Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 16 R 1174/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 352/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. April 2007 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in der Gestalt der Teilabhilfebescheide vom 11. Juli 2005 und 10. August 2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2005 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 anstatt der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte wird ferner unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2006 verurteilt, dem Kläger über den 28. Februar 2006 hinaus eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 28. Februar 2009 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2006 hinaus zusteht.
Der 1957 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Er verrichtete nach eigenen Angaben von 1973 bis 1993 verschiedene Hilfsarbeitertätigkeiten, zuletzt als Kraftfahrer. Bis
12. November 2008 war er zuletzt arbeitslos gemeldet.
Auf seinen Antrag vom 28. Januar 1998 gewährte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 7. Dezember 1998 ab 1. Januar 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zunächst befristet bis 30. April 1999. Dem lagen ein Gutachten der Dr. W. (Ärztliche Untersuchungsstelle der damaligen Landesversicherungsanstalt Württemberg) vom 11. Mai 1998 sowie des Orthopäden Dr. H. vom 11. September 1998 zugrunde. Dr. W. diagnostizierte persistierende Schmerzen des linken Handgelenks mit leichter Weichteilschwellung und z.T. erheblicher Beweglichkeitseinschränkung, einen Zustand nach Verkürzungsosteotomie des Radius links bei Mondbein-Malazie (aseptische Knochennekrose) 9/97, Schulterschmerzen rechts, einen Zustand nach Operation des rechten Schultergelenks wegen verkalkender entzündlich/degenerativer Weichteilveränderungen 1995, eine chronisch obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus, einen leichten Bluthochdruck ohne subjektive Beschwerden, schwere Fettstoffwechselstörungen mit grenzwertig hohem Harnsäurewert sowie eine anamnestische Schuppenflechte mit derzeit diskreten Hautveränderungen. Im Vordergrund stünden die Probleme mit dem linken Handgelenk. Der Kläger könne keine manuellen Tätigkeiten mehr verrichten. Er sei deshalb auf dem Arbeitsmarkt nicht einsetzbar, zumal mehr geistig ausgerichtete Tätigkeiten nicht in Betracht kämen. Dr. H. stellte ferner ein rezidivierendes Cervical- und Lumbalsyndrom fest und bestätigte die Leistungsbeurteilung der Vorgutachterin. Ein vorgesehener operativer Eingriff am linken Handgelenk bleibe abzuwarten. Am 18. November 1998 erfolgte die Operation.
Aufgrund eines Antrags auf Weitergewährung der Rente vom 28. Dezember 1998 holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des Dr. H. vom 6. April 1999 ein, der nun von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausging. Nur die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer könne lediglich unter zwei Stunden täglich ausgeübt werden. Mit Bescheid vom 22. April 1999 lehnte die Beklagte daraufhin eine Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente ab.
Während des Widerspruchsverfahrens führte die Beklagte ein stationäres Rehabilitationsverfahren durch, aus dem der Kläger am 11. August 1999 arbeitsunfähig entlassen wurde. Erst nach Abschluss der geplanten therapeutischen Maßnahmen werde eine endgültige Leistungsbeurteilung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand möglich sein. Die Beklagte gewährte daraufhin über den 30. April 1999 hinaus eine Zeitrente bis 30. April 2000. Sie verlängerte später die Rentengewährung bis 31. Dezember 2000. Einen Antrag auf Weitergewährung vom 9. September 2000 lehnte sie nach Einholung eines Berichts des Chirurgen Dr. K. vom 20. Dezember 2000 und eines orthopädischen Gutachtens des Dr. D. vom 5. Februar 2001 mit Bescheid vom 21. Februar 2001 ab. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar derzeit arbeitsunfähig sei, jedoch noch leichte Arbeiten ausführen könne. Dr. D. vertrat die Ansicht, dass der Kläger trotz Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS), der Schultergelenke, der Lendenwirbelsäule (LWS) und vor allem des linken Handgelenkbereichs noch vollschichtig als Kraftfahrer tätig sein könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Sozialgericht Konstanz (Az.: S 4 RJ 1295/01) wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2002 ab.
Vom 3. September bis 1. Oktober 2002 führte die Beklagte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme auf internistischem Fachgebiet durch, nachdem der Kläger am 10. August 2002 einen Herzinfarkt (Non-ST-Elevationsinfarkt) erlitten hatte. Er wurde arbeitsunfähig entlassen. Eine Leistungseinschätzung könne erst nach erneuter Koronarangiographie (voraussichtlich im Februar 2003) erfolgen. Am 7. Oktober 2002 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 ab. Es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. R. vom 10. April 2003 ein, der eine koronare Herzerkrankung, einen Herzinfarkt vom August 2002, eine Handgelenksarthrose links, eine Raucherbronchitis sowie eine periphere arterielle Verschlusserkrankung diagnostizierte. Die kardio-vaskuläre Leistungsbreite sei eingeschränkt. Die Leistungseinbußen auf den verschiedenen Ebenen kämen jedoch für die Tätigkeit als Kraftfahrer nicht zum Tragen. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei leicht vermindert und die Beweglichkeit herabgesetzt.
Aus einer weiteren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in Form einer Anschlussheilbehandlung vom 1. bis 29. Juli 2003 wurde der Kläger weiterhin arbeitsunfähig entlassen. Bei weiter unkompliziertem Verlauf sei von einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für leichte bis kurzzeitig mittelschwere Arbeit im Laufe des Monats August 2003 auszugehen.
Der von der Beklagten als Gutachter gehörte Orthopäde Z. stellte am 29. Oktober 2003 zwar als Diagnosen einen persistierenden Reizzustand des linken Handgelenks bei Zustand nach Lunatummalazie, nach Korrekturosteotomie linker Unterarm, nach Denervierungsoperation linkes Handgelenk, eine Teilankylose linkes Ellbogengelenk, ein Wirbelsäulensyndrom lumbal betont sowie ein Syndrom der muskulären Dysbalance fest, nahm jedoch ausdrücklich keine Leistungsbeurteilung vor. Nach Einschätzung des beratenden Arztes vom 4. November 2003 bzw. 20. Januar 2004 ist das Leistungsvermögen ab Antragstellung bis voraussichtlich Dezember 2004 auf drei bis unter sechs Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. auf weniger als drei Stunden als Kraftfahrer gemindert.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 6. November 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Mai 2003 bis 31. Dezember 2004. Mit Widerspruch vom 19. November 2003 machte der Kläger eine Rentengewährung bereits ab Antragstellung geltend. Ferner stellte er am 3. August 2004 einen Antrag auf Weitergewährung der Rente. Die Beklagte holte u.a. verschiedene Herzkatheterbefunde bei und ließ den Kläger erneut begutachten. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. (Gutachten vom 10. Dezember 2004) stellte eine mittelgradige depressive Episode im Sinne einer Anpassungsstörung sowie ein HWS-Syndrom rechts mit radikulärer Affektion bei C6/C7 rechts fest. Auf internistischem Fachgebiet bestehe eine generalisierte stenosierende Gefäßerkrankung, die durch die Risikofaktoren Nikotinabusus, arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie bedingt sei und zu Schädigungen der Herzkranzgefäße und der Extremitätenarterien geführt habe. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Haft sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht in der Lage, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Nach der Haftentlassung voraussichtlich im September 2005 sei mit einem Abklingen der Depression zu rechnen.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2005 lehnte die Beklagte jedoch die Gewährung einer Rente über den 31. Dezember 2004 hinaus ab, da über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. November 2003 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 zurück. Bei einem zum 7. Oktober 2002 eingetretenen Leistungsfall habe die Rente zutreffend am 1. Mai 2003 begonnen.
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht Konstanz verwies mit Beschluss vom 6. April 2005 den Rechtsstreit an das Sozialgericht München. Der Kläger begehrte zunächst eine Aufhebung des Bescheides vom 6. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2003 und die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 7. Oktober 2002. Das Gericht zog die medizinischen Unterlagen der Justizvollzugsanstalt B. bei. Nach Einholung einer Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 24. Juni 2005 half die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Januar 2005 mit Bescheid vom 11. Juli 2005 teilweise ab und sprach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 zu; nach der Haftentlassung gewährte sie mit Bescheid vom 10. August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2005 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück. Die Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht unwahrscheinlich. Auch sei der Kläger während der Inhaftierung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, so dass für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 lediglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung habe gewährt werden können.
Einen erneuten Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab, soweit eine Rente über den 28. Februar 2006 hinaus beansprucht wurde. Dem lag ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten des Nervenarztes Dr. G. vom 2. März 2006, des Orthopäden Dr. M. vom 20. März 2006 sowie des Internisten Dr. K. vom 21. Februar und 27. März 2006 zugrunde.
Dr. G. ging von einer emotional instabilen Persönlichkeit des Klägers aus. Der Zustand einer ausgeprägt depressiven Symptomatik, wie er noch von Dr. S. festgestellt worden sei, läge nicht mehr vor. Es sei derzeit weder auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet eine Leistungsbeeinträchtigung des Klägers gegeben. Die Tätigkeit als Kraftfahrer sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig verrichtet werden.
Dr. M. beurteilte das Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Bauarbeiter auf drei bis unter sechs Stunden, für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf sechs und mehr Stunden. Aufgrund der Beschwerden im Bereich der Hände, der Schultergelenke und der Wirbelsäule bestünden lediglich Leistungseinschränkungen für schwere Arbeiten.
Dr. K. kam in Zusammenschau der neurologisch-psychiatrischen, orthopädischen und internistisch-kardiologischen Begutachtung zu dem Ergebnis, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zwar nur mehr unter drei Stunden ausüben könne, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch noch sechs Stunden und mehr.
Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Kardiologen Dr. B. vom 2. Juni 2006 ein und beauftragte den Internisten und Kardiologen Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens (Eingang: 25. Juli 2006). Bei dem Kläger bestünden eine koronare Herzerkrankung mit kleinem Posterolateralwandinfarkt ohne Einschränkung der globalen linksventrikulären Pumpfunktion, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, eine essentielle arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem exzessivem Nikotinabusus, ein Stadium der beginnenden Nierenfunktionseinschränkung, sozialmedizinisch derzeit ohne Relevanz, eine chronische Gastritis, derzeit asymptomatisch, ein ungeklärtes megaloblastäres Blutbild sowie eine ungeklärte exzessive Fettstoffwechselstörung. Seit ca. zwei Monaten könne der Kläger wieder leichte körperliche Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung, im Freien und in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Staub oder Schadstoffexposition verrichten.
Der vom Sozialgericht ebenfalls gehörte Sachverständige Dr. W. berichtete in seinem orthopädischen Gutachten vom 7. Dezember 2006 auf seinem Fachgebiet vor allem über anhaltende Beschwerden mit Funktionsminderung des rechten Schultergelenks. Er diagnostizierte eine Schultereckgelenksarthrose nach Akromioplastik, ein degeneratives Rotatorenmanschettensyndrom mit endgradiger Funktionsminderung des rechten Schultergelenks, eine endgradige Funktionsminderung des linken Handgelenks mit geringer Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits und ein Überlastungssyndrom der LWS bei Adipositas und Fehlstatik. Zusätzlich sei in der Zwischenzeit ein Schlafapnoe-Syndrom hinzugekommen, das jedoch aufgrund der guten Behandlungsfähigkeit zu keinen wesentlichen Einschränkungen in der Erwerbsfähigkeit führe. Insgesamt ging auch Dr. W. von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten aus.
Im Rahmen eines stationären Aufenthalts in der DAK-Fachklinik Haus W. vom 27. Dezember 2006 bis 17. Januar 2007 (Entlassungsbericht vom 16. Januar 2007) wurde u.a. ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom mit Depression und ein chronisches Suchtverhalten (Essen, Spielen, Rauchen) festgestellt. Der Kläger stünde unter einem starken psychischen Druck und sei derzeit nicht belastbar.
Das Sozialgericht holte daraufhin ein psychiatrisches Gutachten des Dr. N. vom 19. Februar 2007 ein. Es bestehe für die Zeit ab dem Herzinfarkt über den Februar 2006 hinaus eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Bezüglich somatischer Diagnosen sei auf die beiden Vorgutachter zu verweisen. Ob inzwischen weitere somatische Erkrankungen hinzugekommen oder weggefallen seien, habe sich bei der Untersuchung nicht klären lassen, da der Kläger eine körperliche Untersuchung nicht zugelassen habe. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien noch vollschichtig zumutbar.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 24. April 2007 ab. Es führte aus, zwar könne der Kläger seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Dabei handele es sich um eine Anlerntätigkeit, so dass er grundsätzlich auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Demgemäß sei ihm beispielsweise die in der Vergütungsgruppe IX des Bundesangestellten-Tarivertrages (BAT) erfassten Tätigkeiten einer Registraturkraft im Verwaltungsbereich zumutbar. Eine Einarbeitung in die leichten Registraturtätigkeiten z.B. in einer Poststelle sei nach dem Gutachtensergebnis weder aufgrund der körperlichen noch der psychischen Beeinträchtigungen ausgeschlossen. Unter Bezugnahme auf die Gutachten des Dr. S., Dr. W. und Dr. N. sei der Kläger noch fähig, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten täglich sechs Stunden zu verrichten. Dies gelte jedenfalls für die Zeit ab Februar 2006.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger den vorläufigen internistisch-kardiologischen Arztbericht des Klinikums N. über eine stationäre Behandlung vom 13. bis 14. Juni 2007 sowie ein Attest des Dipl.Psych. S. vom 18. Juni 2007 vorgelegt, der eine depressive Störung, eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine Angststörung bescheinigt hat. Angesichts der Schwere und Chronifizierung der Symptomatik sei der Kläger in absehbarer Zeit nicht arbeitsfähig. Ferner hat er ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 4. Juli 2007 übersandt, nach dem der Kläger kein stabiles Restleistungsvermögen mehr aufweist.
Der Senat hat einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. N. vom 31. Juli 2007 und des Kardiologen Dr. B. vom 3. August 2007 eingeholt. Dr. B. hat angegeben, dass sich der Befund in der letzten Zeit nicht wesentlich verschlechtert, aber auch nicht wesentlich gebessert habe. Ferner hat der Senat die Berichte des Klinikums N. über stationäre Aufenthalte vom 13. bis 14. Juni 2007 und 17. bis 18. September 2007 und ein weiteres Gutachten des MDK vom 18. April 2007 beigezogen. Als Hauptdiagnose hat der MDK darin eine Depression bei Erschöpfung aufgeführt. Eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor. Im Gegensatz dazu ist der MDK in dem Gutachten am 4. Juli 2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund der multiplen Einschränkung vorliege und eine Berentung durchgeführt werden sollte.
Der Senat hat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 10. März 2008 eingeholt, der auf seinem Fachgebiet ein atypisches, agitiert-depressives Syndrom mittelgradiger Ausprägung, eine gemischte Angststörung und Depression, eine Persönlichkeitsfehlentwicklung mit dissozialen und emotional-instabilen, impulsiven Zügen, einen Nikotinabusus, einen Alkoholmissbrauch (abstinent seit 1983), ein pathologisches Spielen (abstinent seit Ende 2005), eine orthopädisch bedingte Schmerzsymptomatik und mitgestaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben hat. Fachfremd seien neu hinzugetreten ein Schlafapnoesyndrom und Kniebeschwerden. Die psychische Belastbarkeit und Ausdauer, Stresstoleranz und die Fähigkeit, sich in soziale Strukturen wie die Beziehungsgestaltung am Arbeitsplatz einzufügen, seien deutlich reduziert. Es sei eine langfristig angelegte, ambulante Psychotherapie in Verbindung mit einer Psychopharmakatherapie sowie physikalischen Behandlungen erforderlich. Unter Berücksichtigung von erheblicher somatischer und psychiatrischer Komorbidität, unter Wertung einer verminderten, jedoch nicht mangelnder bzw. fehlender Willensanstrengung, und einer Besserungsmöglichkeit der Gesundheitsstörungen durch eine konsequente Behandlung gehe er abweichend von Dr. N. Einschätzung von einer quantitativen Minderung der Erwerbsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden aus. Im Vordergrund der psychiatrischen Diagnosen stünden derzeit die Angst und Depression sowie eine emotionale Instabilität. Die psychiatrischen Diagnosen seien in ihrer Kombination bzw. in Wechselwirkungen mit den somatischen Krankheiten zu sehen.
Vom 9. bis 10. April 2008 hat eine erneute stationäre internistische Behandlung im Klinikum B-Stadt stattgefunden (Bericht v. 10. April 08). Die Durchführung einer Anschlussheilbehandlung wurde gemäß dem Entlassungsbericht empfohlen.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat am 29. Mai 2008 keine neuen Beurteilungskriterien gesehen, die eine Leistungsbeurteilung mit drei- bis unter sechsstündig für plausibel erscheinen ließen. Die für die Leistungsbeurteilung von Dr. B. herangezogene depressive Symptomatik sei nicht hinreichend belegt. Dr. G. und Dr. N. hätten diese verneint. Im Übrigen habe sich die Depression nach den Darlegungen des Gutachters nach der Rehabilitationsbehandlung Ende 2006 durch eine aufgenommene Psychotherapie und eine neue Partnerschaft verbessert.
Der Senat hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 7. Juli 2008 eingeholt, der an der Einschätzung seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führten in Verbindung mit der fachfremd zu beurteilenden somatischen Komorbidität insgesamt zu einer erheblichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit im beruflichen und privaten Alltag.
Die Beklagte hat sich unter Bezugnahme auf eine weitere Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 14. August 2008 der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen nicht angeschlossen. Dieser habe sich zu stark auf Aussagen der Behandler, des MDK und die Aussagen des Klägers selbst gestützt, ohne diese in Zusammenhang mit den objektivierbaren Befunden zu diskutieren. Er hat eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von Hilfen zur Wiedereingliederung angeregt.
Der jüngste Herzkatheterbericht vom 9. September 2008 hat einen weitestgehend identischen Befund wie am 9. April 2008 ergeben, nach dem Herzkatheterbericht vom 21. Oktober 2008 wurde jedoch eine Herzkranzgefäßerweiterung (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie - PTCA) durchgeführt. Ferner hat der Kläger einen weiteren internistisch-kardiologischen Bericht des Dr. L. vom 22. Oktober 2008 sowie einen Bericht des Behandlungszentrums V. vom 5. September 2008 über eine handchirurgische Behandlung am rechten Handgelenk übersandt.
Mit Änderungsbescheid vom 27. August 2008 hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales einen GdB von 60 v.H. ab 12. Juni 2008 anerkannt. Die seelische Störung/Sucht-krankheit wurde dabei mit einer Einzel-GdB von 30 v.H. angesetzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. April 2007 aufzuheben und die Beklagte
unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2002 in Abänderung des Teilabhilfebescheides vom 6. November 2003, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren,
unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in Abänderung des Teilabhilfebescheides vom 11. Juli 2005 und 10. August 2005, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 Rente wegen voller anstatt teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren,
unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2006 zu verurteilen, ihm über den 28. Februar 2006 hinaus auf unbestimmte Zeit Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 und über den 28. Februar 2006 hinaus bis 28. Februar 2009 zu.
Der Kläger begehrt die durchgängige Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab Oktober 2002. Streitgegenstand ist damit zum einen ein Antrag, ihm aufgrund seines Neuantrags vom 7. Oktober 2002 die Erwerbsminderungsrente ab 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 ab, half dem Widerspruch jedoch mit Bescheid vom 6. November 2003 teilweise ab, indem sie die Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes vom 1. Mai 2003 bis 31. Dezember 2004 gewährte. Für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 lehnte sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 ab.
Zum anderen ist umstritten, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 ein Anspruch auf volle anstatt der zuerkannten teilweisen Erwerbsminderungsrente zusteht, nachdem die Beklagte den Weitergewährungsantrag vom 3. August 2004 mit Bescheid vom 11. Januar 2005 abgelehnt hatte, jedoch mit Teilabhilfebescheiden vom 11. Juli und 10. August 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 und wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005 gewährte. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2005 zurück.
Als dritter Komplex ist umstritten, ob dem Kläger ein Anspruch auf Weitergewährung der Rente über den 28. Februar 2006 hinaus zusteht. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab. Über den Widerspruch hat die Beklagte nicht entschieden.
Zu 1:
Auf den Antrag vom 7. Oktober 2002 ist das Recht in der ab 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden, da die Entstehung eines Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem 31. Dezember 2000 streitgegenständlich ist. Der Antrag vom 7. Oktober 2002 ist kein Weitergewährungs-, sondern ein Neuantrag auf Rentengewährung. Der frühere Weitergewährungsantrag zuletzt vom 28. Dezember 1998 ist mit Rechtskraft des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Konstanz vom 2. April 2002 abgeschlossen und die Weitergewährungskette damit unterbrochen.
Für die Zeit ab 1. Mai 2003, nicht jedoch für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003, gewährte die Beklagte dem Kläger gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGB VI eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Wie unter 3.) noch darzulegen ist, war eine Befristung der Rente aus medizinischen Gründen angezeigt, da eine Besserung des Leistungsvermögens nicht unwahrscheinlich war und ist. Bei einer Antragstellung im Oktober 2002 errechnet sich damit ein Beginn der befristeten Rente wegen voller Erwerbsfähigkeit am 1. Mai 2003.
Zu 2:
Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 steht dem Kläger ein Anspruch auf volle anstatt der zuerkannten teilweisen Erwerbsminderungsrente zu.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 bzw. Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen bei dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 vor. Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger in dieser Zeit Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zwischen drei bis unter sechs Stunden ausüben konnte. Dies ist nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung nicht zutreffend, vielmehr ist das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden abgesunken gewesen. Bis September 2005 befand sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt. Medizinisch lag der Schwerpunkt der Erkrankung auf internistisch-kardio-logischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Der von der Beklagten beauftragte Dr. S. gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger zumindest bis zur Haftentlassung aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode im Sinne einer Anpassungsstörung und eines HWS-Syndroms nicht in der Lage war, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Die Leistungsfähigkeit war auf unter drei Stunden auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesunken. Erst für die Zeit ab September 2005 rechnete er mit einer Besserung der Depression. Diese Leistungsbeurteilung fand zunächst keinen Eingang in den (ablehnenden) Bescheid vom 11. Januar 2005, der allein das internistische Fachgebiet zugrunde legte. Erst der Teilabhilfebescheid vom 11. Juli 2005 ging von einem eingeschränkten Leistungsvermögen, allerdings noch von drei bis unter sechs Stunden, aus, so dass die Beklagte für das Jahr 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusprach.
Auch im weiteren Verfahren, insbesondere auch im Widerspruchsverfahren, setzte sich die Beklagte nicht mit dem psychiatrischen Krankheitsbild und dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. S. auseinander. Zwar benennt der Widerspruchsbescheid nun auch eine mittelgradige depressive Episode als Krankheitsbild, ohne jedoch die Folgen für die Leistungsbeurteilung zu erörtern. Dabei beschreibt auch der Gutachter Dr. G. eine zuvor - vor März 2006 - bestehende ausgeprägt depressive Symptomatik; der Zustand wie er von Dr. S. bei der Untersuchung in der JVA gefunden wurde, lag dann aber zum Zeitpunkt seiner Begutachtung nicht mehr vor. Dr. G. zweifelt das Begutachtungsergebnis des Dr. S. nicht an.
Eine weitere Aufklärung ist aufgrund des vergangenen Zeitraums und der auch psychisch besonders belastenden Situation des Haftaufenthaltes nicht mehr erfolgversprechend, zumal sich keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeurteilung durch Dr. S. finden, der ausdrücklich auch das besondere Milieu als depressionsrelevant bezeichnete. Der Senat kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen in dem umstrittenen Zeitraum auf unter drei Stunden abgesunken war und dem Kläger gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI auch für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 eine Rente wegen voller anstatt einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB VI liegen vor.
Zu 3:
Einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2006 hinaus lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab. Entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung wurde dieser Bescheid gemäß § 96 SGG in der bis 31. März 2008 gültigen Fassung (a.F.) Gegenstand des laufenden Verfahrens, so dass ein erneuter Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist. Nach § 96 Abs. 1 SGG a.F. wird ein neuer Verwaltungsakt Gegen-stand des Verfahrens, wenn er den mit der Klage angefochtenen früheren Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid, wenn er denselben angefochtenen Streitgegenstand des Ursprungsbescheids betrifft bzw. in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer der Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96 Rdnr. 4, 4 a und 4 b). Zwar liegt dem Bescheid vom 3. April 2006 ein Weitergewährungsantrag zugrunde, d.h. der Bescheid ändert weder einen früheren Bescheid ab noch ersetzt er ihn, doch ist § 96
Abs. 1 SGG a.F. aus Gründen der Prozessökonomie weit auszulegen. Es sind grundsätzlich alle Verwaltungsakte zu erfassen, die den Prozessstoff beeinflussen können, soweit der Grundgedanke des § 96 SGG eine Einbeziehung rechtfertigt (BSGE 47, 168, 170; 47, 241, 243). Eine entsprechende Anwendung des § 96 SGG a.F. setzt allerdings voraus, dass sich die durch den neuen Bescheid getroffene Regelung auf den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits auswirken kann (BSG SozR 1500 § 96 Nr. 27). Eine analoge Anwendung kommt vor allem bei Dauerrechtsverhältnissen wie der Gewährung einer Rente in Betracht, wenn beide Bescheide dieses streitige Rechtsverhältnis regeln, im Kern dieselbe Rechtsfrage betreffen und der weitere Bescheid sich an den von dem angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Zeitraum anschließt (BSGE 77, 175, 176). Dies ist vorliegend der Fall. Auch hat das Sozialgericht bereits diesen Bescheid mit einbezogen, da es eine Rente auf unbestimmte Zeit oder zeitlich befristet über den Februar 2006 hinaus in der Begründung ausdrücklich ablehnte.
Der Kläger ist durch Gesundheitsbeeinträchtigungen auf internistischem, orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet beeinträchtigt. Zwar sind die Sachverständigen Dr. S. auf internistischem und Dr. W. auf orthopädischem Gebiet zu einem inzwischen vollschichtigen Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gelangt. Dr. S. berücksichtigt dabei eine koronare Herzerkrankung mit einem kleinem Posterolateralwandinfarkt ohne Einschränkung der globalen linksventrikulären Pumpfunktion, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, eine essentielle arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem exzessivem Nikotinabusus, ein Stadium der beginnenden Nierenfunktionseinschränkung, eine chronische Gastritis, derzeit asymptomatisch, ein ungeklärtes megaloblastäres Blutbild sowie eine ungeklärte exzessive Fettstoffwechselstörung. Zumindest seit Mai 2006 beurteilte er das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten als vollschichtig. Insoweit ging der Sachverständige von einer Besserung des Gesundheitszustandes seit dem Herzinfarkt aus. Allerdings bestehen, vor allem aktuell wieder, nicht unbedeutende Beschwerden auf kardiologischem Fachgebiet, wie sich aus dem jüngsten Bericht der Herzkatheterisation ergibt. Erforderlich wurde eine Herzkrankgefäßerweiterung; die PTCA mit einem Ballon ergab ein gutes Resultat.
Der orthopädische Sachverständige Dr. W. würdigte vor allem die anhaltenden Beschwerden mit Funktionsminderung des rechten Schultergelenks, ferner eine endgradige Funktionsminderung des linken Handgelenks mit geringer Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits, ein Überlastungssyndrom der LWS bei Adipositas und eine Fehlstatik. Ein vollschichtiges Leistungsvermögen wird nach Einschätzung des Gutachters auch nicht durch ein Schlafapnoe-Syndrom ausgeschlossen, da dies gut behandlungsfähig ist und deshalb zu keiner wesentlichen Einschränkungen in der Erwerbsfähigkeit führt.
Der Senat stützt die Annahme einer rentenrechtlich relevanten Leistungseinschränkung über den 28. Februar 2006 hinaus vor allem auf das Gutachten des Dr. B., der aufgrund der Kombination und Wechselwirkungen der bestehenden psychiatrischen Diagnosen, vor allem eines atypischen agitiert-depressiven Syndroms mittelgradiger Ausprägung, einer Angststörung und einer Persönlichkeitsfehlentwicklung, mit somatischen Krankheitsbildern und der koronaren Beeinträchtigung zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden gelangt. Im Vordergrund stehen dabei die Angst und die Depression sowie eine emotionale Instabilität. Es besteht eine ausgeprägte psychiatrische Komorbidität. Die psychische Belastbarkeit und Ausdauer, die Stresstoleranz sowie die Fähigkeit, sich in soziale Strukturen wie sie an einem Arbeitsplatz bestehen, einzufügen, sind bei dem Kläger deutlich reduziert. Entscheidend ist das Zusammenwirken der psychiatrischen Gesundheitsbeeinträchtigungen vor allem mit den internistischen, aber auch den orthopädischen. Im Gegensatz zu den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. W. zeigt Dr. B. überzeugend auf, dass sich aufgrund der aus der psychiatrischen und somatischen Komorbität resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im beruflichen Alltag eine erhebliche Leistungsbeeinträchtigung ergibt.
Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des MDK vom 4. Juli 2007. Der MDK berichtet ebenfalls von multiplen Einschränkungen, wobei die Hauptdiagnose `Depression´ auf psychiatrischem Fachgebiet liegt - mit der weiteren Diagnose auf kardiologischem Fachgebiet. Der MDK gelangt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass kein stabiles Restleistungsvermögen mehr besteht und der Kläger für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht. Er wich damit von seiner Beurteilung vom 18. April 2007 ab.
In dem Entlassungsbericht vom Januar 2007 zum stationären Aufenthalt wurde ebenfalls festgestellt, dass der Kläger aufgrund eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms mit Depression und eines chronischen Suchtverhaltens unter einem starken psychischen Druck steht und derzeit nicht belastbar ist. Schließlich ergibt sich auch aus der Schwerbehindertenakte, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht verbesserte, sondern eher verschlechterte, da das Zentrum Bayern Familie und Soziales mit Änderungsbescheid vom 27. August 2008 den GdB auf 60 v.H. erhöhte. Dabei wurde für die seelische Störung und Suchtkrankheit ein Einzel-GdB von 30 v.H. angesetzt.
Die psychiatrischen Auswirkungen bzw. die psychiatrische Morbidität wurden in den internistischen und orthopädischen Gutachten und Rehabilitationsberichten nicht ausreichend berücksichtigt. Der Senat folgte vor allem nicht dem psychiatrischen Gutachten des Dr. N ... Dr. N. diagnostizierte lediglich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine Tabakabhängigkeit. Er fand keine nennenswerten Hinweise auf eine depressive Erkrankung. Dies widerspricht jedoch in deutlicher Weise dem o.g. Entlassungsbericht, den Berichten der behandelnden Ärzte wie insb. der Frau W. sowie den gutachterlichen Feststellungen des Dr. B ...
Auch ist eine Rückbildung der Depression nach den vorliegenden Berichten und den Feststellungen des Dr. B. im März 2006 nicht festzustellen. Die Dipl.Psychologin S. attestierte 2007 und 2008 eine depressive Störung, dissoziale Persönlichkeitsstörung und Angststörung, Dr. B. und Dr. R. 2007 eine Anpassungsstörung. Es ist zu einer Chronifizierung der Symptomatik gekommen, die während der Haftzeit des Klägers nicht erwartet worden war. Der Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahre 2007 beschreibt ebenfalls eine Depression. Es zeigten sich ferner beispielsweise bei der Begutachtung durch Dr. M. im März 2006 erhebliche Verhaltensauffälligkeiten.
Dr. G., der im März 2006 keine Depressivität mehr diagnostizierte, berücksichtigt die ärztlichen Befunde der behandelnden Ärzte nicht und verkennt, dass z.B. auch der Sachverständige Dr. M. im Rahmen seiner orthopädischen Begutachtung zur gleichen Zeit auffallend aggressive und aufbrausende Reaktionen beim Kläger beschreibt. Nach Überzeugung des Senats gründet die Einschätzung des Dr. B. somit nicht überwiegend auf der Selbstbeurteilung des Klägers, sondern neben der Anamnese auch auf objektiven Befunden und einer umfassenden eigenen Untersuchung. Auswirkungen des kombinierten Krankheitsbildes finden sich auch in der Gestaltung des Alltags durch den Kläger in Form sozialen Rückzugs, gereizt-impulsiven Verhaltens, mangelnde Belastbarkeit, schnelle Erschöpfbarkeit, Tagesmüdigkeit und Unfähigkeit zu konzentriertem Arbeiten. Die Beklagte nimmt die Äußerung des Sachverständigen Dr. B., dass der von ihm erhobene psychische Befund keine offensichtlich depressive Symptomatik erkennen lasse, aus dem Gesamtzusammenhang der gutachterlichen Darlegungskette heraus. Vielmehr wollte Dr. B. im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass neben dem psychischen Befund auch die diagnostische Einordnung aufgrund anamnestischer Angaben und der Aktenlage sowie der Lebensgeschichte des Klägers und die anhaltende Schmerzsymptomatik maßgebend sind. Eine derart umfassende Bewertung ist Aufgabe eines psychiatrischen Gutachters.
Damit ist es nach Überzeugung des Gerichts auch nach der Haftentlassung nicht zu einer relevanten Verbesserung der gesundheitlichen Beschwerden vor allem im psychiatrischen Bereich gekommen, so dass das Leistungsbild des Klägers auch über den 28. Februar 2006 auf drei bis unter sechs Stunden gesunken ist. Da bei einem derartigen Leistungsvermögen der Arbeitsmarkt praktisch als verschlossen gilt, schlägt die teilweise Erwerbsminderung in eine volle Erwerbsminderung durch (BSG SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 10). Die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ist deshalb über den Februar 2006 hinaus zu gewähren, da insoweit auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI gegeben sind.
Die Rente ist weiterhin zu befristen. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGB VI auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre, kann aber verlängert werden (§ 102 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist (§ 102 Abs. 2 S. 4 SGB VI). Im Übrigen ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Zwar vertrat Dr. B. die Ansicht, dass auch bei einer Fortführung bzw. Erweiterung der ambulanten Behandlung eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht wahrscheinlich ist. Er erachtet jedoch an anderer Stelle eine langfristig angelegte ambulante Psychotherapie in Verbindung mit einer Psychopharmakatherapie sowie physikalische Behandlungen für erforderlich. Dabei wird von mehreren Gutachtern angesprochen, dass die Motivation des Klägers zu einer umfassenden Behandlung zu fördern ist, so dass es nach Ansicht des Senats insgesamt zumindest derzeit nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Kläger hat zumutbare Willensanstrengungen zur Überwindung der Depression nicht in ausreichendem Maße unternommen. Dies ist weniger durch persönliches Verschulden zu erklären, sondern ist bedingt durch das Krankheitsbild, häufigen Arztwechsel und die somatische und psychiatrische Komorbidität bzw. die teilweise atypische Symptomatik. Schließlich ist dann auch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben zu prüfen, worauf der sozialmedizinische Dienst der Beklagten hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auf Dauer nicht gerechtfertigt und eine Befristung bis 28. Februar 2009 angezeigt.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG und ergibt sich durch teilweisen Erfolg der Berufung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beklagte wird ferner unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2006 verurteilt, dem Kläger über den 28. Februar 2006 hinaus eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 28. Februar 2009 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2006 hinaus zusteht.
Der 1957 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Er verrichtete nach eigenen Angaben von 1973 bis 1993 verschiedene Hilfsarbeitertätigkeiten, zuletzt als Kraftfahrer. Bis
12. November 2008 war er zuletzt arbeitslos gemeldet.
Auf seinen Antrag vom 28. Januar 1998 gewährte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 7. Dezember 1998 ab 1. Januar 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zunächst befristet bis 30. April 1999. Dem lagen ein Gutachten der Dr. W. (Ärztliche Untersuchungsstelle der damaligen Landesversicherungsanstalt Württemberg) vom 11. Mai 1998 sowie des Orthopäden Dr. H. vom 11. September 1998 zugrunde. Dr. W. diagnostizierte persistierende Schmerzen des linken Handgelenks mit leichter Weichteilschwellung und z.T. erheblicher Beweglichkeitseinschränkung, einen Zustand nach Verkürzungsosteotomie des Radius links bei Mondbein-Malazie (aseptische Knochennekrose) 9/97, Schulterschmerzen rechts, einen Zustand nach Operation des rechten Schultergelenks wegen verkalkender entzündlich/degenerativer Weichteilveränderungen 1995, eine chronisch obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus, einen leichten Bluthochdruck ohne subjektive Beschwerden, schwere Fettstoffwechselstörungen mit grenzwertig hohem Harnsäurewert sowie eine anamnestische Schuppenflechte mit derzeit diskreten Hautveränderungen. Im Vordergrund stünden die Probleme mit dem linken Handgelenk. Der Kläger könne keine manuellen Tätigkeiten mehr verrichten. Er sei deshalb auf dem Arbeitsmarkt nicht einsetzbar, zumal mehr geistig ausgerichtete Tätigkeiten nicht in Betracht kämen. Dr. H. stellte ferner ein rezidivierendes Cervical- und Lumbalsyndrom fest und bestätigte die Leistungsbeurteilung der Vorgutachterin. Ein vorgesehener operativer Eingriff am linken Handgelenk bleibe abzuwarten. Am 18. November 1998 erfolgte die Operation.
Aufgrund eines Antrags auf Weitergewährung der Rente vom 28. Dezember 1998 holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des Dr. H. vom 6. April 1999 ein, der nun von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausging. Nur die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer könne lediglich unter zwei Stunden täglich ausgeübt werden. Mit Bescheid vom 22. April 1999 lehnte die Beklagte daraufhin eine Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente ab.
Während des Widerspruchsverfahrens führte die Beklagte ein stationäres Rehabilitationsverfahren durch, aus dem der Kläger am 11. August 1999 arbeitsunfähig entlassen wurde. Erst nach Abschluss der geplanten therapeutischen Maßnahmen werde eine endgültige Leistungsbeurteilung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand möglich sein. Die Beklagte gewährte daraufhin über den 30. April 1999 hinaus eine Zeitrente bis 30. April 2000. Sie verlängerte später die Rentengewährung bis 31. Dezember 2000. Einen Antrag auf Weitergewährung vom 9. September 2000 lehnte sie nach Einholung eines Berichts des Chirurgen Dr. K. vom 20. Dezember 2000 und eines orthopädischen Gutachtens des Dr. D. vom 5. Februar 2001 mit Bescheid vom 21. Februar 2001 ab. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar derzeit arbeitsunfähig sei, jedoch noch leichte Arbeiten ausführen könne. Dr. D. vertrat die Ansicht, dass der Kläger trotz Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS), der Schultergelenke, der Lendenwirbelsäule (LWS) und vor allem des linken Handgelenkbereichs noch vollschichtig als Kraftfahrer tätig sein könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Sozialgericht Konstanz (Az.: S 4 RJ 1295/01) wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. April 2002 ab.
Vom 3. September bis 1. Oktober 2002 führte die Beklagte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme auf internistischem Fachgebiet durch, nachdem der Kläger am 10. August 2002 einen Herzinfarkt (Non-ST-Elevationsinfarkt) erlitten hatte. Er wurde arbeitsunfähig entlassen. Eine Leistungseinschätzung könne erst nach erneuter Koronarangiographie (voraussichtlich im Februar 2003) erfolgen. Am 7. Oktober 2002 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 ab. Es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. R. vom 10. April 2003 ein, der eine koronare Herzerkrankung, einen Herzinfarkt vom August 2002, eine Handgelenksarthrose links, eine Raucherbronchitis sowie eine periphere arterielle Verschlusserkrankung diagnostizierte. Die kardio-vaskuläre Leistungsbreite sei eingeschränkt. Die Leistungseinbußen auf den verschiedenen Ebenen kämen jedoch für die Tätigkeit als Kraftfahrer nicht zum Tragen. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei leicht vermindert und die Beweglichkeit herabgesetzt.
Aus einer weiteren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in Form einer Anschlussheilbehandlung vom 1. bis 29. Juli 2003 wurde der Kläger weiterhin arbeitsunfähig entlassen. Bei weiter unkompliziertem Verlauf sei von einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für leichte bis kurzzeitig mittelschwere Arbeit im Laufe des Monats August 2003 auszugehen.
Der von der Beklagten als Gutachter gehörte Orthopäde Z. stellte am 29. Oktober 2003 zwar als Diagnosen einen persistierenden Reizzustand des linken Handgelenks bei Zustand nach Lunatummalazie, nach Korrekturosteotomie linker Unterarm, nach Denervierungsoperation linkes Handgelenk, eine Teilankylose linkes Ellbogengelenk, ein Wirbelsäulensyndrom lumbal betont sowie ein Syndrom der muskulären Dysbalance fest, nahm jedoch ausdrücklich keine Leistungsbeurteilung vor. Nach Einschätzung des beratenden Arztes vom 4. November 2003 bzw. 20. Januar 2004 ist das Leistungsvermögen ab Antragstellung bis voraussichtlich Dezember 2004 auf drei bis unter sechs Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. auf weniger als drei Stunden als Kraftfahrer gemindert.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 6. November 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Mai 2003 bis 31. Dezember 2004. Mit Widerspruch vom 19. November 2003 machte der Kläger eine Rentengewährung bereits ab Antragstellung geltend. Ferner stellte er am 3. August 2004 einen Antrag auf Weitergewährung der Rente. Die Beklagte holte u.a. verschiedene Herzkatheterbefunde bei und ließ den Kläger erneut begutachten. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. (Gutachten vom 10. Dezember 2004) stellte eine mittelgradige depressive Episode im Sinne einer Anpassungsstörung sowie ein HWS-Syndrom rechts mit radikulärer Affektion bei C6/C7 rechts fest. Auf internistischem Fachgebiet bestehe eine generalisierte stenosierende Gefäßerkrankung, die durch die Risikofaktoren Nikotinabusus, arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie bedingt sei und zu Schädigungen der Herzkranzgefäße und der Extremitätenarterien geführt habe. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Haft sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht in der Lage, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Nach der Haftentlassung voraussichtlich im September 2005 sei mit einem Abklingen der Depression zu rechnen.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2005 lehnte die Beklagte jedoch die Gewährung einer Rente über den 31. Dezember 2004 hinaus ab, da über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung noch eine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. November 2003 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 zurück. Bei einem zum 7. Oktober 2002 eingetretenen Leistungsfall habe die Rente zutreffend am 1. Mai 2003 begonnen.
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht Konstanz verwies mit Beschluss vom 6. April 2005 den Rechtsstreit an das Sozialgericht München. Der Kläger begehrte zunächst eine Aufhebung des Bescheides vom 6. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2003 und die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 7. Oktober 2002. Das Gericht zog die medizinischen Unterlagen der Justizvollzugsanstalt B. bei. Nach Einholung einer Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 24. Juni 2005 half die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Januar 2005 mit Bescheid vom 11. Juli 2005 teilweise ab und sprach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 zu; nach der Haftentlassung gewährte sie mit Bescheid vom 10. August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2005 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück. Die Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht unwahrscheinlich. Auch sei der Kläger während der Inhaftierung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, so dass für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 lediglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung habe gewährt werden können.
Einen erneuten Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab, soweit eine Rente über den 28. Februar 2006 hinaus beansprucht wurde. Dem lag ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten des Nervenarztes Dr. G. vom 2. März 2006, des Orthopäden Dr. M. vom 20. März 2006 sowie des Internisten Dr. K. vom 21. Februar und 27. März 2006 zugrunde.
Dr. G. ging von einer emotional instabilen Persönlichkeit des Klägers aus. Der Zustand einer ausgeprägt depressiven Symptomatik, wie er noch von Dr. S. festgestellt worden sei, läge nicht mehr vor. Es sei derzeit weder auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet eine Leistungsbeeinträchtigung des Klägers gegeben. Die Tätigkeit als Kraftfahrer sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig verrichtet werden.
Dr. M. beurteilte das Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Bauarbeiter auf drei bis unter sechs Stunden, für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf sechs und mehr Stunden. Aufgrund der Beschwerden im Bereich der Hände, der Schultergelenke und der Wirbelsäule bestünden lediglich Leistungseinschränkungen für schwere Arbeiten.
Dr. K. kam in Zusammenschau der neurologisch-psychiatrischen, orthopädischen und internistisch-kardiologischen Begutachtung zu dem Ergebnis, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zwar nur mehr unter drei Stunden ausüben könne, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch noch sechs Stunden und mehr.
Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Kardiologen Dr. B. vom 2. Juni 2006 ein und beauftragte den Internisten und Kardiologen Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens (Eingang: 25. Juli 2006). Bei dem Kläger bestünden eine koronare Herzerkrankung mit kleinem Posterolateralwandinfarkt ohne Einschränkung der globalen linksventrikulären Pumpfunktion, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, eine essentielle arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem exzessivem Nikotinabusus, ein Stadium der beginnenden Nierenfunktionseinschränkung, sozialmedizinisch derzeit ohne Relevanz, eine chronische Gastritis, derzeit asymptomatisch, ein ungeklärtes megaloblastäres Blutbild sowie eine ungeklärte exzessive Fettstoffwechselstörung. Seit ca. zwei Monaten könne der Kläger wieder leichte körperliche Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung, im Freien und in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Staub oder Schadstoffexposition verrichten.
Der vom Sozialgericht ebenfalls gehörte Sachverständige Dr. W. berichtete in seinem orthopädischen Gutachten vom 7. Dezember 2006 auf seinem Fachgebiet vor allem über anhaltende Beschwerden mit Funktionsminderung des rechten Schultergelenks. Er diagnostizierte eine Schultereckgelenksarthrose nach Akromioplastik, ein degeneratives Rotatorenmanschettensyndrom mit endgradiger Funktionsminderung des rechten Schultergelenks, eine endgradige Funktionsminderung des linken Handgelenks mit geringer Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits und ein Überlastungssyndrom der LWS bei Adipositas und Fehlstatik. Zusätzlich sei in der Zwischenzeit ein Schlafapnoe-Syndrom hinzugekommen, das jedoch aufgrund der guten Behandlungsfähigkeit zu keinen wesentlichen Einschränkungen in der Erwerbsfähigkeit führe. Insgesamt ging auch Dr. W. von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeiten aus.
Im Rahmen eines stationären Aufenthalts in der DAK-Fachklinik Haus W. vom 27. Dezember 2006 bis 17. Januar 2007 (Entlassungsbericht vom 16. Januar 2007) wurde u.a. ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom mit Depression und ein chronisches Suchtverhalten (Essen, Spielen, Rauchen) festgestellt. Der Kläger stünde unter einem starken psychischen Druck und sei derzeit nicht belastbar.
Das Sozialgericht holte daraufhin ein psychiatrisches Gutachten des Dr. N. vom 19. Februar 2007 ein. Es bestehe für die Zeit ab dem Herzinfarkt über den Februar 2006 hinaus eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Bezüglich somatischer Diagnosen sei auf die beiden Vorgutachter zu verweisen. Ob inzwischen weitere somatische Erkrankungen hinzugekommen oder weggefallen seien, habe sich bei der Untersuchung nicht klären lassen, da der Kläger eine körperliche Untersuchung nicht zugelassen habe. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien noch vollschichtig zumutbar.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 24. April 2007 ab. Es führte aus, zwar könne der Kläger seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Dabei handele es sich um eine Anlerntätigkeit, so dass er grundsätzlich auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Demgemäß sei ihm beispielsweise die in der Vergütungsgruppe IX des Bundesangestellten-Tarivertrages (BAT) erfassten Tätigkeiten einer Registraturkraft im Verwaltungsbereich zumutbar. Eine Einarbeitung in die leichten Registraturtätigkeiten z.B. in einer Poststelle sei nach dem Gutachtensergebnis weder aufgrund der körperlichen noch der psychischen Beeinträchtigungen ausgeschlossen. Unter Bezugnahme auf die Gutachten des Dr. S., Dr. W. und Dr. N. sei der Kläger noch fähig, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten täglich sechs Stunden zu verrichten. Dies gelte jedenfalls für die Zeit ab Februar 2006.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger den vorläufigen internistisch-kardiologischen Arztbericht des Klinikums N. über eine stationäre Behandlung vom 13. bis 14. Juni 2007 sowie ein Attest des Dipl.Psych. S. vom 18. Juni 2007 vorgelegt, der eine depressive Störung, eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine Angststörung bescheinigt hat. Angesichts der Schwere und Chronifizierung der Symptomatik sei der Kläger in absehbarer Zeit nicht arbeitsfähig. Ferner hat er ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 4. Juli 2007 übersandt, nach dem der Kläger kein stabiles Restleistungsvermögen mehr aufweist.
Der Senat hat einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. N. vom 31. Juli 2007 und des Kardiologen Dr. B. vom 3. August 2007 eingeholt. Dr. B. hat angegeben, dass sich der Befund in der letzten Zeit nicht wesentlich verschlechtert, aber auch nicht wesentlich gebessert habe. Ferner hat der Senat die Berichte des Klinikums N. über stationäre Aufenthalte vom 13. bis 14. Juni 2007 und 17. bis 18. September 2007 und ein weiteres Gutachten des MDK vom 18. April 2007 beigezogen. Als Hauptdiagnose hat der MDK darin eine Depression bei Erschöpfung aufgeführt. Eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor. Im Gegensatz dazu ist der MDK in dem Gutachten am 4. Juli 2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund der multiplen Einschränkung vorliege und eine Berentung durchgeführt werden sollte.
Der Senat hat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 10. März 2008 eingeholt, der auf seinem Fachgebiet ein atypisches, agitiert-depressives Syndrom mittelgradiger Ausprägung, eine gemischte Angststörung und Depression, eine Persönlichkeitsfehlentwicklung mit dissozialen und emotional-instabilen, impulsiven Zügen, einen Nikotinabusus, einen Alkoholmissbrauch (abstinent seit 1983), ein pathologisches Spielen (abstinent seit Ende 2005), eine orthopädisch bedingte Schmerzsymptomatik und mitgestaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben hat. Fachfremd seien neu hinzugetreten ein Schlafapnoesyndrom und Kniebeschwerden. Die psychische Belastbarkeit und Ausdauer, Stresstoleranz und die Fähigkeit, sich in soziale Strukturen wie die Beziehungsgestaltung am Arbeitsplatz einzufügen, seien deutlich reduziert. Es sei eine langfristig angelegte, ambulante Psychotherapie in Verbindung mit einer Psychopharmakatherapie sowie physikalischen Behandlungen erforderlich. Unter Berücksichtigung von erheblicher somatischer und psychiatrischer Komorbidität, unter Wertung einer verminderten, jedoch nicht mangelnder bzw. fehlender Willensanstrengung, und einer Besserungsmöglichkeit der Gesundheitsstörungen durch eine konsequente Behandlung gehe er abweichend von Dr. N. Einschätzung von einer quantitativen Minderung der Erwerbsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden aus. Im Vordergrund der psychiatrischen Diagnosen stünden derzeit die Angst und Depression sowie eine emotionale Instabilität. Die psychiatrischen Diagnosen seien in ihrer Kombination bzw. in Wechselwirkungen mit den somatischen Krankheiten zu sehen.
Vom 9. bis 10. April 2008 hat eine erneute stationäre internistische Behandlung im Klinikum B-Stadt stattgefunden (Bericht v. 10. April 08). Die Durchführung einer Anschlussheilbehandlung wurde gemäß dem Entlassungsbericht empfohlen.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat am 29. Mai 2008 keine neuen Beurteilungskriterien gesehen, die eine Leistungsbeurteilung mit drei- bis unter sechsstündig für plausibel erscheinen ließen. Die für die Leistungsbeurteilung von Dr. B. herangezogene depressive Symptomatik sei nicht hinreichend belegt. Dr. G. und Dr. N. hätten diese verneint. Im Übrigen habe sich die Depression nach den Darlegungen des Gutachters nach der Rehabilitationsbehandlung Ende 2006 durch eine aufgenommene Psychotherapie und eine neue Partnerschaft verbessert.
Der Senat hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 7. Juli 2008 eingeholt, der an der Einschätzung seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führten in Verbindung mit der fachfremd zu beurteilenden somatischen Komorbidität insgesamt zu einer erheblichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit im beruflichen und privaten Alltag.
Die Beklagte hat sich unter Bezugnahme auf eine weitere Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 14. August 2008 der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen nicht angeschlossen. Dieser habe sich zu stark auf Aussagen der Behandler, des MDK und die Aussagen des Klägers selbst gestützt, ohne diese in Zusammenhang mit den objektivierbaren Befunden zu diskutieren. Er hat eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von Hilfen zur Wiedereingliederung angeregt.
Der jüngste Herzkatheterbericht vom 9. September 2008 hat einen weitestgehend identischen Befund wie am 9. April 2008 ergeben, nach dem Herzkatheterbericht vom 21. Oktober 2008 wurde jedoch eine Herzkranzgefäßerweiterung (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie - PTCA) durchgeführt. Ferner hat der Kläger einen weiteren internistisch-kardiologischen Bericht des Dr. L. vom 22. Oktober 2008 sowie einen Bericht des Behandlungszentrums V. vom 5. September 2008 über eine handchirurgische Behandlung am rechten Handgelenk übersandt.
Mit Änderungsbescheid vom 27. August 2008 hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales einen GdB von 60 v.H. ab 12. Juni 2008 anerkannt. Die seelische Störung/Sucht-krankheit wurde dabei mit einer Einzel-GdB von 30 v.H. angesetzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. April 2007 aufzuheben und die Beklagte
unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2002 in Abänderung des Teilabhilfebescheides vom 6. November 2003, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren,
unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Januar 2005 in Abänderung des Teilabhilfebescheides vom 11. Juli 2005 und 10. August 2005, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 Rente wegen voller anstatt teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren,
unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2006 zu verurteilen, ihm über den 28. Februar 2006 hinaus auf unbestimmte Zeit Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 und über den 28. Februar 2006 hinaus bis 28. Februar 2009 zu.
Der Kläger begehrt die durchgängige Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab Oktober 2002. Streitgegenstand ist damit zum einen ein Antrag, ihm aufgrund seines Neuantrags vom 7. Oktober 2002 die Erwerbsminderungsrente ab 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 4. Dezember 2002 ab, half dem Widerspruch jedoch mit Bescheid vom 6. November 2003 teilweise ab, indem sie die Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes vom 1. Mai 2003 bis 31. Dezember 2004 gewährte. Für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003 lehnte sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 ab.
Zum anderen ist umstritten, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 ein Anspruch auf volle anstatt der zuerkannten teilweisen Erwerbsminderungsrente zusteht, nachdem die Beklagte den Weitergewährungsantrag vom 3. August 2004 mit Bescheid vom 11. Januar 2005 abgelehnt hatte, jedoch mit Teilabhilfebescheiden vom 11. Juli und 10. August 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005 und wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005 gewährte. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2005 zurück.
Als dritter Komplex ist umstritten, ob dem Kläger ein Anspruch auf Weitergewährung der Rente über den 28. Februar 2006 hinaus zusteht. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab. Über den Widerspruch hat die Beklagte nicht entschieden.
Zu 1:
Auf den Antrag vom 7. Oktober 2002 ist das Recht in der ab 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden, da die Entstehung eines Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem 31. Dezember 2000 streitgegenständlich ist. Der Antrag vom 7. Oktober 2002 ist kein Weitergewährungs-, sondern ein Neuantrag auf Rentengewährung. Der frühere Weitergewährungsantrag zuletzt vom 28. Dezember 1998 ist mit Rechtskraft des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Konstanz vom 2. April 2002 abgeschlossen und die Weitergewährungskette damit unterbrochen.
Für die Zeit ab 1. Mai 2003, nicht jedoch für die Zeit von 1. Oktober 2002 bis 30. April 2003, gewährte die Beklagte dem Kläger gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGB VI eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Wie unter 3.) noch darzulegen ist, war eine Befristung der Rente aus medizinischen Gründen angezeigt, da eine Besserung des Leistungsvermögens nicht unwahrscheinlich war und ist. Bei einer Antragstellung im Oktober 2002 errechnet sich damit ein Beginn der befristeten Rente wegen voller Erwerbsfähigkeit am 1. Mai 2003.
Zu 2:
Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 steht dem Kläger ein Anspruch auf volle anstatt der zuerkannten teilweisen Erwerbsminderungsrente zu.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 bzw. Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen bei dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 vor. Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger in dieser Zeit Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zwischen drei bis unter sechs Stunden ausüben konnte. Dies ist nach dem Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung nicht zutreffend, vielmehr ist das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden abgesunken gewesen. Bis September 2005 befand sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt. Medizinisch lag der Schwerpunkt der Erkrankung auf internistisch-kardio-logischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Der von der Beklagten beauftragte Dr. S. gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger zumindest bis zur Haftentlassung aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode im Sinne einer Anpassungsstörung und eines HWS-Syndroms nicht in der Lage war, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Die Leistungsfähigkeit war auf unter drei Stunden auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesunken. Erst für die Zeit ab September 2005 rechnete er mit einer Besserung der Depression. Diese Leistungsbeurteilung fand zunächst keinen Eingang in den (ablehnenden) Bescheid vom 11. Januar 2005, der allein das internistische Fachgebiet zugrunde legte. Erst der Teilabhilfebescheid vom 11. Juli 2005 ging von einem eingeschränkten Leistungsvermögen, allerdings noch von drei bis unter sechs Stunden, aus, so dass die Beklagte für das Jahr 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusprach.
Auch im weiteren Verfahren, insbesondere auch im Widerspruchsverfahren, setzte sich die Beklagte nicht mit dem psychiatrischen Krankheitsbild und dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. S. auseinander. Zwar benennt der Widerspruchsbescheid nun auch eine mittelgradige depressive Episode als Krankheitsbild, ohne jedoch die Folgen für die Leistungsbeurteilung zu erörtern. Dabei beschreibt auch der Gutachter Dr. G. eine zuvor - vor März 2006 - bestehende ausgeprägt depressive Symptomatik; der Zustand wie er von Dr. S. bei der Untersuchung in der JVA gefunden wurde, lag dann aber zum Zeitpunkt seiner Begutachtung nicht mehr vor. Dr. G. zweifelt das Begutachtungsergebnis des Dr. S. nicht an.
Eine weitere Aufklärung ist aufgrund des vergangenen Zeitraums und der auch psychisch besonders belastenden Situation des Haftaufenthaltes nicht mehr erfolgversprechend, zumal sich keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeurteilung durch Dr. S. finden, der ausdrücklich auch das besondere Milieu als depressionsrelevant bezeichnete. Der Senat kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen in dem umstrittenen Zeitraum auf unter drei Stunden abgesunken war und dem Kläger gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI auch für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 eine Rente wegen voller anstatt einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB VI liegen vor.
Zu 3:
Einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2006 hinaus lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2006 ab. Entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung wurde dieser Bescheid gemäß § 96 SGG in der bis 31. März 2008 gültigen Fassung (a.F.) Gegenstand des laufenden Verfahrens, so dass ein erneuter Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist. Nach § 96 Abs. 1 SGG a.F. wird ein neuer Verwaltungsakt Gegen-stand des Verfahrens, wenn er den mit der Klage angefochtenen früheren Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid, wenn er denselben angefochtenen Streitgegenstand des Ursprungsbescheids betrifft bzw. in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer der Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96 Rdnr. 4, 4 a und 4 b). Zwar liegt dem Bescheid vom 3. April 2006 ein Weitergewährungsantrag zugrunde, d.h. der Bescheid ändert weder einen früheren Bescheid ab noch ersetzt er ihn, doch ist § 96
Abs. 1 SGG a.F. aus Gründen der Prozessökonomie weit auszulegen. Es sind grundsätzlich alle Verwaltungsakte zu erfassen, die den Prozessstoff beeinflussen können, soweit der Grundgedanke des § 96 SGG eine Einbeziehung rechtfertigt (BSGE 47, 168, 170; 47, 241, 243). Eine entsprechende Anwendung des § 96 SGG a.F. setzt allerdings voraus, dass sich die durch den neuen Bescheid getroffene Regelung auf den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits auswirken kann (BSG SozR 1500 § 96 Nr. 27). Eine analoge Anwendung kommt vor allem bei Dauerrechtsverhältnissen wie der Gewährung einer Rente in Betracht, wenn beide Bescheide dieses streitige Rechtsverhältnis regeln, im Kern dieselbe Rechtsfrage betreffen und der weitere Bescheid sich an den von dem angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Zeitraum anschließt (BSGE 77, 175, 176). Dies ist vorliegend der Fall. Auch hat das Sozialgericht bereits diesen Bescheid mit einbezogen, da es eine Rente auf unbestimmte Zeit oder zeitlich befristet über den Februar 2006 hinaus in der Begründung ausdrücklich ablehnte.
Der Kläger ist durch Gesundheitsbeeinträchtigungen auf internistischem, orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet beeinträchtigt. Zwar sind die Sachverständigen Dr. S. auf internistischem und Dr. W. auf orthopädischem Gebiet zu einem inzwischen vollschichtigen Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gelangt. Dr. S. berücksichtigt dabei eine koronare Herzerkrankung mit einem kleinem Posterolateralwandinfarkt ohne Einschränkung der globalen linksventrikulären Pumpfunktion, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, eine essentielle arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem exzessivem Nikotinabusus, ein Stadium der beginnenden Nierenfunktionseinschränkung, eine chronische Gastritis, derzeit asymptomatisch, ein ungeklärtes megaloblastäres Blutbild sowie eine ungeklärte exzessive Fettstoffwechselstörung. Zumindest seit Mai 2006 beurteilte er das Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten als vollschichtig. Insoweit ging der Sachverständige von einer Besserung des Gesundheitszustandes seit dem Herzinfarkt aus. Allerdings bestehen, vor allem aktuell wieder, nicht unbedeutende Beschwerden auf kardiologischem Fachgebiet, wie sich aus dem jüngsten Bericht der Herzkatheterisation ergibt. Erforderlich wurde eine Herzkrankgefäßerweiterung; die PTCA mit einem Ballon ergab ein gutes Resultat.
Der orthopädische Sachverständige Dr. W. würdigte vor allem die anhaltenden Beschwerden mit Funktionsminderung des rechten Schultergelenks, ferner eine endgradige Funktionsminderung des linken Handgelenks mit geringer Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit, eine Großzehengrundgelenksarthrose beidseits, ein Überlastungssyndrom der LWS bei Adipositas und eine Fehlstatik. Ein vollschichtiges Leistungsvermögen wird nach Einschätzung des Gutachters auch nicht durch ein Schlafapnoe-Syndrom ausgeschlossen, da dies gut behandlungsfähig ist und deshalb zu keiner wesentlichen Einschränkungen in der Erwerbsfähigkeit führt.
Der Senat stützt die Annahme einer rentenrechtlich relevanten Leistungseinschränkung über den 28. Februar 2006 hinaus vor allem auf das Gutachten des Dr. B., der aufgrund der Kombination und Wechselwirkungen der bestehenden psychiatrischen Diagnosen, vor allem eines atypischen agitiert-depressiven Syndroms mittelgradiger Ausprägung, einer Angststörung und einer Persönlichkeitsfehlentwicklung, mit somatischen Krankheitsbildern und der koronaren Beeinträchtigung zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden gelangt. Im Vordergrund stehen dabei die Angst und die Depression sowie eine emotionale Instabilität. Es besteht eine ausgeprägte psychiatrische Komorbidität. Die psychische Belastbarkeit und Ausdauer, die Stresstoleranz sowie die Fähigkeit, sich in soziale Strukturen wie sie an einem Arbeitsplatz bestehen, einzufügen, sind bei dem Kläger deutlich reduziert. Entscheidend ist das Zusammenwirken der psychiatrischen Gesundheitsbeeinträchtigungen vor allem mit den internistischen, aber auch den orthopädischen. Im Gegensatz zu den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. W. zeigt Dr. B. überzeugend auf, dass sich aufgrund der aus der psychiatrischen und somatischen Komorbität resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen im beruflichen Alltag eine erhebliche Leistungsbeeinträchtigung ergibt.
Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des MDK vom 4. Juli 2007. Der MDK berichtet ebenfalls von multiplen Einschränkungen, wobei die Hauptdiagnose `Depression´ auf psychiatrischem Fachgebiet liegt - mit der weiteren Diagnose auf kardiologischem Fachgebiet. Der MDK gelangt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass kein stabiles Restleistungsvermögen mehr besteht und der Kläger für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht. Er wich damit von seiner Beurteilung vom 18. April 2007 ab.
In dem Entlassungsbericht vom Januar 2007 zum stationären Aufenthalt wurde ebenfalls festgestellt, dass der Kläger aufgrund eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms mit Depression und eines chronischen Suchtverhaltens unter einem starken psychischen Druck steht und derzeit nicht belastbar ist. Schließlich ergibt sich auch aus der Schwerbehindertenakte, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht verbesserte, sondern eher verschlechterte, da das Zentrum Bayern Familie und Soziales mit Änderungsbescheid vom 27. August 2008 den GdB auf 60 v.H. erhöhte. Dabei wurde für die seelische Störung und Suchtkrankheit ein Einzel-GdB von 30 v.H. angesetzt.
Die psychiatrischen Auswirkungen bzw. die psychiatrische Morbidität wurden in den internistischen und orthopädischen Gutachten und Rehabilitationsberichten nicht ausreichend berücksichtigt. Der Senat folgte vor allem nicht dem psychiatrischen Gutachten des Dr. N ... Dr. N. diagnostizierte lediglich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine Tabakabhängigkeit. Er fand keine nennenswerten Hinweise auf eine depressive Erkrankung. Dies widerspricht jedoch in deutlicher Weise dem o.g. Entlassungsbericht, den Berichten der behandelnden Ärzte wie insb. der Frau W. sowie den gutachterlichen Feststellungen des Dr. B ...
Auch ist eine Rückbildung der Depression nach den vorliegenden Berichten und den Feststellungen des Dr. B. im März 2006 nicht festzustellen. Die Dipl.Psychologin S. attestierte 2007 und 2008 eine depressive Störung, dissoziale Persönlichkeitsstörung und Angststörung, Dr. B. und Dr. R. 2007 eine Anpassungsstörung. Es ist zu einer Chronifizierung der Symptomatik gekommen, die während der Haftzeit des Klägers nicht erwartet worden war. Der Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahre 2007 beschreibt ebenfalls eine Depression. Es zeigten sich ferner beispielsweise bei der Begutachtung durch Dr. M. im März 2006 erhebliche Verhaltensauffälligkeiten.
Dr. G., der im März 2006 keine Depressivität mehr diagnostizierte, berücksichtigt die ärztlichen Befunde der behandelnden Ärzte nicht und verkennt, dass z.B. auch der Sachverständige Dr. M. im Rahmen seiner orthopädischen Begutachtung zur gleichen Zeit auffallend aggressive und aufbrausende Reaktionen beim Kläger beschreibt. Nach Überzeugung des Senats gründet die Einschätzung des Dr. B. somit nicht überwiegend auf der Selbstbeurteilung des Klägers, sondern neben der Anamnese auch auf objektiven Befunden und einer umfassenden eigenen Untersuchung. Auswirkungen des kombinierten Krankheitsbildes finden sich auch in der Gestaltung des Alltags durch den Kläger in Form sozialen Rückzugs, gereizt-impulsiven Verhaltens, mangelnde Belastbarkeit, schnelle Erschöpfbarkeit, Tagesmüdigkeit und Unfähigkeit zu konzentriertem Arbeiten. Die Beklagte nimmt die Äußerung des Sachverständigen Dr. B., dass der von ihm erhobene psychische Befund keine offensichtlich depressive Symptomatik erkennen lasse, aus dem Gesamtzusammenhang der gutachterlichen Darlegungskette heraus. Vielmehr wollte Dr. B. im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass neben dem psychischen Befund auch die diagnostische Einordnung aufgrund anamnestischer Angaben und der Aktenlage sowie der Lebensgeschichte des Klägers und die anhaltende Schmerzsymptomatik maßgebend sind. Eine derart umfassende Bewertung ist Aufgabe eines psychiatrischen Gutachters.
Damit ist es nach Überzeugung des Gerichts auch nach der Haftentlassung nicht zu einer relevanten Verbesserung der gesundheitlichen Beschwerden vor allem im psychiatrischen Bereich gekommen, so dass das Leistungsbild des Klägers auch über den 28. Februar 2006 auf drei bis unter sechs Stunden gesunken ist. Da bei einem derartigen Leistungsvermögen der Arbeitsmarkt praktisch als verschlossen gilt, schlägt die teilweise Erwerbsminderung in eine volle Erwerbsminderung durch (BSG SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 10). Die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ist deshalb über den Februar 2006 hinaus zu gewähren, da insoweit auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI gegeben sind.
Die Rente ist weiterhin zu befristen. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 SGB VI auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre, kann aber verlängert werden (§ 102 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist (§ 102 Abs. 2 S. 4 SGB VI). Im Übrigen ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Zwar vertrat Dr. B. die Ansicht, dass auch bei einer Fortführung bzw. Erweiterung der ambulanten Behandlung eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht wahrscheinlich ist. Er erachtet jedoch an anderer Stelle eine langfristig angelegte ambulante Psychotherapie in Verbindung mit einer Psychopharmakatherapie sowie physikalische Behandlungen für erforderlich. Dabei wird von mehreren Gutachtern angesprochen, dass die Motivation des Klägers zu einer umfassenden Behandlung zu fördern ist, so dass es nach Ansicht des Senats insgesamt zumindest derzeit nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Kläger hat zumutbare Willensanstrengungen zur Überwindung der Depression nicht in ausreichendem Maße unternommen. Dies ist weniger durch persönliches Verschulden zu erklären, sondern ist bedingt durch das Krankheitsbild, häufigen Arztwechsel und die somatische und psychiatrische Komorbidität bzw. die teilweise atypische Symptomatik. Schließlich ist dann auch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben zu prüfen, worauf der sozialmedizinische Dienst der Beklagten hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auf Dauer nicht gerechtfertigt und eine Befristung bis 28. Februar 2009 angezeigt.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG und ergibt sich durch teilweisen Erfolg der Berufung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
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