Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 881/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 714/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichtes Nürnberg vom 14.07.2008 aufgehoben.
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg ohne Ratenzahlung bewilligt.
Der Antragstellerin wird Frau Rechtsanwältin S. T., A-Stadt beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG). Dort stand im Streit die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten der Ast.
Die Ast bezog seit 01.01.2005 - mit Unterbrechungen - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu Beginn des Leistungsbezuges lebte die Ast zusammen mit ihrem Ehemann in einer Wohnung, deren Unterkunftskosten (Miete zzgl. kalter Nebenkosten) die Antragsgegnerin (Ag) für die Zeit ab dem 01.10.2006 nicht mehr in der tatsächlichen Höhe (491,00 EUR), sondern nur noch in Höhe der Mietobergrenze (MOG) von 312,00 EUR erstattete. Die tatsächlichen Unterkunftskosten seien unangemessen. Der hierzu ergangene Bescheid vom 20.09.2006 wurde nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 nicht weiter mit Rechtsmitteln angegriffen.
Nach dem Fortzahlungsantrag vom 19.03.2007 teilte die Ast der Ag im Rahmen eiern persönlichen Vorsprache mit, dass sie zum 01.04.2007 aus der bisherigen Wohnung ausziehen werde. Den Mietvertrag für die neue Wohnung (65qm; Miete: 400,00 EUR; kalte Nebenkosten: 140,00 EUR) habe sie bereits am 09.03.2007 unterschrieben.
Mit Bescheid vom 27.03.2007 bewilligte die Ag der Ast für den Leistungszeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 Alg II in Höhe von 734,46 EUR monatlich. Die Unterkunftskosten berücksichtigte die Ag weiterhin in Höhe von 312,00 EUR, weil der Umzug der Ast nicht genehmigt worden sei, denn die neue Wohnung sei ebenfalls unangemessen teuer.
Am 22.05.2007 machte die Ast geltend, dass über ihren Antrag auf Zustimmung zum Umzug, die Übernahme der Umzugskosten und der Kaution für die neue Wohnung noch nicht entschieden worden sei. Darüber hinaus beantragte sie, sämtliche Bescheide seit März 2006 dahingehend zu überprüfen, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen würden. Der Umzug in die neue Wohnung sei erforderlich gewesen, weil sie sich vor ihrem Ehemann, von dem sie getrennt lebe, habe schützen müssen. Kurzfristig sei eine Unterkunft zu den Vorgaben der Ag nicht beziehbar gewesen.
Mit Bescheid vom 15.06.2007 lehnte die Ag die Übernahme der Umzugskosten ab. Die Zustimmung zum Umzug habe nicht vorgelegen, und die Ast sei auch ausführlich über die Gründe aufgeklärt worden, die einer Zustimmung zum Umzug in die von ihr zum 01.04.2007 angemieteten Wohnung entgegenstünden. Eine Übernahme der Kosten der Unterkunft könne deshalb nur in Höhe der MOG erfolgen.
Mit weiterem Schreiben vom 15.06.2007 teilte die Ag der Ast mit, dass bis einschließlich September 2006 die tatsächlichen Unterkunftskosten erbracht worden seien; der Bescheid (vom 19.09.2006) für die Zeit ab Oktober 2006 sei bestandskräftig. Eine nochmalige Überprüfung des Bescheides sei daher nicht gegeben.
Mit Widerspruch vom 16.07.2007 wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2007 und beantragte, die Zustimmung zum Umzug zu erteilen und die tatsächlichen Unterkunftskosten für die neue Wohnung ab dem Umzugstag zu übernehmen. Ein Umzug sei aufgrund der familiären Situation dringend geboten gewesen und kurzfristig sei eine Wohnung zu den Vorgaben der Ag nicht anzumieten gewesen. Entgegen der von der Ag im Schreiben vom 15.06.2007 vertretenen Auffassung sei - im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand - auch eine Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 veranlasst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies die Ag den Widerspruch vom 16.07.2007 zurück. Die Zustimmung zum Umzug und die Übernahme der dort anfallenden tatsächlichen Unterkunftskosten sei zu Recht abgelehnt worden. Die neue Wohnung sei unangemessen teuer.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Ast am 21.08.2007 Klage zum SG erhoben und beantragt, die Ag zu verurteilen, Alg II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 zu erbringen. Wegen der Größe und der Kosten der Wohnung seien die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere ihr gesundheitlicher Zustand und die Dringlichkeit der Umzuges. Mit Erhebung der Klage hat die Ast die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung der Rechtsanwältin S. T. aus A-Stadt beantragt.
Den Antrag auf PKH hat das Gericht mit Beschluss vom 14.07.2008 - mangels hinreichender Erfolgsaussichten - abgelehnt. Gegenstand des Bescheides vom 15.06.2007 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 sei allein die Übernahme von Umzugskosten und die Zusicherung der Ag, die tatsächlichen Kosten für die neue Wohnung zu übernehmen. Das geltend gemachte Klagebegehren, die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 sei nicht Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 gewesen. Die Unterkunftskosten für die Zeit ab April 2007 seien mit dem nicht angefochtenen Bescheid vom 27.03.2007 bewilligt worden. Soweit nunmehr Leistungen für diesen Zeitraum begehrt würden, sei eine Entscheidung der Ag in Bezug auf den von der Ast gestellten Überprüfungsantrag abzuwarten, den die Ast zwar gestellt habe. Eine Entscheidung hierüber habe die Ag jedoch bislang nicht getroffen. Auch soweit die Anerkennung der Notwendigkeit des konkreten Umzuges begehrt werde, seien Erfolgsaussichten nicht zu erkennen, weil die neue Wohnung der Ast unangemessen erscheine. Anhaltspunkte dafür, dass der Ast ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung nicht möglich gewesen sein soll, seien nicht zu erkennen.
Gegen diesen Beschluss hat die Ast am 23.07.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es sei zwar einzuräumen, dass die neue Wohnung für einen Alleinstehenden unangemessen teuer erscheine. Ihre besondere Situation, insbesondere die Gewalttätigkeit ihres Ehemannes und ihre Erkrankung machten jedoch einen sofortigen Umzug erforderlich, und die neue Wohnung sei die einzige Wohnung gewesen, für die sie kurzfristig eine Zusage erhalten habe.
Das SG hat die Beschwerde am 25.08.2008, nach Abweisung der Klage mit Urteil vom 30.07.2008 (Zustellung des Urteils am 19.08.2008), an das Bayerische Landessozialgericht weitergeleitet.
Mit dem Urteil hat das SG die Leistungsklage in Bezug auf die ab 01.04.2007 zu erbringenden Leistungen als unzulässig verworfen. Der maßgebliche Bescheid vom 27.03.2007 sei bestandskräftig, und die Ag habe über den Überprüfungsantrag noch nicht entschieden. Insoweit wäre allenfalls die Erhebung einer Untätigkeitsklage geboten gewesen. Es fehlten jedoch die Sachurteilsvoraussetzungen für eine Leistungsklage. In Bezug auf das Begehren, die Notwendigkeit des konkreten Umzuges anzuerkennen, sei die erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, weil die von der Ast gewählte Wohnung offenkundig unangemessen sei, und die persönliche Situation der Ast auch andere Möglichkeiten geboten hätte, sodass der Umzug in die neue Wohnung nicht die einzig denkbare Lösung dargestellt habe. Gegen das Urteil hat die Ast am 12.09.2008 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel ist begründet. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH vom 21.08.2007 ist stattzugeben.
Nach § 73a Absatz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei (im sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998 in SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 73a Rdnr.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Hierbei ist zu beachten, dass die Klärung schwieriger Rechtsfragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.04.2000 in NJW 2000, 1936; BVerfG, Beschluss vom 05.02.2003 in NJW 2003, 1857) sowie Beweiserhebungen zur Sache in einem PKH-Verfahren regelmäßig nicht veranlasst sind. Die Gewährung von PKH soll den Rechtsschutz ermöglichen, ihn jedoch nicht vorwegnehmen. Allerdings müssen dabei letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeschlossen werden (Düring in Jansen, Kommentar zum SGG, 1. Auflage 2003,
§ 73a Rdnr.7).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Ast Anspruch auf PKH für das Verfahren vor dem SG, denn im vorliegenden Rechtsstreit war zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrages ein Klageerfolg nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, sodass die Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig erscheinen musste.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 30.07.2008 selbst dargelegt, dass der materiell-rechtlich geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 durchaus bestehe.
Die Geltendmachung dieses Anspruches hat das SG jedoch zu Unrecht als unzulässig angesehen, weil die Ag den entsprechenden Überprüfungsantrag noch nicht verbeschieden habe.
Dies erscheint aus Sicht des Senates unzutreffend, weil die Ag mit ihrem Bescheid vom 15.06.2007 auch eine Regelung für den Einzelfall dergestalt getroffen hat, dass die Übernahme der Unterkunftskosten auf die MOG beschränkt werde. Mit dieser Entscheidung hat es die Ag inzident abgelehnt, den bislang bestandskräftigen Bescheid vom 27.03.2007 abzuändern, sodass entgegen der Auffassung des SG bereits eine Entscheidung in Bezug auf den Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 22.05.2007 getroffen war. Die Ast hat im Rahmen des Widerspruches vom 16.07.2007 u.a. auch die tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 geltend gemacht ("tatsächliche Unterkunftskosten ... ab dem Umzugstag"), und die Ag hat über diesen Anspruch im Rahmen des Widerspruchsbescheides entschieden ("Der Antrag ... auf Übernahme der dortigen Unterkunftskosten wurde daher zu Recht abgelehnt").
Für das SG bestand daher kein Anlass den PKH-Antrag abzulehnen, weil die Sachurteilsvoraussetzungen in Bezug auf den (allein) geltend gemachten Anspruch vorgelegen und zumindest Aussichten auf einen Teilerfolg bestanden haben.
Auch nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Ast sind die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH ohne Ratenzahlung gegeben, da sie - nach Angaben der Ag - nur Leistungen nach dem SGB II bezieht. Es ist weder Einkommen noch Vermögen vorhanden, das die Ast in zumutbarer Weise verwerten könnte, um die Kosten des Prozesses aufzubringen, so dass Ratenzahlungen nicht zu leisten sind.
Ist die Vertretung durch Anwälte, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, nicht vorgeschrieben, so wird dem Beteiligten auf dessen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 202 SGG i.V.m. § 121 Abs.2 ZPO.
Der Senat hält im vorliegenden Fall die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für erforderlich, § 121 Abs.2 ZPO, weil neben tatsächlichen Umständen rechtliche Fragen komplexer Natur zu klären waren, die einen juristischen Laien regelmäßig überfordern.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg ohne Ratenzahlung bewilligt.
Der Antragstellerin wird Frau Rechtsanwältin S. T., A-Stadt beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG). Dort stand im Streit die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten der Ast.
Die Ast bezog seit 01.01.2005 - mit Unterbrechungen - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu Beginn des Leistungsbezuges lebte die Ast zusammen mit ihrem Ehemann in einer Wohnung, deren Unterkunftskosten (Miete zzgl. kalter Nebenkosten) die Antragsgegnerin (Ag) für die Zeit ab dem 01.10.2006 nicht mehr in der tatsächlichen Höhe (491,00 EUR), sondern nur noch in Höhe der Mietobergrenze (MOG) von 312,00 EUR erstattete. Die tatsächlichen Unterkunftskosten seien unangemessen. Der hierzu ergangene Bescheid vom 20.09.2006 wurde nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 nicht weiter mit Rechtsmitteln angegriffen.
Nach dem Fortzahlungsantrag vom 19.03.2007 teilte die Ast der Ag im Rahmen eiern persönlichen Vorsprache mit, dass sie zum 01.04.2007 aus der bisherigen Wohnung ausziehen werde. Den Mietvertrag für die neue Wohnung (65qm; Miete: 400,00 EUR; kalte Nebenkosten: 140,00 EUR) habe sie bereits am 09.03.2007 unterschrieben.
Mit Bescheid vom 27.03.2007 bewilligte die Ag der Ast für den Leistungszeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 Alg II in Höhe von 734,46 EUR monatlich. Die Unterkunftskosten berücksichtigte die Ag weiterhin in Höhe von 312,00 EUR, weil der Umzug der Ast nicht genehmigt worden sei, denn die neue Wohnung sei ebenfalls unangemessen teuer.
Am 22.05.2007 machte die Ast geltend, dass über ihren Antrag auf Zustimmung zum Umzug, die Übernahme der Umzugskosten und der Kaution für die neue Wohnung noch nicht entschieden worden sei. Darüber hinaus beantragte sie, sämtliche Bescheide seit März 2006 dahingehend zu überprüfen, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen würden. Der Umzug in die neue Wohnung sei erforderlich gewesen, weil sie sich vor ihrem Ehemann, von dem sie getrennt lebe, habe schützen müssen. Kurzfristig sei eine Unterkunft zu den Vorgaben der Ag nicht beziehbar gewesen.
Mit Bescheid vom 15.06.2007 lehnte die Ag die Übernahme der Umzugskosten ab. Die Zustimmung zum Umzug habe nicht vorgelegen, und die Ast sei auch ausführlich über die Gründe aufgeklärt worden, die einer Zustimmung zum Umzug in die von ihr zum 01.04.2007 angemieteten Wohnung entgegenstünden. Eine Übernahme der Kosten der Unterkunft könne deshalb nur in Höhe der MOG erfolgen.
Mit weiterem Schreiben vom 15.06.2007 teilte die Ag der Ast mit, dass bis einschließlich September 2006 die tatsächlichen Unterkunftskosten erbracht worden seien; der Bescheid (vom 19.09.2006) für die Zeit ab Oktober 2006 sei bestandskräftig. Eine nochmalige Überprüfung des Bescheides sei daher nicht gegeben.
Mit Widerspruch vom 16.07.2007 wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 15.06.2007 und beantragte, die Zustimmung zum Umzug zu erteilen und die tatsächlichen Unterkunftskosten für die neue Wohnung ab dem Umzugstag zu übernehmen. Ein Umzug sei aufgrund der familiären Situation dringend geboten gewesen und kurzfristig sei eine Wohnung zu den Vorgaben der Ag nicht anzumieten gewesen. Entgegen der von der Ag im Schreiben vom 15.06.2007 vertretenen Auffassung sei - im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand - auch eine Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2006 veranlasst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 wies die Ag den Widerspruch vom 16.07.2007 zurück. Die Zustimmung zum Umzug und die Übernahme der dort anfallenden tatsächlichen Unterkunftskosten sei zu Recht abgelehnt worden. Die neue Wohnung sei unangemessen teuer.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Ast am 21.08.2007 Klage zum SG erhoben und beantragt, die Ag zu verurteilen, Alg II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 zu erbringen. Wegen der Größe und der Kosten der Wohnung seien die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere ihr gesundheitlicher Zustand und die Dringlichkeit der Umzuges. Mit Erhebung der Klage hat die Ast die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung der Rechtsanwältin S. T. aus A-Stadt beantragt.
Den Antrag auf PKH hat das Gericht mit Beschluss vom 14.07.2008 - mangels hinreichender Erfolgsaussichten - abgelehnt. Gegenstand des Bescheides vom 15.06.2007 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 sei allein die Übernahme von Umzugskosten und die Zusicherung der Ag, die tatsächlichen Kosten für die neue Wohnung zu übernehmen. Das geltend gemachte Klagebegehren, die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 sei nicht Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 gewesen. Die Unterkunftskosten für die Zeit ab April 2007 seien mit dem nicht angefochtenen Bescheid vom 27.03.2007 bewilligt worden. Soweit nunmehr Leistungen für diesen Zeitraum begehrt würden, sei eine Entscheidung der Ag in Bezug auf den von der Ast gestellten Überprüfungsantrag abzuwarten, den die Ast zwar gestellt habe. Eine Entscheidung hierüber habe die Ag jedoch bislang nicht getroffen. Auch soweit die Anerkennung der Notwendigkeit des konkreten Umzuges begehrt werde, seien Erfolgsaussichten nicht zu erkennen, weil die neue Wohnung der Ast unangemessen erscheine. Anhaltspunkte dafür, dass der Ast ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung nicht möglich gewesen sein soll, seien nicht zu erkennen.
Gegen diesen Beschluss hat die Ast am 23.07.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es sei zwar einzuräumen, dass die neue Wohnung für einen Alleinstehenden unangemessen teuer erscheine. Ihre besondere Situation, insbesondere die Gewalttätigkeit ihres Ehemannes und ihre Erkrankung machten jedoch einen sofortigen Umzug erforderlich, und die neue Wohnung sei die einzige Wohnung gewesen, für die sie kurzfristig eine Zusage erhalten habe.
Das SG hat die Beschwerde am 25.08.2008, nach Abweisung der Klage mit Urteil vom 30.07.2008 (Zustellung des Urteils am 19.08.2008), an das Bayerische Landessozialgericht weitergeleitet.
Mit dem Urteil hat das SG die Leistungsklage in Bezug auf die ab 01.04.2007 zu erbringenden Leistungen als unzulässig verworfen. Der maßgebliche Bescheid vom 27.03.2007 sei bestandskräftig, und die Ag habe über den Überprüfungsantrag noch nicht entschieden. Insoweit wäre allenfalls die Erhebung einer Untätigkeitsklage geboten gewesen. Es fehlten jedoch die Sachurteilsvoraussetzungen für eine Leistungsklage. In Bezug auf das Begehren, die Notwendigkeit des konkreten Umzuges anzuerkennen, sei die erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, weil die von der Ast gewählte Wohnung offenkundig unangemessen sei, und die persönliche Situation der Ast auch andere Möglichkeiten geboten hätte, sodass der Umzug in die neue Wohnung nicht die einzig denkbare Lösung dargestellt habe. Gegen das Urteil hat die Ast am 12.09.2008 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel ist begründet. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH vom 21.08.2007 ist stattzugeben.
Nach § 73a Absatz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei (im sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998 in SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 73a Rdnr.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Hierbei ist zu beachten, dass die Klärung schwieriger Rechtsfragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.04.2000 in NJW 2000, 1936; BVerfG, Beschluss vom 05.02.2003 in NJW 2003, 1857) sowie Beweiserhebungen zur Sache in einem PKH-Verfahren regelmäßig nicht veranlasst sind. Die Gewährung von PKH soll den Rechtsschutz ermöglichen, ihn jedoch nicht vorwegnehmen. Allerdings müssen dabei letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeschlossen werden (Düring in Jansen, Kommentar zum SGG, 1. Auflage 2003,
§ 73a Rdnr.7).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Ast Anspruch auf PKH für das Verfahren vor dem SG, denn im vorliegenden Rechtsstreit war zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrages ein Klageerfolg nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, sodass die Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig erscheinen musste.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 30.07.2008 selbst dargelegt, dass der materiell-rechtlich geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 durchaus bestehe.
Die Geltendmachung dieses Anspruches hat das SG jedoch zu Unrecht als unzulässig angesehen, weil die Ag den entsprechenden Überprüfungsantrag noch nicht verbeschieden habe.
Dies erscheint aus Sicht des Senates unzutreffend, weil die Ag mit ihrem Bescheid vom 15.06.2007 auch eine Regelung für den Einzelfall dergestalt getroffen hat, dass die Übernahme der Unterkunftskosten auf die MOG beschränkt werde. Mit dieser Entscheidung hat es die Ag inzident abgelehnt, den bislang bestandskräftigen Bescheid vom 27.03.2007 abzuändern, sodass entgegen der Auffassung des SG bereits eine Entscheidung in Bezug auf den Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 22.05.2007 getroffen war. Die Ast hat im Rahmen des Widerspruches vom 16.07.2007 u.a. auch die tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum 01.04.2007 bis 30.09.2007 geltend gemacht ("tatsächliche Unterkunftskosten ... ab dem Umzugstag"), und die Ag hat über diesen Anspruch im Rahmen des Widerspruchsbescheides entschieden ("Der Antrag ... auf Übernahme der dortigen Unterkunftskosten wurde daher zu Recht abgelehnt").
Für das SG bestand daher kein Anlass den PKH-Antrag abzulehnen, weil die Sachurteilsvoraussetzungen in Bezug auf den (allein) geltend gemachten Anspruch vorgelegen und zumindest Aussichten auf einen Teilerfolg bestanden haben.
Auch nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Ast sind die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH ohne Ratenzahlung gegeben, da sie - nach Angaben der Ag - nur Leistungen nach dem SGB II bezieht. Es ist weder Einkommen noch Vermögen vorhanden, das die Ast in zumutbarer Weise verwerten könnte, um die Kosten des Prozesses aufzubringen, so dass Ratenzahlungen nicht zu leisten sind.
Ist die Vertretung durch Anwälte, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, nicht vorgeschrieben, so wird dem Beteiligten auf dessen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 202 SGG i.V.m. § 121 Abs.2 ZPO.
Der Senat hält im vorliegenden Fall die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für erforderlich, § 121 Abs.2 ZPO, weil neben tatsächlichen Umständen rechtliche Fragen komplexer Natur zu klären waren, die einen juristischen Laien regelmäßig überfordern.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
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