L 9 B 7/08 KA ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 KA 142/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 9 B 7/08 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ermächtigung zur Erbringung ambulanter MRT-Leistungen
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. November 2008 wird aufgehoben und die sofortige Vollziehung der in Ziffer 1. des Beschlusses des Beschwerdegegners vom 9. Juli 2008 erteilten Ermächtigung wird angeordnet. Der Beschwerdegegner und die Beigeladene zu 8. tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Beschusses des Beschwerdegegners aus dessen Sitzung vom 9. Juli 2008 (im Folgenden: Antragsgegner), der sie zu ambulanten MRT-Leistungen unter einschränkenden Bedingungen ermächtigte.

Die Antragstellerin ist Fachärztin für diagnostische Radiologie und Chefärztin der Radiologischen Abteilung des A. Klinikum St. S. g GmbH in H ... Bis zum 30. Juni 2008 war sie zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, ambulante MRT-Leistungen mit Ausnahme für Versicherte aus den Landkreisen Q. und W. für maximal 600 Fälle pro Quartal auf jeweilige Überweisung durchzuführen.

Am 5. Februar 2008 beantragte sie bei der Beigeladenen zu 8. die Verlängerung der bisherigen Ermächtigung und darüber hinaus die Erweiterung zur Durchführung von ambulanten Ganzbeinstandaufnahmen nach der Nummer 34230 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM). Sie machte geltend: Die Durchführung ambulanter kernspintomographischer Untersuchungen am A. Klinikum St. S. H. sei auch weiterhin notwendig, um eine Versorgungslücke der Versicherten zu vermeiden. Die in H. niedergelassenen Radiologen verfügten über keine Magnetresonanztomographie (MRT), so dass nur sie im Planungsbereich H. kernspintomographische Untersuchungen durchführen könne. Die vorhandenen MRT-Geräte in den angrenzenden Planungsbereichen W. , Q. , A. und M. seien für Versicherte aus H. und Umgebung nicht in zumutbarer Weise erreichbar. Die Fahrtzeiten für öffentliche Verkehrsmittel würden größtenteils 40 bis 45 Minuten deutlich überschreiten. Dies gelte auch bei der Nutzung eines Personenkraftwagens durch die betroffenen Versicherten.

Der Zulassungsausschuss der Beigeladenen zu 8. ermächtigte die Antragstellerin in der Sitzung vom 9. April 2008 mit ausgefertigtem Beschluss vom 23. Mai 2008 zunächst bis zum 30. Juni 2010 zur Durchführung von Ganzbeinstandaufnahmen nach der EBM-Nr 34230 und lehnte den weitergehenden Antrag ab: Im Planungsbereich Q. habe zum 1. Juli 2006 das Medizinische Versorgungszentrum Q. seine Tätigkeit aufgenommen. Dieses könne nach eigenen Angaben die Versorgung mit MRT-Leistungen auch in den angrenzenden Landkreisen (u.a. auch H. ) abdecken. Auch die Versorgungssituation im Bördekreis habe sich verbessert. Das Medizinische Versorgungszentrum M. S. GmbH habe die Genehmigung für zwei Radiologen erhalten und betreibe eine Nebenbetriebsstätte in O. /OT N ... Einer der angestellten Ärzte habe die Genehmigung zur Durchführung von MRT-Leistungen. Zwar komme es auf die jeweilige Versorgung im Planungsbereich an. Hiervon könne nach der Rechtsprechung jedoch eine Ausnahme gemacht werden, wenn der Bedarf durch leicht und schnell erreichbare Versorgungsangebote in angrenzenden Planungsbereichen abgedeckt werden könne, was hier der Fall sei. Auch trage die Antragstellerin – als angestellte Krankenhausärztin – kein unternehmerisches Risiko, während sich eine mangelnde Auslastung der niedergelassenen radiologischen Vertragsärzte – angesichts der hohen Investitionskosten – ruinös auswirken könne.

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 15. Mai 2008 Widerspruch und machte geltend: Die Begründung der Entscheidung der Beigeladenen zu 8. aus der Sitzung vom 9. April 2008 liege noch nicht vor. Es werde um eine umgehende Terminierung des Widerspruchsausschusses gebeten, schließlich ende ihre bisherige Ermächtigung am 30. Juni 2008. Ab diesem Zeitpunkt sei eine durchgehende Versorgung der Versicherten gefährdet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05, zitiert nach juris, sei allein vom Versorgungsangebot des jeweiligen Planungsbereichs auszugehen. Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall läge hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung seien Fahrtzeiten von über 45 Minuten den Versicherten nicht zumutbar. Die Ablehnung der Ermächtigung für den Planungsbereich H. führe, es folgen nähere Darlegungen, zu Anfahrten von über zwei Stunden.

Der Antragsgegner ermächtigte die Antragstellerin mit Beschluss vom 9. Juli 2008 (ausgefertigt am 18. August 2008 und versandt mit Verfügung vom 25. August 2008) zur Durchführung ambulanter MRT-Leistungen mit Ausnahme für Versicherte aus den Landkreisen Q. und W. für maximal 600 Fälle pro Quartal bis zur Errichtung eines geänderten Bedarfsplanes für den neuen Landkreis Harz und führte zur Begründung aus: Seine bisherige Spruchpraxis, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, benachbarte Planungsbereiche in die Prüfung einzubeziehen, sei mit dem Urteil des BSG vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05 R, zitiert nach juris, unvereinbar. Die vom BSG dargelegten Ausnahmefälle lägen im vorliegenden Sachverhalt nicht vor. MRT-Leistungen seien üblicherweise ortsnah zu erbringen. Beim Planungsbereich H. handele es sich nicht um ein Versorgungsgebiet mit geringer räumlicher Ausdehnung. Bei der Bewertung von Entfernungen zwischen Wohn- und Behandlungsort sei von Versicherten auszugehen, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen müssten, um den Ort der Versorgungsleistung zu erreichen. Der Antrag auf Sofortvollzug des Beschlusses sei dagegen zurückzuweisen: Für das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug genüge nicht das bloße Bedarfsinteresse. Erforderlich seien vielmehr die Gefährdung der Existenzgrundlage des Vertragsarztes oder schwerwiegende Beeinträchtigungen der gesundheitlichen Versorgung der Ver-sicherten, die hier nicht erkennbar seien.

Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene zu 8. am 11. Juli 2008 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben und dessen Aufhebung begehrt (S 1 KA 130/08).

Die Antragstellerin hat am 21. August 2008 beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzuges gestellt und vorgetragen: Ohne die von ihr begehrte Ermächtigung bestehe eine Versorgungslücke. Allein ihre Klinik decke die notwendige MRT-Untersuchung für den Planungsbereich H. als qualitativ-speziellen Bedarf ab. Im ausgefertigten Beschluss vom 25. August 2008 habe der Antragsgegner die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05, zitiert nach juris, beachtet und eine zutreffende Interessen-abwägung vorgenommen. Bei der vom Beigeladenen zu 8. behaupteten Überversor-gung sei vom jeweiligen Stadt- und Landkreis auszugehen. Freie Kapazitäten in benachbarten Planungsbereichen seien dagegen unbeachtlich. Ein von der Rechtsprechung angenommener Ausnahmefall, sei es die geringe räumliche Ausdehnung des Planungsbereichs oder ein leicht und schnell erreichbares Versorgungsangebot, sei nicht gegeben. Zur Glaubhaftmachung hat die Antragstellerin eine Fahrzeitenberechnung verschiedener Orte im Planungsbereich H. vorgelegt. Gerade für Versicherte, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen seien, erweitere sich die Anfahrtszeit z.B. aus V. auf bis zu 127 Minuten. Kernspintomographische Angebote seien jedoch nicht atypisch oder selten und ermöglichten keinen Verweis auf einen anderen Planungsbereich. Auch die zukünftig möglichen Änderungen der Planungsbereiche durch Neuzuschnitte der Gebietszugehörigkeiten seien unbeachtlich. Im Interesse der Versorgung der Versicherten bestehe daher ein überragendes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges.

Der Antragsgegner hat dazu die Ansicht vertreten: Nach § 97 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) müsse das öffentliche Interesse über dass hinausgehen, was zur Ermächtigung geführt habe. Dies sei hier nicht zu bejahen. Als angestellte Ärztin sei die Antragstellerin existenziell nicht gefährdet.

Die Beigeladene zu 8. hat dem zugestimmt und auf den seit 1. Juli 2007 bestehenden Landkreis Harz und die zukünftige, wenn auch derzeit noch ungewisse Änderung der Planungsbereiche verwiesen. H. sei zudem von Q. lediglich 17 km und von W. 22 km entfernt. Der Großteil der Versicherten der Antragstellerin seien keine Rentner und in der Lage, die Wegstrecken außerhalb des Planungs-bereichs H. in zumutbarer Weise zu bewältigen.

Mit Beschluss vom 21. August 2008 hat das Sozialgericht Magdeburg die Beige-ladenen zu 1. – 7. notwendig und die Beigeladene zu 8. einfach beigeladen.

