L 12 AL 1001/09 PKH-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 141/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1001/09 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Verfahren S 11 AL 141/09 ER begehrte der Antragsteller vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verschiedene Leistungen in Zusammenhang mit einer Arbeitsaufnahme in B ... Mit Beschluss vom 05. Februar 2009 lehnte das SG den Antrag ab. Am 11. Februar 2009 hat der Antragsteller für dieses Verfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin G. beantragt. Am 13. Februar 2009 hat der Antragsteller einen Befangenheitsantrag gegen Richter H. gestellt und ausgeführt, es würden alle Eilverfahren verschleppt, der Richter habe in den zuletzt beschiedenen drei Eilverfahren jeweils seine Pflichten aus § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt, was zu unmöglichen und untragbaren Ergebnissen geführt habe.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2009 hat das SG durch Richter H. den Antrag abgelehnt. Der Kammervorsitzende sei zur Entscheidung berufen, da das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit offenbar rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sei. Der Antragsteller habe sein Ablehnungsgesuch in Verschleppungsabsicht gestellt, denn er habe es als Reaktion auf die gerichtliche Verfügung vom 13. Februar 2009, mit welcher das Gericht die Vorlage von Nachweisen zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs im Verfahren S 11 AS 304/09 ER angefordert habe, formuliert, weil er hierin eine Verzögerung des Eilverfahrens vermute. Gleichzeitig habe er jedoch von seinem Ablehnungsgesuch gerade dieses Verfahren ausgenommen. Die Vorwürfe würden pauschal vorgebracht und von keinem substantiierten Vortrag begleitet; der Antragsteller verkenne, dass die Beteiligten bei Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen seien und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten die Amtsermittlungspflicht des Gerichts beschränkten. Wegen Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs sei über den Befangenheitsantrag durch den Vorsitzenden zu entscheiden; einer eigenständigen förmlichen Entscheidung habe es wegen der offensichtlichen Missbräuchlichkeit des Ablehnungsgesuchs nicht bedurft. PKH sei nicht zu gewähren, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 18. Februar 2009 eingelegten Beschwerde. Die Beschlüsse des "Willkürrichters H., der sich fortgesetzt als Rechtsbeuger betätigt" seien unbeachtlich, weil sie nicht durch den gesetzlichen Richter im Sinne von Artikel 101 Grundgesetz (GG) ergangen seien. Gerügt werde, dass das Gericht Verfahren herauspicke, von denen es glaube, es gebe für den Antragsteller nichts zu holen und diese voreilig unter Missachtung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abweise, während andere Sachen liegen blieben. Naheliegend wäre es, Eingaben in zeitlicher Reihenfolge abzuarbeiten. Ein Ablehnungsgrund könne daraus folgen, dass das prozessuale Vorgehen eines Richters keine ausreichende gesetzliche Grundlage habe und sich so sehr von dem gewöhnlich geübten Verfahren entferne, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränge. Nach diesen Maßstäben bestehe kein Zweifel an der Befangenheit. Im Verfahren sei bereits eine angefochtene Entscheidung ergangen. Es könne nicht sein, dass der PKH-Beschluss erst später nachgeschoben werde. Über die PKH sei rechtzeitig, bevor in der Sache eine Entscheidung gefällt werde, zu entscheiden. Nachdem der Richter den ersten Befangenheitsantrag in einer Vielzahl von Verfahren dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt habe, könne er den weiteren Befangenheitsantrag nicht plötzlich als rechtsmissbräuchlich bezeichnen. Insbesondere liege keine Prozessverschleppungsabsicht vor. Um dies zu vermeiden, seien zuerst die Eilverfahren ausgenommen worden. An die Darlegung des vom Gericht behaupteten Rechtsmissbrauchs stelle die Rechtsprechung hohe Ansprüche, dies könne nicht mit pauschalen Schutzbehauptungen geschehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie den vorliegenden Auszug aus der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt ein dahingehender Verfahrensmangel, dass nicht der gesetzliche Richter entschieden hat, nicht vor. Der Kammervorsitzende durfte selbst über das Ablehnungsgesuch entscheiden, da dieses, wenn nicht gar offensichtlich missbräuchlich (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 60 Nr. 4), so aber jedenfalls unzulässig war (vgl. BSG, Beschluss vom 28. Mai 2001 - B 14 KG 3/01 B - (juris); Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 50, 36).

Für die Ablehnung von Gerichtspersonen gilt über die Bestimmung des § 60 Abs. 1 SGG die Vorschrift des § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Zur Zulässigkeit eines Befangenheitsantrags bedarf es der Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO); dieser ist durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise zu substantiieren (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 54 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Nr. 57; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (LSG) Breithaupt 1994, 87, 88). Die Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs ist mithin gegeben, wenn das Gesuch entweder überhaupt nicht oder nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (vgl. BVerwGE 50, 36), oder das Vorbringen des Beteiligten von vorneherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 50).

Diesen Vorgaben an ein zulässiges Ablehnungsgesuch tragen die Ausführungen des Antragstellers in keiner Weise Rechnung. Die pauschalen Vorwürfe gegen den Vorsitzenden entbehren jeglicher Grundlage. Soweit der Antragsteller generell eine Verschleppung von Eilverfahren rügt, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Dem Senat liegt eine Vielzahl von Beschwerden des Antragsteller zur Entscheidung vor gegen Beschlüsse des SG im einstweiligen Rechtsschutz. Aus diesen Verfahren ist ersichtlich, dass das SG stets zeitnah entschieden hat. Ein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze durch das SG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller rügt, das PKH-Verfahren sei erst nach Abschluss des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz entschieden worden, liegt dies einzig daran, dass der PKH-Antrag erst am 11. Februar 2009 gestellt wurde, wogegen das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes bereits mit Beschluss vom 05. Februar 2009 beendet war. Darüber hinaus spricht auch das taktische Verhalten des Antragstellers in Zusammenhang mit der Stellung von Ablehnungsgesuchen dafür, dass er verfahrensfremde Zwecke verfolgt, nämlich den ihm missliebigen Vorsitzenden auszuschalten (vgl. Hessisches LSG, SGb 86, 197). So hat der Antragsteller zunächst am 05. Februar 2009 in mehr als 20 Hauptsacheverfahren Befangenheitsanträge gestellt, jedoch ausdrücklich anhängige Eilverfahren ausgenommen, damit es nicht zu Verzögerungen komme. Am 18. Februar 2009 hat er die dem Senat vom SG vorgelegten Ablehnungsgesuche jedoch wieder zurückgenommen (L 12 SF 609/09 A), indessen in einigen Eilverfahren bzw. Prozesskostenhilfeverfahren erneut Befangenheitsgesuche vorgebracht. Schon dieses Taktieren zeigt, dass es dem Antragssteller nicht eigentlich darum geht, Befürchtungen vorzubringen, der zuständige Richter könnte unsachlich entscheiden.

Auch in der Sache hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH zu Recht abgelehnt.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 2102, 2103; Bundesgerichtshof NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. November 1998 - VI G 120/98 - (juris) oder eine weitere Sachaufklärung ernsthaft in Betracht kommt (vgl. hierzu BVerfG NJW-RR 2002, 1069; NJW 2003, 2976, 2977).

Abgesehen von den fehlenden Erfolgsaussichten - insoweit wird auf den Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren L 12 AL 586/09 ER-B Bezug genommen - kommt die Gewährung von PKH schon deshalb nicht in Betracht, weil das erstinstanzliche Verfahren vor Stellung des PKH-Antrags bereits abgeschlossen war. In gerichtskostenfreien Verfahren wie dem Vorliegenden (vgl. § 183 SGG) ist ausschließliches Ziel des Antrags auf Bewilligung von PKH die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Da ein Rechtsanwalt im Verfahren vor dem SG für den Kläger nicht tätig geworden ist, und ein solcher nachträglich auch nicht mehr tätig werden kann, kommt eine Bewilligung von PKH rückwirkend hier nicht in Betracht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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