Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 1341/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 348/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. November 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR an die Staatskasse zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ab 20.11.2006 streitig.
Die 1942 geborene Klägerin war vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im März 1986 nach ihrem Studium der Medizin von 1968 bis 1970 als Assistentin im gynäkologischen und geburtshelferischen Bereich tätig. Danach arbeitete sie als Fachärztin im Bereich Geburtshilfe und Gynäkologie. Seit 1998 besitzt sie die deutsche Staatsangehörigkeit.
Vom 02.07.1987 bis 27.02.1988 nahm die Klägerin nach Anerkennung als Asylberechtigte an einem Deutschkurs teil. Die Klägerin nahm in der Folge an weiteren Eingliederungsmaßnahmen teil und erhielt zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes Unterhaltsgeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30.06.1989 Arbeitslosengeld (Alg) ab 23.06.1989 für die Dauer von 156 Tagen. Vom 21.06.1990 bis 21.12.1990 war die Klägerin im Kreiskrankenhaus B. in der Geburtshelferschen/Gynäkolo-gischen Abteilung im Rahmen eines ärztlichen Praktikums tätig. Im Zeitraum vom 29.04.1991 bis 30.10.1991 arbeitete die Klägerin im Krankenhaus A. zum Zwecke der persönlichen Aus- und Weiterbildung; es erfolgte keine Lohnzahlung. Vom 21.09.1992 bis 28.02.1993 war die Klägerin als Assistentin zur Ableistung der Vorbereitungszeit in der Praxis Dr. P. beschäftigt. Danach arbeitete die Klägerin vom 01.12.1993 bis 30.04.1994 in einem Alten- und Krankenpflegedienst. Die Klägerin bezog vom 04.10.1994 bis 13.04.1995 erneut Unterhaltsgeld, weil sie eine Fortbildungsmaßnahme besuchte und ein Praktikum als Ärztin vom 14.11.1994 bis 09.12.1994 und vom 09.01.1995 bis 07.04.1995 im Krankenhaus B. in M. ableistete. Einen Antrag auf Bewilligung von Alhi vom 24.03.1995 lehnte die Beklagte auf Grund des Einkommens des Ehemannes der Klägerin mit Bescheid vom 20.07.1995 ab.
Nach eigenen Angaben der Klägerin bereitete sie sich in der Zeit vom 01.01.2000 bis 08.02.2000 theoretisch auf eine selbständige Tätigkeit als Frauenärztin vor. Im Zeitraum vom 09.02.2004 bis 05.03.2004 nahm die Klägerin an einem nicht von der Beklagten geförderten "PC-Führerschein I für Einsteiger"-Kurs teil. Einen Alhi-Antrag vom 02.04.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2004 ab. Nach eigenen Angaben der Klägerin bereitete sie sich in der Zeit vom 06.03. bis 02.05.2004 erneut auf ihre freiberufliche Tätigkeit vor, so auch in der Zeit vom 21.09.2004 bis 03.02.2005. Laut Urkunde vom 04.02.2005 wurde die Klägerin von der Bayerischen Landesärztekammer als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe anerkannt.
Am 20.11.2006 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Mit Bescheid vom 22.11.2006 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg ab. Die erforderliche Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt, da die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 20.11.2006 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, die fehlende Tätigkeit in den letzten drei Jahren habe die Beklagte verursacht. Sie habe die Möglichkeit gehabt, im Krankenhaus A. auf der Gynäkologischen Abteilung tätig zu werden, was die Beklagte abgelehnt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin an das Sozialgericht München (SG) (Az.: S 37 AL 1341/06) gewandt und zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Die Beklagte habe es verhindert, dass sie im Krankenhaus A. weiter arbeiten konnte. Auch in der Zeit bis 22.12.1990 habe die Beklagte die Aufnahme einer Tätigkeit im Krankenhaus B. auf der Gynäkologischen Abteilung vereitelt. Nach dem absolvierten Praktikum vom 21.06. bis 22.12.1990 sei ihr eine Tätigkeit im Krankenhaus zugesichert worden. Des Weiteren führte die Klägerin aus, für das Nichterfüllen der Anwartschaftszeit sei auch die bayerische Regierung verantwortlich.
Mit Urteil vom 09.11.2007 (zugestellt am 11.12.2007) hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe in der hier maßgeblichen Rahmenfrist vom 20.11.2004 bis 19.11.2006 keine versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten nachweisen können. Soweit bei der Klägerin Beschäftigungsnachweise aus Zeiten vorgelegen haben, die vor der Rahmenfrist lägen, seien diese nicht zu berücksichtigen oder anspruchsbegründend.
Hiergegen richtet sich die am 15. 12.2007 beim Sozialgericht München eingegangene Berufung. Zur Begründung hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, das Nichterfüllen der Anwartschaftszeit habe in ihrem Fall zwei Ursachen, nämlich die Nachlässigkeit der Agentur für Arbeit A ... Die Beklagte habe keine Stelle für sie gefunden. Im Übrigen seien die Pflichten zur Weiterbildung durch die Agentur für Arbeit A. vernachlässigt worden. Um ihre Anwartschaftszeit zu erfüllen, habe sie sich selbst um einen Arbeitsplatz gekümmert. Aus diesem Grund habe sie nach der Vorstellung im Kreiskrankenhaus A. eine schriftliche Zusage erhalten, um ihre Tätigkeit ausüben zu dürfen. Für die Finanzierung sei die Beklagte verpflichtet gewesen. Von dort habe sie keine Zusage erhalten, wie auch keine Antwort. Hätte sie die Tätigkeit im Krankenhaus A. ausüben können, hätte sie alle gesetzlichen Forderungen erfüllt. Im Übrigen habe die Agentur für Arbeit A. bzw. P. bei ihrer Weiterbildung massiv gespart. So seien ihr keine Seminare, keine Tagungen etc. gewährt worden.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 25.03.2008 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, dass es beabsichtige, die Berufungen durch Beschluss des Senats gemäß § 153 Abs.4 SGG zurückzuweisen. Zur beabsichtigten Vorgehensweise äußerte sich die Klägerin nicht.
Mit Beschluss vom 29.04.2008 lehnte der Senat den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (Az.: L 8 AL 85/08 ER). Es fehle bereits ein Anordnungsanspruch, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg auf ihre Antragstellung vom 20.11.2006 habe. Ein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sicherungsfähiges Recht sei damit nicht gegeben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der erkennende Senat die Klägerin und ihren Bevollmächtigten umfassend auf die gesetzlichen Voraussetzungen eines Alg-Anspruches und der Verhängung von Missbrauchskosten, insbesondere auf die offensichtliche Aussichtslosigkeit des vorliegenden Klageverfahrens hingewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9.11 2007 sowie den Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das beantragte Arbeitslosengeld I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes fünf Bände Verfahrensakten sowie die Verfahrensakte "Gründungszuschuss", Verfahrensakte "Überbrückungsgeld" jeweils der Agentur für Arbeit P., die Akten des Sozialgerichts M. (Az.:
S 37 AL 1341/06, S 37 AL 928/07) und weitere Akten des Bayerischen Landessozialgerichts (Az.: L 8 AL 349/07, L 8 AL 86/08 ER, L 8 AL 85/08 ER) beigezogen, auf deren Inhalt zur Ergänzung des Sachverhalts verwiesen wird.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143,144 Abs.1 Satz 2, 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz
- SGG -) erweist sich in der Sache als unbegründet.
1. Die Klägerin hat nach § 118 Abs. 1 SGB III keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg (Antrag vom 20.11.2006), da sie die nach § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Nach § 123 Abs.1 SGB III hat eine Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (§§ 24, 26 SGB III) gestanden hat. Gemäß § 124 Abs.1 Satz 1 beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Nachdem sich die Klägerin am 20.11.2006 erneut bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt hat, umfasst die Rahmenfrist hier den Zeitraum vom 20.11.2004 bis 19.11.2006.
Unstreitig hat die Klägerin innerhalb dieses Zeitraums keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, was im Übrigen von der Klägerin auch nicht bestritten wird.
2. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sind nicht gegeben. Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ), verletzt, und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil lässt sich nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (BSG, Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R -, SozR 4-2600 § 58 Nr. 3).
Nach Auffassung des Senats konnte bereits keine konkrete Pflichtverletzung eines Mitarbeiters der Beklagten festgestellt werden. Der Argumentation der Klägerin, die Beklagte habe die notwendige "Zusage" zur Aufnahme einer dreijährigen versicherungspflichtigen Beschäftigung im Krankenhaus A. nicht erteilt, vermag der Senat nicht zu folgen. Eine Pflichtverletzung des Leistungsträgers ist hier nicht zu erkennen und konnte auch nicht vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung begründet werden (vgl. Protokoll). Insbesondere war die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gehindert - insbesondere im Zeitraum der Rahmenfrist - ein Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen. Die Klägerin hat jedoch lediglich für die Zeit vom 29.04.1991 bis 30.10.1991 eine Tätigkeit zum Zwecke der persönlichen Aus- und Weiterbildung im Krankenhaus A. nachgewiesen. Eine rechtswidrige Behinderung der Klägerin zum Abschluss eines Arbeitsvertrages durch die Beklagte ist für den Senat nicht erkennbar. Aus der Tatsache, dass keine Vermittlung der Klägerin möglich war, lässt sich jedoch keine Erfüllung der Anwartschaftszeit fingieren. Schließlich müsste der eingetretene Nachteil durch eine rechtlich zulässige Amtshandlung nachträglich beseitigt werden können. Hier fehlte es aber an einem tatsächlichen Geschehen - der faktischen Arbeit als Begründungsmoment einer Beschäftigung - an welche die Versicherungspflicht als Rechtsfolge qua lege erst anknüpft. Derartige Realakte sind aber mittels eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht reparabel. Eine Versicherungspflicht kann im Rahmen des Rechts der Arbeitsförderung nicht fingiert werden.
3. Außergerichtliche Kosten sind nach § 193 SGG nicht zu erstatten, da die Klage in beiden Instanzen erfolglos blieb.
4. Das Gericht hat die Klägerin zur Tragung von Verfahrenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG verpflichtet. Danach kann das Gericht einem Beteiligten Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das mit der Berufung verfolgte Begehren der Klägerin ist ohne jede Aussicht auf Erfolg, da die vom Gesetz verlangte Anwartschaftszeit nicht vorliegt (vgl. oben unter 1). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der Klägerin durch den Vorsitzenden umfassend die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs dargelegt. Insbesondere hat der Vorsitzende unter dem Aspekt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausgeführt, dass weder eine Pflichtverletzung der Beklagten noch die erforderliche Kausalität für das Fehlen der Anwartschaftszeit erkennbar sei. Die Fortführung des Rechtsstreits war auch missbräuchlich im Sinne des § 192 SGG. Der unbestimmte Rechtsbegriff "Missbräuchlichkeit" bedarf der Auslegung. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begriff der Missbräuchlichkeit an § 34 Abs. 2 BVerfGG anknüpfen. Danach reicht es aus, wenn objektiv Missbrauch vorliegt, Verschulden oder ein Handeln wider besseren Wissens (wie bei § 192 SGG a.F.) ist nicht erforderlich. Ein Missbrauch i.S.d. § 192 SGG ist anzunehmen, wenn die Rechtverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. BVerfG, NJW 1996, 1273, 1274; vgl. zum Begriff des Missbrauchs in diesem Sinne ferner LSG NW, Beschluss vom 16.06.2004, L 12 AL 59/03; Urteil vom 16.07.2003 - L 12 AL 61/03). Missbräuchlichkeit ist daher insbesondere anzunehmen bei offensichtlich unzulässigen oder bei offensichtlich unbegründeten Klagen (vgl. zum Ganzen Berendes, SGb 2002, 315, 318 m.w.N.; zur offensichtlichen Aussichtslosigkeit als Unterfall der Missbräuchlichkeit BT-Drucksache 14/6335, S. 33). Offensichtliche Aussichtslosigkeit liegt dann vor, wenn sich die Lösung der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Fragen unmittelbar aus dem Wortlaut der jeweiligen Bestimmung ableiten lässt bzw. wenn die Rechtsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zweifelsfrei geklärt sind. Unter Berücksichtigung des Zwecks der neuen Vorschrift, den Missbrauch der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens zu verhindern, muss sich die Klägerin dabei an dem Maßstab des fiktiven Verhaltens eines verständigen, kostenpflichtigen Verfahrensbeteiligten messen lassen. Missbräuchlich im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift handelt mithin derjenige, der die Prozesshandlungen, die zur gänzlichen oder teilweisen Erledigung des Rechtsstreits führen würden, nicht vornimmt, die ein verständiger Verfahrensbeteiligter, der die Kosten tragen müsste, in einem gleichliegenden Fall bei entsprechender Aussichtslosigkeit vornehmen würde. Nach den ausführlichen Hinweisen des Vorsitzenden des Senats im vorliegenden Verfahren und im Hinblick auf die im oben genannten Sinne eindeutige Sach- und Rechtlage, hätte eine verständige Partei die Rücknahme der Berufung erklärt.
