Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 157/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 137/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Regensburg vom 29. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers in der Firma seines Stiefvaters C. - - seit 10.02.1997 streitig.
Der 1977 geborene Kläger, gelernter Kfz-Mechaniker (Lkw), ist seit 10.02.1997 in der Firma seines Stiefvaters, Herrn C., Beigeladener zu 1), beschäftigt. Der Beigeladene zu 1) betreibt seit 01.01.1986 ein (allgemeiner Güternahverkehr). Ab 09.03.1993 kam ein weiteres Unternehmen des Baustoffhandels hinzu.
Am 09.12.2004 beantragte die Firma P. namens des Klägers eine Statusfeststellung seiner Tätigkeit bei seinem Stiefvater seit dem 10.02.1997. Er sei nicht an Zeit, Art und Ort seiner weisungsfreien Tätigkeit gebunden gewesen.
Nach dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen war der Kläger ab 10.02.1997 zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1.700,- DM als Werkstattleiter mit Einteilung der Fahrzeuge beschäftigt. Die Tätigkeit wurde nicht aufgrund einer (schriftlichen) arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt. Ohne die Mitarbeit des Klägers hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Der Kläger sei weisungsfrei gewesen. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Es bestehe ein Urlaubsanspruch "nach betrieblichen Erfordernissen". Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wurde eine Fortzahlung des Arbeitsentgelts von mindestens sechs Wochen vereinbart. Das erzielte Arbeitsentgelt habe dem ortsüblichen Lohn/Gehalt entsprochen. Das Arbeitsentgelt, welches regelmäßig gezahlt wurde, wurde auf ein privates Bank/Girokonto überwiesen. Vom Arbeitsentgelt wurde Lohnsteuer entrichtet und das Arbeitsentgelt sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Der Kläger hatte eine mündliche Handlungsvollmacht, die er in der Praxis auch definitiv ausübte.
Mit Bescheid vom 21.12.2004 an den Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers ab 10.02.1997 fest. Der Kläger sei in den Betriebsablauf des Beigeladenen zu 1) eingegliedert und erhalte regelmäßiges Entgelt, das dem tariflichen Lohn entspreche. Davon werde Lohnsteuer entrichtet und im Übrigen die Lohnnebenkosten und der Lohn als Betriebsausgaben gebucht.
Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger insbesondere geltend machte, die maßgeblichen Kriterien würden für eine selbständige Tätigkeit sprechen, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen darauf hingewiesen, dass er immer wieder kleinere Darlehen unterschiedlicher Höhe dem Betrieb zur Verfügung gestellt habe. So habe er auch eines der betrieblichen Fahrzeuge von der Firma gekauft, welches er dem Unternehmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe.
Mit Urteil vom 29.03.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ergänzend zu der Begründung im Widerspruchsbescheid, denen es sich angeschlossen hat, ausgeführt, für die Kammer sei es nicht nachvollziehbar, wenn vom Beigeladenen zu 1) ausgeführt werde, dass ohne den Kläger der Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Der Betrieb bestehe schließlich seit 1986 und habe lange Zeit ohne Zutun des seinerzeit noch minderjährigen Klägers ohne Weiteres geführt werden können. Dies sei offensichtlich so reibungslos geschehen, dass der Beigeladene zu 1) 1993 noch zusätzlich ein Gewerbe des Baustoffhandels habe anmelden können. Inwieweit der Kläger als Baggerführer bzw. Werkstattleiter nicht zu ersetzen wäre, erstaune das Gericht, da jeder andere Kfz-Mechaniker bzw. Baggerführer diese Tätigkeit ebenso ausüben könne. Insoweit seien die Prüfungsleistungen des Klägers aus seiner Gesellenprüfung 1997 nicht so exorbitant hoch, dass sie ihn aus dem Kreis der übrigen Mechaniker herausheben würden. Auch der Verkauf des Pick-up an den Kläger zum Wert von 12.000,- DM sage nichts anderes, da hierfür ein ordnungsgemäßer Gegenwert geflossen sei. Dass der Kläger den Pick-up auch beruflich für den von ihm geleisteten Baggerbetrieb nutze, besage nichts anderes. Die weiterhin im Jahr 2000 geleistete Einlage von 10.000,- DM sei zum einen als Umsatzsoll beim Betrieb des Beigeladenen zu 1) verbucht worden, zum anderen sei die Höhe des gewährten Darlehens im Verhältnis zum Umsatz der Firma des Klägers vernachlässigbar bei der Begrenzung Selbständigkeit/Beschäftigung. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass das Weisungsrecht des Beigeladenen zu 1) nicht gegenüber ihm so ausgeübt wurde, wie es bei einem "Fremdarbeitnehmer" der Fall wäre. Dies sei aber aufgrund der familienrechtlichen Bindung unschädlich. Der Kläger selbst habe auch angegeben, dass bei einem Fehlverhalten seinerseits haftungsrechtlich die Firma als Arbeitgeber bzw. die dort abgeschlossene Zusatzversicherung eingreife. Auch bei wirtschaftlich schlechter Lage des Unternehmens habe der Kläger bisher ein nicht unerhebliches festes Gehalt auf das eigene Konto sicher überwiesen bekommen und nicht der Firma zur Verfügung gestellt.
Gegen das Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 richtet sich die Berufung, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Der Vertreter des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 29.03.2006 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 10.02.1997 nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 3) und 4) schließen sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beklagte sowie die erschienen Beigeladenen halten das angefochtene Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die beigezogenen Akten und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingereichte Berufung ist zulässig (§§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ihr zugrunde liegt eine zulässige Feststellungsklage gemäß § 55 SGG und nicht lediglich die Klage auf einzelnes Element einer auf Beitragserstattung gerichteten Klage. Das Rechtsschutzinteresse, auch nachträglich über den Versichertenstatus Klarheit zu erlangen, ist dem Kläger auch für die Vergangenheit zuzubilligen. Dies muss auch gelten, wenn in der streitigen Zeit beim Betrieb sozialversicherungsrechtliche Prüfungen durchgeführt wurden und deren Ergebnis unwidersprochen geblieben ist (vgl. dazu BSG vom 24.06.2008 - Az.: B 12 KR 24/07 R - Rdnrn.18.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet, da das Urteil des SG vom 29.03.2006 der Sach- und Rechtslage entspricht, nachdem der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 nicht zu beanstanden ist.
Die Tätigkeit des Klägers im Betrieb seines Stiefvaters seit dem 10.02.1997 erfüllt Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen und damit zur grundsätzlichen Sozialversicherungspflicht führen können. Andererseits liegen auch Tatbestände vor, die für einen Status als Selbständiger sprechen, der nicht pflichtversichert ist. Bei dieser Abwägung ist der Entscheidung des SG zu folgen, weil die Gesichtspunkte überwiegen, die für eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers sprechen.
Ausweislich des Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen erhielt der Kläger seit Beginn der Aufnahme der Tätigkeit am 10.02.1997 (zunächst) einen monatlichen Bruttolohn von
1.700.- DM. Das Arbeitsentgelt wurde bzw. wird auf ein privates Konto des Klägers monatlich überwiesen. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch und im Falle der Arbeitsunfähigkeit wurde das Arbeitsentgelt für mindestens sechs Wochen fortgezahlt.
Arbeitgeber sind verpflichtet, der Einzugsstelle jeden in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu melden (§ 28a SGB IV). Darüber hinaus ist der Arbeitgeber für die Zahlung (§ 28e SGB IV) und für die Einreichung der Beitragsnachweise (§ 28f SGB IV) verantwortlich. Einzugsstelle ist die Beklagte (§ 175 Abs.2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 28i SGB IV).
Entsprechend der Anmeldung durch den Arbeitgeber hat die Beklagte die vom Arbeitgeber erstellten Meldungen und die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge im schlichten Verwaltungshandeln entgegen genommen und an die entsprechenden Versicherungsträger weitergeleitet.
Maßstab für die Beurteilung ist § 7 SGB IV und die hierzu ergangene vielfältige Rechtsprechung. Danach ist unter Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, vorrangig in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Ein solches ist anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gilt dies, wenn der Beschäftigte in den Betriebsablauf eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei der zugewiesene Verantwortungsbereich sich in einem engen oder auch weiten Rahmen bewegen kann. Der Arbeitnehmer ist auch frei von Geschäftsrisiken bzw. wirtschaftlichem Engagement und besitzt keine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft liegt beim Arbeitgeber. Ist dies alles nicht der Fall, ist von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Somit hängt die Statusfeststellung davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen, wobei maßgeblich das Gesamtbild der Arbeitsverrichtung ist (vgl. hierzu BSG vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, abgedruckt in Beiträge Beil.07, 207, 212, 215). Liegt ein derartiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs.1 SGB IV vor, zieht dies die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung nach sich (§ 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI bezüglich der Rente, § 25 Abs.1 SGB III und deren Vorläufervorschrift § 168 Abs.1 AFG für die Arbeitslosenversicherung, § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V für die Krankenversicherung und § 20 Abs.1 Nr.1 SGB IX für die Pflegeversicherung).
Der Kläger selbst ist offensichtlich bis zur Antragstellung im Dezember 2004 davon ausgegangen, dass er sozialversicherungspflichtig bei seinem Stiefvater beschäftigt war. Dies folgt u.a. auch daraus, dass erst für Ende des Jahres 2008 eine Änderung geplant ist, die bislang jedoch noch nicht vollzogen wurde. Das Vorbringen, der Kläger habe eigenverantwortlich gehandelt bzw. handle nach wie vor eigenverantwortlich und es würden auch keine Weisungen erteilt, weil er im Wesentlichen freie Hand habe, ist unerheblich, weil die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als in Betrieben außerhalb eines Familienverbundes. Unschädlich ist auch das Fehlen eines Arbeitsvertrages. Denn das Fehlen eines formellen Vertrages kann nicht als Dokumentation für das Nichtvorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses herangezogen werden. Weiterhin ist unschädlich, dass der Kläger dem Beigeladenen zu 1) finanzielle Zuwendungen gemacht hat. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in dem Fragebogen zur Versicherungspflicht diesbezüglich kleinere Darlehen verneint wurden. Aber, wie bereits ausgeführt, ist die Gewährung kleinerer Beträge eher unschädlich. Allein durch die Gewährung derartiger kleinerer Darlehen erhält der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung in den familienrechtlichen Beziehungen.
Einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht auch die Tatsache nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) seine Entscheidungen in Absprache mit dem Kläger (seinem Stiefsohn) bzw. seiner Ehefrau trifft. Es kann unterstellt werden, dass in allen Unternehmen, in denen Familienangehörige mitarbeiten, tatsächlich eine derartige Übung stattfindet. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass dem Kläger ein Unternehmerrisiko zugewiesen wird. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst angegeben hat, dass bei einem Fehlverhalten seinerseits haftungsrechtlich die Firma als Arbeitgeber (also der Beigeladene zu 1) bzw. die dort abgeschlossene Zusatzversicherung eingreift.
Es sprechen auch insgesamt keine rechtlichen vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und Unsicherheiten, wie hier, führen, hat das BSG den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999 - BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2) ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist (so schon der Senat im Urteil vom 07.08.2008 - L 4 KR 85/07). Dass Änderungen in die Vergangenheit schon aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der vorliegende Fall deutlich.
Selbst wenn man die Indizien für und wider selbständige Tätigkeit als gleichwertig einschätzt, folgt daraus nicht die Fehlerhaftigkeit des bis zur Antragstellung im Dezember 2004 als richtig angesehenen Versichertenstatus. Denn dann ist letztlich auf das seinerzeit Gewollte abzustellen, welches durch tatsächliche Übung wie Abführung von Beiträgen etc. auch nach außen hin bestätigt wurde.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 zurückzuweisen.
Aufgrund des Unterliegens des Klägers sind ihm auch keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Regensburg vom 29. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers in der Firma seines Stiefvaters C. - - seit 10.02.1997 streitig.
Der 1977 geborene Kläger, gelernter Kfz-Mechaniker (Lkw), ist seit 10.02.1997 in der Firma seines Stiefvaters, Herrn C., Beigeladener zu 1), beschäftigt. Der Beigeladene zu 1) betreibt seit 01.01.1986 ein (allgemeiner Güternahverkehr). Ab 09.03.1993 kam ein weiteres Unternehmen des Baustoffhandels hinzu.
Am 09.12.2004 beantragte die Firma P. namens des Klägers eine Statusfeststellung seiner Tätigkeit bei seinem Stiefvater seit dem 10.02.1997. Er sei nicht an Zeit, Art und Ort seiner weisungsfreien Tätigkeit gebunden gewesen.
Nach dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen war der Kläger ab 10.02.1997 zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1.700,- DM als Werkstattleiter mit Einteilung der Fahrzeuge beschäftigt. Die Tätigkeit wurde nicht aufgrund einer (schriftlichen) arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt. Ohne die Mitarbeit des Klägers hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Der Kläger sei weisungsfrei gewesen. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Es bestehe ein Urlaubsanspruch "nach betrieblichen Erfordernissen". Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wurde eine Fortzahlung des Arbeitsentgelts von mindestens sechs Wochen vereinbart. Das erzielte Arbeitsentgelt habe dem ortsüblichen Lohn/Gehalt entsprochen. Das Arbeitsentgelt, welches regelmäßig gezahlt wurde, wurde auf ein privates Bank/Girokonto überwiesen. Vom Arbeitsentgelt wurde Lohnsteuer entrichtet und das Arbeitsentgelt sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Der Kläger hatte eine mündliche Handlungsvollmacht, die er in der Praxis auch definitiv ausübte.
Mit Bescheid vom 21.12.2004 an den Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers ab 10.02.1997 fest. Der Kläger sei in den Betriebsablauf des Beigeladenen zu 1) eingegliedert und erhalte regelmäßiges Entgelt, das dem tariflichen Lohn entspreche. Davon werde Lohnsteuer entrichtet und im Übrigen die Lohnnebenkosten und der Lohn als Betriebsausgaben gebucht.
Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem der Kläger insbesondere geltend machte, die maßgeblichen Kriterien würden für eine selbständige Tätigkeit sprechen, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen darauf hingewiesen, dass er immer wieder kleinere Darlehen unterschiedlicher Höhe dem Betrieb zur Verfügung gestellt habe. So habe er auch eines der betrieblichen Fahrzeuge von der Firma gekauft, welches er dem Unternehmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe.
Mit Urteil vom 29.03.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ergänzend zu der Begründung im Widerspruchsbescheid, denen es sich angeschlossen hat, ausgeführt, für die Kammer sei es nicht nachvollziehbar, wenn vom Beigeladenen zu 1) ausgeführt werde, dass ohne den Kläger der Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Der Betrieb bestehe schließlich seit 1986 und habe lange Zeit ohne Zutun des seinerzeit noch minderjährigen Klägers ohne Weiteres geführt werden können. Dies sei offensichtlich so reibungslos geschehen, dass der Beigeladene zu 1) 1993 noch zusätzlich ein Gewerbe des Baustoffhandels habe anmelden können. Inwieweit der Kläger als Baggerführer bzw. Werkstattleiter nicht zu ersetzen wäre, erstaune das Gericht, da jeder andere Kfz-Mechaniker bzw. Baggerführer diese Tätigkeit ebenso ausüben könne. Insoweit seien die Prüfungsleistungen des Klägers aus seiner Gesellenprüfung 1997 nicht so exorbitant hoch, dass sie ihn aus dem Kreis der übrigen Mechaniker herausheben würden. Auch der Verkauf des Pick-up an den Kläger zum Wert von 12.000,- DM sage nichts anderes, da hierfür ein ordnungsgemäßer Gegenwert geflossen sei. Dass der Kläger den Pick-up auch beruflich für den von ihm geleisteten Baggerbetrieb nutze, besage nichts anderes. Die weiterhin im Jahr 2000 geleistete Einlage von 10.000,- DM sei zum einen als Umsatzsoll beim Betrieb des Beigeladenen zu 1) verbucht worden, zum anderen sei die Höhe des gewährten Darlehens im Verhältnis zum Umsatz der Firma des Klägers vernachlässigbar bei der Begrenzung Selbständigkeit/Beschäftigung. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass das Weisungsrecht des Beigeladenen zu 1) nicht gegenüber ihm so ausgeübt wurde, wie es bei einem "Fremdarbeitnehmer" der Fall wäre. Dies sei aber aufgrund der familienrechtlichen Bindung unschädlich. Der Kläger selbst habe auch angegeben, dass bei einem Fehlverhalten seinerseits haftungsrechtlich die Firma als Arbeitgeber bzw. die dort abgeschlossene Zusatzversicherung eingreife. Auch bei wirtschaftlich schlechter Lage des Unternehmens habe der Kläger bisher ein nicht unerhebliches festes Gehalt auf das eigene Konto sicher überwiesen bekommen und nicht der Firma zur Verfügung gestellt.
Gegen das Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 richtet sich die Berufung, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Der Vertreter des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 29.03.2006 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 10.02.1997 nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 3) und 4) schließen sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beklagte sowie die erschienen Beigeladenen halten das angefochtene Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die beigezogenen Akten und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingereichte Berufung ist zulässig (§§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ihr zugrunde liegt eine zulässige Feststellungsklage gemäß § 55 SGG und nicht lediglich die Klage auf einzelnes Element einer auf Beitragserstattung gerichteten Klage. Das Rechtsschutzinteresse, auch nachträglich über den Versichertenstatus Klarheit zu erlangen, ist dem Kläger auch für die Vergangenheit zuzubilligen. Dies muss auch gelten, wenn in der streitigen Zeit beim Betrieb sozialversicherungsrechtliche Prüfungen durchgeführt wurden und deren Ergebnis unwidersprochen geblieben ist (vgl. dazu BSG vom 24.06.2008 - Az.: B 12 KR 24/07 R - Rdnrn.18.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet, da das Urteil des SG vom 29.03.2006 der Sach- und Rechtslage entspricht, nachdem der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 nicht zu beanstanden ist.
Die Tätigkeit des Klägers im Betrieb seines Stiefvaters seit dem 10.02.1997 erfüllt Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen und damit zur grundsätzlichen Sozialversicherungspflicht führen können. Andererseits liegen auch Tatbestände vor, die für einen Status als Selbständiger sprechen, der nicht pflichtversichert ist. Bei dieser Abwägung ist der Entscheidung des SG zu folgen, weil die Gesichtspunkte überwiegen, die für eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers sprechen.
Ausweislich des Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen erhielt der Kläger seit Beginn der Aufnahme der Tätigkeit am 10.02.1997 (zunächst) einen monatlichen Bruttolohn von
1.700.- DM. Das Arbeitsentgelt wurde bzw. wird auf ein privates Konto des Klägers monatlich überwiesen. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch und im Falle der Arbeitsunfähigkeit wurde das Arbeitsentgelt für mindestens sechs Wochen fortgezahlt.
Arbeitgeber sind verpflichtet, der Einzugsstelle jeden in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu melden (§ 28a SGB IV). Darüber hinaus ist der Arbeitgeber für die Zahlung (§ 28e SGB IV) und für die Einreichung der Beitragsnachweise (§ 28f SGB IV) verantwortlich. Einzugsstelle ist die Beklagte (§ 175 Abs.2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 28i SGB IV).
Entsprechend der Anmeldung durch den Arbeitgeber hat die Beklagte die vom Arbeitgeber erstellten Meldungen und die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge im schlichten Verwaltungshandeln entgegen genommen und an die entsprechenden Versicherungsträger weitergeleitet.
Maßstab für die Beurteilung ist § 7 SGB IV und die hierzu ergangene vielfältige Rechtsprechung. Danach ist unter Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, vorrangig in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Ein solches ist anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gilt dies, wenn der Beschäftigte in den Betriebsablauf eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei der zugewiesene Verantwortungsbereich sich in einem engen oder auch weiten Rahmen bewegen kann. Der Arbeitnehmer ist auch frei von Geschäftsrisiken bzw. wirtschaftlichem Engagement und besitzt keine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft liegt beim Arbeitgeber. Ist dies alles nicht der Fall, ist von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Somit hängt die Statusfeststellung davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen, wobei maßgeblich das Gesamtbild der Arbeitsverrichtung ist (vgl. hierzu BSG vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, abgedruckt in Beiträge Beil.07, 207, 212, 215). Liegt ein derartiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs.1 SGB IV vor, zieht dies die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung nach sich (§ 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI bezüglich der Rente, § 25 Abs.1 SGB III und deren Vorläufervorschrift § 168 Abs.1 AFG für die Arbeitslosenversicherung, § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V für die Krankenversicherung und § 20 Abs.1 Nr.1 SGB IX für die Pflegeversicherung).
Der Kläger selbst ist offensichtlich bis zur Antragstellung im Dezember 2004 davon ausgegangen, dass er sozialversicherungspflichtig bei seinem Stiefvater beschäftigt war. Dies folgt u.a. auch daraus, dass erst für Ende des Jahres 2008 eine Änderung geplant ist, die bislang jedoch noch nicht vollzogen wurde. Das Vorbringen, der Kläger habe eigenverantwortlich gehandelt bzw. handle nach wie vor eigenverantwortlich und es würden auch keine Weisungen erteilt, weil er im Wesentlichen freie Hand habe, ist unerheblich, weil die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als in Betrieben außerhalb eines Familienverbundes. Unschädlich ist auch das Fehlen eines Arbeitsvertrages. Denn das Fehlen eines formellen Vertrages kann nicht als Dokumentation für das Nichtvorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses herangezogen werden. Weiterhin ist unschädlich, dass der Kläger dem Beigeladenen zu 1) finanzielle Zuwendungen gemacht hat. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in dem Fragebogen zur Versicherungspflicht diesbezüglich kleinere Darlehen verneint wurden. Aber, wie bereits ausgeführt, ist die Gewährung kleinerer Beträge eher unschädlich. Allein durch die Gewährung derartiger kleinerer Darlehen erhält der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung in den familienrechtlichen Beziehungen.
Einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht auch die Tatsache nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) seine Entscheidungen in Absprache mit dem Kläger (seinem Stiefsohn) bzw. seiner Ehefrau trifft. Es kann unterstellt werden, dass in allen Unternehmen, in denen Familienangehörige mitarbeiten, tatsächlich eine derartige Übung stattfindet. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass dem Kläger ein Unternehmerrisiko zugewiesen wird. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst angegeben hat, dass bei einem Fehlverhalten seinerseits haftungsrechtlich die Firma als Arbeitgeber (also der Beigeladene zu 1) bzw. die dort abgeschlossene Zusatzversicherung eingreift.
Es sprechen auch insgesamt keine rechtlichen vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und Unsicherheiten, wie hier, führen, hat das BSG den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999 - BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2) ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist (so schon der Senat im Urteil vom 07.08.2008 - L 4 KR 85/07). Dass Änderungen in die Vergangenheit schon aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der vorliegende Fall deutlich.
Selbst wenn man die Indizien für und wider selbständige Tätigkeit als gleichwertig einschätzt, folgt daraus nicht die Fehlerhaftigkeit des bis zur Antragstellung im Dezember 2004 als richtig angesehenen Versichertenstatus. Denn dann ist letztlich auf das seinerzeit Gewollte abzustellen, welches durch tatsächliche Übung wie Abführung von Beiträgen etc. auch nach außen hin bestätigt wurde.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Regensburg vom 29.03.2006 zurückzuweisen.
Aufgrund des Unterliegens des Klägers sind ihm auch keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved