L 5 R 2464/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1467/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2464/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 25.615,77 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die von der Beklagten dem Kläger gegenüber geltend gemachte Forderung über Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 47.642,09 EUR (darin enthalten: Säumniszuschläge in Höhe von 22.026,32 EUR) im Streit.

Der Kläger ist bzw. war Betreiber der Arztpraxis Dr. Kr. (Betriebsnummer - BNR - 64436614), der Praxis Dr. Kr. und Dr. Gö. (BNR 64534311) und der Tumorklinik Ca. (BNR 64310140).

Der 1937 geborene Beigeladene Ziff. 3, gelernter Bankkaufmann und geprüfter Bilanzbuchhalter, zuletzt versicherungspflichtig beschäftigt bis April 1996 bei der Firma S., arbeitete zunächst für den Kläger geringfügig und sozialversicherungsfrei als Buchhalter. Ab dem 1. April 1996 bezog er Arbeitslosengeld (Alg). Auf Grund der Zunahme des Arbeitsanfalls beim Kläger gründete - nach den Angaben des Klägers bzw. des Beigeladenen Ziff. 3 - die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 nach Empfehlung des damaligen Steuerberaters des Klägers Wagner (W.) zum 1. Juni 1996 die Firma "Büroservice H. Ko." (in folgendem Büroservice). Die vom Beigeladenen Ziff. 3 für den Kläger erbrachte Tätigkeit als Buchhalter wurde vom Büroservice in Rechnung gestellt. Vom Beigeladenen Ziff. 3 wurden weiterhin Bescheinigungen, ausgefüllt vom Kläger oder vom Steuerberater W., über einen Verdienst von monatlich 120,- DM der zuständigen Agentur für Arbeit (damals Arbeitsamt) vorgelegt. Der Beigeladene Ziff. 3 erledigte die anfallenden Arbeiten für den Büroservice unentgeltlich.

Mit Urteil des Amtsgerichts Ca. vom 15. Juni 2005 (Az.: 3 Ds 19 Js 15867/00 - AK 175/02) wurden der Beigeladene Ziff. 3 wegen Betruges und der Kläger sowie die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 wegen Beihilfe zum Betrug zum Nachteil der Bundesagentur für Arbeit zu Geldstrafen verurteilt. Das Amtsgericht Ca. ging hierbei davon aus, dass der Beigeladene Ziff. 3 dem Arbeitsamt gegenüber seine Beschäftigung beim Kläger nicht mitgeteilt habe trotz Kenntnis der ihn treffenden Mitteilungspflichten und sowohl der Kläger als auch die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 dies gewusst und unterstützt hätten, u. a. durch die Ausstellung von Bescheinigungen über die Fortdauer der ursprünglichen geringfügigen Tätigkeit mit einem Verdienst von monatlich 120,- DM bzw. die Gründung des Büroservice, und so das Arbeitsamt irrtümlich davon ausgegangen sei, dass weiterhin Arbeitslosigkeit bestehe und daher für den Zeitraum 1. Juni 1997 bis 27. November 1998 Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 85.731,19 DM gezahlt habe. In seiner schriftlichen Auskunft im Ermittlungsverfahren vom 3. Juli 2002 (Bl. 334 Strafakte) hatte der Steuerberater W. ausdrücklich verneint, die hier vom Kläger und dem Beigeladenem Ziff. 3 gewählte Konstruktion vorgeschlagen zu haben. Vielmehr hat er auf die Frage, welchen Vorschlag er den Beteiligten über die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen Ziff. 3 gemacht habe, geantwortet: "keine". Auf die Frage, ob der Vorschlag, über die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 ein Gewerbe anzumelden und über dieses die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 abzurechnen, von ihm stamme, antwortete der Steuerberater mit: "nein". In seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht Ca. konnte sich der Steuerberater unter Hinweis auf seine Erkrankung an die damaligen Vorgänge nicht mehr erinnern (Bl. 393/394 Strafakte).

Auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse der Polizeidirektion Ca., des Urteils des Amtsgerichts Ca. sowie der Rechnungsunterlagen forderte die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 betreffs die Tumorklinik Ca. für den Zeitraum vom 1. November 1998 bis 31. Dezember 1999 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 8.861,11 EUR zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 6.548,58 EUR, insgesamt 15.409,69 EUR, mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 ferner betreffs die Praxis Dr. Kr. und Dr. Gö. für den Zeitraum vom 1. Juni 1997 bis 31. Juli 1998 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 9.711,28 EUR zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 8.634,58 EUR, insgesamt 18.345,86 EUR und mit weiterem Bescheid vom 25. Oktober 2005 betreffs die Praxis Dr. Kr. für den Zeitraum 1. Juni 1996 bis 31. Dezember 1998 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 7.043,38 EUR zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 6.843,16 EUR, insgesamt 13.886,54 EUR nach.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Februar 2006 jeweils zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, auf der Grundlage der polizeilichen und strafgerichtlichen Ermittlungsergebnisse sei der Beigeladene Ziff. 3, obwohl eine geringfügig entlohnte Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 3 nicht vorgelegen habe, nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer gemeldet worden. Um dem Beigeladenen Ziff.3 weiter den Bezug von Alg zu ermöglichen und eine sozialversicherungspflichtige Anstellung zu vermeiden, sei der Büroservice zum 1. Juni 1996 gegründet worden. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene Ziff. 3 nach dessen Aussagen zu unterschiedlichen Zeiten gearbeitet habe, könne nicht gefolgert werden, dass dieser nicht Arbeitnehmer des Klägers gewesen sei. Die Beitragsforderung sei auch nicht verjährt, da die Gesamtsozialversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien. Dies ergebe sich bereits daraus, dass mit Wissen und Wollen des Klägers, entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten, weiterhin eine Bescheinigung über die Fortdauer der ursprünglich geringfügigen Beschäftigung ausgestellt worden sei. Im übrigen habe die Auskunft der IKK (Beigeladene Ziff. 2) gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene Ziff. 1) mit Schreiben vom 13. März 2002 die Nacherhebung von Beiträgen für die Praxis Dr. Kr. und Dr. Keilhauer (BNR 64546456) betroffen, für die die Beklagte jedoch überhaupt keine Beitragsnachforderung geltend gemacht habe.

Gegen die Bescheide vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Februar 2006 hat der Kläger am 4. April 2006 jeweils Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zwar betreffend die Tumorklinik (BNR 64310140) unter dem Aktenzeichen S 3 KR 1467/06, betreffend die Praxis Dr. Kr. und Dr. Gögler (BNR 64534311) unter Az. S 3 KR 1468/06 und betreffend die Praxis Dr. Kr. (BNR 64436614) unter dem Az. S 3 KR 1469/06. Das SG hat mit Beschluss vom 4. April 2007 die Klageverfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. S 3 KR 1467/06 fortgeführt.

Zur Begründung der Klagen hat der Bevollmächtigte u. a. vorgetragen, dass das Urteil des Amtsgerichts Ca. gerade die Auffassung der Beklagten nicht stütze. Denn der Kläger sei "nur" wegen Beihilfe zum Betrug, nicht jedoch wegen Eigenbetrugs hinsichtlich der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen verurteilt worden. Der Kläger habe im Übrigen im Rahmen eines klassischen freien Dienstvertrages den Büroservice mit Buchhaltungsarbeiten beauftragt, ohne einen Einfluss darauf zu haben, wen dieses Unternehmen konkret zur Erbringung der Dienstleistung einsetze. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wäre vom Kläger niemals abgeschlossen worden. Wie Zeugenaussagen gegenüber der ermittelnden Polizeidienststelle ergeben hätten, sei der Beigeladene Ziff. 3 zu unterschiedlichen Zeiten gekommen, sei mithin nicht in die Praxisorganisation des Klägers eingegliedert gewesen. Hinzuweisen sei auch auf das Schreiben der IKK Ca. - Nagold - Neuenburg vom 13. März 2002, wonach hinsichtlich des Beitragskontos der Agentur für Arbeit Ca. von der IKK ausgeführt worden sei, dass nach Anhörung des Klägers und des Büroservice sich ergeben habe, dass der Beigeladene Ziff. 3 im Zeitraum vom 1. Juni 1996 bis 31. August 2000 im Rahmen der Familienhilfe unentgeltlich für den Büroservice tätig gewesen sei. Beim Kläger habe der Beigeladene Ziff. 3 im Rahmen von monatlich 120 DM geringfügig gearbeitet. Sozialversicherungspflicht liege nicht vor. Diese Beurteilung sei auch für die Einzugsstelle bindend. Hilfsweise seien die Nachforderungsansprüche jedenfalls verjährt. Der Kläger habe keinen Vorsatz gehabt. Der Kläger habe auf den verantwortlichen Steuerberater vertrauen können. Dieser habe festgestellt, dass zwischen dem Beigeladenen Ziff. 3 und dem Büroservice unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ein völlig legaler klassischer Dienstvertrag abgeschlossen worden sei. Dass Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien, habe der Kläger auch nicht für möglich gehalten. Die Einrede der Verjährung werde hiermit ausdrücklich erhoben.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 6.Dezember 2006 hat der Beigeladene Ziff. 3 u. a. angegeben, dass im Verlauf der Tätigkeit für den Kläger das Arbeitsvolumen zugenommen habe. Im Gegensatz zu seiner Tätigkeit bei der Firma S. habe er dort aber seine Arbeit frei einteilen können. Seine Ehefrau habe im Übrigen mit Ausnahme der erwähnten Gewerbeanmeldung tatsächlich im Arbeitsablauf mit dem Kläger nichts zu tun gehabt. Die Rechnungen seien von ihm geschrieben worden und auf Stundenbasis kalkuliert gewesen. Der Kläger hat in dem Zusammenhang erklärt, dass der Steuerberater W. auch sein Patient gewesen sei. Er habe, auch auf Grund sonstiger Ratschläge, die W. ihm erteilt habe, vollstes Vertrauen zu ihm gehabt. Aus diesem Grunde habe er auch Vorschläge von W. nicht hinterfragt.

Mit Urteil vom 18. April 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass der Beigeladene Ziff. 3 im streitigen Zeitraum für die jeweils in den angefochtenen Bescheiden bezeichneten Unternehmen des Klägers sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und die Beitragsforderungen der Beklagten auch nicht verjährt seien. Das SG ist darin unter Darstellung der vom BSG aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung einerseits und einer selbstständigen Tätigkeit andererseits zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene Ziff. 3 beim Kläger im streitigen Zeitraum beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Maßgeblich seien hier die tatsächlichen Gegebenheiten und hier sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene Ziff. 3 zunächst bis zum Beginn seiner Arbeitslosigkeit im gesamten Berufsleben nicht selbstständig gewesen sei, auch nicht als Buchhalter. Dementsprechend habe er nicht über ein eigenes Büro mit entsprechenden Bürovorrichtungen zur Ausführung von buchhalterischen Tätigkeiten verfügt. Er habe auch nicht einen eigenen Kundenstamm oder sonstige Auftraggeber zur Durchführung von buchhalterischen Tätigkeiten gehabt. Er habe seine Arbeitsleistung vielmehr ausschließlich und umfänglich dem Kläger zur Verfügung gestellt. Der Beigeladene Ziff. 3 habe sowohl in seiner strafgerichtlichen Vernehmung als auch in der Anhörung vor dem SG dargelegt, dass der Arbeitsumfang für den Kläger ein erhebliches Ausmaß erreicht habe. Er habe ausgeführt, dass "deutlich über 100 Stunden im Monat" angefallen seien. Dies würden auch die vorliegenden Rechnungsstellungen bereits seit Juli 1996 belegen. Zwar sei mit der Rechtsauffassung des Klägers davon auszugehen, dass Art und Inhalt der vom Beigeladenen Ziff. 3 zu erbringenden buchhalterischen Tätigkeiten keiner umfassenden Weisung durch den Kläger unterlegen hätten. Dies ergebe sich jedoch sachnotwendig aus der Tätigkeit des Buchhalters. Nach Auffassung des SG sei jedoch die durch die Abrechnungen belegte umfangreiche Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 letztlich durch den Betrieb des Klägers geprägt, da der Beigeladene Ziff. 3 voll umfänglich entsprechend den Anforderungen in den Unternehmen des Klägers seine Arbeitskraft diesen zur Verfügung gestellt habe. Die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 sei auch nicht durch ein irgendwie geartetes Unternehmerrisiko geprägt gewesen. Er habe vielmehr seine Leistungen über den Büroservice auf Stundenbasis dem Kläger in Rechnung gestellt. Das formelle Abrechnungsverfahren über den Büroservice seiner Ehefrau, welche selbst keinerlei Leistungen und welcher der Beigeladenen Ziff. 3 auch keine Arbeitsleistungen erbracht habe, habe auf Grund dieser tatsächlichen Gegebenheiten für die Beurteilung keine Bedeutung. Daneben seien auch die Ansprüche auf die Beiträge nicht verjährt, da hier die 30-jährige Verjährungsfrist bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen maßgeblich sei. In dem Zusammenhang könne offen bleiben, ob der Kläger selbst eine Beitragspflicht für möglich gehalten habe, da er - wie von ihm ausgeführt - in vollstem Umfange auf seinen Steuerberater vertraut habe. Denn dann müsse er sich jedenfalls den bei Steuerberater W. zu bejahenden bedingten Vorsatz zurechnen lassen. Gem. § 278 BGB habe der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bediene, im gleichen Umfang zu vertreten, wie eigenes Verschulden. § 278 BGB gelte auch für öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse, soweit diese schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehungen begründeten und die Eigenart des öffentlichen Rechts nicht entgegenstehe (BGHZ 17, 140, 142; 54, 299). Die § 28 a ff. Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) begründeten eine umfassende Meldepflicht des Arbeitgebers und seien mithin als eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung zwischen Arbeitgeber und Einzugstelle zu werten mit entsprechenden Obhutsbeziehungen, die die Anwendung des § 278 BGB begründeten. Auf Vorschlag des Steuerberaters W. sei die Rechtskonstruktion der Anmeldung des Büroservice gewählt worden, um dem Beigeladenen Ziff. 3 jedenfalls die Möglichkeit zu eröffnen, weiterhin Arbeitslosengeld beziehen und seine Tätigkeit für den Kläger als familiäre Mithilfe im Büroservice deklarieren zu können. Insoweit sei jedoch festzustellen, dass seinem Steuerberater die Grundsätze der Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung auch insoweit bekannt seien, als maßgebend hierfür die tatsächlichen Gegebenheiten seien, nicht jedoch rechtliche und/oder vertragliche Konstellationen, um eine mögliche Sozialversicherungs- und Beitragspflicht zu vermeiden. Auch dem Steuerberater W. habe auf Grund seiner Rechtskenntnisse klar sein müssen, dass die von ihm vorgeschlagene rechtliche Konstruktion nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 sein könne. Er habe jedenfalls damit rechnen können, dass die vom Beigeladenen Ziff. 3 für den Kläger umfänglich und tatsächlich erbrachte Leistung eine andere rechtliche Bewertung durch den Sozialversicherungsträger mit der Folge erfahre, dass er die Beitragspflicht für möglich gehalten und folglich die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen habe. Das vom Kläger erwähnte Schreiben der IKK vom 13. März 2002 binde die Beklagte nicht. Unabhängig davon, ob dieses Schreiben, gerichtet an die Agentur für Arbeit Ca., überhaupt einen die Sozialversicherungspflicht verneinenden Bescheid beinhalte und nicht lediglich eine Rechtsauskunft im Rahmen des Gleichordnungsverhältnisses zwischen IKK und Agentur für Arbeit darstelle, könne es jedenfalls den bereits zum Zeitpunkt des streitigen Zeitraumes bejahten bedingten Vorsatz des Klägers nicht nachträglich entfallen lassen.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 2. Mai 2007 zugestellte Urteil am 16. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte des Klägers geltend, der Beigeladene Ziff. 3 sei im streitgegenständlichen Zeitraum gerade nicht als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer tätig gewesen. Den weit überwiegenden Teil seiner Tätigkeit habe er im Rahmen der unentgeltlichen Familienhilfe für das Unternehmen seiner Frau, den Büroservice, erbracht. Lediglich im Rahmen eines geringfügigen sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses sei er für monatlich 120 DM weniger als 15 Stunden pro Woche direkt für den Kläger tätig gewesen. Alle darüber hinaus gehenden Arbeiten habe der Büroservice, in den die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 ihren Ehemann als unentgeltlich mithelfenden Angehörigen zum Kläger geschickt habe, erbracht. Auch ergebe sich grade aus dem Umstand, dass der Beigeladene Ziff. 3 zu unterschiedlichen Zeiten gekommen und gegangen sei und keinen sonstigen Weisungen unterworfen gewesen sei, dass es sich um einen klassischen freien Dienstvertrag gehandelt habe. Soweit das SG ferner ausführe, der Beigeladene Ziff. 3 habe weder ein eigenes Büro noch einen eigenen Kundenstamm gehabt und seine Arbeitsleistung ausschließlich und umfänglich dem Kläger zur Verfügung gestellt, sei dem entgegen zu halten, dass es insoweit die unternehmerische Entscheidung der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 gewesen sei, welche Aufträge sie von welchen Kunden angenommen habe und wo diese Aufträge von wem auszuführen gewesen seien. Der Beigeladene Ziff. 3 habe den weit überwiegenden Teil seiner Arbeitsleistung als mithelfender Angehöriger in den Dienst des Unternehmens seiner Ehefrau gestellt, wobei nicht zu beanstanden sei, dass er seine Dienste beim Kläger in dessen Räumlichkeiten vorgenommen habe. Die überwiegend buchhalterischen Tätigkeiten seien sinnvoller Weise in den Räumlichkeiten des Klägers ohne weitern Aufwand, wie es der Transport von Akten usw. dargestellt hätte, vorzunehmen gewesen. Im Übrigen sei der Büroservice in der Gestaltung der Tätigkeit, insbesondere bezüglich Ort und Zeit der Erbringung der Leistungen und der in seinen Diensten stehende Beigeladene Ziff. 3 völlig frei gewesen. Es komme auch nicht darauf an, ob der Beigeladene Ziff. 3 ein unternehmerisches Risiko trage und wie die Leistungen abgerechnet würden. So habe selbstverständlich der Büroservice im vorliegenden Falle als Unternehmer das Risiko des Ausbleibens von Aufträgen und Honoraren getragen.

Ferner hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, dass darüber hinaus auch die Ansprüche der Beklagten verjährt seien. Es gelte hier vielmehr die 4-jährige und nicht die 30-jährige Verjährungsfrist. Der Kläger habe nämlich nicht gewusst, dass hier eine Beitragspflicht bestehen könnte und habe dies auch nicht für möglich gehalten. Auch das strafrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht Ca. sei insoweit nicht heranzuziehen, da sich die Beurteilung des Klägers nicht auf die Frage der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 3 bezogen habe, sondern auf dessen Bezug von Arbeitslosengeld. Im Übrigen sei aber auch der vom SG unterstellte Vorsatz des Steuerberaters nicht gegeben. Wie bereits in erster Instanz ausgeführt, habe der Steuerberater W. nicht gewusst, dass eine Beitragspflicht bestehen könnte und habe dies auch nicht für möglich gehalten. Er selbst habe dem Kläger und dem Beigeladenen Ziff. 3 und dessen Ehefrau die rechtliche Gestaltung nahegelegt und den erforderlichen Schriftwechsel geführt. Das SG sei insoweit auch dem Beweisangebot hinsichtlich der Zeugenvernehmung des Steuerberaters W. nicht nachgegangen. Der Steuerberater W. habe aber das von ihm vorgeschlagene Modell mit Nachdruck vertreten und darauf hingewiesen, dass er dies auf Grund einer "soeben besuchten Fortbildungsveranstaltung" tue. Im Übrigen sei der Kläger auch auf Grund der Bescheinigung der IKK vom 13. März 2002, die die Ausführungen des Steuerberaters bestätigt habe, völlig arglos gewesen. Hinzu komme außerdem, dass die den Büroservice betreibende Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 bei der Polizei in Ca. tätig gewesen sei und sich das Betreiben des Büroservice vom Dienstherrn habe genehmigen lassen, was ohne Probleme möglich gewesen sei. Schließlich werde noch darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 25. Oktober 2005 betreffend die Praxis Dr. Kr. und Dr. Gö. (BNR 64534311) zwar dem Kläger zugestellt worden sei, dieser jedoch nicht alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der BGB-Gesellschaft Dr. Kr. und Dr. Gö. gewesen sei. Eine wirksame Zustellung liege damit nicht vor. Gem. §§ 709 Abs. 1, 714 BGB stehe die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Gesetzliche Vertreter seien alle Gesellschafter, sodass die Zustellung an den Kläger alleine nicht ausreichend sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2006 betreffend BNR 64310140 - Tumorklinik -, den Bescheid vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2006 betreffend BNR 64436614 - Praxis Dr. Kr. - sowie den Bescheid vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2006 betreffend BNR 64534311 - Praxis Dr. Kr. und Dr. Gö. - aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend führt sie noch aus, im vorliegenden Fall habe der Beigeladene Ziff. 3 von seiner Ehefrau für die geleistete Arbeit kein Arbeitsentgelt erhalten. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zur Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 sei daher nach den danach maßgeblichen Grundsätzen ausgeschlossen. Auch eine familienhafte Mitarbeit komme nicht Betracht, vorliegend hätten der Beigeladene Ziff. 3 und seine Ehefrau eine Scheinfirma gegründet. Ziel sei nicht gewesen, durch Einsatz von Vermögenswerten gemeinsam ein Vermögen aufzubauen, sondern die Arbeitsleistung des Beigeladenen Ziff. 3 sozialversicherungsfrei zu belassen. Auch eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 scheide aus. Eines der wichtigsten Abgrenzungsmerkmale sei das Unternehmerrisiko. Hierzu habe das SG ausführlich dargestellt, warum ein solches beim Beigeladenen Ziff. 3 nicht vorgelegen habe. Da folglich weder eine familienhafte Mitarbeit noch eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hätte, bestehe vielmehr ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Ziff. 3 zum Kläger. Auch seien die hier strittigen Beiträge nicht verjährt, da die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gelte. Das SG habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger die Nichtabführung billigend in Kauf genommen habe, indem er sich auf die Meinung seines Steuerberaters verlassen habe. Er müsse sich insoweit den bedingten Vorsatz seines Steuerberaters zurechnen lassen. Im Übrigen habe das BSG in seinem Urteil vom 30. März 2000 (B 12 KR 14/ 99 R) in grundlegender Weise entschieden, wann von Vorsatz und der Anwendung der 30 jährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. In dieser Entscheidung werde auch beispielhaft erwähnt, dass es u. a. von Bedeutung sei, ob dem Arbeitgeber die Beitragspflicht durch Hinweis anderer Personen (z. B. Steuerberater) bekannt gewesen sei. Übertrage der Arbeitgeber die Erfüllung seiner Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 28 e Abs. 1 SGB IV) fachkundigem eigenen Personal, einer Lohnbuchhaltung oder einem Steuerberater, so sei - auf Grund der Fachkenntnisse dieser Personen - bedingter Vorsatz zu vermuten. Im Rahmen der Beweislastumkehr müsse der Arbeitgeber die Vermutung widerlegen und beweisen, warum er dennoch schuldlos oder fahrlässig seine Pflichten nicht erfüllt habe. Weiter führt die Beklagte noch hinsichtlich der vom Kläger behaupteten fehlerhaften Zustellung hinsichtlich der Gemeinschaftspraxis Dr. Kr. und Dr. Gö. aus: Nach § 37 SGB X sei ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt sei oder der von ihm betroffen sei. Der Kläger habe den Beitragsnachforderungsbescheid in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter der Praxis Dr. Kr. und Dr. Gö. in Empfang genommen und Rechtsmittel dagegen eingelegt. Damit sei der Bescheid ihm gegenüber bekannt gegeben worden und auch wirksam. Darüber hinaus stütze sich diese Auffassung insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des BSG vom 12. Februar 1992 (Az.: 10 RAr 6 / 90), das zur Frage der Bekanntgabe ausführe, dass Bescheide nicht schon deshalb unwirksam seien, weil sie an einen unrichtigen Adressaten gerichtet worden seien. Aus dem Gesamtinhalt des Bescheides müsse erkennbar sein, gegen welche Person Abgabe- und Umlageforderungen festgestellt würden. Das BSG beziehe sich insoweit auch auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE Band 7, 17, 25/26) und des Bundesfinanzhofs (BFHE 98 , 531, 534/535). Die Tatsache, dass der Bescheid nur einem Gesellschafter bekannt gegeben worden sei, führe nicht zur Unwirksamkeit des Bescheides.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogenen Strafakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund im Sinne von § 144 Abs. 1 SGG in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Beschwerdewert in Höhe von 500,- EUR ist überschritten. Im Streit stehen Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 25.615,77 EUR zzgl. Säumniszuschläge, insgesamt in Höhe von 47.642,09 EUR.

II.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise hier für die Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 3 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die streitigen Zeiträume beim Kläger nachgefordert.

1. Formal-rechtlich hat die Beklagte zunächst - unabhängig von den insoweit unstreitigen Fällen betreffend die Tumorklinik und die Einzelpraxis des Klägers in der hier streitigen Zeit - auch bezüglich der (damaligen) Gemeinschaftspraxis Dr. Kr. und Dr. Gö. den Kläger zu Recht in Anspruch genommen. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf verweist, es handele sich bei der Gemeinschaftspraxis um eine BGB-Gesellschaft gem. den §§ 705 f. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), bei der alle Gesellschafter gemeinsam gesetzliche Vertreter seien und deshalb allen der Bescheid vom 25. Oktober 2005 hätte zugestellt werden müssen, greift dies nicht durch. Die BGB-Gesellschaft Dr. Kr./Dr. Gö. bestand nur bis Ende 1998. Zu diesem Zeitpunkt schied Dr. Gö. nach seinen Angaben im Rahmen des gegen den Kläger und den Beigeladenen Ziff. 3 geführten Ermittlungsverfahrens vom 7. August 2001 (Bl. 161 Strafakte - LO) aus und ließ sich in Lindau in einer Einzelpraxis nieder. Zum Zeitpunkt des Bescheides vom 25. Oktober 2005 bestand also eine BGB-Gesellschaft zwischen dem Kläger und Dr. Gö. nicht mehr. Folglich gibt es auch keinen gesetzlichen Vertreter dieser BGB-Gesellschaft mehr. Da auf der anderen Seite grundsätzlich ein Gläubiger einer BGB-Gesellschaft neben der BGB-Gesellschaft auch jederzeit einzelne Gesellschafter unmittelbar und primär (also nicht nur nachrangig zur Gesellschaft) in Anspruch nehmen kann (und im Übrigen im Innenverhältnis wiederum die Gesellschafter als Gesamtschuldner haften) hat die Beklagte letztlich in nicht zu beanstandender Weise als Gläubiger sich auf einen der Gesellschafter (hier den Kläger) beschränkt und diesen in voller Höhe auf die Forderung in Anspruch genommen, was sie insbesondere auch nach Beendigung dieser Gesellschaft noch konnte (siehe hierzu etwa Sprau in Palandt BGB 68. Auflage 2009 § 714 Rdnr. 12-17).

Im Übrigen ist auch diesbezüglich ebenso wie in den beiden anderen Fällen der Bescheid dem Kläger wirksam gem. § 37 SGB X zugestellt worden. Er konnte auch problemlos erkennen, welcher Sachverhalt dem zu Grunde liegt und welche Praxis bzw. Einrichtung des Klägers bezüglich der streitigen Zeiträume jeweils betroffen ist.

2. Auch materiell-rechtlich ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden und hat das SG zutreffend die Klage abgewiesen.

Gem. § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a ) mindestens alle 4 Jahre. Die Prüfung gem. § 28 p Abs. 1 Satz 4 SGB IV umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen gem. § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern, insoweit gelten § 28 h Abs. 2 sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 des Zehnten Buches nicht.

Gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI), § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), §§ 24, 25 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten -, Kranken -, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (aF., jetzt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 und die §§ 7 a ff. SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I Seite 2) sind erst zum 1. Januar 1999 bzw. 1. April 2000 (so § 7 Abs. 4 Nr. 1 SGB IV) in Kraft getreten (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999) und finden auf die hier streitigen Jahre 1996, 1997 und 1998 keine Anwendung, wohl aber bezüglich des Jahres 1999 (§ 7 Abs. 4 SGB IV ist in der Zwischenzeit mit Gesetz vom 23. Dezember 2002, Bundesgesetzblatt I, Seite 4621 und Gesetz vom 24. Dezember 2003, Bundesgesetzblatt I, Seite 2954 wieder geändert). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV aF (wobei allerdings auch der in § 7 Abs. 4 ab 1. Januar 1999 bis 31. März 2003 geltende Kriterienkatalog nach der Rechtsprechung des BSG nicht abschließend ist, sodass es im Übrigen auch bei der schon zuvor geltenden Rechtsprechung im Ergebnis verbleibt) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der Begründung zum Entwurf eines SGB IV stellt die Vorschrift klar, dass eine Beschäftigung dann vorliegt, wenn eine Arbeit unselbstständig, das bedeutet mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers ausgeübt wird. Darüber hinaus bestimmt sie, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen sei, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis bestehe, dabei komme es nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei oder ob es sich um ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis handele (siehe hierzu Urteil des BSG vom 10. August 2000 in BSGE 87, 53, 55). Wie nach geltendem Recht (d. h. vor dem SGB IV) sei jedoch das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht vollkommen identisch, eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung könne auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten z. B. des § 7 Abs. 2 oder des § 12 SGB Abs. 2 SGB IV vorliegen (so Urteil a.a.O. mit Hinweis auf BT-Drs. 7/4122 Seite 31 zu § 7).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13. Juni 2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25. April 2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14. Februar 2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1. Februar 2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11. Oktober 2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4. Juli 2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17. Mai 2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6. März 2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4. März 2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5. April 1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23. Juni 1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12. September 1996 - 7 RAr 120/95 - ).

a.) Zunächst ist festzustellen, dass entgegen der Behauptung und Einlassung des Klägers und auch des Beigeladenen Ziff. 3 keine unentgeltliche familienhafte Mithilfe im Büroservice der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 durch den Beigeladenen Ziff. 3 vorliegt.

Zwar hat der Beigeladene Ziff. 3 nach seinen Angaben von der Inhaberin des Büroservice, nämlich seiner Ehefrau, für seine Tätigkeit keine Entlohnung erhalten. Von daher wäre zunächst in der Tat an eine familienhafte unentgeltliche Mithilfe zu denken. Tatsächlich aber liegt hier keine familienhafte Mithilfe des Beigeladenen Ziff.3 im Büroservice seiner Ehefrau vor, denn vielmehr hat der Beigeladene Ziff. 3 im Unternehmen der Ehefrau frei "schalten und walten" können. Er war der einzige "Mitarbeiter" und verfügte auch als einziger über die notwendige Qualifikation als Buchhalter. Außerdem kümmerte er sich - nach seinen eigenen Angaben vor dem SG - einschließlich der Rechnungsstellung um alles im Büroservice. Seine Ehefrau hatte mit dem gesamten Unternehmen außer der Gewerbeanmeldung nichts zu tun. Damit aber handelte es sich bei der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 um einen "Strohmann" im klassischen Sinne. Die Gewerbeanmeldung über die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 diente - wie auch das AG Ca. bereits festgestellt hat - nur dazu, die zeitlich erhebliche, die Arbeitslosigkeit beendende Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 beim Kläger gegenüber dem Arbeitsamt zu verschleiern. Es liegt keine familienhafte Mithilfe des Beigeladenen Ziff. 3 in einem tatsächlich von der Ehefrau betriebenen Unternehmen vor. Vielmehr war der tatsächliche und alleinige "Inhaber" des Büroservice der Beigeladene Ziff. 3.

b.) Der Beigeladene Ziff. 3 war auch nicht als Selbstständiger für den Kläger tätig. Die Voraussetzungen für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit (als freier Mitarbeiter) beim Kläger sind nach den oben dargestellten Kriterien ebenfalls nicht erfüllt.

