Klägerin nur noch leichte Arbeiten verrichten könne, wobei Heben und Tragen von Lasten über 5 kg über eine gesamte Schicht sowie Arbeiten in extrem klimatischen Bedingungen (Hitze, Kälte) nicht möglich seien. Unter Zugrundelegung der Arbeitsplatzbeschreibung in "berufenet" fallen aber gerade bei der Tätigkeit einer Kaltmamsell - ebenso wie bei der Tätigkeit als Köchin - Arbeiten in extremen klimatischen Bedingungen und starken Temperaturschwankungen (Hitze in der Küche, Kälte in Lager- und Kühlräumen) an, so dass davon ausgegangen werden muss, dass der Ärztin bei der Abfassung ihrer Stellungnahme die Anforderungen an den Beruf einer Kaltmamsell/Gardemanger nicht gewärtig waren. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Arbeitgeberauskunft aus dem Jahr 2002 offensichtlich gerade auf diese von der Klägerin zuletzt ausgeübte - von der Ärztin als Tätigkeit einer Kaltmamsell bezeichnete - Tätigkeit bezieht, die von der Arbeitgeberin als "Beiköchin" angegeben wird. Diese Tätigkeit wird von der Arbeitgeberin als "mittelschwer", verbunden mit häufigem Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg, in Nässe und starken Temperaturschwankungen beschrieben. Diesen Anforderungen war die Klägerin aber - wie ausgeführt - nach den medizinischen Feststellungen nicht gewachsen. Insbesondere die in der Arbeitgeberauskunft vom 22. März 2002 dokumentierten Arbeitsunfähigkeitszeiten, wonach die Klägerin vom 16. Februar bis 07. Juli 2000, vom 15. September bis 25. September 2000, vom 26. September 2000 bis 02. Februar 2001, 21. März bis 14. Mai 2001 und vom 10. August bis 20. Dezember 2001 arbeitsunfähig war, belegen, dass die Verrichtung dieser Tätigkeit in den Jahren 2000 und 2001 nicht leidensgerecht war und auf Kosten der Gesundheit der Klägerin erfolgte. In den Befundberichten der behandelnden Ärzte sind auch für die Folgezeiträume weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, nämlich vom 8. April - 6. Mai 2002 - (Arthroskopie rechtes Knie) und vom 08.-28. August 2002 dokumentiert, ferner bestand unmittelbar nach Beendigung der Tätigkeit eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin über einen Zeitraum von 18 Monaten (23. Juni 2003 bis 21. Dezember 2004). Danach steht fest, dass die bis Mitte 2003 von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit nicht nur dem von den medizinischen Sachverständigen festgestellten Leistungsvermögen widersprach, sondern die Klägerin auch tatsächlich gesundheitlich überforderte und daher nicht geeignet ist, die medizinischen Feststellungen des Leistungsvermögens zu "widerlegen".

Der Klägerin steht auch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ist zwar dann nicht gegeben, wenn zwar die Ausübung des bisherigen Berufs aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, die Versicherte aber zumutbar eine andere Erwerbstätigkeit ausüben und ggf. auf diese verwiesen werden kann. Eine der Klägerin sozial zumutbare Verweisungstätigkeit, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann, hat die Beklagte jedoch nicht benannt.

Auf die Tätigkeit als Gardemanger kann die Klägerin nicht verwiesen werden, weil sie diese, wie dargestellt, aus gesundheitlichen Gründen nicht verrichten kann. Nach dem von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zum Verfahren gereichten Auszug aus "berufenet" stellt der Beruf der Gardemanger u.a. gerade die oben genannten Anforderungen, die die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen nicht mehr ausführen kann (Arbeiten unter starken Temperaturschwankungen, bei Kälte, Hitze und Feuchtigkeit und unter Zeitdruck). Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei der Tätigkeit als Gardemanger überhaupt im echten Sinne um einen Verweisungsberuf oder um eine Ausübungsform der Tätigkeit als Köchin handelt.

Die weiteren von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten Bürogehilfe/Bürohelfer und Mitarbeiter in einer Poststelle sind der Klägerin - soweit sie sich diese innerhalb von maximal drei Monaten aneignen kann - sozial nicht zumutbar.

Welche Verweisungstätigkeiten sozial zumutbar sind, bestimmt sich nach dem qualitativen Wert der bisherigen Berufstätigkeit. Das BSG hat zur Erleichterung dieser Beurteilung ein Mehrstufenschema entwickelt, das, ausgehend von den unterschiedlichen Ausbildungserfordernissen, die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert, die durch die Leitberufe des Facharbeiters (Vorarbeiters) mit Vorgesetztenfunktion und den diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiter, den Facharbeiter, den angelernten Arbeiter und den ungelernten Arbeiter charakterisiert sind (vgl. z.B. BSG Urteil vom 12. Oktober 1993, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 38).

Zuordnungskriterium ist immer die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 1984, BSGE 57, 291; BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, BSGE 70, 56). Erst durch eine Gesamtschau aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte (z.B. Ausbildung, tarifliche Einstufung und damit Höhe der Entlohnung, Anforderungen und Verantwortlichkeit und Bedeutung für den Betrieb der bisherigen Tätigkeit) ist eine abschließende Beurteilung möglich. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin im Rahmen des Mehrstufenschemas der dritten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters mit einer dreijährigen Ausbildung zuzuordnen.

Zwar hat die Klägerin lediglich eine Ausbildung im Zeitraum vom November 1987 bis Dezember 1988 absolviert und somit keine dreijährige Facharbeiterausbildung. Nach der Gesamtschau aller maßgeblichen Bewertungskriterien, Ausbildung, tarifliche Einstufung, Dauer der Berufsausübung, Höhe der Entlohnung und Anforderungen des Berufes (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI a. F. Rdnr. 52), ist aber die Einstufung als Facharbeiter vorzunehmen. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft war Voraussetzung der letzten Tätigkeit der Klägerin ein Facharbeiterabschluss, die Klägerin besaß auch einen Facharbeiterbrief; sie wurde auch als Facharbeiterin entlohnt und übte die Tätigkeit als Köchin und Beiköchin über einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren aus (von Februar 1989 bis Juni 2003, unterbrochen von einer vierjährigen Tätigkeit als Kantinenverkäuferin zwischen September 1990 und Dezember 1994), nachdem sie zuvor bereits über zehn Jahre als Hilfsköchin/Herdhilfe angestellt war.

Die von der Beklagten benannten Verweisungsberufe Bürogehilfe/Bürohelfer und Mitarbeiter in einer Poststelle sind aber für eine Versicherte, die auf Grund ihres bisherigen Berufs der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen ist, entweder sozial nicht zumutbar oder kommen für die Klägerin nicht in Betracht, weil sie sich diese mangels Vorkenntnissen nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten wettbewerbsfähig aneignen kann.

Im Rahmen des so genannten Mehrstufenschemas darf der Versicherte nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jeweils nur auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden. Ein Facharbeiter kann somit nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die entweder zu den sonstigen Ausbildungsberufen gehören oder die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw. der tarifvertraglichen Eingruppierung oder auf Grund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen. Zu dieser Ebene gehören die von der Beklagten benannten Tätigkeiten, soweit sie für die Klägerin von den fachlichen Anforderungen her in Betracht kommen, nicht.

Ob die von der Beklagten eingereichte Tätigkeitsbeschreibung einer Bürohilfskraft/ Bürogehilfin den Anforderungen, einen typischen Arbeitsplatz mit der üblichen Berufsbezeichnung zu benennen sowie eine typisierende Arbeitsplatzbeschreibung über den tatsächlichen Umfang der Anforderungen und den Arbeitsablauf sowie typische Belastungssituationen zu Grunde zu legen (vgl. BSG Urteil vom 27. März 2007 - B 13 R 63/06 - Juris) genügt und ob die Verweisung auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft bereits mangels konkreter Arbeitsplatzbeschreibung ausscheidet oder insoweit weitere Ermittlungen anzustellen wären, kann dahinstehen. Denn die von der Beklagten benannte Tätigkeit scheidet schon deswegen als Verweisungsberuf aus, weil sich die Klägerin diese Tätigkeit mangels Vorkenntnissen nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten wettbewerbsfähig aneignen kann.

Insofern heißt es unter Beschreibung der Tätigkeit: "Die Einarbeitung beträgt etwa 2 bis 3 Monate. Leichte Tätigkeit in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen, gelegentliches Gehen und Stehen, Konzentrationsfähigkeit und zunehmend Durchführung von PC-Arbeiten", als tarifliche Einstufung wird angegeben: "E 4 des Entgelttarifvertrages der DB AG".

Nach dem von der Beklagten eingereichten Auszug aus dem Entgelttarifvertrag der DB AG umfasst die Entgeltgruppe E 4 Tätigkeiten, die zu ihrer Ausführung entweder "eine abgeschlossene Berufsausbildung mit einer Regelausbildungsdauer von weniger als zweieinhalb Jahren oder Fachkenntnisse und Fertigkeiten, die durch entsprechende betriebliche Ausbildung erworben wurden" voraussetzen oder die "sich gegenüber E 3 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben". Die etwa zwei- bis dreimonatige Einarbeitung setzt demnach Vorkenntnisse voraus. Diese besitzt die Klägerin nicht. Ausgehend von den aktenkundigen Vorkenntnissen und Fertigkeiten der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie lediglich einfache und keine höherwertigen Bürotätigkeiten ausüben kann.

Eine einschlägige Berufsausbildung oder betriebliche Ausbildung besitzt die Klägerin nicht. Dass die von ihr vor über dreißig Jahren in der DDR - 1976 - abgeschlossene Ausbildung bei der DR zum Facharbeiter für den Betriebs- und Verkehrsdienst der DR der Klägerin keine heute noch verwertbaren Fähigkeiten für die Verrichtung höherwertiger Bürotätigkeiten vermittelt hat, bedarf keiner weiteren Ausführungen; zumal die Klägerin nach Abschluss der Ausbildung nie im Verwaltungsbereich der Deutschen Reichsbahn, sondern lediglich kurzfristig als Zugmelder und Stellwerksmeister eingesetzt war.

Zwar hat die Klägerin bei der Gutachterin Dr. K im Januar 2007 angegeben, "buchhalterische Arbeiten für die Firma ihres Mannes" durchzuführen, nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat handelt es sich insoweit jedoch lediglich darum, für ihren Ehemann, der als Tischler einen Ein-Mann-Betrieb führt, gelegentlich eine Rechnung zu schreiben sowie einfachste PC-Arbeiten durchzuführen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben nicht der Wahrheit entsprechen und die Klägerin auch anspruchsvolle und schwierigere Bürotätigkeiten verrichten könnte, sind nicht ersichtlich.

Insoweit ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass eine von der Bundesagentur für Arbeit in den 1990er Jahren angebotene Fortbildung zur Büroassistentin ein Jahr dauerte (z. B. vom 16. März 1992 bis 19. März 1993) und nach einem Ausbildungsplan erfolgte, der die Bereiche allgemeine Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Büroorganisation, Wirtschaftsrecht, Schriftverkehr, Schreibtechnik, Zahlungsverkehr, Bürokommunikation, Grundlagen des betrieblichen Rechnungswesens, Stenografie, kaufmännisches Rechnen, elektronische Datenverarbeitung und Kommunikations- und Bewerbungstraining jeweils mit unterschiedlichen Unterrichtsstunden beinhaltete (vgl. Urteil vom 11. Januar 2007, - L 21 R 375/05 - veröffentlicht in Juris). Dafür, dass die Klägerin entsprechende Kenntnisse wie durch diese Fortbildung erworben hat, bestehen aber keine Anhaltspunkte.

Mangels weitergehender Vorkenntnisse und Fähigkeiten, ist der Klägerin auch die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin nach der Vergütungsgruppe E3 TVöD (entspricht BAT VIII oder IX b) nicht möglich. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des 6. Senats des LSG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 7. März 2007 - L 6 RJ 67/01 - (zitiert nach juris) zu der Verweisung eines Schlossers auf die Tätigkeiten eines Registrators oder eines Poststellenmitarbeiters und der Abgrenzung der Vergütungsgruppen BAT VIII und IX b:

