Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 15 P 172/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 P 34/09
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Leistungen nach der Pflegeklasse III ab dem 01.01.2005 für die Versicherte Dorothea Schroer.
Die am 24.03.1922 geborene Versicherte ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Sie leidet im wesentlichen an einer fortgeschrittenen Demenz vom Alzheimertyp mit erheblichen kognitiven Einschränkungen bei Desorientierung, Zeitgitterstörungen, einer Einengung des Denkens, dem Verkennen von Situationen und episodischer Unruhe sowie einem degenerativen Wirbelsäulenleiden mit chronischen Schmerzen in der Lenden-Kreuzbeinregion, einer Cox- und Gonarthrose beidseits sowie einer chronischen Herzleistungsschwäche bei koronarer Herzkrankheit. Seit dem 19.05.2004 lebt die Versicherte im Marienhaus in Essen und erhielt Leistungen nach der Pflegestufe I bei vollstationärer Pflege.
Am 04.01.2005 stellte die Versicherte einen Höherstufungsantrag. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine Untersuchung und Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK). In seinem Gutachten vom 09.02.2005 stellte der MDK einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 68 Minuten täglich fest, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 17.02.2005 den Höherstufungsantrag ablehnte. Hiergegen erhob die Versicherte am 07.03.2005 Widerspruch mit der Begründung, daß der Hilfebedarf der Pflegestufe III entspreche. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine weitere MDK-Begutachtung. In seinem Gutachten vom 28.07.2005 ermittelte der MDK einen Hilfebedarf der Versicherten bei der Grundpflege von 132 Minuten täglich ab Antragstellung, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2005 Leistungen nach der Pflegestufe II ab dem 01.01.2005 zuerkannte. Die Versicherte begehrte weiterhin Leistungen nach der Pflegstufe III und hielt den Widerspruch aufrecht, so daß die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 den Widerspruch als unbegründet zurückwies. Ein Hilfebedarf entsprechend der Pflegestufe III sei nach den Ermittlungen des MDK nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 ist bestandskräftig geworden.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2006 forderte die Klägerin die Beklagte auf, für die Versorgung der Versicherten ab dem 01.01.2005 Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III zu erbringen. Mit Schriftsatz vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte dies ab.
Am 08.09.2006 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, daß bei der Versicherten seit dem 01.01.2005 die Voraussetzungen der Pflegestufe III gegeben seien und daher Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III von der Beklagten zu erbringen sind.
Mit Beschluss vom 10.10.2006 hat das Gericht die Versicherte Dorothea Schroer zum Klageverfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Versorgung der bei ihr gesetz- lich versicherten Dorothea Schroer für den Zeitraum seit dem 01.01.2005 7755,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß ein Anspruch auf Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III nicht gegeben sei, da nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme bei der Versicherten lediglich die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorlägen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das Gericht zunächst einen Befundbericht der Dres. Schumann/Krämer und sodann ein Sachverständigengutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Ursula Hackauf vom 04.12.2007 bzw. 23.06.2008 eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Befundbericht sowie auf das Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Pflegedokumentation der Versicherten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist nicht begründet.
Der nach § 54 Absatz 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Leistungsantrag ist zulässig, da nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.09.2005 im Verfahren B 3 P 9/04 R den Heimträgern das Recht zusteht, Ansprüche auf Zuordnung eines Pflegeversicherten zu einer Pflegeklasse im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen.
Die Versicherte ist gemäß § 75 Absatz 2 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Die Leistungsklage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistung des Differenzbetrages zwischen der Pflegeklasse II zur Pflegeklasse III für den Zeitraum seit dem 01.01.2005 in Höhe von insgesamt 7755,- Euro.
Nach § 14 Absatz 1 Sozialgesetzbuch, 11. Buch (SGB XI) sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die Absatz 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt.
Gemäß § 15 Absatz 1 Ziffer 3 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe III zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Es ist für Leistungen nach der Pflegestufe III erforderlich, daß der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Person für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden beträgt, wobei auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme besteht bei der Versicherten kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 240 Minuten täglich.
Die gerichtliche Sachverständige Hackauf hat in ihrem Gutachten vom 04.12.2007 einen Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von insgesamt 201 Minute täglich ermittelt und diesen Hilfebedarf in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 23.06.2008 bestätigt.
Es besteht ein umfassender Hilfebedarf bei der 6 x wöchentlich erfolgenden Ganzkörperwaschung mit einem Zeitaufwand von 30 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. 26 Minuten täglich. Für die täglich erfolgende Waschung des Intimbereichs hat die Sachverständige 8 Minuten pro Verrichtung berücksichtigt. Ferner besteht ein darüber hinausgehender Hilfebedarf beim Waschen des Intimbereichs nach Einkoten 3 x wöchentlich mit einem Zeitaufwand von 8 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. täglich 4 Minuten. Bei der Teilwaschung der Hände besteht ein 10 x täglicher Unterstützungs-, Beaufsichtigungs- und Anleitungsbedarf von jeweils 2 Minuten, d.h. 20 Minuten täglich. Der Hilfebedarf für das 1 x wöchentlich erfolgende Duschen beträgt 30 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. 4 Minuten täglich. Bei der Zahnpflege besteht ein umfassender Hilfebedarf 2 x täglich mit einem Zeitaufwand von 6 Minuten pro Einzelverrichtung, insgesamt demnach 12 Minuten. Ferner besteht ein Hilfebedarf beim Kämmen 2 x täglich mit einem Zeitaufwand von 3 Minuten pro Einzelverrichtung, somit 6 Minuten täglich. Der Hilfebedarf beim Wasserlassen beträgt 6 x täglich 2 Minuten, d.h. 12 Minuten pro Tag. Beim Stuhlgang, welcher 1 x täglich erfolgt, besteht ein Hilfebedarf von 3 Minuten pro Tag. 2 x täglich besteht ein Hilfebedarf beim Wechseln kleiner Vorlagen mit einem Zeitaufwand von 3 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. täglich 6 Minuten. Des weiteren ist 1 x täglich eine große Vorlage einzulegen. Der Zeitaufwand hierfür beträgt 3 Minuten täglich. Beim Richten der Bekleidung besteht ein Teilhilfebedarf 7 x täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 12 Minuten. Nach dem 3 x wöchentlich erfolgenden Einkoten ist ebenfalls ein Vorlagenwechsel erforderlich mit einem Zeitaufwand von umgerechnet 1 Minute täglich. Bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung sind Teilübernahmen erforderlich. Der Zeitaufwand hierfür beträgt 4 x täglich jeweils 1 Minute, somit insgesamt 4 Minuten täglich. Bei der Nahrungsaufnahme benötigt die Versicherte Anleitung und Aufforderungen zum Weiteressen mit einem Zeitaufwand von 4 x täglich jeweils 5 Minuten, d.h. insgesamt 20 Minuten täglich. Der Zeitaufwand für das Auffordern zum Trinken beträgt 8 x täglich jeweils 1 Minute, insgesamt demnach 8 Minuten täglich. Beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen besteht ein Anleitungs- und Aufforderungsbedarf 6 x täglich mit einem Zeitaufwand von jeweils 1 Minute, somit insgesamt 6 Minuten pro Tag. Beim An- und Entkleiden besteht ein umfassender Hilfebedarf von insgesamt 26 Minuten täglich. Für das Gehen hat die Sachverständige bei 26 Verrichtungen täglich jeweils 1/2 Minute berücksichtigt und somit einen Zeitaufwand von 13 Minuten täglich festgestellt. Der Zeitaufwand für den Transfer beträgt umgerechnet 1 Minute täglich. Weiterhin ist für das An- und Ausziehen der Thrombosestrümpfe ein Zeitaufwand von insgesamt 6 Minuten täglich veranschlagt worden. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein umfassender Hilfebedarf von 60 Minuten täglich in Form der Höchstpauschalzeit.
Das Gericht hat keinen Anlaß, an den Feststellungen der Sachverständigen zu zweifeln und schließt sich deren Einschätzung des Hilfebedarfs der Versicherten im wesentlichen an. Die Sachverständige hat die Versicherte nach ausführlicher Anamnese gründlich untersucht sowie alle vorliegenden Befunde unter Berücksichtigung und Auswertung der Pflegedokumentation in die Bewertung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege miteinbezogen. Die Sachverständige verfügt insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung über die erforderlichen Kenntnisse, welche sie befähigen, die Bewertung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege unter Beachtung der Vorgaben nach dem Pflegeversicherungsgesetz sachgerecht vorzunehmen. Aus diesem Grunde hat das Gericht davon abgesehen, ein geronto-psychiatrisches Zusatzgutachten einzuholen.
Insbesondere hält es das Gericht für schlüssig und nachvollziehbar, daß die Versicherte bei der Nahrungsaufnahme jeweils nur einzelne Aufforderungen benötigt, um ihre Mahlzeiten vollständig zu sich zunehmen. Die Summe der einzelnen Aufforderungen übersteigt den von der Sachverständigen festgestellten Zeitansatz von jeweils 5 Minuten pro Einzelverrichtung nicht. Auch eine Laienpflegekraft wird hierfür keinen größeren Zeitaufwand aufbringen müssen.
Soweit die Sachverständige bei der Verrichtung des Gehens lediglich 1/2 Minute pro Einzelverrichtung angesetzt hat, vermag sich das Gericht dieser Feststellung zwar nicht anzuschließen, dies stellt jedoch die übrigen Feststellungen im Sachverständigengutachten nicht in Frage. Soweit das Gericht für jede Einzelverrichtung des Gehens - anders als die Sachverständige - 1 volle Minute und damit einen Zeitaufwand von insgesamt 26 Minuten täglich statt 13 Minuten täglich für berücksichtigungsfähig hält, handelt es sich dabei lediglich um eine andere Auslegung der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit. Auch bei Berücksichtigung weiterer 13 Minuten werden die Voraussetzungen der Pflegestufe III bei der Versicherten nicht erreicht.
Da ein Zahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum ab dem 01.01.2005 nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 61 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) in Verbindung mit § 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Leistungen nach der Pflegeklasse III ab dem 01.01.2005 für die Versicherte Dorothea Schroer.
Die am 24.03.1922 geborene Versicherte ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Sie leidet im wesentlichen an einer fortgeschrittenen Demenz vom Alzheimertyp mit erheblichen kognitiven Einschränkungen bei Desorientierung, Zeitgitterstörungen, einer Einengung des Denkens, dem Verkennen von Situationen und episodischer Unruhe sowie einem degenerativen Wirbelsäulenleiden mit chronischen Schmerzen in der Lenden-Kreuzbeinregion, einer Cox- und Gonarthrose beidseits sowie einer chronischen Herzleistungsschwäche bei koronarer Herzkrankheit. Seit dem 19.05.2004 lebt die Versicherte im Marienhaus in Essen und erhielt Leistungen nach der Pflegestufe I bei vollstationärer Pflege.
Am 04.01.2005 stellte die Versicherte einen Höherstufungsantrag. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine Untersuchung und Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK). In seinem Gutachten vom 09.02.2005 stellte der MDK einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 68 Minuten täglich fest, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 17.02.2005 den Höherstufungsantrag ablehnte. Hiergegen erhob die Versicherte am 07.03.2005 Widerspruch mit der Begründung, daß der Hilfebedarf der Pflegestufe III entspreche. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine weitere MDK-Begutachtung. In seinem Gutachten vom 28.07.2005 ermittelte der MDK einen Hilfebedarf der Versicherten bei der Grundpflege von 132 Minuten täglich ab Antragstellung, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2005 Leistungen nach der Pflegestufe II ab dem 01.01.2005 zuerkannte. Die Versicherte begehrte weiterhin Leistungen nach der Pflegstufe III und hielt den Widerspruch aufrecht, so daß die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 den Widerspruch als unbegründet zurückwies. Ein Hilfebedarf entsprechend der Pflegestufe III sei nach den Ermittlungen des MDK nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 ist bestandskräftig geworden.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2006 forderte die Klägerin die Beklagte auf, für die Versorgung der Versicherten ab dem 01.01.2005 Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III zu erbringen. Mit Schriftsatz vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte dies ab.
Am 08.09.2006 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, daß bei der Versicherten seit dem 01.01.2005 die Voraussetzungen der Pflegestufe III gegeben seien und daher Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III von der Beklagten zu erbringen sind.
Mit Beschluss vom 10.10.2006 hat das Gericht die Versicherte Dorothea Schroer zum Klageverfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Versorgung der bei ihr gesetz- lich versicherten Dorothea Schroer für den Zeitraum seit dem 01.01.2005 7755,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß ein Anspruch auf Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III nicht gegeben sei, da nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme bei der Versicherten lediglich die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorlägen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das Gericht zunächst einen Befundbericht der Dres. Schumann/Krämer und sodann ein Sachverständigengutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Ursula Hackauf vom 04.12.2007 bzw. 23.06.2008 eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Befundbericht sowie auf das Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Pflegedokumentation der Versicherten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist nicht begründet.
Der nach § 54 Absatz 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Leistungsantrag ist zulässig, da nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.09.2005 im Verfahren B 3 P 9/04 R den Heimträgern das Recht zusteht, Ansprüche auf Zuordnung eines Pflegeversicherten zu einer Pflegeklasse im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen.
Die Versicherte ist gemäß § 75 Absatz 2 SGG zum Verfahren beigeladen worden.
Die Leistungsklage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistung des Differenzbetrages zwischen der Pflegeklasse II zur Pflegeklasse III für den Zeitraum seit dem 01.01.2005 in Höhe von insgesamt 7755,- Euro.
Nach § 14 Absatz 1 Sozialgesetzbuch, 11. Buch (SGB XI) sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die Absatz 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt.
Gemäß § 15 Absatz 1 Ziffer 3 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe III zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Es ist für Leistungen nach der Pflegestufe III erforderlich, daß der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Person für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden beträgt, wobei auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme besteht bei der Versicherten kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 240 Minuten täglich.
Die gerichtliche Sachverständige Hackauf hat in ihrem Gutachten vom 04.12.2007 einen Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von insgesamt 201 Minute täglich ermittelt und diesen Hilfebedarf in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 23.06.2008 bestätigt.
Es besteht ein umfassender Hilfebedarf bei der 6 x wöchentlich erfolgenden Ganzkörperwaschung mit einem Zeitaufwand von 30 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. 26 Minuten täglich. Für die täglich erfolgende Waschung des Intimbereichs hat die Sachverständige 8 Minuten pro Verrichtung berücksichtigt. Ferner besteht ein darüber hinausgehender Hilfebedarf beim Waschen des Intimbereichs nach Einkoten 3 x wöchentlich mit einem Zeitaufwand von 8 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. täglich 4 Minuten. Bei der Teilwaschung der Hände besteht ein 10 x täglicher Unterstützungs-, Beaufsichtigungs- und Anleitungsbedarf von jeweils 2 Minuten, d.h. 20 Minuten täglich. Der Hilfebedarf für das 1 x wöchentlich erfolgende Duschen beträgt 30 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. 4 Minuten täglich. Bei der Zahnpflege besteht ein umfassender Hilfebedarf 2 x täglich mit einem Zeitaufwand von 6 Minuten pro Einzelverrichtung, insgesamt demnach 12 Minuten. Ferner besteht ein Hilfebedarf beim Kämmen 2 x täglich mit einem Zeitaufwand von 3 Minuten pro Einzelverrichtung, somit 6 Minuten täglich. Der Hilfebedarf beim Wasserlassen beträgt 6 x täglich 2 Minuten, d.h. 12 Minuten pro Tag. Beim Stuhlgang, welcher 1 x täglich erfolgt, besteht ein Hilfebedarf von 3 Minuten pro Tag. 2 x täglich besteht ein Hilfebedarf beim Wechseln kleiner Vorlagen mit einem Zeitaufwand von 3 Minuten pro Einzelverrichtung, d.h. täglich 6 Minuten. Des weiteren ist 1 x täglich eine große Vorlage einzulegen. Der Zeitaufwand hierfür beträgt 3 Minuten täglich. Beim Richten der Bekleidung besteht ein Teilhilfebedarf 7 x täglich mit einem Zeitaufwand von insgesamt 12 Minuten. Nach dem 3 x wöchentlich erfolgenden Einkoten ist ebenfalls ein Vorlagenwechsel erforderlich mit einem Zeitaufwand von umgerechnet 1 Minute täglich. Bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung sind Teilübernahmen erforderlich. Der Zeitaufwand hierfür beträgt 4 x täglich jeweils 1 Minute, somit insgesamt 4 Minuten täglich. Bei der Nahrungsaufnahme benötigt die Versicherte Anleitung und Aufforderungen zum Weiteressen mit einem Zeitaufwand von 4 x täglich jeweils 5 Minuten, d.h. insgesamt 20 Minuten täglich. Der Zeitaufwand für das Auffordern zum Trinken beträgt 8 x täglich jeweils 1 Minute, insgesamt demnach 8 Minuten täglich. Beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen besteht ein Anleitungs- und Aufforderungsbedarf 6 x täglich mit einem Zeitaufwand von jeweils 1 Minute, somit insgesamt 6 Minuten pro Tag. Beim An- und Entkleiden besteht ein umfassender Hilfebedarf von insgesamt 26 Minuten täglich. Für das Gehen hat die Sachverständige bei 26 Verrichtungen täglich jeweils 1/2 Minute berücksichtigt und somit einen Zeitaufwand von 13 Minuten täglich festgestellt. Der Zeitaufwand für den Transfer beträgt umgerechnet 1 Minute täglich. Weiterhin ist für das An- und Ausziehen der Thrombosestrümpfe ein Zeitaufwand von insgesamt 6 Minuten täglich veranschlagt worden. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein umfassender Hilfebedarf von 60 Minuten täglich in Form der Höchstpauschalzeit.
Das Gericht hat keinen Anlaß, an den Feststellungen der Sachverständigen zu zweifeln und schließt sich deren Einschätzung des Hilfebedarfs der Versicherten im wesentlichen an. Die Sachverständige hat die Versicherte nach ausführlicher Anamnese gründlich untersucht sowie alle vorliegenden Befunde unter Berücksichtigung und Auswertung der Pflegedokumentation in die Bewertung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege miteinbezogen. Die Sachverständige verfügt insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung über die erforderlichen Kenntnisse, welche sie befähigen, die Bewertung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege unter Beachtung der Vorgaben nach dem Pflegeversicherungsgesetz sachgerecht vorzunehmen. Aus diesem Grunde hat das Gericht davon abgesehen, ein geronto-psychiatrisches Zusatzgutachten einzuholen.
Insbesondere hält es das Gericht für schlüssig und nachvollziehbar, daß die Versicherte bei der Nahrungsaufnahme jeweils nur einzelne Aufforderungen benötigt, um ihre Mahlzeiten vollständig zu sich zunehmen. Die Summe der einzelnen Aufforderungen übersteigt den von der Sachverständigen festgestellten Zeitansatz von jeweils 5 Minuten pro Einzelverrichtung nicht. Auch eine Laienpflegekraft wird hierfür keinen größeren Zeitaufwand aufbringen müssen.
Soweit die Sachverständige bei der Verrichtung des Gehens lediglich 1/2 Minute pro Einzelverrichtung angesetzt hat, vermag sich das Gericht dieser Feststellung zwar nicht anzuschließen, dies stellt jedoch die übrigen Feststellungen im Sachverständigengutachten nicht in Frage. Soweit das Gericht für jede Einzelverrichtung des Gehens - anders als die Sachverständige - 1 volle Minute und damit einen Zeitaufwand von insgesamt 26 Minuten täglich statt 13 Minuten täglich für berücksichtigungsfähig hält, handelt es sich dabei lediglich um eine andere Auslegung der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit. Auch bei Berücksichtigung weiterer 13 Minuten werden die Voraussetzungen der Pflegestufe III bei der Versicherten nicht erreicht.
Da ein Zahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum ab dem 01.01.2005 nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 61 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) in Verbindung mit § 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved