L 8 R 3/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 67/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 3/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.08.2007 teilweise geändert. Auf das Anerkenntnis der Beklagten wird der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 aufgehoben, soweit der Bescheid vom 06.08.2003 hinsichtlich des Zeitraums vom 01.08.2002 bis 30.04.2004 aufgehoben und die bis dahin gezahlte Rente zurückgefordert wurde. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und gegebenenfalls unter Berücksichtigung welcher Beitragszeiten der Kläger von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente beanspruchen kann und ob die Beklagte zu Recht die vom 01.08.2002 bis zum 31.03.2004 gewährten Rentenleistungen in Höhe von 794,98 EUR zurückgefordert hat.

Der Kläger ist am 00.06. oder 00.07.1937 in Spanien geboren. Er beantragte über den spanischen Versicherungsträger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente. In den Vordrucken E 202, E 205 und E 207 ist das Geburtsdatum des Klägers mit dem 00.07.1937 angegeben. In einem weiteren amtlichen Dokument wird als Geburtsdatum der 00.06.1937 angegeben, ebenso vom Kläger in einem von ihm unterzeichneten Formular "Angaben zur Zahlungsweise für die Überweisung der Rentenbeträge". Der Kläger machte Versicherungszeiten in Deutschland von Dezember 1961 bis Dezember 1965 geltend.

Die Beklagte führte Ermittlungen zur Klärung des Versicherungsverlaufs durch. Verwaltungsvorgänge, insbesondere Versicherungskarten (VKen) bzw. sonstige Versicherungsunterlagen den Kläger betreffend, konnte die Beklagte trotz eines Hinweises der (damaligen) Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen auf eine "am 04.02.1966 an die LVA Westfalen ... (ein Wort nicht lesbar bzw. verständlich) VK Nr. 1" nicht ermitteln, auch nicht bei der LVA Westfalen. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen zu den Beitragszeiten gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 06.08.2003 dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.08.2002 in Höhe von 39,98 EUR monatlich unter Berücksichtigung von in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten (Pflichtbeitragszeiten) vom 09.12.1961 bis 31.12.1961, vom 01.01.1962 bis 31.08.1962, vom 11.09.1962 bis 31.12.1962, vom 01.01.1963 bis 24.02.1963, vom 10.03.1963 bis 31.07.1963 sowie vom 10.08.1963 bis 16.08.1963 (insgesamt 21 Monate) sowie in Spanien zurückgelegter weiterer Versicherungszeiten. Die Beklagte berechnete für die Zeit vom 01.08.2002 bis 30.09.2003 eine Nachzahlung in Höhe von 559,06 EUR.

Gegen den vorgenannten Bescheid erhob der Kläger beim spanischen Versicherungsträger am 17.10.2003 Widerspruch, bei der Beklagten am 03.11.2003 eingegangen, und machte geltend, dass zu den von der Beklagten anerkannten Zeiten auch noch weitere Beitragszeiten zu berücksichtigen seien. Er habe vom 09.12.1961 bis 31.12.1963 und vom 01.01.1964 bis 31.10.1965 gearbeitet. In dem in Kopie beigefügten Pass ist als Geburtsdatum der 00.07.1937 angegeben.

Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen übersandte die LVA Westfalen die VKen Nr. 1 und 2 des Klägers vom 18.05.1962 und 30.04.1964 mit dem Vermerk, dass die Beiträge gemäß § 1303 - § 1304 RVO erstattet worden seien. Beide VKen enthalten das Geburtsdatum "00.06.1937". Ferner übersandte die LVA Westfalen eine "Mitteilung über eine Beitragserstattung" an den Kläger mit Bescheid vom 14.10.1968 - ebenfalls mit dem Geburtsdatum "00.06.1937" - bezüglich der Beiträge für die Zeiträume vom 09.12.1961 bis 31.12.1961, vom 01.01.1962 bis 31.12.1962, vom 01.01.1963 bis 21.08.1963, vom 20.08.1963 bis 11.10.1963, vom 15.10.1963 bis 30.11.1963, vom 28.01.1964 bis 31.12.1964, vom 01.01.1965 bis 30.04.1965 sowie vom 24.11.1965 bis 16.12.1965 über insgesamt 1.906,10 DM.

Unter dem 23.12.2003 erfolgte sodann durch die Beklagte eine Anhörung des Klägers. Sie führte darin aus, dass sie beabsichtige, den Rentenbescheid vom 05.08.2003 (richtig: 06.08.2003) gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) rückwirkend ab dem 01.08.2002 aufzuheben und einen Betrag in Höhe von 794,98 EUR zurückzufordern. Unter dem 09.02.2004 machte der Kläger geltend, dass ihm zu keinem Zeitpunkt die zur deutschen Sozialversicherung in der Zeit vom 09.12.1961 bis 16.12.1965 entrichteten Beiträge zurückerstattet worden seien. Da er keine Kenntnis von der Rückzahlung der genannten Beiträge habe, bitte er darum, ihm einen Beleg darüber zu übersenden und konkret eine Kopie der Unterlage, auf der seine Unterschrift oder der Vermerk seines Einverständnisses zu sehen sei.

Mit Bescheid vom 28.01.2004, den die Beklagte unter dem 13.02.2004 dem spanischen Versicherungsträger für den Kläger übermittelte, hob die Beklagte den Bescheid vom 05.08.2003 (richtig muss es lauten: 06.08.2003) über die Gewährung der Regelaltersrente gemäß § 45 SGB X rückwirkend ab dem 01.08.2002 auf und forderte den Betrag von 794,98 EUR zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Bescheid vom 05.08.2003 (richtig: 06.08.2003) von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, weil die Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung für die Zeit vom 09.12.1961 bis 16.12.1965 dem Kläger gemäß den §§ 1303, 1304 Reichsversicherungsordnung (RVO) erstattet worden seien. Mit dieser Erstattung seien sämtliche Ansprüche aus der Deutschen Rentenversicherung erloschen. Das Vertrauen des Klägers in den Bescheid vom 05.08.2003 (richtig: 06.08.2003) sei auch nicht nach § 45 Abs. 1 und 2 SGB X schutzwürdig. Denn der Kläger habe aufgrund des damaligen Bescheides wissen müssen, dass er nach einer Beitragserstattung keine Ansprüche mehr aus der Deutschen Rentenversicherung herleiten könne. Im Übrigen habe der Kläger im Antrag vom 19.07.2002 als Geburtsdatum den 00.07.1937 angegeben. Aus den nun vorliegenden VKen gehe jedoch das Geburtsdatum 00.06.1937 hervor. Da die Beklagte anlässlich der Antragstellung vom 19.07.2002 eine neue Versicherungsnummer mit Geburtsmonat Juli erteilt habe, habe das alte Versicherungskonto des Klägers (mit der Beitragserstattung unter einem Geburtsdatum 00.06.1937) nicht gefunden werden können und ebenso wenig sei die Beitragserstattung bekannt gewesen. Der Kläger habe Angaben grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht, so dass sein Vertrauen in den Bescheid vom 05.08.2003 (richtig: 06.08.2003) nicht schutzwürdig sei, denn er habe aufgrund des damaligen Bescheides wissen müssen, dass er nach einer Beitragserstattung keine Ansprüche mehr aus der deutschen Rentenversicherung habe. Er habe die Beklagte auf die andere Versicherungsnummer bzw. auf das Aktenzeichen der Beitragserstattung hinweisen müssen. Das Ermessen bei der Aufhebung des Bescheides werde dahingehend ausgeübt, dass der Verwaltungsakt zurückzunehmen sei, da sich im Einzelfall keine unbillige Härte ergebe. Eine unzumutbare Härte sei vorliegend nicht gegeben, da die Rente aus der Deutschen Rentenversicherung von zurzeit 39,98 EUR von nur geringer wirtschaftlicher Bedeutung sei. Die bereits für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.03.2004 geleisteten Rentenbeträge i.H.v. 794,98 EUR seien vom Kläger zu erstatten.

Unter dem 16.04.2004 (= Eingang beim spanischen Versicherungsträger) erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 28.01.2004 Widerspruch und trug zur Begründung vor, er habe vom 09.12.1961 bis 16.12.1965 in Deutschland gearbeitet. Es sei nicht belegt, dass ihm Versicherungsbeiträge erstattet worden seien. Er wiederholte im Übrigen sein Vorbringen aus seinem Schreiben vom 09.02.2004. Unter dem 24.05.2004 übersandte die Beklagte dem Kläger Unterlagen über die durchgeführte Beitragserstattung und wies darauf hin, dass Beiträge iHv 1.906,10 DM erstattet worden seien. Im Bescheid vom 28.01.2004 sei aufgrund eines Schreibfehlers eine falsche Höhe des Erstattungsbetrages mitgeteilt worden. Der Kläger trug sodann ergänzend vor, dass er sich nicht erinnern könne, damals 1.906,10 DM erhalten zu haben. Ihm sei auch nicht bekannt, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt einen Antrag in diesem Sinne unterschrieben habe. Daher bitte er um die Zusendung einer Kopie der unterschriebenen Quittung, aus der hervorgehe, dass er den genannten Betrag von 1.906,10 DM erhalten habe. In einem weiteren Schreiben gestand die Beklagte zu, dass es verständlich sei, dass der Kläger sich nach mehr als dreißig Jahren nicht mehr an den Erhalt des Geldes erinnern könne.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2005 zurück. Darin stellte sie klar, dass der Bescheid vom 06.08.2003 - und nicht, wie im Bescheid vom 28.01.2004 angegeben, ein Bescheid vom 05.08.2003 - aufzuheben gewesen sei, und führte ergänzend aus, dass nach dem Ergebnis der von ihr durchgeführten Ermittlungen hinreichend feststehe, dass vom Kläger oder zumindest in seinem Auftrag 1967/1968 ein Antrag auf Beitragserstattung tatsächlich gestellt worden sei. Dies folge eindeutig aus den in die Originalversicherungskarten Nr. 1 und 2 aufgenommenen Vermerken, wonach ein Erstattungsverfahren durchgeführt worden sei, und aus der Tatsache, dass die Beitragserstattung mit Bescheid vom 14.10.1968 mit einer Erstattungssumme von 1.906,10 DM dokumentiert sei. Weil die Beitragserstattung nach § 1303 Abs. 1 RVO damaliger Fassung nur auf Antrag der Versicherten erfolgt sei, wäre ohne einen Antrag weder ein Erstattungsverfahren eingeleitet noch die Erstattungssumme ermittelt worden. Damit sei nicht nur die Durchführung des Erstattungsverfahrens, sondern auch die Auszahlung des entsprechenden Geldbetrages erwiesen. Zwar stünden heute keine Quittungen oder andere Urkunden zur Verfügung, die den Empfang des Geldes unmittelbar bestätigten, für die Auszahlung spreche jedoch der Beweis des ersten Anscheins. Der Bescheid vom 28.01.2004 sei entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.

Der Kläger hat dagegen am 03.05.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und erneut darauf hingewiesen, dass er niemals die Erstattung der Beiträge beantragt und einen Erstattungsantrag bewusst unterschrieben habe. Ferner habe er niemals einen Erstattungsbetrag von der Beklagten erhalten. Die behauptete Erstattung der Beiträge durch die Beklagte werde von ihm bestritten. Beweispflichtig hierzu sei die Beklagte allein. Die bei der Beklagten vorliegenden Unterlagen reichten nicht aus, um zu beweisen, dass eine Auszahlung des Erstattungsbetrages an ihn tatsächlich erfolgt sei oder dass er überhaupt einen Erstattungsantrag unterschrieben habe.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 06.08.2003 und 28.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente ab dem 01.08.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung einer Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung für die Zeit vom 09.12.1961 bis 31.10.1965 zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 10.02.2005 verwiesen.

Das SG hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden und mit Urteil vom 28.08.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht den rechtswidrigen Bescheid vom 06.08.2003 gem. § 45 Abs. 1 SGB X zurückgenommen. Aufgrund der mit Bescheid vom 14.10.1968 durchgeführten Beitragserstattung habe nach § 1303 Abs. 7 RVO aufgrund der vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten keine Regelaltersrente gewährt werden dürfen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei davon auszugehen, obwohl keine Kopie des Antrags auf Beitragserstattung bei der Beklagten bzw. der LVA Westfalen vorliege, dass der Kläger einen entsprechenden Antrag auf Beitragserstattung gestellt habe. Denn seinerzeit sei ein Beitragserstattungsverfahren nach § 1303 RVO nur bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags des Versicherten in Gang gesetzt worden. Im Übrigen sei auf den VKen Nr. 1 und 2 den Kläger betreffend die Erstattung vermerkt. Ein solcher Erstattungsvermerk in den Versicherungsunterlagen spreche nach der allgemeinen Lebenserfahrung für eine tatsächliche und wirksame Beitragserstattung. Die tatsächliche Vermutung sei bei Beitragserstattungen deshalb berechtigt, weil es sich um eine vom Versicherten beantragte Leistung handele und davon auszugehen sei, dass er bei einer Verzögerung die Entscheidung und Auszahlung angemahnt hätte. Die Beklagte habe den Bescheid vom 06.08.2003 auch nach § 45 SGB X zurücknehmen dürfen. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Denn der Verwaltungsakt beruhe auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die Beklagte habe ermessensfehlerfrei entschieden. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X habe der Kläger auch die bereits erbrachten Rentenleistungen in Höhe von insgesamt 794,98 EUR an die Beklagte zurückzuerstatten.

Gegen das ihm am 28.09.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.12.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, dass es nicht nur hinsichtlich seines Geburtsdatums, sondern auch bezüglich seines Familiennamens Ungereimtheiten gebe. Im Gegensatz zur Angabe des richtigen Geburtsdatums "00.07.1937" werde in der von der Beklagten erstellten "Mitteilung über Beitragserstattung" und den VKen Nr. 1 und 3 sein Geburtsdatum falsch mit 00.06.1937 angegeben. Dagegen habe die Beklagte im Rentenbescheid vom 06.08.2003 sowohl bei der Angabe der Versicherungs-Nr. (000) als auch bei der Feststellung der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (21.07.2002) sein richtiges Geburtsdatum "00.07.1937" verwendet. Im damals verwendeten spanischen Reisepass (ausgestellt am 25.11.1961) sei sein Geburtsdatum handschriftlich mit 00.07.1937 eingetragen. Man habe "Juli" oder auch "April", nicht aber "Juni" lesen können. Die richtige Schreibweise seines Familiennamens sei Q M, wie in der Geburtsurkunde bestätigt sei. Richtig angegeben sei sein Name in der "Mitteilung über die Beitragserstattung" vom 14.10.1968 der Beklagten und in den beiden Versicherungskarten (Nr. 1 und Nr. 3). Falsch sei der Familienname "Q1 M" im Rentenbescheid vom 06.08.2003. Die Angaben zu den Beitragszeiten in der "Mitteilung über Beitragserstattung" vom 14.10.1968 stimmten mit den Angaben in den beiden VKen Nr. 1 und Nr. 3 überein. Zu klären seien aber der Verbleib der VK Nr. 2 und die Beitragszeiten vom 01.12.1963 bis 27.01.1964 sowie vom 01.05.1965 bis 23.11.1965. Darüber hinaus seien im Rentenbescheid vom 06.08.2003 nur die Beitragszeiten bis zum 16.08.2003 berücksichtigt worden, nicht jedoch die übrigen in den VKen Nr. 1 und Nr. 3 vermerkten Beitragszeiten vom 17.08. bis 30.11.1963, vom 28.01. bis 31.12.1964, vom 01.01. bis 30.04.1965 und vom 24.11. bis 16.12.1965. Die Beklagte habe bisher die Tatsache der Beitragserstattung nicht nachweisen können, weder durch eine Banküberweisung, noch durch eine Postüberweisung.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.08.2007 zu ändern, die Bescheide vom 06.08.2003 und 28.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seinen Anspruch auf die Regelaltersrente ab dem 01.08.2002 anzuerkennen und ab diesem Tage Rente in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2008 hat die Beklagte sich bereit erklärt, den Bescheid vom 28.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 aufzuheben, soweit darin der Bescheid vom 06.08.2003 hinsichtlich des Zeitraums vom 01.08.2002 bis 30.04.2004 aufgehoben worden und die bis zu diesem Zeitpunkt gezahlte Rente zurückgefordert worden ist, und beantragt im Übrigen,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit sie noch Berufungszurückweisung beantragt, verteidigt sie das angefochtene Urteil.

Vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat dem Kläger den Hinweis erteilt, dass die Annahme, es gebe eine VK Nr. 1 und eine VK Nr. 3, nicht zutrifft, sondern es nur die VKen Nr. 1 und 2 gibt. Diese gegenteilige Annahme habe vermutlich darauf beruht, dass die Kopie der VK Nr. 2 derartig schlecht lesbar war, dass die Zahlen "2" und "3" hätten verwechselt werden können. Eine besser lesbare Kopie ist übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gem. der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 14.11.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Mit der Einlegung am 28.12.2007 beim spanischen Gericht ist die 3-monatige Berufungsfrist (Fristbeginn: 29.09.2007, Fristende: Montag, den 31.12.2007) gewahrt, §§ 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG iVm Art 86 EWG-VO 1408/71.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet (I.), teilweise unbegründet (II.).

Streitgegenstand ist das Anfechtungsbegehren gerichtet auf Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 sowie das Verpflichtungs- und Leistungsbegehren gerichtet auf Gewährung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten unter teilweiser Aufhebung des Bescheide vom 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005.

I.

Im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist die Berufung des Klägers begründet.

Die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 hat aufgrund des Teil-Anerkenntnisses der Beklagten durch Teil-Anerkenntnisurteil gem. § 202 SGG iVm § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) zu erfolgen. Ein (Teil-)Anerkenntnisurteil kann ergehen, wenn ein von der Beklagten im Verhandlungstermin erklärtes (Teil-)Anerkenntnis von dem im Termin nicht anwesenden und nicht vertretenen Kläger nicht angenommen werden kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 101, Rn. 19). Soweit das Anerkenntnis reicht, bedarf es der Prüfung des Klageanspruchs nicht mehr (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO mwN).

II.

Im Übrigen ist die Berufung des Klägers unbegründet.

1.

Dies gilt zunächst insoweit, als er sein Verpflichtungs- und Leistungsbegehren gerichtet auf Gewährung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten (Bescheid vom 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005) weiterverfolgt. Denn ein Anspruch auf Gewährung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten besteht gem. § 1303 Abs. 7 RVO nicht.

Vor dem 01.01.1992 erfolgte Beitragserstattungen richten sich nach §§ 1303 RVO, 82 AVG; § 210 Abs. 6 Satz 3 SGB VI ist erst - abweichend von § 300 Abs. 1 SGB VI - für Beitragserstattungen ab dem 01.01.1992 anwendbar (vgl. Kasseler Kommentar-Gürtner, SGB VI, § 210, Rn. 28 f). Nach § 1303 Abs. 7 RVO sind infolge der Beitragserstattung Ansprüche aus diesen zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen (sog. Verfallswirkung). Durch die Erfüllung der Beitragserstattungsforderung ist diese gem. § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen. Diese Vorschrift ist als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im Sozialrecht anzuwenden (vgl. Bundessozialgericht -BSG- SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen -LSG NRW-, Urt. v. 24.09.2001, L 3 RJ 22/01, juris.de).

Die Erfüllung einer Forderung (hier: Beitragserstattungsforderung) iS des § 362 BGB ist eine rechtsvernichtende Einwendung, für die generell der Schuldner die Beweislast trägt (vgl. BSG und LSG NRW aaO). Die Erfüllung der Beitragserstattungsforderung ist nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins nachgewiesen.

Bei diesem Anscheinsbeweis handelt es sich um eine Tatsachenvermutung, mit der relevante Tatsachen festgestellt werden können und somit eine Beweislastentscheidung ausgeschlossen werden kann. Ein Anscheinsbeweis ist zulässig und geboten, wenn ein festgestellter Lebenssachverhalt typischerweise bestimmte Folgen auslöst, ohne dass eine atypische Situation nachgewiesen ist und so die Grundlagen für den Anscheinsbeweis erschüttert werden können (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 128, Rn. 9 ff). Die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises sind erfüllt.

Die Tatsache, dass die VKen mit einem Erstattungsvermerk gestempelt und in einer Mitteilung über Beitragserstattung der Name des Klägers, die zurückgelegten Beitragszeiten, das Datum des Erstattungsbescheides und der Erstattungsbetrag aufgenommen sind, begründen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beitragserstattung auch erfolgt ist. Denn es entspricht einem typischen Lebenssachverhalt, dass der Rentenversicherungsträger, der das Erlöschen eines Versicherungsverhältnisses und eine Beitragserstattung aktenkundig macht, diese auch auszahlt (vgl. BSG SozR § 128 SGG Nr. 69; SozR 2200 § 1309a Nr. 1; Senat, Urteil vom 07.02.2001, L 8 RJ 82/99, sozialgerichtsbarkeit.de). Es entspricht ebenfalls einem typischen Lebenssachverhalt, dass die Beitragserstattung zuvor vom Versicherten beantragt worden war. Denn für die Beitragserstattung ist eine vorherige Antragstellung gem. § 1303 Abs. 1 RVO erforderlich gewesen. Ohne eine Antragstellung wäre weder ein Erstattungsverfahren eingeleitet noch die Erstattungssumme ermittelt und ausgezahlt worden. Der Kläger hat schließlich weder Tatsachen vorgetragen, noch sind solche ersichtlich, die auf einen atypischen Lebenssachverhalt hätten schließen lassen, so dass die Tatsachengrundlage des Beweises des ersten Anscheins nicht erschüttert ist. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die mit den Beitragsvermerken versehenen VKen Nr. 1 und 2 und die Mitteilung über die Beitragserstattung den Kläger betreffen. Sowohl der Name des Klägers als auch die vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungen bei der Fa. X AG "B" und der Fa. C sind aus den vorgenannten Unterlagen zu ersehen, ebenso das vom Kläger in den Antragsunterlagen selbst angegebene Geburtsdatum 00.06.1937 sowie der gesamte Beschäftigungszeitraum des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland von Dezember 1961 bis Dezember 1965.

2.

Die Berufung des Klägers ist ebenfalls unbegründet, soweit er die Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2005 für den Zeitraum ab dem 01.05.2004 begehrt. Insoweit hat die Beklagte den Bescheid vom 06.08.2003 zu Recht gem. § 45 SGB X zurückgenommen.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Die Voraussetzungen des § 45 SGB X liegen für den Zeitraum ab dem 01.05.2004, also für eine Rücknahme für die Zukunft vor.

Wegen der Verfallswirkung ist der Bescheid vom 06.08.2003 rechtswidrig (s. die Ausführungen zu 1.).

Dahinstehen kann, ob der Kläger auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sich möglicherweise nicht auf Vertrauen gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X berufen kann. Jedenfalls ist die Schutzwürdigkeit des Vertrauens nicht gegeben. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X liegen nicht vor. Im Hinblick auf die geringe Höhe des monatlichen Nettorentenbetrages (zunächst 39,56 EUR, später 39,98 EUR) ist es ausgeschlossen, dass der Kläger eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Bei der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der rechtmäßigen Mittelverwendung durch die Deutsche Rentenversicherung ist die Schutzwürdigkeit eines etwaigen Vertrauens des Klägers auf den Bestand des Verwaltungsaktes auch deshalb nicht gegeben, da er nur innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums eine Rente von geringer Höhe erhalten hat und die Beklagte sehr frühzeitig das Verfahren nach § 45 SGB X eingeleitet hat.

Sämtliche von der Beklagten nach § 45 Abs. 3 SGB X zu beachtenden Fristen sind eingehalten worden. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG hierzu im angefochtenen Urteil wird gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Die Ermessensausübung der Beklagten ist im Ergebnis hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01.05.2004 nicht zu beanstanden. Sie hat zwar bei ihrer Ermessensausübung den wesentlichen Gesichtspunkt, dass sie selbst fehlerhaft gehandelt hat (Nichtbeachtung der unterschiedlichen Angaben zum Geburtstag des Klägers, unterlassene Aufklärung des Sachverhalts im Hinblick auf den Hinweis der LVA Hessen auf das Vorliegen einer VK) nicht berücksichtigt. Gleichwohl ist selbst bei Einbeziehung dieses Gesichtspunktes für die Rentenentziehung mit Wirkung für die Zukunft eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben. Das öffentliche Interesse der Solidargemeinschaft an der Vermeidung jeglicher ungerechtfertigter Belastungen und nicht zu rechtfertigender Aufwendungen zu Lasten der Allgemeinheit, das im Hinblick auf die Stabilität der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung von herausgehobener Bedeutung ist, überwiegt das private Interesse an dem Bezug der Rente in einem derart ausgeprägten Maße, dass die einzige ermessensfehlerfreie Ermessensentscheidung nur in dem völligen Entzug der Rente mit Wirkung für die Zukunft bestehen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG und trägt dem teilweisen Obsiegen des Klägers Rechnung, das im Verhältnis zu seinem Unterliegen den jedoch weitaus geringeren Anteil ausmacht.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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