Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 27/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 24/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte auch verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2008 14.665,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils anteilige monatliche 205,00 EUR seit dem 1. Februar 2003 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils monatlich anteilige 215,00 EUR seit dem 1. Februar 2008 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 monatlich 215,00 EUR, zahlbar erstmals zum 1. Januar 2009 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, jeweils ab dem 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, zu zahlen. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für beide Instanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 nebst Zinsen beanspruchen kann.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit privat versichert. Er leidet seit Jahren an zahlreichen Erkrankungen, so u. a. an ausgeprägten Phobien mit Angstvorstellungen, Aids, zentralbedingten Krämpfen sowie einer Polyneuropathie. Seit 1991 bezieht er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie ergänzend dazu eine Rente wegen Berufsunfähigkeit aus einer privaten Rentenversicherung. Darüber hinaus ist er seit Jahren als Schwerbehinderter anerkannt, und zwar seit September 2002 mit einem Grad der Behinderung von 100 sowie den Merkzeichen "B" und "G". Seit Februar 2003 ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" und seit September 2005 das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" festgestellt worden. Der Kläger wohnt seit Jahren zusammen mit seinem Lebenspartner in einem Reihenhaus in B, dessen Stockwerke mit einer insgesamt 32stufigen Wendeltreppe miteinander verbunden sind. Im Erdgeschoss des Hauses befinden sich die Küche sowie das vom Kläger und seinem Lebenspartner gemeinsam genutzte Wohn- und Esszimmer. Im ersten Stock des Hauses liegen die Zimmer des Lebenspartners sowie das gemeinsam genutzte Badezimmer, das mit einer Badewanne, einem Handwaschbecken und einer Toilette ausgestattet ist. Im zweiten Stock des Hauses befindet sich das Wohn- und Schlafzimmer des Klägers, der von seinem Lebenspartner betreut und gepflegt wird.
Am 30. Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I zu zahlen. Die Beklagte beauftragte daraufhin die Gesellschaft für medizinische Gutachten M GmbH (M GmbH) mit der Begutachtung des Klägers zur Frage der Pflegebedürftigkeit. In ihrem Gutachten vom 29. August 2002 kam die Ärztin Dr. R nach Durchführung eines Hausbesuchs zu dem Ergebnis: Der Kläger sei nicht erheblich pflegebedürftig. Denn er benötige Hilfen nur im Umfang von 68 Minuten pro Tag, von denen 23 Minuten auf den Bereich der Grundpflege und 45 Minuten auf den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung entfielen. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit ihrem Schreiben vom 13. September 2002 ab. Nachdem sich der Kläger unter Bezugnahme auf von ihm für die Zeit vom 7. bis zum 13. Oktober 2002 erstellte "Pflegeprotokolle" mit dieser Entscheidung nicht einverstanden erklärt hatte, holte die Beklagte ein weiteres Gutachten bei der M GmbH ein. Der mit der Erstattung dieses Gutachtens beauftragte Arzt Dr. K legte nach Durchführung eines nochmaligen Hausbesuchs in seinem Gutachten vom 16. Dezember 2002 dar: Das Ergebnis der Vorbegutachtung könne bestätigt werden. Denn es habe sich auch bei der nochmaligen Begutachtung des Klägers kein Pflegebedarf feststellen lassen, der für die Anerkennung der Pflegestufe I ausreiche. Der Kläger, der seinen Psychiater, seinen Internisten und seinen Hautarzt häufig aufsuche, benötige zwar Hilfen im Bereich der Grundpflege beim Waschen des Rückens, beim Ein- und Aussteigen aus der Badewanne, beim An- und Ausziehen der ärztlich verordneten Stützstrumpfhose, beim Verlassen der Wohnung und beim Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie darüber hinaus Hilfen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Für diese Hilfen seien jedoch insgesamt nur 78 Minuten pro Tag aufzuwenden, von denen 33 Minuten auf den Bereich der Grundpflege und 45 Minuten auf den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung entfielen. Die für den Bereich der Grundpflege ermittelten 33 Minuten setzten sich aus 9 Minuten für den Bereich der Körperpflege und 24 Minuten für den Bereich der Mobilität zusammen. Die 24 Minuten für den Bereich der Mobilität wiederum seien in 10 Minuten für das An- und Ausziehen der Stützstrumpfhose, 12 Minuten für das Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie 2 Minuten für das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne aufzuteilen. Mit Blick auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit ihrem Schreiben vom 6. Januar 2003 erneut ab, weil sich auch im Rahmen der Zweitbegutachtung nicht habe feststellen lassen, dass der Kläger pflegebedürftig sei.
Mit seiner am 28. Januar 2003 erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung Pflegegeld der Pflegestufe I vom 1. Januar 2003 an zu gewähren. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Er habe Anspruch auf die beantragte Leistung. Denn er sei bereits ab Antragstellung erheblich pflegebedürftig im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung, die seinem mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag zugrunde lägen. An die gegenteilige Einschätzung der Gutachter Dr. R und Dr. K seien er und die Beklagte nicht gebunden. Denn abgesehen davon, dass diese Einschätzung schon deshalb fehlerhaft sei, weil die Gutachter die von ihm auch schon seit dem Jahre 2002 absolvierten Arztbesuche nicht –ausreichend – berücksichtigt hätten, habe er mit der Beklagten keine Vereinbarung darüber getroffen, dass die Feststellungen der von ihr beauftragten Gutachter Bindungswirkung entfalten sollten. Im Übrigen habe sich sein Gesundheitszustand seit der Begutachtung durch Dr. R und Dr. K weiter verschlechtert, was sich bereits aus der Entwicklung seiner Verfahren nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches sowie den in diesen Verfahren eingeholten Gutachten ergebe.
Das Sozialgericht hat die den Kläger betreffenden Akten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales B – Versorgungsamt – beigezogen und hieraus zahlreiche Ablichtungen gefertigt. Des Weiteren hat es den Arzt für Psychiatrie Prof. Dr. Z mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat nach Durchführung eines Hausbesuchs in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 ausgeführt: Bei dem Kläger bestehe im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von 80,78 Minuten pro Tag, von denen 13 Minuten auf den Bereich der Körperpflege und 67,78 Minuten auf den Bereich der Mobilität entfielen. Von den auf den Bereich der Mobilität entfallenden 67,78 Minuten seien 29 Minuten für das An- und Ausziehen, das Stehen und Treppensteigen, 34,78 Minuten für diverse Arztbesuche und 4 Minuten für den nächtlichen Toilettenbesuch zu veranschlagen. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung belaufe sich der Hilfebedarf auf 100 Minuten pro Tag. Zumindest die psychiatrischen bzw. nervenärztlichen Konsultationen seien im Fall des Klägers wöchentlich unbedingt indiziert, wobei allein zu überlegen wäre, statt der regelmäßigen psychiatrischen Gespräche eine reguläre Psychotherapie durchzuführen, die dann einen Zeitaufwand nach sich zöge, der dem jetzigen Zeitaufwand für die Besuche bei dem Nervenarzt Dr. H ähnlich wäre. Dieser Zeitaufwand sei mit 45 Minuten pro Wegstrecke zu bemessen. Ein Pflegebedarf, der jenseits der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen zur Einstufung in die Pflegestufe I liege, bestehe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bereits seit Antragstellung. Den von diesem Ergebnis abweichenden Gutachten von Dr. R und Dr. K könne nicht gefolgt werden, weil die Gutachter insbesondere den Hilfebedarf im Bereich der Mobilität zu gering eingeschätzt hätten. Dies gelte vor allem für das Gutachten von Dr. K, weil darin die Wege des Klägers zu den Mahlzeiten in die untere Etage sowie die Arztbesuche nicht berücksichtigt worden seien. Mit seinem Urteil vom 30. März 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung Pflegegeld der Pflegestufe I vom 1. Januar 2003 an zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und begründet. Der Kläger habe nach den genannten Versicherungsbedingungen ab dem 1. Januar 2003 Anspruch auf die beantragten Leistungen, was sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. Z ergebe. Der dort festgestellte Hilfebedarf in der Grundpflege von 80,78 Minuten sei zwar um insgesamt 19,73 Minuten für die Arztbesuche des Klägers beim Orthopäden und beim Hautarzt zu bereinigen. Mit den restlichen 61,05 Minuten, die sich unter Berücksichtigung der übrigen, bei einer Gesamtschau zu einer wöchentlichen Frequenz führenden Arztbesuche ergäben, überschreite der Kläger aber noch immer den für die Einstufung in die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwert. An das Gutachten von Dr. K vom 16. Dezember 2002 sei der Kläger jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar 2003 an nicht mehr gebunden. Denn der Kläger habe mit seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 eine Verschlimmerung insbesondere seiner psychischen Erkrankungen geltend gemacht. Da die Beklagte gleichwohl kein weiteres Gutachten eingeholt habe, habe das Gericht ein solches Gutachten einholen müssen. Nach diesem Gutachten lägen die Voraussetzungen der Pflegestufe I jedenfalls seit dem 1. Januar 2003 vor.
Gegen dieses ihr am 20. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Juli 2006 bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Das Urteil des Sozialgerichts sei aufzuheben. Denn abgesehen davon, dass es sich bei diesem Urteil um ein unzulässiges Feststellungsurteil handele, lägen auch die Voraussetzungen für die ausgeurteilte Feststellung zur Leistungsverpflichtung nicht vor. Letzteres ergebe sich aus den von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten aus dem Jahre 2002, die nach den zwischen ihr und dem Kläger vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen Bindungswirkung entfalteten. Soweit Gutachten, die von ihr zur Frage der Pflegebedürftigkeit eingeholt worden seien, nur dann nicht bindend seien, wenn sie – unter Zugrundelegung des Sachstands und der Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung – offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen, seien diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt. Insbesondere lasse sich der Wegfall der Bindungswirkung nicht mit dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Z begründen, weil sich die Feststellungen des Sachverständigen auf den Zeitpunkt seiner Begutachtung bezögen. Dieses Gutachten, dem zudem auch inhaltlich nicht gefolgt werden könne, hätte hier im Übrigen auch gar nicht eingeholt werden dürfen. Denn abgesehen davon, dass sich der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 auf eine bereits Mitte 2002 eingetretene Verschlechterung seines Gesundheitszustandes berufen habe, die in den von ihr eingeholten Gutachten zutreffend gewürdigt worden sei, hätte das Sozialgericht im Falle einer erst später behaupteten Verschlechterung zunächst einmal sie zu einer erneuten Begutachtung auffordern müssen, die sie dann selbstverständlich auch in die Wege geleitet hätte.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2006 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2006 zurückzuweisen, und zwar mit der Maßgabe, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2008 14.665,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils anteilige 205,00 EUR seit dem 1. Februar 2003 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils anteilige 215,00 EUR seit dem 1. Februar 2008 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 215,00 EUR monatlich, zahlbar erstmals zum 1. Januar 2009 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, jeweils ab dem 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat zu zahlen.
Er hält das angegriffene Urteil, das um die beantragte Maßgabe zu ergänzen sei, für zutreffend. Ergänzend überreicht er neben weiteren medizinischen Unterlagen, ausweislich derer er nunmehr auch an einer Harn- und Stuhlinkontinenz leide und Tages- und Nachtwindeln benötige, ein "Tagebuch"/"Pflegejahrbuch" für das Jahr 2006, in dem er im Wesentlichen die von ihm absolvierten Arztbesuche eingetragen hat.
Das Landessozialgericht hat Prof. Dr. Z unter Ernennung zum Sachverständigen auch für das Berufungsverfahren um Stellungnahme gebeten, ob die neuen Unterlagen geeignet seien, von seiner Beurteilung abzuweichen. In seiner nach Aktenlage erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 21. Februar 2007, deren Einholung die Beklagte als unzulässig beanstandet hat, hat der Sachverständige ausgeführt, dass er nach Durchsicht sämtlicher Akten keinen Anlass sehe, seine bisherige Einschätzung zu modifizieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angegriffene Urteil, mit der das Sozialgericht entgegen der Auffassung der Beklagten keine Feststellung getroffen, sondern die Beklagte antragsgemäß zu einer Leistung verurteilt hat, ist im Ergebnis zutreffend. Auf Antrag des Klägers war es durch den Senat um die sich aus dem Tenor ergebende Maßgabe zu ergänzen.
Wie das Sozialgericht mit Recht entschieden hat, erweist sich die in der Hauptsache nach wie vor auf die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 gerichtete Klage als zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, den das Sozialgericht nach § 17 a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes für den Senat mit bindender Wirkung stillschweigend bejaht hat, ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eröffnet. Richtige Klageart ist die isolierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG. Einer zusätzlichen Anfechtungsklage bedurfte es nicht. Denn die Beklagte ist als privates Versicherungsunternehmen nicht befugt, zur Regelung der zwischen ihr und ihren Versicherungsnehmern oder Versicherten bestehenden Rechtsverhältnisse Verwaltungsakte zu erlassen, und hat dementsprechend die Ablehnung der vom Kläger beanspruchten Leistung auch nur durch schriftliche Mitteilungen, nicht aber durch förmliche Bescheide (Verwaltungsakte) ausgesprochen. Mangels Verwaltungsakts bedurfte es auch der Durchführung eines Vorverfahrens im Sinne des § 78 SGG nicht. Vielmehr reicht es aus, dass der Kläger die von ihm beanspruchte Leistung zunächst bei der Beklagten geltend gemacht und sie diese Leistung endgültig abgelehnt hat, so dass Rechtsschutz nur noch durch Beschreitung des Klagewegs gewährt werden kann. Eine Klagefrist hatte der Kläger nicht einzuhalten, weil das Prozessrecht des SGG für Leistungsklagen keine Klagefrist kennt und sich – unabhängig davon, ob dies dort überhaupt geregelt werden dürfte – auch aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegeversicherung und den diesem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung (Teil I - Bedingungsteil MB/PPV - sowie Teil II - Tarif PV -) keine derartige Sachurteilsvoraussetzung entnehmen lässt. Hieran ändert nichts, dass in § 17 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV eine "Klagefrist" von sechs Monaten vorgesehen ist, die beginnt, nachdem der Versicherer den Anspruch auf Versicherungsleistungen dem Grunde oder der Höhe nach unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt hat. Denn diese Vorschrift räumt dem Versicherer nur einen materiell-rechtlichen Leistungseinwand ein. Zudem hat der Kläger die Frist von sechs Monaten mit seiner am 28. Januar 2003 beim Sozialgericht eingegangenen Klage aber auch gewahrt, weil die Beklagte die beanspruchte Leistung zuletzt mit ihrem Schreiben vom 6. Januar 2003 abgelehnt hat und der Kläger bei vernünftiger Betrachtung bereits mit seiner Klageschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sich sein Begehren auf die von der Beklagten abgelehnte Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I jedenfalls auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 richtet. Dass der Kläger seinen Anspruch im erstinstanzlichen Verfahren nicht summenmäßig beziffert hat, erweist sich hierbei als unschädlich.
Wie das Sozialgericht des Weiteren mit Recht entschieden hat, ist die in der Hauptsache nach wie vor auf die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 gerichtete Klage auch begründet. Denn dem Kläger steht die von ihm beanspruchte Leistung zu, wobei es – wie bei Leistungsklagen im Allgemeinen – für die Beurteilung des Klagebegehrens grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt.
Anspruchsgrundlage für das Leistungsbegehren des Klägers ist der mit § 178 b Abs. 4 VVG in der bis zum 31. Dezember 2007 maßgeblichen Fassung (a. F.) weitgehend übereinstimmende § 192 Abs. 6 VVG in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (n. F.) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegeversicherung und den oben genannten weiteren Rechtsquellen, die Leistungen der privaten Pflegeversicherung vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) gleichwertig sind (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 1 SGB XI). Hiernach beträgt das Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I bis zum 30. Juni 2008 205,00 EUR monatlich und ab dem 1. Juli 2008 215,00 EUR monatlich. Der Anspruch auf Zahlung dieses Pflegegeldes setzt voraus, dass der Anspruchsteller pflegebedürftig ist und mindestens der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf, die in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Für die Beurteilung der Frage, ob diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sind die §§ 1 Abs. 9 Satz 1 und 6 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV zu beachten, wonach der Versicherungsfall mit der ärztlichen Feststellung der Pflegebedürftigkeit beginnt, die durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt (hier die Ärzte der M GmbH) zu treffen ist. An die Feststellungen des vom Versicherer beauftragten ärztlichen Sachverständigen zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder zur Höhe des Schadens sind der Versicherer und der hier mit dem Versicherten identische Versicherungsnehmer nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F.) grundsätzlich gebunden, wenn dies – wie hier – durch § 6 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV vertraglich vereinbart worden ist. Die Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen sind nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, wobei auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung abzustellen ist. Hierbei ist eine erhebliche Abweichung grundsätzlich dann gegeben, wenn sie eine abweichende Entscheidung nach sich ziehen würde. Offensichtlich ist die Abweichung dann, wenn sie für einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter nach gewissenhafter Prüfung klar und deutlich zu Tage tritt. Fehlt es an einer derartigen Abweichung, hat das Gericht die ärztlicherseits getroffenen Feststellungen grundsätzlich zu übernehmen. Dies bedeutet, dass dem Gericht unter Beschränkung der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungspflicht Beweiserhebung und Beweiswürdigung im Umfang dieser Feststellungen prinzipiell entzogen sind. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich das Gesamtergebnis der ärztlichen Feststellungen. Sind allerdings abgrenzbare Teilbereiche der Feststellungen fehlerhaft, so sind diese – soweit "offenbar erheblich" – selbständig angreifbar; nur der Rest bleibt verbindlich. Liegt der Fehler in der Unvollständigkeit des Gutachtens, sind also bestimmte Sachverhaltselemente gar nicht angesprochen und berücksichtigt worden und ist diese Unterlassung unbewusst geschehen, führt dies zur Anwendbarkeit des § 84 Abs. 1 Satz 2 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 S. 2 VVG a. F.), mithin zur Feststellung durch richterliche Entscheidung. Insoweit erfährt der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz keine Beschränkungen (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4 – 3300 § 23 Nr. 2 und BSG SozR 4 – 7690 § 64 Nr. 1).
Hiernach hat der Kläger Anspruch auf das beantragte Pflegegeld, was sich für den Senat auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. K vom 16. Dezember 2002 ergibt, das das frühere Gutachten von Dr. R vom 29. August 2002 verdrängt. Nach diesem Gutachten beläuft sich der Hilfebedarf des Klägers zwar nicht wöchentlich im Tagesdurchschnitt auf mindestens 90 Minuten, sondern lediglich auf 78 Minuten. Ferner beträgt der Grundpflegebedarf des Klägers nach diesem Gutachten auch nicht mehr als 45 Minuten, sondern lediglich 33 Minuten pro Tag. Die angegebenen Zeitwerte sind jedoch um einen Hilfebedarf von mindestens 13 Minuten in der Grundpflege zu ergänzen, so dass die für die Einstufung in die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwerte erreicht bzw. überschritten werden.
An dieser Ergänzung sieht sich der Senat trotz der Bindungswirkung des § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F.) nicht gehindert. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Gutachten von Dr. K nur insoweit als verbindlich, als der Gutachter den von ihm für berücksichtigungsfähig gehaltenen Verrichtungen Zeitwerte zugeordnet hat. Soweit in dem Gutachten eine solche Zuordnung fehlt, entfaltet es demgegenüber keine Bindungswirkung. Wie der Kläger bereits im Klageverfahren in ausreichendem Maße dargelegt hat, gilt Letzteres hier im Hinblick darauf, dass der Gutachter unter den Punkten 2.2.2 und 2.3.2.1 seines Gutachtens zwar ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Kläger Hilfen beim Verlassen der Wohnung in Form von Begleitung benötige und er seinen Psychiater, seinen Internisten und seinen Hautarzt häufig aufsuche, er diesen der Grundpflege zuzurechnenden Mobilitätsbedarf jedoch bei der Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs außer Betracht gelassen und im Bereich der Mobilität Zeitwerte nur für das An- und Ausziehen der Stützstrumpfhose, das Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne anerkannt hat. Das Gutachten ist insoweit für einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter nach gewissenhafter Prüfung klar und deutlich unvollständig, wobei davon auszugehen ist, dass der Gutachter den aus den Arztbesuchen resultierenden Mobilitätsbedarf bei der Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs schlichtweg übersehen hat, mithin eine unbewusste Unvollständigkeit vorliegt. Denn hätte der Gutachter einen solchen Bedarf bewusst verneinen wollen, hätte er dies näher begründen und sich insbesondere zur Frage der Notwendigkeit und Häufigkeit äußern müssen, woran es hier fehlt.
Der unberücksichtigt gebliebene Mobilitätsbedarf ist hier mit mindestens 13 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt zu bemessen und erweist sich damit zugleich als rechtlich relevant, weil diese 13 Minuten ausreichen, um den Kläger in die Pflegestufe I einzustufen. Dass der unberücksichtigt gebliebene Mobilitätsbedarf mindestens 13 Minuten beträgt, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Hierbei geht der Senat bereits nach den Angaben des Klägers und den von ihm zu den Akten gereichten Attesten und Arztrechnungen davon aus, dass er jedenfalls seinen ihn auch schon im Jahre 2002 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. H mindestens einmal wöchentlich aufgesucht hat und diese Arztbesuche – was im Übrigen auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. Z in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 bestätigt hat – medizinisch indiziert gewesen sind. Da Dr. H seine Praxis in B betreibt und der Kläger in B wohnt, sind insoweit Fahrzeiten von mindestens 45 Minuten pro Wegstrecke bzw. 90 Minuten pro Arztbesuch angefallen, bei denen der Kläger nach dem Gutachten von Dr. K der Begleitung bedurfte. Diese 90 Minuten entsprechen einem zusätzlichen Hilfebedarf von aufgerundet mindestens 13 Minuten pro Tag.
Da sonstige Leistungshindernisse nicht bestehen, die Beklagte sich aus den oben dargelegten Gründen zur Klagefrist insbesondere nicht nach § 17 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV auf eine verspätete Geltendmachung des verfolgten Leistungsanspruchs berufen kann, war das erstinstanzliche Urteil nach allem zu bestätigen, ohne dass es darauf ankommt, ob und gegebenenfalls ab wann sich der Gesundheitszustand des Klägers nach seiner Begutachtung durch Dr. K verschlechtert hat und welche rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sind. Soweit es das Sozialgericht unterlassen hat, das dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 zuerkannte Pflegegeld zu beziffern, war der Tenor des erstinstanzlichen Urteils allerdings dahingehend klarzustellen, dass die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2008 (60 x 205,00 EUR + 11 x 215,00 EUR =) 14.665,00 EUR sowie für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 – nach § 6 Abs. 1 des Bedingungsteils MB/PPV erstmals zahlbar zum 1. Januar 2009 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat – monatlich 215,00 EUR zu zahlen hat.
Überdies war das erstinstanzliche Urteil zu ergänzen um die sich aus dem Tenor ergebende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen. Dieser vom Kläger ausdrücklich beantragten Ergänzung steht nicht entgegen, dass der Kläger den Zinsanspruch erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Denn eine Klageänderung, deren Zulässigkeit von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängig wäre, liegt insoweit nicht vor. Vielmehr hat der Kläger ohne Änderung des Klagegrundes seinen bisherigen Klageantrag lediglich gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG in Bezug auf eine Nebenforderung erweitert, so dass der Senat über diese Nebenforderung in der Sache entscheiden konnte. Der sie betreffende Anspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 nebst Zinsen beanspruchen kann.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit privat versichert. Er leidet seit Jahren an zahlreichen Erkrankungen, so u. a. an ausgeprägten Phobien mit Angstvorstellungen, Aids, zentralbedingten Krämpfen sowie einer Polyneuropathie. Seit 1991 bezieht er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie ergänzend dazu eine Rente wegen Berufsunfähigkeit aus einer privaten Rentenversicherung. Darüber hinaus ist er seit Jahren als Schwerbehinderter anerkannt, und zwar seit September 2002 mit einem Grad der Behinderung von 100 sowie den Merkzeichen "B" und "G". Seit Februar 2003 ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" und seit September 2005 das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" festgestellt worden. Der Kläger wohnt seit Jahren zusammen mit seinem Lebenspartner in einem Reihenhaus in B, dessen Stockwerke mit einer insgesamt 32stufigen Wendeltreppe miteinander verbunden sind. Im Erdgeschoss des Hauses befinden sich die Küche sowie das vom Kläger und seinem Lebenspartner gemeinsam genutzte Wohn- und Esszimmer. Im ersten Stock des Hauses liegen die Zimmer des Lebenspartners sowie das gemeinsam genutzte Badezimmer, das mit einer Badewanne, einem Handwaschbecken und einer Toilette ausgestattet ist. Im zweiten Stock des Hauses befindet sich das Wohn- und Schlafzimmer des Klägers, der von seinem Lebenspartner betreut und gepflegt wird.
Am 30. Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I zu zahlen. Die Beklagte beauftragte daraufhin die Gesellschaft für medizinische Gutachten M GmbH (M GmbH) mit der Begutachtung des Klägers zur Frage der Pflegebedürftigkeit. In ihrem Gutachten vom 29. August 2002 kam die Ärztin Dr. R nach Durchführung eines Hausbesuchs zu dem Ergebnis: Der Kläger sei nicht erheblich pflegebedürftig. Denn er benötige Hilfen nur im Umfang von 68 Minuten pro Tag, von denen 23 Minuten auf den Bereich der Grundpflege und 45 Minuten auf den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung entfielen. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit ihrem Schreiben vom 13. September 2002 ab. Nachdem sich der Kläger unter Bezugnahme auf von ihm für die Zeit vom 7. bis zum 13. Oktober 2002 erstellte "Pflegeprotokolle" mit dieser Entscheidung nicht einverstanden erklärt hatte, holte die Beklagte ein weiteres Gutachten bei der M GmbH ein. Der mit der Erstattung dieses Gutachtens beauftragte Arzt Dr. K legte nach Durchführung eines nochmaligen Hausbesuchs in seinem Gutachten vom 16. Dezember 2002 dar: Das Ergebnis der Vorbegutachtung könne bestätigt werden. Denn es habe sich auch bei der nochmaligen Begutachtung des Klägers kein Pflegebedarf feststellen lassen, der für die Anerkennung der Pflegestufe I ausreiche. Der Kläger, der seinen Psychiater, seinen Internisten und seinen Hautarzt häufig aufsuche, benötige zwar Hilfen im Bereich der Grundpflege beim Waschen des Rückens, beim Ein- und Aussteigen aus der Badewanne, beim An- und Ausziehen der ärztlich verordneten Stützstrumpfhose, beim Verlassen der Wohnung und beim Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie darüber hinaus Hilfen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Für diese Hilfen seien jedoch insgesamt nur 78 Minuten pro Tag aufzuwenden, von denen 33 Minuten auf den Bereich der Grundpflege und 45 Minuten auf den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung entfielen. Die für den Bereich der Grundpflege ermittelten 33 Minuten setzten sich aus 9 Minuten für den Bereich der Körperpflege und 24 Minuten für den Bereich der Mobilität zusammen. Die 24 Minuten für den Bereich der Mobilität wiederum seien in 10 Minuten für das An- und Ausziehen der Stützstrumpfhose, 12 Minuten für das Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie 2 Minuten für das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne aufzuteilen. Mit Blick auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit ihrem Schreiben vom 6. Januar 2003 erneut ab, weil sich auch im Rahmen der Zweitbegutachtung nicht habe feststellen lassen, dass der Kläger pflegebedürftig sei.
Mit seiner am 28. Januar 2003 erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung Pflegegeld der Pflegestufe I vom 1. Januar 2003 an zu gewähren. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Er habe Anspruch auf die beantragte Leistung. Denn er sei bereits ab Antragstellung erheblich pflegebedürftig im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung, die seinem mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag zugrunde lägen. An die gegenteilige Einschätzung der Gutachter Dr. R und Dr. K seien er und die Beklagte nicht gebunden. Denn abgesehen davon, dass diese Einschätzung schon deshalb fehlerhaft sei, weil die Gutachter die von ihm auch schon seit dem Jahre 2002 absolvierten Arztbesuche nicht –ausreichend – berücksichtigt hätten, habe er mit der Beklagten keine Vereinbarung darüber getroffen, dass die Feststellungen der von ihr beauftragten Gutachter Bindungswirkung entfalten sollten. Im Übrigen habe sich sein Gesundheitszustand seit der Begutachtung durch Dr. R und Dr. K weiter verschlechtert, was sich bereits aus der Entwicklung seiner Verfahren nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches sowie den in diesen Verfahren eingeholten Gutachten ergebe.
Das Sozialgericht hat die den Kläger betreffenden Akten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales B – Versorgungsamt – beigezogen und hieraus zahlreiche Ablichtungen gefertigt. Des Weiteren hat es den Arzt für Psychiatrie Prof. Dr. Z mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat nach Durchführung eines Hausbesuchs in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 ausgeführt: Bei dem Kläger bestehe im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von 80,78 Minuten pro Tag, von denen 13 Minuten auf den Bereich der Körperpflege und 67,78 Minuten auf den Bereich der Mobilität entfielen. Von den auf den Bereich der Mobilität entfallenden 67,78 Minuten seien 29 Minuten für das An- und Ausziehen, das Stehen und Treppensteigen, 34,78 Minuten für diverse Arztbesuche und 4 Minuten für den nächtlichen Toilettenbesuch zu veranschlagen. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung belaufe sich der Hilfebedarf auf 100 Minuten pro Tag. Zumindest die psychiatrischen bzw. nervenärztlichen Konsultationen seien im Fall des Klägers wöchentlich unbedingt indiziert, wobei allein zu überlegen wäre, statt der regelmäßigen psychiatrischen Gespräche eine reguläre Psychotherapie durchzuführen, die dann einen Zeitaufwand nach sich zöge, der dem jetzigen Zeitaufwand für die Besuche bei dem Nervenarzt Dr. H ähnlich wäre. Dieser Zeitaufwand sei mit 45 Minuten pro Wegstrecke zu bemessen. Ein Pflegebedarf, der jenseits der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen zur Einstufung in die Pflegestufe I liege, bestehe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bereits seit Antragstellung. Den von diesem Ergebnis abweichenden Gutachten von Dr. R und Dr. K könne nicht gefolgt werden, weil die Gutachter insbesondere den Hilfebedarf im Bereich der Mobilität zu gering eingeschätzt hätten. Dies gelte vor allem für das Gutachten von Dr. K, weil darin die Wege des Klägers zu den Mahlzeiten in die untere Etage sowie die Arztbesuche nicht berücksichtigt worden seien. Mit seinem Urteil vom 30. März 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung Pflegegeld der Pflegestufe I vom 1. Januar 2003 an zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und begründet. Der Kläger habe nach den genannten Versicherungsbedingungen ab dem 1. Januar 2003 Anspruch auf die beantragten Leistungen, was sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. Z ergebe. Der dort festgestellte Hilfebedarf in der Grundpflege von 80,78 Minuten sei zwar um insgesamt 19,73 Minuten für die Arztbesuche des Klägers beim Orthopäden und beim Hautarzt zu bereinigen. Mit den restlichen 61,05 Minuten, die sich unter Berücksichtigung der übrigen, bei einer Gesamtschau zu einer wöchentlichen Frequenz führenden Arztbesuche ergäben, überschreite der Kläger aber noch immer den für die Einstufung in die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwert. An das Gutachten von Dr. K vom 16. Dezember 2002 sei der Kläger jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar 2003 an nicht mehr gebunden. Denn der Kläger habe mit seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 eine Verschlimmerung insbesondere seiner psychischen Erkrankungen geltend gemacht. Da die Beklagte gleichwohl kein weiteres Gutachten eingeholt habe, habe das Gericht ein solches Gutachten einholen müssen. Nach diesem Gutachten lägen die Voraussetzungen der Pflegestufe I jedenfalls seit dem 1. Januar 2003 vor.
Gegen dieses ihr am 20. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Juli 2006 bei Gericht eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Das Urteil des Sozialgerichts sei aufzuheben. Denn abgesehen davon, dass es sich bei diesem Urteil um ein unzulässiges Feststellungsurteil handele, lägen auch die Voraussetzungen für die ausgeurteilte Feststellung zur Leistungsverpflichtung nicht vor. Letzteres ergebe sich aus den von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten aus dem Jahre 2002, die nach den zwischen ihr und dem Kläger vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen Bindungswirkung entfalteten. Soweit Gutachten, die von ihr zur Frage der Pflegebedürftigkeit eingeholt worden seien, nur dann nicht bindend seien, wenn sie – unter Zugrundelegung des Sachstands und der Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung – offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen, seien diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt. Insbesondere lasse sich der Wegfall der Bindungswirkung nicht mit dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Z begründen, weil sich die Feststellungen des Sachverständigen auf den Zeitpunkt seiner Begutachtung bezögen. Dieses Gutachten, dem zudem auch inhaltlich nicht gefolgt werden könne, hätte hier im Übrigen auch gar nicht eingeholt werden dürfen. Denn abgesehen davon, dass sich der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 24. März 2004 auf eine bereits Mitte 2002 eingetretene Verschlechterung seines Gesundheitszustandes berufen habe, die in den von ihr eingeholten Gutachten zutreffend gewürdigt worden sei, hätte das Sozialgericht im Falle einer erst später behaupteten Verschlechterung zunächst einmal sie zu einer erneuten Begutachtung auffordern müssen, die sie dann selbstverständlich auch in die Wege geleitet hätte.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2006 aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2006 zurückzuweisen, und zwar mit der Maßgabe, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2008 14.665,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils anteilige 205,00 EUR seit dem 1. Februar 2003 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2008 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, zahlbar auf jeweils anteilige 215,00 EUR seit dem 1. Februar 2008 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat, und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 215,00 EUR monatlich, zahlbar erstmals zum 1. Januar 2009 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, jeweils ab dem 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat zu zahlen.
Er hält das angegriffene Urteil, das um die beantragte Maßgabe zu ergänzen sei, für zutreffend. Ergänzend überreicht er neben weiteren medizinischen Unterlagen, ausweislich derer er nunmehr auch an einer Harn- und Stuhlinkontinenz leide und Tages- und Nachtwindeln benötige, ein "Tagebuch"/"Pflegejahrbuch" für das Jahr 2006, in dem er im Wesentlichen die von ihm absolvierten Arztbesuche eingetragen hat.
Das Landessozialgericht hat Prof. Dr. Z unter Ernennung zum Sachverständigen auch für das Berufungsverfahren um Stellungnahme gebeten, ob die neuen Unterlagen geeignet seien, von seiner Beurteilung abzuweichen. In seiner nach Aktenlage erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 21. Februar 2007, deren Einholung die Beklagte als unzulässig beanstandet hat, hat der Sachverständige ausgeführt, dass er nach Durchsicht sämtlicher Akten keinen Anlass sehe, seine bisherige Einschätzung zu modifizieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angegriffene Urteil, mit der das Sozialgericht entgegen der Auffassung der Beklagten keine Feststellung getroffen, sondern die Beklagte antragsgemäß zu einer Leistung verurteilt hat, ist im Ergebnis zutreffend. Auf Antrag des Klägers war es durch den Senat um die sich aus dem Tenor ergebende Maßgabe zu ergänzen.
Wie das Sozialgericht mit Recht entschieden hat, erweist sich die in der Hauptsache nach wie vor auf die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 gerichtete Klage als zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, den das Sozialgericht nach § 17 a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes für den Senat mit bindender Wirkung stillschweigend bejaht hat, ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eröffnet. Richtige Klageart ist die isolierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG. Einer zusätzlichen Anfechtungsklage bedurfte es nicht. Denn die Beklagte ist als privates Versicherungsunternehmen nicht befugt, zur Regelung der zwischen ihr und ihren Versicherungsnehmern oder Versicherten bestehenden Rechtsverhältnisse Verwaltungsakte zu erlassen, und hat dementsprechend die Ablehnung der vom Kläger beanspruchten Leistung auch nur durch schriftliche Mitteilungen, nicht aber durch förmliche Bescheide (Verwaltungsakte) ausgesprochen. Mangels Verwaltungsakts bedurfte es auch der Durchführung eines Vorverfahrens im Sinne des § 78 SGG nicht. Vielmehr reicht es aus, dass der Kläger die von ihm beanspruchte Leistung zunächst bei der Beklagten geltend gemacht und sie diese Leistung endgültig abgelehnt hat, so dass Rechtsschutz nur noch durch Beschreitung des Klagewegs gewährt werden kann. Eine Klagefrist hatte der Kläger nicht einzuhalten, weil das Prozessrecht des SGG für Leistungsklagen keine Klagefrist kennt und sich – unabhängig davon, ob dies dort überhaupt geregelt werden dürfte – auch aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegeversicherung und den diesem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die private Pflegepflichtversicherung (Teil I - Bedingungsteil MB/PPV - sowie Teil II - Tarif PV -) keine derartige Sachurteilsvoraussetzung entnehmen lässt. Hieran ändert nichts, dass in § 17 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV eine "Klagefrist" von sechs Monaten vorgesehen ist, die beginnt, nachdem der Versicherer den Anspruch auf Versicherungsleistungen dem Grunde oder der Höhe nach unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt hat. Denn diese Vorschrift räumt dem Versicherer nur einen materiell-rechtlichen Leistungseinwand ein. Zudem hat der Kläger die Frist von sechs Monaten mit seiner am 28. Januar 2003 beim Sozialgericht eingegangenen Klage aber auch gewahrt, weil die Beklagte die beanspruchte Leistung zuletzt mit ihrem Schreiben vom 6. Januar 2003 abgelehnt hat und der Kläger bei vernünftiger Betrachtung bereits mit seiner Klageschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sich sein Begehren auf die von der Beklagten abgelehnte Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I jedenfalls auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 richtet. Dass der Kläger seinen Anspruch im erstinstanzlichen Verfahren nicht summenmäßig beziffert hat, erweist sich hierbei als unschädlich.
Wie das Sozialgericht des Weiteren mit Recht entschieden hat, ist die in der Hauptsache nach wie vor auf die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab dem 1. Januar 2003 gerichtete Klage auch begründet. Denn dem Kläger steht die von ihm beanspruchte Leistung zu, wobei es – wie bei Leistungsklagen im Allgemeinen – für die Beurteilung des Klagebegehrens grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt.
Anspruchsgrundlage für das Leistungsbegehren des Klägers ist der mit § 178 b Abs. 4 VVG in der bis zum 31. Dezember 2007 maßgeblichen Fassung (a. F.) weitgehend übereinstimmende § 192 Abs. 6 VVG in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (n. F.) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegeversicherung und den oben genannten weiteren Rechtsquellen, die Leistungen der privaten Pflegeversicherung vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) gleichwertig sind (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 1 SGB XI). Hiernach beträgt das Pflegegeld bei häuslicher Pflege nach der Pflegestufe I bis zum 30. Juni 2008 205,00 EUR monatlich und ab dem 1. Juli 2008 215,00 EUR monatlich. Der Anspruch auf Zahlung dieses Pflegegeldes setzt voraus, dass der Anspruchsteller pflegebedürftig ist und mindestens der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf, die in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Für die Beurteilung der Frage, ob diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sind die §§ 1 Abs. 9 Satz 1 und 6 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV zu beachten, wonach der Versicherungsfall mit der ärztlichen Feststellung der Pflegebedürftigkeit beginnt, die durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt (hier die Ärzte der M GmbH) zu treffen ist. An die Feststellungen des vom Versicherer beauftragten ärztlichen Sachverständigen zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder zur Höhe des Schadens sind der Versicherer und der hier mit dem Versicherten identische Versicherungsnehmer nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F.) grundsätzlich gebunden, wenn dies – wie hier – durch § 6 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV vertraglich vereinbart worden ist. Die Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen sind nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, wobei auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung abzustellen ist. Hierbei ist eine erhebliche Abweichung grundsätzlich dann gegeben, wenn sie eine abweichende Entscheidung nach sich ziehen würde. Offensichtlich ist die Abweichung dann, wenn sie für einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter nach gewissenhafter Prüfung klar und deutlich zu Tage tritt. Fehlt es an einer derartigen Abweichung, hat das Gericht die ärztlicherseits getroffenen Feststellungen grundsätzlich zu übernehmen. Dies bedeutet, dass dem Gericht unter Beschränkung der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungspflicht Beweiserhebung und Beweiswürdigung im Umfang dieser Feststellungen prinzipiell entzogen sind. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich das Gesamtergebnis der ärztlichen Feststellungen. Sind allerdings abgrenzbare Teilbereiche der Feststellungen fehlerhaft, so sind diese – soweit "offenbar erheblich" – selbständig angreifbar; nur der Rest bleibt verbindlich. Liegt der Fehler in der Unvollständigkeit des Gutachtens, sind also bestimmte Sachverhaltselemente gar nicht angesprochen und berücksichtigt worden und ist diese Unterlassung unbewusst geschehen, führt dies zur Anwendbarkeit des § 84 Abs. 1 Satz 2 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 S. 2 VVG a. F.), mithin zur Feststellung durch richterliche Entscheidung. Insoweit erfährt der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz keine Beschränkungen (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4 – 3300 § 23 Nr. 2 und BSG SozR 4 – 7690 § 64 Nr. 1).
Hiernach hat der Kläger Anspruch auf das beantragte Pflegegeld, was sich für den Senat auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. K vom 16. Dezember 2002 ergibt, das das frühere Gutachten von Dr. R vom 29. August 2002 verdrängt. Nach diesem Gutachten beläuft sich der Hilfebedarf des Klägers zwar nicht wöchentlich im Tagesdurchschnitt auf mindestens 90 Minuten, sondern lediglich auf 78 Minuten. Ferner beträgt der Grundpflegebedarf des Klägers nach diesem Gutachten auch nicht mehr als 45 Minuten, sondern lediglich 33 Minuten pro Tag. Die angegebenen Zeitwerte sind jedoch um einen Hilfebedarf von mindestens 13 Minuten in der Grundpflege zu ergänzen, so dass die für die Einstufung in die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwerte erreicht bzw. überschritten werden.
An dieser Ergänzung sieht sich der Senat trotz der Bindungswirkung des § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG n. F. (bzw. § 64 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F.) nicht gehindert. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Gutachten von Dr. K nur insoweit als verbindlich, als der Gutachter den von ihm für berücksichtigungsfähig gehaltenen Verrichtungen Zeitwerte zugeordnet hat. Soweit in dem Gutachten eine solche Zuordnung fehlt, entfaltet es demgegenüber keine Bindungswirkung. Wie der Kläger bereits im Klageverfahren in ausreichendem Maße dargelegt hat, gilt Letzteres hier im Hinblick darauf, dass der Gutachter unter den Punkten 2.2.2 und 2.3.2.1 seines Gutachtens zwar ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Kläger Hilfen beim Verlassen der Wohnung in Form von Begleitung benötige und er seinen Psychiater, seinen Internisten und seinen Hautarzt häufig aufsuche, er diesen der Grundpflege zuzurechnenden Mobilitätsbedarf jedoch bei der Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs außer Betracht gelassen und im Bereich der Mobilität Zeitwerte nur für das An- und Ausziehen der Stützstrumpfhose, das Gehen zur Toilette und zur sonstigen Körperpflege sowie das Ein- und Aussteigen aus der Badewanne anerkannt hat. Das Gutachten ist insoweit für einen sachkundigen und unbefangenen Beobachter nach gewissenhafter Prüfung klar und deutlich unvollständig, wobei davon auszugehen ist, dass der Gutachter den aus den Arztbesuchen resultierenden Mobilitätsbedarf bei der Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs schlichtweg übersehen hat, mithin eine unbewusste Unvollständigkeit vorliegt. Denn hätte der Gutachter einen solchen Bedarf bewusst verneinen wollen, hätte er dies näher begründen und sich insbesondere zur Frage der Notwendigkeit und Häufigkeit äußern müssen, woran es hier fehlt.
Der unberücksichtigt gebliebene Mobilitätsbedarf ist hier mit mindestens 13 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt zu bemessen und erweist sich damit zugleich als rechtlich relevant, weil diese 13 Minuten ausreichen, um den Kläger in die Pflegestufe I einzustufen. Dass der unberücksichtigt gebliebene Mobilitätsbedarf mindestens 13 Minuten beträgt, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Hierbei geht der Senat bereits nach den Angaben des Klägers und den von ihm zu den Akten gereichten Attesten und Arztrechnungen davon aus, dass er jedenfalls seinen ihn auch schon im Jahre 2002 behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. H mindestens einmal wöchentlich aufgesucht hat und diese Arztbesuche – was im Übrigen auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. Z in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 bestätigt hat – medizinisch indiziert gewesen sind. Da Dr. H seine Praxis in B betreibt und der Kläger in B wohnt, sind insoweit Fahrzeiten von mindestens 45 Minuten pro Wegstrecke bzw. 90 Minuten pro Arztbesuch angefallen, bei denen der Kläger nach dem Gutachten von Dr. K der Begleitung bedurfte. Diese 90 Minuten entsprechen einem zusätzlichen Hilfebedarf von aufgerundet mindestens 13 Minuten pro Tag.
Da sonstige Leistungshindernisse nicht bestehen, die Beklagte sich aus den oben dargelegten Gründen zur Klagefrist insbesondere nicht nach § 17 Abs. 2 des Bedingungsteils MB/PPV auf eine verspätete Geltendmachung des verfolgten Leistungsanspruchs berufen kann, war das erstinstanzliche Urteil nach allem zu bestätigen, ohne dass es darauf ankommt, ob und gegebenenfalls ab wann sich der Gesundheitszustand des Klägers nach seiner Begutachtung durch Dr. K verschlechtert hat und welche rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sind. Soweit es das Sozialgericht unterlassen hat, das dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 zuerkannte Pflegegeld zu beziffern, war der Tenor des erstinstanzlichen Urteils allerdings dahingehend klarzustellen, dass die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2008 (60 x 205,00 EUR + 11 x 215,00 EUR =) 14.665,00 EUR sowie für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 – nach § 6 Abs. 1 des Bedingungsteils MB/PPV erstmals zahlbar zum 1. Januar 2009 und jeweils zum 1. des Folgemonats für den zurückliegenden Monat – monatlich 215,00 EUR zu zahlen hat.
Überdies war das erstinstanzliche Urteil zu ergänzen um die sich aus dem Tenor ergebende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen. Dieser vom Kläger ausdrücklich beantragten Ergänzung steht nicht entgegen, dass der Kläger den Zinsanspruch erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Denn eine Klageänderung, deren Zulässigkeit von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängig wäre, liegt insoweit nicht vor. Vielmehr hat der Kläger ohne Änderung des Klagegrundes seinen bisherigen Klageantrag lediglich gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG in Bezug auf eine Nebenforderung erweitert, so dass der Senat über diese Nebenforderung in der Sache entscheiden konnte. Der sie betreffende Anspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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