Auch der Klägerbevollmächtigte war nicht in der Lage, auch nur ansatzweise Tatsachen vorzutragen, die auf ein Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines entsprechenden Anspruchs schließen lassen können. Der Klägerbevollmächtigte hat die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Klage auch erkannt und versucht eine Klagerücknahme bei der Klägerin zu erreichen. Die Kenntnis ihres Bevollmächtigten ist der Klägerin nach § 192 Abs. 1 S. 3 SGG zuzurechnen. Aus alledem ergibt sich auch für einen durchschnittlich verständigen Rechtsunkundigen, dass offensichtlich kein Anspruch besteht. Aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten der Klägerin als Ärztin und Fachärztin für Gynäkologie zeigt das Festhalten an der Klage ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit, das die Auferlegung von Verfahrenskosten rechtfertigt. Bei der Bemessung der Kosten, die die Klägerin zu entrichten hat, hat der Senat trotz des Maßes der Missbräuchlichkeit zu Gunsten der Klägerin nicht die tatsächlich verursachten Verfahrenskosten angesetzt (vgl. zu dem Gerichtskosten z.B. Goedelt, SGb 1986, 493, 499 f.), sondern den von Gesetzes pauschal festgelegten Mindestbetrag von 225,00 Euro (§§ 192 Abs. 1 S. 3 184 Abs. 2 SGG). Grundsätzlich entstehen einem Landessozialgericht in einem Verfahren in zweiter Instanz erheblich höhere Kosten, und zwar im Durchschnitt Kosten von mindestens 2.000,00 EUR (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 18. September 2003 - L 2 RA 379/03 - veröffentlicht in juris), von denen ein erheblicher Teil auf den Zeitraum der Absetzung des Urteils entfällt.
5. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR an die Staatskasse zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ab 20.11.2006 streitig.
Die 1942 geborene Klägerin war vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im März 1986 nach ihrem Studium der Medizin von 1968 bis 1970 als Assistentin im gynäkologischen und geburtshelferischen Bereich tätig. Danach arbeitete sie als Fachärztin im Bereich Geburtshilfe und Gynäkologie. Seit 1998 besitzt sie die deutsche Staatsangehörigkeit.
Vom 02.07.1987 bis 27.02.1988 nahm die Klägerin nach Anerkennung als Asylberechtigte an einem Deutschkurs teil. Die Klägerin nahm in der Folge an weiteren Eingliederungsmaßnahmen teil und erhielt zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes Unterhaltsgeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30.06.1989 Arbeitslosengeld (Alg) ab 23.06.1989 für die Dauer von 156 Tagen. Vom 21.06.1990 bis 21.12.1990 war die Klägerin im Kreiskrankenhaus B. in der Geburtshelferschen/Gynäkolo-gischen Abteilung im Rahmen eines ärztlichen Praktikums tätig. Im Zeitraum vom 29.04.1991 bis 30.10.1991 arbeitete die Klägerin im Krankenhaus A. zum Zwecke der persönlichen Aus- und Weiterbildung; es erfolgte keine Lohnzahlung. Vom 21.09.1992 bis 28.02.1993 war die Klägerin als Assistentin zur Ableistung der Vorbereitungszeit in der Praxis Dr. P. beschäftigt. Danach arbeitete die Klägerin vom 01.12.1993 bis 30.04.1994 in einem Alten- und Krankenpflegedienst. Die Klägerin bezog vom 04.10.1994 bis 13.04.1995 erneut Unterhaltsgeld, weil sie eine Fortbildungsmaßnahme besuchte und ein Praktikum als Ärztin vom 14.11.1994 bis 09.12.1994 und vom 09.01.1995 bis 07.04.1995 im Krankenhaus B. in M. ableistete. Einen Antrag auf Bewilligung von Alhi vom 24.03.1995 lehnte die Beklagte auf Grund des Einkommens des Ehemannes der Klägerin mit Bescheid vom 20.07.1995 ab.
Nach eigenen Angaben der Klägerin bereitete sie sich in der Zeit vom 01.01.2000 bis 08.02.2000 theoretisch auf eine selbständige Tätigkeit als Frauenärztin vor. Im Zeitraum vom 09.02.2004 bis 05.03.2004 nahm die Klägerin an einem nicht von der Beklagten geförderten "PC-Führerschein I für Einsteiger"-Kurs teil. Einen Alhi-Antrag vom 02.04.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2004 ab. Nach eigenen Angaben der Klägerin bereitete sie sich in der Zeit vom 06.03. bis 02.05.2004 erneut auf ihre freiberufliche Tätigkeit vor, so auch in der Zeit vom 21.09.2004 bis 03.02.2005. Laut Urkunde vom 04.02.2005 wurde die Klägerin von der Bayerischen Landesärztekammer als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe anerkannt.
Am 20.11.2006 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Mit Bescheid vom 22.11.2006 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg ab. Die erforderliche Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt, da die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 20.11.2006 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, die fehlende Tätigkeit in den letzten drei Jahren habe die Beklagte verursacht. Sie habe die Möglichkeit gehabt, im Krankenhaus A. auf der Gynäkologischen Abteilung tätig zu werden, was die Beklagte abgelehnt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin an das Sozialgericht München (SG) (Az.: S 37 AL 1341/06) gewandt und zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Die Beklagte habe es verhindert, dass sie im Krankenhaus A. weiter arbeiten konnte. Auch in der Zeit bis 22.12.1990 habe die Beklagte die Aufnahme einer Tätigkeit im Krankenhaus B. auf der Gynäkologischen Abteilung vereitelt. Nach dem absolvierten Praktikum vom 21.06. bis 22.12.1990 sei ihr eine Tätigkeit im Krankenhaus zugesichert worden. Des Weiteren führte die Klägerin aus, für das Nichterfüllen der Anwartschaftszeit sei auch die bayerische Regierung verantwortlich.
Mit Urteil vom 09.11.2007 (zugestellt am 11.12.2007) hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe in der hier maßgeblichen Rahmenfrist vom 20.11.2004 bis 19.11.2006 keine versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten nachweisen können. Soweit bei der Klägerin Beschäftigungsnachweise aus Zeiten vorgelegen haben, die vor der Rahmenfrist lägen, seien diese nicht zu berücksichtigen oder anspruchsbegründend.
Hiergegen richtet sich die am 15. 12.2007 beim Sozialgericht München eingegangene Berufung. Zur Begründung hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, das Nichterfüllen der Anwartschaftszeit habe in ihrem Fall zwei Ursachen, nämlich die Nachlässigkeit der Agentur für Arbeit A ... Die Beklagte habe keine Stelle für sie gefunden. Im Übrigen seien die Pflichten zur Weiterbildung durch die Agentur für Arbeit A. vernachlässigt worden. Um ihre Anwartschaftszeit zu erfüllen, habe sie sich selbst um einen Arbeitsplatz gekümmert. Aus diesem Grund habe sie nach der Vorstellung im Kreiskrankenhaus A. eine schriftliche Zusage erhalten, um ihre Tätigkeit ausüben zu dürfen. Für die Finanzierung sei die Beklagte verpflichtet gewesen. Von dort habe sie keine Zusage erhalten, wie auch keine Antwort. Hätte sie die Tätigkeit im Krankenhaus A. ausüben können, hätte sie alle gesetzlichen Forderungen erfüllt. Im Übrigen habe die Agentur für Arbeit A. bzw. P. bei ihrer Weiterbildung massiv gespart. So seien ihr keine Seminare, keine Tagungen etc. gewährt worden.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 25.03.2008 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, dass es beabsichtige, die Berufungen durch Beschluss des Senats gemäß § 153 Abs.4 SGG zurückzuweisen. Zur beabsichtigten Vorgehensweise äußerte sich die Klägerin nicht.
Mit Beschluss vom 29.04.2008 lehnte der Senat den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (Az.: L 8 AL 85/08 ER). Es fehle bereits ein Anordnungsanspruch, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg auf ihre Antragstellung vom 20.11.2006 habe. Ein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sicherungsfähiges Recht sei damit nicht gegeben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der erkennende Senat die Klägerin und ihren Bevollmächtigten umfassend auf die gesetzlichen Voraussetzungen eines Alg-Anspruches und der Verhängung von Missbrauchskosten, insbesondere auf die offensichtliche Aussichtslosigkeit des vorliegenden Klageverfahrens hingewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9.11 2007 sowie den Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das beantragte Arbeitslosengeld I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes fünf Bände Verfahrensakten sowie die Verfahrensakte "Gründungszuschuss", Verfahrensakte "Überbrückungsgeld" jeweils der Agentur für Arbeit P., die Akten des Sozialgerichts M. (Az.:
S 37 AL 1341/06, S 37 AL 928/07) und weitere Akten des Bayerischen Landessozialgerichts (Az.: L 8 AL 349/07, L 8 AL 86/08 ER, L 8 AL 85/08 ER) beigezogen, auf deren Inhalt zur Ergänzung des Sachverhalts verwiesen wird.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143,144 Abs.1 Satz 2, 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz
- SGG -) erweist sich in der Sache als unbegründet.
1. Die Klägerin hat nach § 118 Abs. 1 SGB III keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg (Antrag vom 20.11.2006), da sie die nach § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Nach § 123 Abs.1 SGB III hat eine Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (§§ 24, 26 SGB III) gestanden hat. Gemäß § 124 Abs.1 Satz 1 beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Nachdem sich die Klägerin am 20.11.2006 erneut bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt hat, umfasst die Rahmenfrist hier den Zeitraum vom 20.11.2004 bis 19.11.2006.
Unstreitig hat die Klägerin innerhalb dieses Zeitraums keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, was im Übrigen von der Klägerin auch nicht bestritten wird.
2. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sind nicht gegeben. Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ), verletzt, und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil lässt sich nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (BSG, Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R -, SozR 4-2600 § 58 Nr. 3).
Nach Auffassung des Senats konnte bereits keine konkrete Pflichtverletzung eines Mitarbeiters der Beklagten festgestellt werden. Der Argumentation der Klägerin, die Beklagte habe die notwendige "Zusage" zur Aufnahme einer dreijährigen versicherungspflichtigen Beschäftigung im Krankenhaus A. nicht erteilt, vermag der Senat nicht zu folgen. Eine Pflichtverletzung des Leistungsträgers ist hier nicht zu erkennen und konnte auch nicht vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung begründet werden (vgl. Protokoll). Insbesondere war die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gehindert - insbesondere im Zeitraum der Rahmenfrist - ein Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen. Die Klägerin hat jedoch lediglich für die Zeit vom 29.04.1991 bis 30.10.1991 eine Tätigkeit zum Zwecke der persönlichen Aus- und Weiterbildung im Krankenhaus A. nachgewiesen. Eine rechtswidrige Behinderung der Klägerin zum Abschluss eines Arbeitsvertrages durch die Beklagte ist für den Senat nicht erkennbar. Aus der Tatsache, dass keine Vermittlung der Klägerin möglich war, lässt sich jedoch keine Erfüllung der Anwartschaftszeit fingieren. Schließlich müsste der eingetretene Nachteil durch eine rechtlich zulässige Amtshandlung nachträglich beseitigt werden können. Hier fehlte es aber an einem tatsächlichen Geschehen - der faktischen Arbeit als Begründungsmoment einer Beschäftigung - an welche die Versicherungspflicht als Rechtsfolge qua lege erst anknüpft. Derartige Realakte sind aber mittels eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht reparabel. Eine Versicherungspflicht kann im Rahmen des Rechts der Arbeitsförderung nicht fingiert werden.
3. Außergerichtliche Kosten sind nach § 193 SGG nicht zu erstatten, da die Klage in beiden Instanzen erfolglos blieb.
4. Das Gericht hat die Klägerin zur Tragung von Verfahrenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG verpflichtet. Danach kann das Gericht einem Beteiligten Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das mit der Berufung verfolgte Begehren der Klägerin ist ohne jede Aussicht auf Erfolg, da die vom Gesetz verlangte Anwartschaftszeit nicht vorliegt (vgl. oben unter 1). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der Klägerin durch den Vorsitzenden umfassend die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs dargelegt. Insbesondere hat der Vorsitzende unter dem Aspekt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausgeführt, dass weder eine Pflichtverletzung der Beklagten noch die erforderliche Kausalität für das Fehlen der Anwartschaftszeit erkennbar sei. Die Fortführung des Rechtsstreits war auch missbräuchlich im Sinne des § 192 SGG. Der unbestimmte Rechtsbegriff "Missbräuchlichkeit" bedarf der Auslegung. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begriff der Missbräuchlichkeit an § 34 Abs. 2 BVerfGG anknüpfen. Danach reicht es aus, wenn objektiv Missbrauch vorliegt, Verschulden oder ein Handeln wider besseren Wissens (wie bei § 192 SGG a.F.) ist nicht erforderlich. Ein Missbrauch i.S.d. § 192 SGG ist anzunehmen, wenn die Rechtverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. BVerfG, NJW 1996, 1273, 1274; vgl. zum Begriff des Missbrauchs in diesem Sinne ferner LSG NW, Beschluss vom 16.06.2004, L 12 AL 59/03; Urteil vom 16.07.2003 - L 12 AL 61/03). Missbräuchlichkeit ist daher insbesondere anzunehmen bei offensichtlich unzulässigen oder bei offensichtlich unbegründeten Klagen (vgl. zum Ganzen Berendes, SGb 2002, 315, 318 m.w.N.; zur offensichtlichen Aussichtslosigkeit als Unterfall der Missbräuchlichkeit BT-Drucksache 14/6335, S. 33). Offensichtliche Aussichtslosigkeit liegt dann vor, wenn sich die Lösung der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Fragen unmittelbar aus dem Wortlaut der jeweiligen Bestimmung ableiten lässt bzw. wenn die Rechtsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zweifelsfrei geklärt sind. Unter Berücksichtigung des Zwecks der neuen Vorschrift, den Missbrauch der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens zu verhindern, muss sich die Klägerin dabei an dem Maßstab des fiktiven Verhaltens eines verständigen, kostenpflichtigen Verfahrensbeteiligten messen lassen. Missbräuchlich im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift handelt mithin derjenige, der die Prozesshandlungen, die zur gänzlichen oder teilweisen Erledigung des Rechtsstreits führen würden, nicht vornimmt, die ein verständiger Verfahrensbeteiligter, der die Kosten tragen müsste, in einem gleichliegenden Fall bei entsprechender Aussichtslosigkeit vornehmen würde. Nach den ausführlichen Hinweisen des Vorsitzenden des Senats im vorliegenden Verfahren und im Hinblick auf die im oben genannten Sinne eindeutige Sach- und Rechtlage, hätte eine verständige Partei die Rücknahme der Berufung erklärt.
Auch der Klägerbevollmächtigte war nicht in der Lage, auch nur ansatzweise Tatsachen vorzutragen, die auf ein Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines entsprechenden Anspruchs schließen lassen können. Der Klägerbevollmächtigte hat die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Klage auch erkannt und versucht eine Klagerücknahme bei der Klägerin zu erreichen. Die Kenntnis ihres Bevollmächtigten ist der Klägerin nach § 192 Abs. 1 S. 3 SGG zuzurechnen. Aus alledem ergibt sich auch für einen durchschnittlich verständigen Rechtsunkundigen, dass offensichtlich kein Anspruch besteht. Aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten der Klägerin als Ärztin und Fachärztin für Gynäkologie zeigt das Festhalten an der Klage ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit, das die Auferlegung von Verfahrenskosten rechtfertigt. Bei der Bemessung der Kosten, die die Klägerin zu entrichten hat, hat der Senat trotz des Maßes der Missbräuchlichkeit zu Gunsten der Klägerin nicht die tatsächlich verursachten Verfahrenskosten angesetzt (vgl. zu dem Gerichtskosten z.B. Goedelt, SGb 1986, 493, 499 f.), sondern den von Gesetzes pauschal festgelegten Mindestbetrag von 225,00 Euro (§§ 192 Abs. 1 S. 3 184 Abs. 2 SGG). Grundsätzlich entstehen einem Landessozialgericht in einem Verfahren in zweiter Instanz erheblich höhere Kosten, und zwar im Durchschnitt Kosten von mindestens 2.000,00 EUR (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 18. September 2003 - L 2 RA 379/03 - veröffentlicht in juris), von denen ein erheblicher Teil auf den Zeitraum der Absetzung des Urteils entfällt.
5. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG liegen nicht vor.
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