Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 R 413/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 385/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Februar 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech; Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.
Der 1946 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf eines Maurers und besuchte dann die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M, wo er am 05. Juli 1969 die Abschlussprüfung in der Fachrichtung Ingenieur-Ökonomie bestand und ihm die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieurökonom verliehen wurde. Anschließend war er ab dem 01. September 1969 bis zum 30. Juni 1990 mit einer Unterbrechung vom 01. Februar 1971 bis zum 31. Januar 1976 bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Kreisbaubetrieb Perleberg in verschiedenen Funktionen tätig, und zwar ausweislich der vorliegenden Arbeitsverträge zunächst als Ökonomtechnologe (Sachgebiet Kooperation), dann ab dem 01. Februar 1976 als Bauleiter und zuletzt ab dem 01. Februar 1979 als Produktionsdirektor. Mit Wirkung zum 01. Oktober 1980 wurde er auch zum Stellvertreter des Betriebsdirektors ernannt. Den am 20. Februar 2006 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2006 (Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2006) mit der Begründung ab, der Kläger habe seine Beschäftigung am 30. Juni 1990 im VEB Kreisbaubetrieb Perleberg und somit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt, wie es die Versorgungsordnung bzw. die hierzu ergangene 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. I, S. 487 – 2. DB -) fordere. Auch die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR bestätige, dass keine Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb verrichtet worden sei, denn der Beschäftigungsbetrieb sei der Wirtschaftsgruppe 20270 zugeordnet worden, in der Betriebe für Rekonstruktionsmaßnahmen und Modernisierung sowie Baureparaturbetriebe zusammengefasst worden seien.
Mit seiner dagegen bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bei dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Der Betrieb habe nicht nur Wohnhäuser und Produktionshallen erstellt, sondern habe auch Tiefbau-, insbesondere Straßenbauarbeiten ausgeführt. In der Wasserwirtschaft sei der VEB vornehmlich mit dem Bau von Schöpfwerken beschäftigt gewesen. Darüber hinaus seien Rekonstruktionsmaßnahmen ausgeführt worden. Im Rahmen der Werterhaltungsmaßnahmen für die Streitkräfte seien Objekte erstellt und Häuser saniert worden. Für die NVA seien Fertigteilbauten errichtet und in der Landwirtschaft Hallen montiert worden. Stahlhallen und Siloanlagen seien aus Fertigteilen errichtet worden. Der VEB sei außerdem in der Konsumgüterproduktion tätig gewesen. Es seien Kläranlagen, Gehwegplatten, Zaunpfähle und Brunnenringe hergestellt und veräußert worden. Ein Betriebsteil des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei sogar in der Kiesförderung und dem Verkauf tätig gewesen. Ihm sei nicht bekannt, dass der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg der Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR zugeordnet sei. Aber selbst wenn eine solche Einordnung vorgenommen worden sei, sei diese falsch, denn der VEB habe industriell gefertigt.
Dem hat die Beklagte entgegengehalten, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Betrieb nur dann als Produktionsbetrieb des Bauwesens anzusehen, wenn sein tatsächlich verfolgter Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken, nicht jedoch das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art gewesen sei. Ebenso wenig reiche es zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung aus, wenn der Hauptzweck des Betriebs das Erarbeiten und Unterbreiten von Vorschlägen zur Rationalisierung und damit die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung von Produktionsbetrieben gewesen sei.
Nach Beiziehung eines Registerauszugs des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg, Reg.Nr. 206, des Amtsgericht Neuruppin hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 31. Januar 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine – fiktive – Einbeziehung in die AVItech. Unabhängig davon, ob die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom als Ingenieur im Sinne der AVItech anzusehen sei, sei der Kläger jedenfalls zum Stichtag am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen, dessen Hauptzweck die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung bzw. Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sei. Mit der von dem Kläger beschriebenen Betriebstätigkeit sei eine industrielle Massenproduktion von baulichen Anlagen nicht verbunden gewesen. Sie habe jedenfalls dem Betrieb nicht das notwendige Gepräge gegeben. Dafür spreche auch die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Anhaltspunkte dafür, dass die Einordnung zu DDR-Zeiten falsch gewesen sei, lägen nicht vor. Der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei außerdem weder einem Industrie- noch einem Bauministerium zugeordnet worden, übergeordnetes Organ sei, wie sich aus dem beigezogenen Registerauszug ergebe, der Rat des Kreises Perleberg - Kreisbauamt – gewesen. Letztlich sei der Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen, er finde dort keine Erwähnung.
Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger die Auffassung vertreten, er habe genügend Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige falsch sei. Zu dem Zeitpunkt, als er im VEB Kreisbaubetrieb Perleberg beschäftigt gewesen sei, habe er die von ihm behaupteten Arbeiten durchgeführt, so dass der VEB zumindest einem Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage allein die Zuordnung zum Rechtsträger, wie sie in dem Registerauszug angegeben sei, gegen einen Produktionsbetrieb spreche. Maßgeblich sei der Hauptzweck des Betriebs, dieser sei die Produktion gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 31. Januar 2007 und den Bescheid vom 23. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. Februar 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die in diesem Zeitraum tat-sächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Kopien der Urkunde der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M vom 05. Juli 1969 über die Verleihung der Berufsbezeichnung Ingenieurökonom, der Arbeitsverträge des Klägers mit dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg vom 04. Juni 1968, 01. Februar 1976, 08. Januar 1979, 30. Januar 1979, 27. Oktober 1980 und 01. Februar 1986, des Funktionsplans für die Tätigkeit als Produktionsleiter vom 01. Oktober 1983 und die Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbetriebe vom 29. Juni 1987 beigezogen und Kopien aus der Registerakte des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg bei dem Amtsgericht Neuruppin zur Gerichtsakte genommen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Dezember 2008 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Feststellung des streitigen Zeitraums als solchen der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von dem Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der AVItech, zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass der Kläger in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem (hier: in die AVItech) einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Er war aber zu keinem Zeitpunkt auf Grund eines staatlichen Akts oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden.
Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte der Kläger daher nur unterfallen, wenn er eine fiktive Versorgungsanwartschaft i. S. der vom BSG vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - m. w. N., zitiert nach juris) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folge aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrags (EV). So untersage der EV primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Neueinbeziehungen ab dem 03. Oktober 1990. Darüber hinaus ordne der EV in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab dem 01. Juli 1990 untersagt habe (§ 22 Abs. 1 S. 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab dem 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig gewesen seien, sei darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei dieser Bewertung sei auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der VO-AVItech (Gbl. S 844) und der 2. DB ergäben. Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hänge ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell sei gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich
1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Maßgeblich sei hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).
Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger zum Stichtag, also am 30. Juni 1990, nicht vollständig vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.
Der Kläger erfüllt die persönliche Voraussetzung, denn er war ab dem 05. Juli 1969 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen. Ein Ingenieurökonom erfüllte die sachliche Voraussetzung, wenn er im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt und nicht berufsfremd eingesetzt war; eine ingenieurtechnische Beschäftigung war dagegen nicht erforderlich (so BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 12). Der Senat hat keine Zweifel, dass der Kläger in dem hier streitigen Zeitraum seinem Berufsbild entsprechend eingesetzt war.
Der geltend gemachte Anspruch scheitert aber daran, dass die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist, denn zur Überzeugung des Senats handelte es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich erstens um einen VEB, was hier unstreitig gegeben ist, handelte, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war, und zweitens der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - veröffentlicht in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – in SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R –, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R - jeweils zitiert nach juris). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und –tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (vgl. Urteile des BSG vom 18. De-zember 2003 – B 4 RA 14/03 R -, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R -). Auch in seinen letzten Entscheidungen vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – und 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – (zitiert nach juris, vgl. auch BSG inSozR 4-8570 § 1 Nr. 3) hat das BSG an dem von ihm entwickelten Produktionsbegriff festgehalten und ausgeführt, dass nur eine Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR von maßgeblicher Bedeutung gewesen sei. In dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (Gbl. II 437) sei auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip u. a. unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen worden. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten habe ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden sollen, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand gehabt habe. Die Bau- und Montagekombinate hätten danach u. a. den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben sollen. Von wesentlicher Bedeutung sei somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft gewesen. Demgemäß sei in dem o. g. Beschluss u. a. unterschieden worden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig gewesen seien für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten; sie seien im Übrigen Baudirektionen unterstellt worden.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist für den Senat nicht erkennbar, dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sein soll. Eine industrielle Fertigung von Sachgütern wird von dem Senat erst recht nicht gesehen und von dem Kläger auch nicht behaup-tet.
Dem Vorbringen des Klägers selbst lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Hauptzweck des gesamten VEB Kreisbaubetrieb Perleberg die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken war. Der Kläger schildert Tätigkeiten in Form von Rekonstruktions- und Werterhaltungsmaßnahmen, Tiefbau- insbesondere Straßenbauarbeiten, des Baus von Wohnhäusern, Produktionshallen und Schöpfwerken für die Wasserwirtschaft, Haussanierungen und Hallenmontagen sowie die Errichtung von Objekten für die Streitkräfte, Stahlhallen und Siloanlagen aus Fertigteilen und Kläranlagen. Ein Betriebsteil des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei in der Kiesförderung und dem Verkauf tätig gewesen. Dabei handelt es sich zumindest teilweise um eine Bautätigkeit, aber ersichtlich nicht um eine Massenproduktion von gleichartigen Bauwerken, die dem VEB das Gepräge gegeben hat. Die Produktion und der Verkauf von Gehwegplatten, Zaunpfählen und Brunnenringen stellen selbst keine Bautätigkeit dar, es sind aber Produkte hergestellt worden, die bei der Sanierung Verwendung gefunden haben können, ohne dass der Hauptzweck sich dadurch geändert hat. Für eine industrielle Produktion dieser Sachgüter, die auch noch der Hauptzweck des VEB gewesen sein könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte. In dem Funktionsplan vom 01. Oktober 1983 wird die Tätigkeit des Klägers als Produktionsleiter beschrieben, es ergeben sich jedoch keine Hinweise darauf, dass der Kläger in die Massenproduktion von gleichartigen Bauwerken eingebunden war.
Gegen die Annahme eines Produktionsbetriebs des Bauwesens spricht außerdem, dass ausweislich des Registerauszugs übergeordnetes Organ nicht das Ministerium für Bauwesen der DDR, sondern der Rat des Kreises Perleberg war. Auch die Tatsache, dass der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nur umbenannt worden ist und bis zum Beschluss des Rats des Kreises vom 02. August 1967 VEB Baureparaturen Perleberg hieß, spricht gegen die Behauptung, der Beschäftigungsbetrieb sei ein Produktionsbetrieb des Bauwesens gewesen. Die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR erfolgte für Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung sowie Baureparaturbetriebe, die Rekonstruktionsmaßnahmen und Baureparaturen an Bauwerken der Industrie und Lagerwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Meliorationswesens, der Landwirtschaft, Binnenfischerei und Fortwirtschaft, des Verkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, für Wohn- und gesellschaftliche Zwecke vornahmen. Eine massenhafte Produktion von Bauwerken wird nicht beschrieben, sie wurde vielmehr durch die Bau- und Montagebetriebe betrieben, zu denen der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nicht zählte. Letztlich spricht auch die Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 gegen eine industrielle Bauproduktion. Nach Nr. I. 1. der zu der Verfügung erlassenen Rahmenrichtlinie über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe sind die Kreisbaubetriebe auf der Grundlage der staatlichen Planauflagen und der Baubilanz für die Projektierung sowie die qualitäts- und termingerechte Ausführung der ihnen übertragenen Bauaufgaben verantwortlich. Sie sind so auszugestalten, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen können. Die Kreisbaubetriebe haben vorrangig Bauaufgaben zur Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms zu erfüllen. Nach I. 3. der Rahmenrichtlinie sind die Kreisbaubetriebe Leitbetriebe der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung der Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie das wissenschaftlich-technische Zentrum des Bauwesens im Kreis. Diese Vorschriften zeigen, dass die Hauptaufgabe der Kreisbaubetriebe insgesamt, und damit auch des VEB Kreisbaubetriebs Perleberg, die Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion von Bauwerken und des Ersatzneubaus, also die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen bei bereits bestehenden Bauwerken war, und nicht die massenhafte Errichtung standardisierter Bauwerke (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. September 2007 – L 27 R 301/05 - zu dem VEB Kreisbaubetrieb Potsdam-Land, zitiert nach juris).
Letztlich ist der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn Kreisbaubetriebe sind darin nicht aufgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Februar 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech; Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.
Der 1946 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf eines Maurers und besuchte dann die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M, wo er am 05. Juli 1969 die Abschlussprüfung in der Fachrichtung Ingenieur-Ökonomie bestand und ihm die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieurökonom verliehen wurde. Anschließend war er ab dem 01. September 1969 bis zum 30. Juni 1990 mit einer Unterbrechung vom 01. Februar 1971 bis zum 31. Januar 1976 bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Kreisbaubetrieb Perleberg in verschiedenen Funktionen tätig, und zwar ausweislich der vorliegenden Arbeitsverträge zunächst als Ökonomtechnologe (Sachgebiet Kooperation), dann ab dem 01. Februar 1976 als Bauleiter und zuletzt ab dem 01. Februar 1979 als Produktionsdirektor. Mit Wirkung zum 01. Oktober 1980 wurde er auch zum Stellvertreter des Betriebsdirektors ernannt. Den am 20. Februar 2006 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2006 (Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2006) mit der Begründung ab, der Kläger habe seine Beschäftigung am 30. Juni 1990 im VEB Kreisbaubetrieb Perleberg und somit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt, wie es die Versorgungsordnung bzw. die hierzu ergangene 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. I, S. 487 – 2. DB -) fordere. Auch die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR bestätige, dass keine Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb verrichtet worden sei, denn der Beschäftigungsbetrieb sei der Wirtschaftsgruppe 20270 zugeordnet worden, in der Betriebe für Rekonstruktionsmaßnahmen und Modernisierung sowie Baureparaturbetriebe zusammengefasst worden seien.
Mit seiner dagegen bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bei dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Der Betrieb habe nicht nur Wohnhäuser und Produktionshallen erstellt, sondern habe auch Tiefbau-, insbesondere Straßenbauarbeiten ausgeführt. In der Wasserwirtschaft sei der VEB vornehmlich mit dem Bau von Schöpfwerken beschäftigt gewesen. Darüber hinaus seien Rekonstruktionsmaßnahmen ausgeführt worden. Im Rahmen der Werterhaltungsmaßnahmen für die Streitkräfte seien Objekte erstellt und Häuser saniert worden. Für die NVA seien Fertigteilbauten errichtet und in der Landwirtschaft Hallen montiert worden. Stahlhallen und Siloanlagen seien aus Fertigteilen errichtet worden. Der VEB sei außerdem in der Konsumgüterproduktion tätig gewesen. Es seien Kläranlagen, Gehwegplatten, Zaunpfähle und Brunnenringe hergestellt und veräußert worden. Ein Betriebsteil des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei sogar in der Kiesförderung und dem Verkauf tätig gewesen. Ihm sei nicht bekannt, dass der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg der Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR zugeordnet sei. Aber selbst wenn eine solche Einordnung vorgenommen worden sei, sei diese falsch, denn der VEB habe industriell gefertigt.
Dem hat die Beklagte entgegengehalten, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Betrieb nur dann als Produktionsbetrieb des Bauwesens anzusehen, wenn sein tatsächlich verfolgter Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken, nicht jedoch das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art gewesen sei. Ebenso wenig reiche es zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung aus, wenn der Hauptzweck des Betriebs das Erarbeiten und Unterbreiten von Vorschlägen zur Rationalisierung und damit die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung von Produktionsbetrieben gewesen sei.
Nach Beiziehung eines Registerauszugs des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg, Reg.Nr. 206, des Amtsgericht Neuruppin hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 31. Januar 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine – fiktive – Einbeziehung in die AVItech. Unabhängig davon, ob die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom als Ingenieur im Sinne der AVItech anzusehen sei, sei der Kläger jedenfalls zum Stichtag am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen, dessen Hauptzweck die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung bzw. Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sei. Mit der von dem Kläger beschriebenen Betriebstätigkeit sei eine industrielle Massenproduktion von baulichen Anlagen nicht verbunden gewesen. Sie habe jedenfalls dem Betrieb nicht das notwendige Gepräge gegeben. Dafür spreche auch die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Anhaltspunkte dafür, dass die Einordnung zu DDR-Zeiten falsch gewesen sei, lägen nicht vor. Der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei außerdem weder einem Industrie- noch einem Bauministerium zugeordnet worden, übergeordnetes Organ sei, wie sich aus dem beigezogenen Registerauszug ergebe, der Rat des Kreises Perleberg - Kreisbauamt – gewesen. Letztlich sei der Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen, er finde dort keine Erwähnung.
Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger die Auffassung vertreten, er habe genügend Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige falsch sei. Zu dem Zeitpunkt, als er im VEB Kreisbaubetrieb Perleberg beschäftigt gewesen sei, habe er die von ihm behaupteten Arbeiten durchgeführt, so dass der VEB zumindest einem Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage allein die Zuordnung zum Rechtsträger, wie sie in dem Registerauszug angegeben sei, gegen einen Produktionsbetrieb spreche. Maßgeblich sei der Hauptzweck des Betriebs, dieser sei die Produktion gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 31. Januar 2007 und den Bescheid vom 23. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. Februar 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die in diesem Zeitraum tat-sächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Kopien der Urkunde der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M vom 05. Juli 1969 über die Verleihung der Berufsbezeichnung Ingenieurökonom, der Arbeitsverträge des Klägers mit dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg vom 04. Juni 1968, 01. Februar 1976, 08. Januar 1979, 30. Januar 1979, 27. Oktober 1980 und 01. Februar 1986, des Funktionsplans für die Tätigkeit als Produktionsleiter vom 01. Oktober 1983 und die Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbetriebe vom 29. Juni 1987 beigezogen und Kopien aus der Registerakte des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg bei dem Amtsgericht Neuruppin zur Gerichtsakte genommen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Dezember 2008 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Feststellung des streitigen Zeitraums als solchen der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von dem Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der AVItech, zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass der Kläger in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem (hier: in die AVItech) einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Er war aber zu keinem Zeitpunkt auf Grund eines staatlichen Akts oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden.
Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte der Kläger daher nur unterfallen, wenn er eine fiktive Versorgungsanwartschaft i. S. der vom BSG vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - m. w. N., zitiert nach juris) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folge aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrags (EV). So untersage der EV primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Neueinbeziehungen ab dem 03. Oktober 1990. Darüber hinaus ordne der EV in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab dem 01. Juli 1990 untersagt habe (§ 22 Abs. 1 S. 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab dem 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig gewesen seien, sei darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei dieser Bewertung sei auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der VO-AVItech (Gbl. S 844) und der 2. DB ergäben. Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hänge ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell sei gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich
1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Maßgeblich sei hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).
Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger zum Stichtag, also am 30. Juni 1990, nicht vollständig vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.
Der Kläger erfüllt die persönliche Voraussetzung, denn er war ab dem 05. Juli 1969 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen. Ein Ingenieurökonom erfüllte die sachliche Voraussetzung, wenn er im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt und nicht berufsfremd eingesetzt war; eine ingenieurtechnische Beschäftigung war dagegen nicht erforderlich (so BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 12). Der Senat hat keine Zweifel, dass der Kläger in dem hier streitigen Zeitraum seinem Berufsbild entsprechend eingesetzt war.
Der geltend gemachte Anspruch scheitert aber daran, dass die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist, denn zur Überzeugung des Senats handelte es sich bei dem VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich erstens um einen VEB, was hier unstreitig gegeben ist, handelte, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war, und zweitens der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - veröffentlicht in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – in SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R –, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R - jeweils zitiert nach juris). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und –tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (vgl. Urteile des BSG vom 18. De-zember 2003 – B 4 RA 14/03 R -, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R -). Auch in seinen letzten Entscheidungen vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – und 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – (zitiert nach juris, vgl. auch BSG inSozR 4-8570 § 1 Nr. 3) hat das BSG an dem von ihm entwickelten Produktionsbegriff festgehalten und ausgeführt, dass nur eine Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR von maßgeblicher Bedeutung gewesen sei. In dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (Gbl. II 437) sei auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip u. a. unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen worden. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten habe ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden sollen, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand gehabt habe. Die Bau- und Montagekombinate hätten danach u. a. den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben sollen. Von wesentlicher Bedeutung sei somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft gewesen. Demgemäß sei in dem o. g. Beschluss u. a. unterschieden worden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig gewesen seien für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten; sie seien im Übrigen Baudirektionen unterstellt worden.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist für den Senat nicht erkennbar, dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sein soll. Eine industrielle Fertigung von Sachgütern wird von dem Senat erst recht nicht gesehen und von dem Kläger auch nicht behaup-tet.
Dem Vorbringen des Klägers selbst lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Hauptzweck des gesamten VEB Kreisbaubetrieb Perleberg die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken war. Der Kläger schildert Tätigkeiten in Form von Rekonstruktions- und Werterhaltungsmaßnahmen, Tiefbau- insbesondere Straßenbauarbeiten, des Baus von Wohnhäusern, Produktionshallen und Schöpfwerken für die Wasserwirtschaft, Haussanierungen und Hallenmontagen sowie die Errichtung von Objekten für die Streitkräfte, Stahlhallen und Siloanlagen aus Fertigteilen und Kläranlagen. Ein Betriebsteil des VEB Kreisbaubetrieb Perleberg sei in der Kiesförderung und dem Verkauf tätig gewesen. Dabei handelt es sich zumindest teilweise um eine Bautätigkeit, aber ersichtlich nicht um eine Massenproduktion von gleichartigen Bauwerken, die dem VEB das Gepräge gegeben hat. Die Produktion und der Verkauf von Gehwegplatten, Zaunpfählen und Brunnenringen stellen selbst keine Bautätigkeit dar, es sind aber Produkte hergestellt worden, die bei der Sanierung Verwendung gefunden haben können, ohne dass der Hauptzweck sich dadurch geändert hat. Für eine industrielle Produktion dieser Sachgüter, die auch noch der Hauptzweck des VEB gewesen sein könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte. In dem Funktionsplan vom 01. Oktober 1983 wird die Tätigkeit des Klägers als Produktionsleiter beschrieben, es ergeben sich jedoch keine Hinweise darauf, dass der Kläger in die Massenproduktion von gleichartigen Bauwerken eingebunden war.
Gegen die Annahme eines Produktionsbetriebs des Bauwesens spricht außerdem, dass ausweislich des Registerauszugs übergeordnetes Organ nicht das Ministerium für Bauwesen der DDR, sondern der Rat des Kreises Perleberg war. Auch die Tatsache, dass der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nur umbenannt worden ist und bis zum Beschluss des Rats des Kreises vom 02. August 1967 VEB Baureparaturen Perleberg hieß, spricht gegen die Behauptung, der Beschäftigungsbetrieb sei ein Produktionsbetrieb des Bauwesens gewesen. Die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR erfolgte für Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung sowie Baureparaturbetriebe, die Rekonstruktionsmaßnahmen und Baureparaturen an Bauwerken der Industrie und Lagerwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Meliorationswesens, der Landwirtschaft, Binnenfischerei und Fortwirtschaft, des Verkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, für Wohn- und gesellschaftliche Zwecke vornahmen. Eine massenhafte Produktion von Bauwerken wird nicht beschrieben, sie wurde vielmehr durch die Bau- und Montagebetriebe betrieben, zu denen der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg nicht zählte. Letztlich spricht auch die Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 gegen eine industrielle Bauproduktion. Nach Nr. I. 1. der zu der Verfügung erlassenen Rahmenrichtlinie über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe sind die Kreisbaubetriebe auf der Grundlage der staatlichen Planauflagen und der Baubilanz für die Projektierung sowie die qualitäts- und termingerechte Ausführung der ihnen übertragenen Bauaufgaben verantwortlich. Sie sind so auszugestalten, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen können. Die Kreisbaubetriebe haben vorrangig Bauaufgaben zur Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms zu erfüllen. Nach I. 3. der Rahmenrichtlinie sind die Kreisbaubetriebe Leitbetriebe der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung der Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie das wissenschaftlich-technische Zentrum des Bauwesens im Kreis. Diese Vorschriften zeigen, dass die Hauptaufgabe der Kreisbaubetriebe insgesamt, und damit auch des VEB Kreisbaubetriebs Perleberg, die Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion von Bauwerken und des Ersatzneubaus, also die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen bei bereits bestehenden Bauwerken war, und nicht die massenhafte Errichtung standardisierter Bauwerke (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. September 2007 – L 27 R 301/05 - zu dem VEB Kreisbaubetrieb Potsdam-Land, zitiert nach juris).
Letztlich ist der VEB Kreisbaubetrieb Perleberg auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn Kreisbaubetriebe sind darin nicht aufgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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