Das Sozialgericht Magdeburg hat den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzuges mit Beschluss vom 7. November 2008 abgelehnt und ausgeführt: Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage in der Hauptsache seien ungewiss. Die Versorgung der Versicherten könne – wenn auch unter einigen Erschwernissen – als ausreichend gesichert bewertet werden. Unzumutbare Wartezeiten habe die Antragstellerin nicht hinreichend dargetan. Zudem sei sie nicht existenziell auf die Einnahmen aus der ambulanten MRT-Behandlung angewiesen.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 13. November 2008 zugestellten Beschluss am Montag, dem 15. Dezember 2008 Beschwerde bei Sozialgericht Magdeburg eingelegt. Sie hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt: Das überragende öffentliche Interesse ergebe sich aus der eindeutigen Rechtsprechung des BSG, nach der bei der Prüfung der ausreichenden Patientenversorgung bei Standartuntersuchungen allein der jeweilige Planungsbereich zu beachten sei. Für den Planungsbereich H. fehle es unstreitig an der Versorgung mit einem MRT, wenn sie nicht ermächtigt werde. Aufgrund der Verweigerung des Sofortvollzuges könne sie die Versorgung aktuell nicht durchführen, was bei den Versicherten im Planungsbereich H. zu erheblichen Nachteilen durch unzumutbare Fahrtzeiten oder Wartezeiten führe.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. November 2008 aufzuheben und die sofortige Vollziehung der in Ziffer 1. des Beschlusses des Beschwerdegegners vom 9. Juli 2008 erteilten Ermächtigung anzuordnen.

Der Antragsgegner sowie die Beigeladene zu 8. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Der zuständige Berichterstatter des Senats hat den Antragsgegner und die Beigeladene zu 8. darauf hingewiesen, dass der Beschluss aus der Sitzung vom 9. Juli 2008 das Urteil des BSG vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 15/05 zutreffend beachtet habe. Die Interessenabwägung spreche daher eher zu Gunsten der Antragstellerin.

Die Beigeladene zu 8. hat vorgetragen: Ausweislich der 164. Fortschreibung des Bedarfsplanes des Landes Sachsen-Anhalt für die vertragsärztliche Versorgung vom 7. Oktober 2008 bestehe im Planungsbereich H. für die Arztgruppe der Radiologen ein Überversorgungsgrad von 525,7 %. Bereits seit dem 1. Juli 2007 gebe es den Landkreis Harz, jedoch weiterhin die Planungsbereiche H. , W. -. und Q ... Es sei davon auszugehen, dass die Kreisgebietsreform vom Antragsgegner nachvollzogen werde, wenn auch der genaue Zeitpunkt noch ungewiss sei. Dieser lediglich formale Vollzug ändere jedoch nichts an der derzeitigen Überversorgungssituation. Die Mehrzahl der Patienten der Antragsstellerin wohne in H. und O. und sei in der Lage, auf die gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den angrenzenden Planungsbereichen zurückzugreifen. Für den Planungsbereich "Harz" sei von einer gesicherten Versorgung mit MRT-Leistungen auszugehen. Die aktuellen Wartezeiten ergäben nach Stellungnahmen der beteiligten Ärzte in den angrenzenden Planungsbereichen höchstens 14 Tage und seien den Versicherten zuzumuten.

Dem Senat haben die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte sowie die Akte des Hauptsacheverfahrens vorgelegen und sind Grundlage seiner Entscheidung geworden.

II.

Die statthafte (§ 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 SGG) ist begründet. Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann die sofortige Vollziehung der Ziffer 1. des Beschlusses des Antragsgegners aus der Sitzung vom 9. Juli 2008 angeordnet werden.

Hier hat die Anfechtungsklage der Beigeladenen zu 8. gegen den Beschluss des Antragsgegners aus der Sitzung vom 9. Juli 2008 aufschiebende Wirkung (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG). Ab dem 1. Januar 2009 nimmt der Beigeladene zu 5. auch die Funktionen des Beigeladenen zu 6. (Verband der Arbeiter-Ersatzkassen) wahr.

Das Gericht hat dabei nach Ermessen eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Das bloß öffentliche Interesse am Erlass eines Verwaltungsaktes darf dabei nicht mit dem weitergehenden öffentlichen Interesse auf die sofortige Vollziehung gleichgesetzt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem für die Verwaltung anzuwendenden § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG bzw. der Regelungen für den Bereich der ärztlichen Zulassungsregel gemäß § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V bzw. § 97 Abs. 4 SGB V. Die sofortige Vollziehung ist anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Adressaten (hier der Antragstellerin) überwiegt. Anderenfalls müsste es beim Regelfall der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage verbleiben. Abzuwägen sind dabei die Folgen, die eintreten würden, wenn der Sofortvollzug angeordnet wird und der Rechtsbehelf der Beigeladenen zu 8. Erfolg hätte gegenüber den Nachteilen, die entstehen, wenn es bei der aufschiebende Wirkung verbleibt und der Rechtsbehelf der Beigeladenen zu 8. letztlich keinen Erfolg hätte. In die Abwägung ist auch einzubeziehen, ob und inwieweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung irreparable Folgen auslösen kann. Ferner sind die mit dem Gesetz verfolgten Ziele einzubeziehen und mit den Interessen des Betroffenen abzuwägen (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, 9. Auflage, § 86 a Rdn. 20). Schließlich sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. An der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht kein öffentliches Interesse; vielmehr überwiegt dann das Interesse an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse am Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. November 2004 – L 10 B 14/04 KA, sowie Beschluss vom 20. Januar 2004 – L 10 B 19/03 KA ER; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Mai 2008 – L 4 B 319/08 KA ER, jeweils zitiert nach juris).

Hievon ausgehend liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung vor. Eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der von der Beigeladenen zu 8. angefochtene Beschluss des Antragsgegners mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist und die Anfechtungsklage der Beigeladenen im Hauptsacheverfahren S 1 KA 130/08 aller Voraussicht nach erfolglos bleiben dürfte. Der Antragsgegner hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassend ermittelt und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zutreffend beachtet. Hierbei ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Nach § 116 Satz 2 SGB V ist eine Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Diese Regelung entspricht dem Vorrang der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch die niedergelassenen Vertragsärzte (und - seit dem 1. Januar 2004 hinzugekommen - die Medizinischen Versorgungszentren); Ermächtigungen kommen nur dann in Betracht, wenn die ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten (und den Medizinischen Versorgungszentren) nicht gewährleistet ist. Die Ermächtigung eines Krankenhausarztes gemäß § 116 SGB V erfordert nach der Rechtsprechung des BSG entweder einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf. Die Erteilung oder Versagung einer Ermächtigung ist dabei nicht nur insgesamt (als Gesamtakt) überprüfbar, sondern auch hinsichtlich abgrenzbarer Teile, dh ein Streitverfahren kann auf einzelne Leistungen, auf die sich die Ermächtigung erstreckt bzw. zusätzlich erstrecken soll, beschränkt sein. Die gerichtliche Überprüfung ist allerdings insofern begrenzt, als den Zulassungsgremien bei der Prüfung und Feststellung des Versorgungsbedarfs ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. grundlegend, BSG, Urteil vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 14/05 R, zitiert nach juris).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe dürfte die Entscheidung des Antragsgegners rechtmäßig sein. Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei MRT-Unter-suchungen um Standartbehandlungen. Ein qualitativ-spezieller Versorgungsbedarf kann angenommen werden, wenn bestimmte, für eine ausreichende Versorgung der Versicherten benötigte Leistungen von den zugelassenen Vertragsärzten nicht vorgehalten werden. Hierbei ist streng danach zu fragen, ob unter isolierter Prüfung des jeweiligen Planungsbereichs die Versorgung sichergestellt ist oder nicht. Die von der Beigeladenen zu 8. herangezogenen Versorgungsangebote in den benachbarten bzw. angrenzenden Bereichen sind dabei grundsätzlich nicht zu berücksichtigen und damit unbeachtlich. Die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote oder -defizite kann dabei nur in besonderen Ausnahmefällen Bedeutung erlangen. Dies könnte z.B. im Fall eines atypisch zugeschnittenen Planungsbereichs vorliegen, weil die Versorgung durch die Versorgungsangebote eines inmitten gelegenen anderen Planungsbereichs gedeckt werden könnte. Ein weiterer Ausnahmefall könnte auch in Betracht kommen, wenn der Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich von nur geringer räumlicher Ausdehnung ersichtlich durch leicht und schnell erreichbare Versorgungsangebote der angrenzenden Bereiche gedeckt werden würde (vgl. BSG a.a.O).

Der Antragsgegner hat mit nachvollziehbarer Begründung die genannte Entscheidung des BSG angewandt und die von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmefälle geprüft und treffend abgelehnt. Der noch bestehende Planungsbereich H. verfügt über eine beträchtliche räumliche Ausdehnung im ländlichen Raum und befindet sich in einem typischen Flächenstaat ohne Großstadtnähe. Dies gilt für die benachbarten Planungsbereiche Q. , W. usw. in gleicher Weise. Von einer geringen Ausdehnung des Planungsbereichs H. und leicht und schnell erreichbaren Versorgungsangeboten aus angrenzenden Planungsbereichen kann daher nicht ausgegangen werden.

Ob durch die anstehende Umsetzung der Kreisgebietreform der Planungsbereich H. aufgelöst und zukünftig in den Landkreis Harz überführt werden wird, muss der Senat nicht abschließend beurteilen, da nicht erkennbar ist, ob das BSG in Fällen eines bevorstehenden aber konkret völlig ungewissen Neuzuschnitts von Planungsbereichen (z.B. wegen einer Gebietsreform) einen weiteren Ausnahmefall bejahen würde. Nach dem Wortlaut der genannten Entscheidung des BSG musste – wie es der Antragsgegner auch überzeugend ausgeführt hat – streng am konkreten jeweiligen Planungsbereich geprüft werden, so dass lediglich "fiktive" Änderungen des Zuschnitts des Planungsbereichs für die Bewertung der Versorgungssituation aller Voraussicht nicht relevant sein dürften. Im Übrigen hat der Antragsgegner den Fall eines Neuzuschnitts des Planungsbereichs Harz beachtet und über eine auflösende Bedingung der Ermächtigung ausdrücklich in seine Entscheidung einbezogen.

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zudem zu beachten, dass neben der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 9. Juli 2008 auch, wie die Antragstellerin gerade für ländliche Randgebiete des Planungsbereichs H. nachvollziehbar dargelegt hat, eine konkrete Gefährdung der Versicherten infolge eines Versorgungsdefizits im Sinne der BSG-Rechsprechung droht und der Sofortvollzug auch aus diesem Grunde gerechtfertigt ist. Die Antragstellerin kann diese Interessen der Versicherten, auf die sich die Ermächtigung der Versorgung unmittelbar auswirkt, auch selbst geltend machen, da sie bei der Entscheidung des Antrags-gegners zu beachten sind.

Die Ausführungen der Beigeladenen zu 8. zur Zumutbarkeit der Versorgung durch benachbarte Planungsbereiche überzeugen nach summarischer Prüfung nicht. Zunächst ist von Versicherten auszugehen, die über keinen Pkw verfügen. Bei Leistungen, die üblicherweise ortsnah erbracht werden, wie dies bei MRT-Leistungen der Fall ist, seitdem diese zum Standard radiologischer Diagnostik gehören, kann ein Bedarf für eine Ermächtigung nicht unter Hinweis auf Versorgungsangebote an entfernter gelegenen Standorten benachbarter Planungsbereiche verneint werden. Der Hinweis der Beigeladenen zu 8., die derzeitige Versichertenstruktur der Antragstellerin weise einen geringen Rentneranteil aus, ist unbeachtlich. Ein Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich kann sich nicht nur an den abgerechneten Behandlungsfällen orientieren, sondern muss berücksichtigen, dass zukünftig aus jedem denkbaren Ort des Planungsbereichs ein Versicherter Versorgungsleistungen in Anspruch nehmen könnte. Dieser Versicherte wäre daneben noch auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Gerade aus den Randgemeinden des Planungsbereichs H. müsste ein betroffener Versicherter zunächst nach O. oder H. als verkehrstechnisch günstigen Ausgangsstandort gelangen, um dann die von der Beigeladenen zu 8. beschriebenen benachbarten Planungsbereiche mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter anzufahren. Es greift daher deutlich zu kurz, wenn die Beigeladene zu 8. nur die Verkehrsverbindungen zwischen H. und O. zu den MRT Standorten der benachbarten Planungsbereichen W. und Q. prüft. Die Wege für Versicherte, die aus den ländlichen Randgemeinden von H. oder O. kommen und erst mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Stadt H. erreichen müssen, bleiben dabei unberücksichtigt. Die von der Antragsstellerin genannten Beispiele von Fahrzeiten von über zwei Stunden sind daher keineswegs fern liegend, sondern dürften, wegen der gerichtsbekannt zunehmenden Ausdünnung von Bus- und Bahnangeboten gerade im ländlichen Raum, realistisch sein. Derartige Fahrtzeiten wären jedoch nach vorläufiger Bewertung den Versicherten, zumal wenn sie noch gesundheitlich eingeschränkt sind, kaum zumutbar. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG.
gez. Lauterbach gez. Dr. Ulrich gez. Dr. Fechner
Rechtskraft
Aus
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