So handelte es sich beim Kläger um den einzigen Auftraggeber für den Beigeladenen Ziff. 3. Es wurde außerdem lediglich die zuvor schon vom Beigeladenen Ziff. 3 ausgeübte und als geringfügige abhängige Beschäftigung angemeldete Tätigkeit unter einem anderen rechtlichen Deckmantel fortgeführt. An den tatsächlichen Arbeitsbedingungen hat sich nichts geändert. Der Beigeladene Ziff. 3 machte genau dieselbe Tätigkeit wie zuvor, nämlich die Bearbeitung der Buchhaltung in den Unternehmen des Klägers für den Steuerberater. Das vergleichsweise schwach ausgebildete Direktionsrecht des Klägers gegenüber dem Beigeladenen Ziff. 3 liegt hier in der Natur der Sache, der Kläger als Arzt muss hier zwangsläufig dem Fachmann, dem Buchhalter, weitgehend freie Hand lassen und beschränkt sich darauf, ihm die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Auch die vergleichsweise nur schwache Eingliederung in die Praxis bzw. Klinikorganisation ergibt sich aus der Art der Tätigkeit. Anders als bei den Arzthelferinnen und dem Pflegepersonal musste der Beigeladene Ziff. 3 nicht notwendiger Weise zu den üblichen Praxiszeiten anwesend sein. Ferner ist weder vom Kläger noch vom Beigeladenen Ziff. 3 auch nur ansatzweise belegt worden, dass sich der Büroservice überhaupt ernsthaft um weitere Auftraggeber bemüht hatte. Schließlich haben weder die als "Strohmann" vorgeschickte Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 3 noch der Beigeladene Ziff. 3 selber ein wie auch immer geartetes Unternehmerrisiko getragen. Es gibt keine Betriebsstätte, keine Büroausstattung oder ähnliches. Es ist keinerlei Kapital in welcher Form auch immer vom Beigeladenen Ziff. 3 eingesetzt worden. Der Beigeladene Ziff. 3 hat genau dieselbe zuvor im geringfügigen Umfang ausgeübte Tätigkeit lediglich in einem größeren zeitlichen Umfang und über den "Umweg" Büroservice weiterhin beim Kläger ausgeübt. Der Beigeladene Ziff. 3 hatte damit auch nach wie vor nur ein Arbeitsplatzrisiko.

Letztlich ist hier nur anstatt das zunächst geringfügige Beschäftigungsverhältnis vom Umfang auf eine beitragspflichtige Beschäftigung (in Teil- oder gar Vollzeit) auszuweiten der Beigeladene Ziff. 3 "outgesourced" und verdeckt über seine Ehefrau als "Subunternehmer" weiterbeschäftigt worden, um einerseits den Umfang der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 gegenüber dem Arbeitsamt (im Hinblick auf den weiteren Bezug von Arbeitslosengeld) zu verschleiern und andererseits Sozialversicherungsbeiträge zu Gunsten des Klägers zu sparen.

III.

Die Beitragsansprüche der Beklagten sind auch nicht verjährt.

Der Kläger kann gegenüber diesen Forderungen nicht die Einrede der Verjährung gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erheben. Nach der bis zum 31. Dezember 2005 gültigen Rechtslage waren die hier streitigen Beiträge, zuletzt für Dezember 1999, zum 15. Januar 2000 fällig geworden und wären damit zum 31. Dezember 2004 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährt gewesen, sodass, sofern die Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten, der Kläger sich zu Recht auf die Einrede der Verjährung hätte berufen können.

Entgegen jedoch der Auffassung des Klägers kann dieser die Einrede der vierjährigen Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht geltend machen, da hier die Voraussetzungen für die 30-jährige Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorliegen. Wie bereits vom BSG im Urteil vom 21. Juni 1990 (12 RK 13/89 in Juris veröffentlicht) ausgeführt, reicht es für die Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist (30 Jahre) gem. § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV aus, wenn der Beitragsschuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat. Von einem bedingten Vorsatz ist auszugehen, wenn ein Arbeitgeber die Nichtabführung von Beiträgen billigend in Kauf nimmt, obwohl er die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht des gewährten Arbeitsentgeltes für möglich hält (BSG a. a. O.). Eine (möglicherweise) anfänglich vorhandene Gutgläubigkeit begründet keinen Vertrauensschutz, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt. Vorsätzlich sind Beiträge auch dann vorenthalten, wenn der Schuldner von seiner bereits früher entstandenen und fällig gewordenen Beitragsschuld erfährt oder er diese erkennt, die Entrichtung der rückständigen Beiträge aber dennoch willentlich unterlässt (siehe Urteil des BSG vom 30. März 2000 - B 12 KR 14/99 R -in SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV voraussetzt, sind seit der Neuregelung der Verjährung durch das am 1. Juli 1977 in Kraft getretene SGB IV das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen (BSG a. a. O.). Zum Vorsatz muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d. h. an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden (BSG in SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 m. w. N.). Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektive Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die ihm günstige lange Verjährungsfrist beruft. Das BSG (SozR 3-2400 § 25 Nr. 7) hat hierzu weiter ausgeführt, allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes seien insoweit ausgeschlossen. Jedoch wird nach diesem Urteil des BSG Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z. B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt sind und nicht voll übereinstimmen, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen, zumal wenn es sich um kleine Betriebe handelt, bei denen der Arbeitgeber die Beitragsberechnung ohne Fachpersonal selbst vornimmt (BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7).

Zwar trägt hinsichtlich der von der Beklagten hier geltend gemachten 30-jährigen Verjährungsfrist anstelle der üblicherweise nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geltenden vierjährigen Verjährungsfrist die objektive Beweislast die Beklagte. Festzustellen ist in dem Zusammenhang aber, dass der Kläger über einen Steuerberater verfügte. Damit ist grundsätzlich von mit dieser Materie des Steuer- und Sozialversicherungsrechts vertrautem Personal auszugehen. Insoweit wäre dies, da es in der Sphäre des Klägers liegt, von diesem nun ggf. zu widerlegen gewesen. Der Kläger hat aber an keiner Stelle behauptet, dass sein damaliger Steuerberater W. keinerlei Ahnung von den hier maßgeblichen Rechtsnormen des Sozialversicherungsrechts gehabt hätte. Vor diesem Hintergrund gibt es für den Senat keinen Grund daran zu zweifeln, dass hier fachkundiges Personal auf Seiten des Klägers tätig war.

