L 12 AL 697/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 140/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 697/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Förderung einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung.

Der 1975 geborene Antragsteller beantragte mit E-Mail vom 24. November 2008 bei der Antragsgegnerin die Förderung einer EPLAN-Schulung eine Woche Grundlagen. Mit Bescheid vom 04. Dezember 2008 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Leistungen zur beruflichen Weiterbildung könnten nur gewährt werden, wenn die Weiterbildung nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) notwendig sei. Die Notwendigkeit der beantragten Förderung im Bereich EPLAN für die berufliche Eingliederung sei nicht begründbar.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass von Stellenbewerbern durchweg Kenntnisse im E-CAD verlangt würden, egal ob man dieses EPLAN oder sonst wie nenne. Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2009 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und verwies erneut auf die fehlende Notwendigkeit der Weiterbildung zur Wiedereingliederung. Zwar habe die Konkurrenzfähigkeit des Antragstellers durch den häufigen Stellenwechsel trotz des guten Ausgangsberufes Energieelektroniker gelitten. In fachlicher Hinsicht sei dies jedoch durch den von der Antragsgegnerin geförderten Erwerb aktueller Zusatzqualifikationen (SIMATIC S 7 und SINUMERIK Kurse) behoben worden. Im Hinblick auf die von der Pressestelle der Antragsgegnerin für den Bezirk P. im Juni 2008 für Elektriker, zu denen auch die Energieelektroniker gehörten, ermittelten 89 offenen Stellen, denen 70 Bewerber gegenüber gestanden hätten, sei davon auszugehen, dass der Antragsteller aufgrund seiner Berufserfahrung und Qualifikation auch ohne die EPLAN-Schulung in absehbarer Zeit beruflich wieder eingegliedert werden könne. Die Weiterbildungsmaßnahme sei daher nicht notwendig. Die EPLAN-Schulung könne auch nicht nach § 10 SGB III gefördert werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift setze eine Förderung voraus, dass sie den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entspreche. Die Förderung einer nicht notwendigen Weiterbildungsmaßnahme entspreche nicht dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziel.

Hiergegen hat der Antragsteller am 14. Januar 2009 Klage erhoben und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) gestellt. Ihm fehlten derzeit E-CAD-Kenntnisse, die er mit EPLAN beheben wolle, da EPLAN den Markt nahezu alleine dominiere. E-CAD-Kenntnisse seien heute so selbstverständlich, dass sie schon in der Ausbildung vermittelt würden. Dies sei vor 2000 noch nicht denkbar gewesen. Der Antragsteller sei als Energieelektroniker von der Antragsgegnerin so zu schulen, wie dies in seinem Berufsbild üblich sei und aktuell am Markt verlangt werde. Es bestehe auch Eilbedürftigkeit. Mit jedem Tag mehr an Arbeitslosigkeit schwänden die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auch die Fertigkeiten und Kenntnisse.

Mit Beschluss vom 05. Februar 2009 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) komme nicht in Betracht, da es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehle. Zwar erleide der Antragsteller durch das Abwarten der Hauptsacheentscheidung eine Verzögerung, dieser Nachteil sei jedoch nicht so wesentlich, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung angezeigt sei. Ein endgültiger Rechtsverlust sei nicht zu erkennen, da es sich bei der Schulung nicht um ein einmaliges Angebot handele. Außerdem handele es sich bei der begehrten Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht um eine Leistung, die eine lebensnotwendige Bedarfdeckung gewährleiste. Zudem sei ein Anordnungsgrund zu verneinen, da der Antragsteller am 13. Januar 2009 einen Arbeitsvertrag mit der P. Personal Leasing GmbH & Co KG abgeschlossen habe, welcher die Aufnahme einer Beschäftigung zum 09. Februar 2009 vorsehe. Bei Ausübung dieser Beschäftigung sei nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller überhaupt an einer EPLAN-Schulung teilnehmen könnte.

Hiergegen richtet sich die am 06. Februar 2009 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Entgegen der Auffassung des SG reiche der Rechtsverlust durch Zeitablauf. Aus diesem resultierten auch irreparable Nachteile. Eine Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma, die ein sittenwidriges Gehalt bezahle, sei unzumutbar. Die Antragsgegnerin habe den Antragsteller so zu schulen, dass er im Nahbereich eine angemessene Arbeit finde. Zudem seien die Beschlüsse des "Willkürrichters H., der sich fortgesetzt als Rechtsbeuger betätigt", unbeachtlich, weil sie nicht durch den gesetzlichen Richter im Sinne von Artikel 101 Grundgesetz (GG) ergangen seien. Der Richter sei durch einen ersten Befangenheitsantrag am 05. Februar 2009 abgelehnt worden und habe daraufhin die Akten an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weitergeleitet. Eilverfahren seien hierbei ausgenommen gewesen, um die Verfahren nicht unnötig zu verzögern.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Förderung der "EPLAN-Schulung" nebst notwendiger Unterkunftskosten, Verpflegungsmehraufwendungen sowie Fahrtkosten zu bewilligen,

hilfsweise, den Erlass einer sachdienlichen Regelung durch das Gericht nach § 938 Abs. 1 Zivilprozessordnung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verweist auf den angefochtenen Beschluss.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vorgelegten Auszug aus der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt, dieser ist unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG im Ergebnis zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Soweit der Antragsteller geltend macht, der Beschluss des SG sei schon deshalb "unbeachtlich", weil nicht der gesetzliche Richter entschieden habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die Ausführungen des Antragstellers zur Befangenheit des erstinstanzlichen Richters sind schon deshalb unbeachtlich, weil das Befangenheitsgesuch erst mit Schreiben vom 13. Februar 2009 und damit nach Abschluss des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes gestellt wurde. Ablehnungsgesuche sind jedoch, wie sich aus §§ 43 bis 45 ZPO ergibt, nur bis zur Beendigung der Instanz zulässig. Wie der Antragsteller selbst ausgeführt hat, hat er bewusst in den Verfahren auf einstweiligen Rechtschutz keine Befangenheitsanträge gestellt. Es ist insoweit nicht möglich, nachträglich den bereits tätig gewordenen Richter abzulehnen (vgl. Keller in Meyer Ladewig-Keller-Leitherer, a.a.O., § 60 Rdnr. 11).

Auch in der Sache hat der Antragsteller kein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, insoweit fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn (1.) die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch den Leistungsträger erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. Streitig ist vorliegend die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitslosigkeit. Insoweit kommt es darauf an, ob gerade die vom Antragsteller gewünschte Weiterbildung - die EPLAN-Schulung - notwendig im Sinne der genannten Vorschrift ist, also ohne die Teilnahme an der gewünschten Maßnahme eine berufliche Eingliederung voraussichtlich nicht möglich ist. Ausgangspunkt der hierfür notwendigen Prognoseentscheidung ist zunächst die Frage, ob ohne die Bildungsmaßnahme keine Vermittlungschancen in angemessener und absehbarer Zeit beständen, wobei konkret auf die Qualifikation des Antragstellers, die Gefragtheit seines Berufs und die Dauer der bisherigen Arbeitslosigkeit abzustellen ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4300 § 77 Nr. 1).

Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Prognoseentscheidung, für die ihr ein Beurteilungsspielraum zusteht, ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Insoweit wird insbesondere auf die ausführlichen Darlegungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2009 Bezug genommen. Danach ist die Prognose der Antragsgegnerin, dass die begehrte Maßnahme unter Berücksichtigung der Eingliederungschancen des Antragstellers nicht notwendig ist, letztlich nicht zu beanstanden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Leistungen nach § 77 SGB III um Ermessensleistungen handelt. Der Antragsteller hat insoweit lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Nur wenn das Ermessen ausschließlich in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden könnte und jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre, bestünde ein Anspruch auf diese dann einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung, hier die begehrte Förderung der EPLAN-Schulung. Abgesehen davon, dass schon die Fördervoraussetzungen (Notwendigkeit) nach summarischer Prüfung nicht gegeben sind, ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass hier ein Fall einer Ermessensreduzierung auf nur eine mögliche Entscheidung (Ermessenreduzierung auf Null) vorläge.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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