L 23 B 270/08 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 68/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 270/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 02. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerde-verfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur werktäglichen Schülerbeförderung von seinem Wohnort bis zum Gymnasium N, hilfsweise die Übernahme der entsprechenden Kosten.

Der 1995 geborene Antragsteller leidet unter dem so genannten Asperger Syndrom mit einem Grad der Behinderung von 50 (Schwerbehindertenausweis vom 07. September 2006). Der Antragsteller hat die C-Grundschule in G besucht; dort wurde ihm durch den Antragsgegner Integrationshilfe gewährt.

Am 15. Januar 2008 fand eine Beratung des Förderausschusses der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle G statt, an der u. a. die Klassenlehrerin des Antragstellers an der C Grundschule, die Schulleiter der Gymnasien in G und N und die Mutter des Antragstellers teilnahmen. Das Protokoll der Beratung enthält u. a. den ausdrücklichen Wunsch der Mutter des Antragstellers zur Beschulung im Gymnasium in N; die Äußerung der Schulleiterin des Gymnasiums G, dass dort günstige Bedingungen für den Antragsteller bestünden bei einer Klassenstärke bis ca. 23 Schülern, stundenweiser sonderpädagogischer Betreuung und eventuellen Einzelfallhelfereinsatzes bei kurzem Schulweg; weiterhin die Äußerung des Schulleiters des Gymnasiums N, der auf die dort bestehenden günstigen Bedingungen die bestehende Möglichkeit der Betreuung des Schülers nach dem Unterricht, den Fachraumunterricht, die Klassenstärke von ca. 20 Schülern, das Vorhandensein eines LRS Lehrers und einer Sozialpädagogin sowie der Möglichkeit der sprachlichen Förderung hinweist. Die durch den Förderausschuss nach abschließender Beratung getroffene Bildungsempfehlung stellt einen sonderpädagogischen Förderbedarf fest und nennt als Lernort das Gymnasium in N.

Im Januar 2008 beantragten die Eltern des Antragstellers ab dem 01. September 2008 den Fahrdienst vom Wohnort ins Gymnasium N.

In diesem Rahmen fand am 02. April 2008 ein Gespräch mit den Eltern des Antragstellers bei der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle für den Landkreis S statt. Die Notiz zu diesem Gespräch lautet wie folgt:

"Notiz zum Gespräch mit Familie und Dr. A am 02.04.2008

Ort: Schulverwaltungsamt S in F

Teilnehmer: Frau und Herr F, Herr Dr. A Herr P (Koord. SpFB)

- Herr Dr. A erläutert noch einmal den Sachverhalt: Im Förderausschuss kam zum Ausdruck, dass auch das Gymnasium G die Beschulung von K angeboten hat. Lt. Satzung des Landkr. S zum Schülertransport ist ein Fahrdienst zu dieser Bildungseinrichtung möglich. - Herr P betont nochmals, dass seitens des SSA C alle Voraussetzungen gemäß Sonderpädagogikversammlung eingehalten wurden (Eignung der Schule in freier Trägerschaft, Wunsch der Eltern zum Lernort, keine Zuweisung durch SSA) - Frau F räumt das Angebot der Schule in N ein, den Fahrdienst der Einrichtung für ein Entgelt von 70 EUR/Monat zu nutzen, - Dr. A. wird in den kommenden zwei Wochen ein Angebot zum FD in das Gymnasium G einholen. Die Kosten dafür werden voraussichtlich weitaus höher liegen als der Betrag von 70 Euro. Das SVA würde dann diesen Elternanteil Familie F erstatten. - Die Eltern F erklärten sich mit dieser Lösung einverstanden und stellen somit keine Ansprüche mehr diesbezüglich."

Mit Bescheid vom 10. Juni 2008 lehnte der Antragsgegner durch den Fachbereich Schule und Kultur den Antrag auf Bereitstellung eines Fahrdienstes insoweit ab, als eine Fahrkostenerstattung für einen Fahrdienst begehrt werde, der über die Beförderung zur nächst erreichbaren Schule der gewählten Schulform, dem Gymnasium, hinausgehe.

Da der Antragsteller ausdrücklich auch einen Antrag beim Fachbereich Soziales des Antragsgegners gestellt hat, wurde der Bescheid vom 10. Juli 2008 mit Schreiben vom 13. August 2008 dahingehend ergänzt, dass eine Übernahme der Beförderungskosten zur Schule auch nach §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch SGB XII nicht in Betracht komme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2008 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Juli 2008 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Antragsteller am 01. September 2008 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Diesen hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 02. Oktober 2008 abgelehnt: Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht, da es dem Antragsteller derzeit unter Mithilfe seiner unterhaltsverpflichteten Angehörigen zumutbar möglich sei, am Unterricht des N Gymnasiums teilzunehmen. Auch ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Der Antragsteller könne auch in G Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung erhalten.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 09. Oktober 2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt.

Die Gerichtsakten des Sozialgerichts Cottbus, auch die des Hauptsacheverfahrens S 20 SO 69/08, sowie die Verwaltungsakten des Antragsgegners (Fachbereich Schule und Kultur sowie Fachbereich Soziales) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Schulbeförderung zum Gymnasium N, hilfsweise die Übernahme der entstehenden Kosten zu gewähren.

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf die begehrten Leistungen zu besitzen (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung ZPO ).

Schon das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein solcher Anspruch aus §§ 53, 54 Abs. 1 Ziff. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Ziff. 3 Eingliederungshilfeverordnung EinglHVO nur dann besteht, wenn der Antragsteller nur durch die Teilnahme am Unterricht in N angemessene Schulbildung erhalten könnte. Die Übernahme der diesbezüglichen Fahrtkosten als notwendiger Bestandteil der Schulbildung richtet sich nach dem Schicksal des Anspruchs auf angemessene Schulbildung selbst (vgl. BVerwGE 48, 228 ff.).

Der Antragsteller hat jedoch nicht glaubhaft machen können, dass ein Anspruch auf angemessene Schulbildung nur durch Teilnahme am Unterricht im Gymnasium N gewährleistet werden kann.

Unter einer angemessenen Schulbildung ist eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu verstehen, wobei die Art der Behinderung nicht außer Acht gelassen werden kann (Warendorf in Grube/Warendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 54 Rz. 21). Ziel der angemessenen Schulbildung ist es demnach nicht, dem Antragsteller eine bestmögliche Schulausbildung zu geben (OVG Brandenburg, FEVS 55, Seite 38 ff.).

Es ist dem Antragsteller nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass eine derartige angemessene Schulbildung nicht auch am P Gymnasium in G erreicht werden kann. Dem steht die Bildungsempfehlung der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle, die als Lernort das Gymnasium N aufweist, nicht entgegen. Zwar lässt sich dieser Bildungsempfehlung entnehmen, dass der Antragsteller dort eine angemessene Schulbildung erhalten kann. Sie schließt jedoch nicht aus, dass eine solche angemessene Schulbildung nicht auch anderenorts erreicht werden kann. Insbesondere ist ihr keine Verbindlichkeit hinsichtlich des Lernortes zu entnehmen.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht jedoch hervor, dass eine Ausbildung des Antragstellers auch am P Gymnasium in G nicht nur möglich, sondern auch ausreichend wäre. Die sonderpädagogische Betreuung des Antragstellers kann auch an dieser Schule fortgeführt werden. Nach der Mitteilung der Schulleiterin des P Gymnasiums hat man auch dort mit Integrationsschülern gearbeitet, die dort erfolgreich ihr Abitur erreicht haben. Die Schule verfügt ebenfalls über eine Schulsozialarbeiterin, die der Antragsteller bereits aus ihrer Arbeit in seiner Grundschule kennt. Auch besteht eine Kooperation zwischen der C-Grundschule und dem P Gymnasium. Auch verfügt die Schule über Laptops und Computer, was nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers von besonderer Bedeutung ist. Für den Antragsteller wäre dort eine Integrationsklasse mit maximal 23 Schülern eingerichtet worden.

Wie das Sozialgericht bereits angedeutet hat, sehen dies auch die Eltern des Antragstellers nicht anders, denn sie haben das P Gymnasium in G als Zweitwunschschule angegeben.

Allein aus der Tatsache, dass die Eltern des Antragstellers das Gymnasium in N für "noch" besser geeignet halten, kann ein Anspruch des Antragstellers jedoch wie bereits ausgeführt nicht hergeleitet werden.

Auch unter Berücksichtigung des Wunschrechts des Antragstellers nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII lässt sich ein Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten nach N nicht herleiten. Das Wunschrecht findet unter mehreren gleichwertigen, den Schulungsbedarf deckenden Maßnahmen dort seine Grenzen, wo die damit verbundenen Mehrkosten nicht mehr angemessen sind (OVG Brandenburg, FEVS 54, Seite 231 ff.). Angesichts der täglichen Taxikosten von 20,00 EUR sind diese Kosten nicht mehr angemessen. Insoweit kann dahinstehen, wie die Ausführungen der Eltern des Antragstellers während des Gesprächs in der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle vom 02. April 2008 zu verstehen sein könnten, dass man mit einer Kostenerstattung in Höhe von 70,00 EUR pro Monat für den Fahrdienst des Gymnasiums N einverstanden sei.

Aus den vorgenannten Gründen kann auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Asperger-Syndrom letztlich um eine Behinderung im Sinne von §§ 53, 54 SGB XII oder um eine seelische Behinderung nach § 35 a Sozialgesetzbuch Achtes Buch SGB VIII handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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