"Die Tätigkeit eines Registrators im öffentlichen Dienst ist nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt. Sie reicht von der vorwiegend mechanischen Tätigkeit (BAT X) und den einfacheren Arbeiten (BAT IX) über schwierigere Tätigkeiten (BAT VIII) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (BAT VII bis V). Diese Eingruppierungsgrundsätze und -regelungen gelten, da bisher noch keine spezielle neue Entgeltordnung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf Grund des neuen Tarifvertrags öffentlicher Dienst geschaffen wurde, fort (Dassau und Langenbrinck: TVöD Schnelleinstieg ins neue Tarifrecht, 1. Aufl. 2005, S 102; Breier u.a., Eingruppierung und Tätigkeitsmerkmale im öffentlichen Dienst, Kommentar, 85. Aktualisierung, Stand 01. Oktober 2006, Vorwort 2005). Die Vergütungsgruppe VIII BAT erfasst Angestellte im Büro-, Registratur-, Kassen-, Buchhalterei-, Sparkassen-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigerer Tätigkeit (z.B. Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben; Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung; Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art; Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien sowie von solchen Karteien, deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt; buchhalterische Übertragungsarbeiten; Zinsstaffelberechnungen; Kontenführung). In die Vergütungsgruppe IXb BAT werden Angestellte im Büro-, Registratur-, Kassen-, Buchhalterei-, Sparkassen-, Kanzlei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit einfacheren Arbeiten (z.B. nach Schema zu erledigende Arbeiten; Postabfertigung; Führung von Brieftagebüchern, Inhaltsverzeichnissen; Führung von einfachen Karteien z.B. Zettelkatalogen, nach Eigen- oder Ortsnamen geordneten Karteien; Führung von Kontrolllisten, Einheitswertbogen und statistischen Anschreibungen; Formularverwaltung, Schreibmaterialienverwaltung; Führung von häufig wiederkehrendem Schriftwechsel nach Vordruck, insbesondere formularmäßige Bescheinigungen und Benachrichtigungen sowie Erinnerungen und Straffestsetzungen; Lesen von Reinschriften; Heraussuchen von Vorgängen anhand der Tagebücher) eingruppiert. Die Vergütungsgruppen sind im Verhältnis zueinander zu sehen. Eine "schwierigere Tätigkeit" im Sinne der Vergütungsgruppe VIII BAT muss an den "einfacheren Arbeiten" der Vergütungsgruppe IXb BAT gemessen werden. Deshalb ist unter den schwierigeren Tätigkeiten nach VIII BAT weniger als eine schwierige Tätigkeit zu verstehen; der Komparativ "schwierigere" wird hier als Steigerung gegenüber den "einfacheren" Arbeiten der Vergütungsgruppe IXb Fallgruppe 1 gebraucht. Die schwierigeren Tätigkeiten zeichnen sich durch Verantwortlichkeit, große Selbständigkeit, eigene Initiative, Arbeitseinsatzentscheidung, besondere Initiative, besondere eigene Überlegung und eine Befähigung, wie sie zu einfacheren Arbeiten im Sinne von Vergütungsgruppe IX b nicht gefordert wird, aus. Schwierigere Tätigkeiten liegen gegenüber einfacheren Tätigkeiten dann vor, wenn die Tätigkeit den Einsatz qualifizierterer Fähigkeiten der Angestellten, gleich in welcher Hinsicht, im Vergleich zu den einfacheren Arbeiten verlangt (Breier ua, Eingruppierung und Tätigkeitsmerkmale im öffentlichen Dienst, aaO S 123; Bredemann/Neffke, Eingruppierung in BAT und BAT-O, 2001, RdNr 60). Die schwierigere Tätigkeit muss damit im Schwierigkeitsgrad einerseits deutlich erkennbar über den Anforderungen der Postabfertigung liegen, andererseits ist für eine solche Tätigkeit die Anwendung von "gründlichen Fachkenntnissen" nicht erforderlich. Im Gegensatz zu den Vergütungsgruppen IXb und X BAT handelt es sich bei der Vergütungsgruppe VIII BAT um eine Tätigkeit für Angelernte und damit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verwaltungstätigkeit (vgl. BSG Urteile vom 27. November 1991 - 5 RJ 91/89 -, 12. September 1991 – 5 RJ 34/90 – und 29. Mai 1980 - 5 RJ 138/79 –, jeweils veröffentlicht in Juris). Die Arbeit in Poststellen ist den Vergütungsgruppen BAT X und BAT IXb zugeordnet, wobei die Vergütungsgruppe BAT IXb im Rahmen eines Bewährungsaufstieges nach zweijähriger Beschäftigung erreicht werden kann. Soweit die Arbeit auf Poststellen der Vergütungsgruppe BAT VIII zugeordnet sein kann (ausdrücklich erwähnt ist sie im Gegensatz zu den Vergütungsgruppen BAT X und BAT IXb nicht, lediglich exemplarisch genannt wird die "Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art"), handelt es sich um hervorgehobene Tätigkeiten, die ebenfalls einer längeren Einarbeitungszeit bedürfen."

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze, die der Senat teilt, sind die Arbeiten in der von der Beklagten vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung "Poststellenmitarbeiter E3 TVöD" nur der - ehemals geltenden - Stufe BAT IX zuzuordnen und somit der Klägerin als einer Facharbeiterin sozial nicht zumutbar.

Kenntnisse und Fähigkeiten, die die Klägerin aber nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten zur vollwertigen Ausübung einer "schwierigeren" Tätigkeit im Rahmen der Mitarbeit in einer Poststelle (entsprechend BAT VIII) befähigen, sind bei ihr nicht vorhanden. Insoweit gilt das oben zur "Bürogehilfin" Gesagte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der teilweisen Rücknahme der Berufung, Rechnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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