Der Kläger betrieb zu der hier streitigen Zeit (1996 bis 1999) eine Tumorklinik, eine Einzelpraxis und war außerdem in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Er hatte damit auch eine nicht unerhebliche Anzahl sozialversicherungspflichtiger Mitarbeiter (Arzthelfer/helferinnen bzw. Pflegepersonal in der Klinik) und wusste damit schon in seiner eigenen Person sehr wohl um die hier geltenden Grundsätze und damit auch den Umstand, dass üblicherweise eine Beschäftigung, sofern sie die Grenze der Geringfügigkeit überschreitet auch sozialversicherungspflichtig ist. Im Hinblick darauf musste der Kläger - allerspätestens nach Einleitung des (auch gegen den Kläger gerichteten) strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Betruges zu Lasten des Arbeitsamtes im Hinblick auf die von den Beteiligten gewählte Konstruktion des "Büroservice" im Jahr 2001 - schon selbst erkennen, dass die von den Beteiligten (Kläger, Beigeladenen Ziff. 3 und dessen Ehefrau) gewählte Konstruktion zumindest zweifelhaft ist und nicht auszuschließen war, dass diese möglicherweise nicht anerkannt werde und Sozialversicherungsbeiträge für die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 beim Kläger fällig werden. Wenn dann aber trotzdem dieses "Modell" gewählt wird bzw. keine Überprüfung durch die Sozialversicherungsträger veranlasst wird, nahm der Kläger zumindest billigend in Kauf, dass tatsächlich auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 3 bestehen könnte, verbunden mit einer Pflicht zur Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. In dem Zusammenhang kann auch das Schreiben der IKK (Beigeladenen Ziff. 2) vom 13. März 2002 zu keiner günstigeren Beurteilung führen. Denn es stellt gerade keine auf Veranlassung des Klägers durchgeführte Überprüfung und ihm gegenüber durch Verwaltungsakt getroffene Entscheidung zur Frage der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 3 bezüglich insbesondere der hier streitigen Betriebe/Praxen, sondern allenfalls eine Rechtsauskunft der Beigeladenen Ziff. 2 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, die offenkundig auch Zweifel daran hatte, ob es sich hier nicht um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 3 beim Kläger - und zwar konkret bezüglich der Praxis Dr. Kr. und Dr. Keilhauer (die überhaupt nicht Gegenstand einer Nachforderung ist) - gehandelt haben könnte, dar. Dies hat dem Kläger vielmehr noch gezeigt, dass die Frage, wie die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 einzustufen ist, auch zwischen den Sozialversicherungsträgern streitig war. Eine Grundlage für eine Gutgläubigkeit des Klägers in dieser Frage - gerade auch bezogen auf die hier streitigen Betriebe bzw. Praxen - bestand damit nach wie vor in keiner Weise. Hinzukommt, dass diese Bescheinigung zeitlich erst lange nach der Fälligkeit der Beitragszahlungen ausgestellt wurde und somit Gutgläubigkeit in Bezug auf das Vorenthalten von Beiträgen für die Jahre 1997 bis 1999 nicht zu begründen vermag.

Auf jeden Fall konnte und musste dies der Steuerberater W. wissen. Dieses Wissen aber muss der Kläger sich – auch wenn er geltend macht, er habe sich in vollem Umfange auf seinen Steuerberater verlassen - gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Das SG hat hierzu bereits zutreffend darauf verwiesen, dass gem. § 278 BGB der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Person, der er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfange zu vertreten habe wie eigenes Verschulden. § 278 BGB gilt auch für öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse, soweit diese schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehungen begründen und die Eigenart des öffentlichen Rechts nicht entgegensteht (BGHZ 17, 140, 142; 54, 299). Die §§ 28 a ff. SGB IV begründen eine umfassende Meldepflicht des Arbeitsgebers und sind damit als eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung zwischen Arbeitgeber und Einzugstelle zu werten mit entsprechenden Obhutsbeziehungen, die die Anwendung des § 278 BGB begründen. Wenn diese Konstruktion über den Büroservice - wie vom Kläger, dem Beigeladenen Ziff. 3 und dessen Ehefrau behauptet - tatsächlich auf Vorschlag des Steuerberaters W. (der selbst in seiner schriftlichen Aussage vom Juli 2002 im Ermittlungsverfahren dies ausdrücklich bestritten und in seiner Aussage vor dem Amtsgericht unter Hinweis auf seine Erkrankung geltend gemacht hat, sich an die Vorgänge nicht mehr zu erinnern) gewählt worden ist, dann ist dies jedenfalls vor dem Hintergrund geschehen (wovon auch das Amtsgericht Ca. überzeugt ist), um den tatsächlichen Umfang der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 3 zu verschleiern und damit dem Arbeitsamt gegenüber nach wie vor den Anschein zu erwecken, arbeitslos zu sein und auf diese Weise weiterhin Arbeitslosengeld auch beziehen zu können. Diesbezüglich hat schon das SG zu Recht darauf verwiesen, dass einem Steuerberater die Grundsätze der Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung aber insoweit bekannt sind, insbesondere, dass hierfür die tatsächlichen Gegebenheiten maßgebend sind und nicht rechtliche und/oder vertragliche Konstellationen, um eine mögliche Sozialversicherungs- und Beitragspflicht zu vermeiden. D. h. also, der Steuerberater hätte in diesem Falle zumindest auch billigend in Kauf genommen, dass hier tatsächlich eine beitragspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 3 beim Kläger besteht und Sozialversicherungsbeiträge damit zu Unrecht nicht abgeführt werden.

Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge in Höhe der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge, aber ohne die Säumniszuschläge, die beim Streitwert nicht zu berücksichtigen sind (§ 43 Abs. 1 GKG), festgesetzt, hier also in Höhe von 25.615,77 EUR.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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