L 1 AS 2327/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 AS 2498/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2327/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Rechtsmittel der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. März 2006 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2006 hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) den Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab 1. Januar 2005 abgelehnt, da sie nicht erwerbsfähig sei. Dem Gerichtsbescheid war die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach er mit der Berufung angefochten werden kann. Vor Erlass des Gerichtsbescheids hat das SG die Klägerin mit Verfügung vom 31. Januar 2006 zur beabsichtigten Verfahrensweise angehört. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 hat die Klägerin dem SG mitgeteilt, sie erkläre sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden.

Gegen den ihr am 29. März 2006 per Einschreiben mit Rückschein zugestellten Gerichtsbescheid hat sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. April 2006 gewandt (eingegangen beim SG am 24. April 2006, beim LSG am 4. Mai 2006) und ausgeführt, sie beantrage mündliche Verhandlung, Wiedereinsetzung und die Berichtigung von Tatsachen. Beigefügt war u.a. ihr Schreiben an das SG vom 24. April 2006, in dem sie zur Fristwahrung mündliche Verhandlung, hilfsweise Berufung beantragt hat. Aktenkundig ist des Weiteren der Vermerk über eine persönliche Vorsprache der Klägerin beim SG am 5. Mai 2006, von der Klägerin auch unterschrieben. Darin ist u.a. ausgeführt: "Meine Schreiben vom 24. April 2006 an das Sozialgericht Stuttgart sind nicht als Berufung gegen den Gerichtsbescheid anzusehen, sondern als Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht. Nach meiner Auffassung ist das rechtliche Gehör verletzt worden, da die erste Instanz ohne meine ausdrückliche Zustimmung durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Ich bitte daher, die Akten mit meinem Antrag an das Sozialgericht Stuttgart zurückzugeben und hierüber in meinem Sinne zu entscheiden ...".

Die Klägerin ist seit längerem ohne festen Wohnsitz. Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt hat keine neuen Erkenntnisse erbracht. Mit gerichtlicher Verfügung vom 13. Januar 2009, der Klägerin öffentlich zugestellt (Aushang der Benachrichtigung vom 29. Januar bis 3. März 2009) hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, das Rechtsmittel der Klägerin durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der von der Klägerin gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung als Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. März 2007 ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werde. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt (§ 105 Abs. 2 SGG).

Die Klägerin hat in der Sache die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Leistungen nach dem SGB II erstreckt, also Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 ff SGB II) sowie ggf. die Übernahme der Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB II). Da der Grundanspruch der Klägerin auf Leistungen ab 1. Januar 2005 im Streit stand und damit jedenfalls über den Anspruch auf Regelleistungen für 6 Monate in Höhe von monatlich 345,- EUR zu entscheiden war, hat das SG zutreffend darüber belehrt, dass das Rechtsmittel der Berufung statthaft ist (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 [BGBl I S 2144] mit der bis zum 31. März 2008 geltenden Wertgrenze für das Berufungsverfahren von 500,- EUR).

Entgegen der Rechtsmittelbelehrung hat die Klägerin jedoch Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, den zunächst hilfsweise gestellten Berufungsantrag bei der Vorsprache am 5. Mai 2006 zurückgenommen und erklärt, sie wolle nur Antrag auf mündliche Verhandlung stellen.

Angesichts dieser klaren Aussage der Klägerin, wenn möglicherweise auch unter Verkennung der rechtlichen Konsequenz ihres Verhaltens, ist eine Auslegung ihres Begehrens dahingehend, sie habe doch die Einlegung der Berufung gewollt oder die Umdeutung in ein zulässiges Rechtsmittel nicht möglich (vgl. zur Problematik der Auslegung und Umdeutung von Rechtsmitteln beispielsweise BVerwG Beschluss vom 02.08.95 - 9 B 3003/95, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 31.01.2006 - L 13 KN 2337/05). Die Klägerin ist zuletzt mit gerichtlicher Verfügung vom 13. Januar 2009 auf die rechtliche Problematik hingewiesen worden. Es ist ihr Gelegenheit gegeben worden, ihr Begehren umzustellen. Die Klägerin hat darauf nicht reagiert.

Damit war der von der Klägerin gestellte Antrag als unzulässiges Rechtsmittel durch Beschluss zu verwerfen (§ 158 SGG).

Selbst wenn der Senat den Antrag auf mündliche Verhandlung in eine Berufung umdeuten würde, könnte diesem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein, da die Klage mangels ladungsfähiger Anschrift unzulässig geworden ist. Die Klägerin verfügt seit Längerem nicht über eine ladungsfähige Anschrift (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. dazu auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 92 Rn. 4 mwN). Mangels jeglichen Kontakts zur Klägerin konnte diese auch nicht aufgefordert werden, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, so dass durch eine Ergänzung der Angaben durch die Klägerin der Zulässigkeitsmangel nicht beseitigt werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved