L 11 AS 45/07

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 1 AS 981/05
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 45/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Verwertung (Verkauf, Beleihung) eines unangemessenen Hausgrundstücks ist auch bei Belastung mit
einem lebenslangen Wohnrecht möglich (entgegen BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 46/06 R
-).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. September 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Umwandlung von darlehensweise gewährten Leistungen in einen Zuschuss.

Der 1960 geborene Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks mit einer Größe von 1.190 qm. Das Haus hat eine Wohnfläche von 128 qm. Das Hausgrundstück wurde dem Kläger im Jahre 2001 unentgeltlich von seinem Vater übertragen; an seinen Bruder und seine Schwester hatte er jeweils 10.000,00 EUR auszubezahlen. Eine Hypotheken- oder Grundschuldbelastung besteht nicht. Zugunsten der 1939 geborenen Stiefmutter besteht jedoch ein Wohnrecht. Der ursprünglich ebenfalls durch das Wohnrecht begünstigte Vater des Klägers ist zwischenzeitlich verstorben. Die Stiefmutter bewohnt in einer abgeschlossenen Wohneinheit die rechte Hälfte des Hauses mit ca. 70 qm Wohnfläche. Die linke Hälfte des Hauses wird vom Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau genutzt. Er selbst bewohnt das Erdgeschoss mit einer Größe von ca. 40 qm; an die geschiedene Ehefrau ist ein Zimmer im Obergeschoss von ca. 18 qm Größe einschließlich der Mitbenutzung von Küche und Bad zu einem Mietzins von 55,- EUR vermietet.

Unter dem 3. Dezember 2004 beantragte der Kläger erstmals Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Dabei gab er an, dass er neben dem Hausgrundstück über Geldvermögen in Form eines Sparkassenvorsorgeplans in Höhe von 3.800,00 EUR verfüge. Der von der Beklagten eingeschaltete Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis S. teilte unter dem 6. April 2005 mit, dass das Grundstück einen Verkaufswert von 147.692,00 EUR habe und eine rückwärtige Bebauung nicht in Betracht komme. Der Kläger selbst legte ein Gutachten des Diplomingenieurs E. vom 12. Februar 2001 vor, in dem ein Wert von 291.307,00 DM ermittelt worden war. Die Beklagte bewertete das Hausgrundstück als ungeschontes Vermögen und bot dem Kläger mit Schreiben vom 20. April 2005 die darlehensweise Hilfegewährung an. In dem gleichzeitig übersandten Darlehensvertrag war die Gewährung von Leistungen abhängig gemacht von der Eintragung einer Sicherungsgrundschuld über 25.000,00 EUR nebst 10 % Zinsen zugunsten der Beklagten. Mit Schreiben vom 2. Mai 2005 lehnte der Kläger Leistungen in Form von Darlehen ab.

Am 31. Mai 2005 beantragte der Kläger bei dem Sozialgericht Schleswig, ihm im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren (Az.: S 7 AS 207/05 ER). In einem Erörterungstermin am 20. Juni 2005 schlossen die Beteiligten einen Vergleich u.a. mit folgendem Inhalt:

1. Die Antragsgegnerin bewilligt Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Einnahmen aus Vermietung. 2. Der Antragsteller stimmt der Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 25.000,00 EUR zu. 3. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass diese Vereinbarung in Abhängigkeit vom Hauptsacheverfahren steht. 4. Die Antragsgegnerin erklärt bereits jetzt ihre Zustimmung zur Löschung der Grundschuld, soweit im Hauptsacheverfahren rechtskräftig festgestellt wird, dass es sich bei dem Haus des Klägers um Schonvermögen handelt.

Daraufhin wurde am 11. August 2005 eine Sicherungshypothek auf das Grundstück des Klägers in Höhe von 25.000,00 EUR eingetragen.

Mit Bescheid vom 30. August 2005 gewährte die Beklagte für die Zeit von Januar bis Juni 2005 und mit Bescheid vom 21. Septem¬ber 2005 für die Zeit von Juli bis Dezember 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 412,84 EUR, ohne diese ausdrücklich als Darlehen auszuweisen. In den Bescheiden war jeweils aufgeführt, dass der Kläger nicht versichert sei. Mit Schreiben vom 7. September 2005 legte der Kläger Widerspruch ein mit der Bitte zu klären, warum kein Versicherungsschutz bestehe. Mit Änderungsbescheiden vom 25. Oktober 2005 wurden für die Zeiträume Januar bis Juni 2005 und Juli bis Dezember 2005 die Leistungen jeweils ausdrücklich als Darlehen gewährt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Okto¬ber 2005 unter Einbeziehung der Änderungsbescheide vom 25. Oktober 2005 zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 14. November 2005 Klage erhoben. Er hat darauf verwiesen, dass er keinen Kranken- und Pflegeversicherungsschutz habe und nach dem Vergleich in dem Verfahren S 7 AS 207/05 ER die Leistungen nicht als Darlehen gewährt werden sollten. Daher sei ihm ein Zuschuss zu gewähren.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 30. August 2005 und 21. September 2005 jeweils in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm die für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 sowie 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 gewährten darlehensweisen Leistungen als Zuschuss zu gewähren und ihn rückwirkend ab 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtzuversichern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides berufen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zum Ablauf des Erörterungstermins vom 20. Juni 2005 durch Vernehmung der Zeugen Richter am Sozialgericht S.-H. (Vorsitzender Richter der 7. Kammer, SG Schleswig) und Rechtsanwalt K. (Prozessbevollmächtigter des Klägers). Der Zeuge S.-H. hat ausgeführt, dass für ihn als Vorsitzender der 7. Kammer eindeutig gewesen sei, dass der Vergleich in dem Verfahren S 7 AS 207/05 ER unter der Prämisse eines Darlehens abgeschlossen worden sei. Der Zeuge K. hat ausgeführt, dass über die Frage einer darlehensweisen Leistungsgewährung nicht gesprochen worden sei.

Das Sozialgericht Schleswig hat die Klage mit Urteil vom 11. September 2007 abgewiesen und ausgeführt, dass das Hausgrundstück des Klägers nicht als Schonvermögen anzuerkennen sei, weil es mit einer Wohnfläche von 128 qm die angemessene Wohnfläche von 110 qm überschreite und eine Verwertung nicht unzumutbar sei. Auch aufgrund des Vergleichs im Verfahren S 7 AS 207/05 ER ergebe sich kein Anspruch auf eine zuschussweise Leistung, denn dieser Vergleich sei nur so zu verstehen, dass darlehensweise Leistungen gewährt würden. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. November 2007 zugestellt worden.

Der Kläger hat am 29. November 2007 Berufung eingelegt. Im Vergleich vom 20. Juni 2005 seien die Leistungen als Zuschuss vereinbart worden. Es sei nicht von einer darlehensweise Hilfegewährung gesprochen worden. Die Absicherung durch Ein-tragung einer Grundschuld sei nur deswegen aufgenommen worden, damit bei einer etwaigen Rückforderung nach Ausgang des Hauptverfahrens die Rückzahlung gesichert sei. Er selbst habe nie eine darlehensweise Gewährung von Leistungen angestrebt, was schon dadurch ersichtlich gewesen sei, dass er den Darlehensvertrag nicht unterschrieben habe. Den Vergleich in der erfolgten Form habe er nur deswegen geschlossen, weil er dringend auf Leistungen angewiesen gewesen sei. Im Übrigen sei das Hausgrundstück als Schonvermögen anzusehen, denn von dem Verkehrswert von 148.000,00 EUR sei der Wert des Wohnrechtes mit 146.000,00 DM abzuziehen, so dass sich lediglich noch ein Rest vom 75.000,00 EUR ergebe. Dieser liege aber deutlich unter dem Wert eines einfachen Hauses in Schleswig-Holstein. Außerdem könnten Teilflächen des Grundstücks nicht verkauft werden. Im Übrigen weist er auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Dezember 2007 (B 14/7b AS 46/06 R) hin und gibt an, das Haus sei bereits wegen des lebenslangen Nießbrauchsrechts seiner Stiefmutter nicht verwertbar.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Schleswig vom 11. September 2007 sowie der Bescheide vom 30. August 2005 und 21. September 2005 jeweils in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm die für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. De¬zember 2005 gewährten darlehensweisen Leistungen als Zuschuss zu gewähren und ihn rückwirkend ab dem 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005 in der Kranken- und Pflegeversicherung zu versichern, 2. hilfsweise festzustellen, dass die Parteien sich durch Vergleich vom 20. Juni 2005 vor dem Sozialgericht Schleswig dahingehend geeinigt haben, dass ihm von der Beklagten Leistungen in Form von Zuschüssen nach dem SGB II gewährt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Gründe des angegriffenen Urteils und ihres Widerspruchsbescheides.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakte sowie die Akte im Verfahren S 7 AS 207/05 ER Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger hat für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezem¬ber 2005 keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen in Form eines Zuschusses, sondern lediglich auf darlehensweise Hilfegewährung. Die das aussprechenden angegriffenen Bescheide und das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. September 2007 sind somit rechtmäßig und können nicht aufgehoben werden.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nur Personen, die hilfebedürftig sind. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Hier war der Kläger nicht bedürftig, denn er konnte seinen Lebensunterhalt unter Berücksichtigung des Hausgrundstücks als Vermögen bestreiten.

Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, hier also auch das Hausgrundstück des Klägers. Zwar ist nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen. Um ein solches selbstgenutztes Hausgrundstück handelt es sich hier jedoch nicht.

Das folgt noch nicht aus der Grundstücksgröße von 1190 qm. Zwar ist damit die angemessene Größe überschritten. Der Vermögenseinsatz ist aber nur dann zu fordern, wenn das Grundstück anderweitig verwertet werden kann, z. B. durch Teilung und Bebauung oder Verpachtung (vgl. BSG, Urt. v. 15. April 2008 – B 14/7b AS 34/06 R -). Eine solche Verwertungsmöglichkeit ist hier nicht ersichtlich, denn der rückwärtige Grundstücksteil kann nicht selbständig bebaut und auch realistischerweise keiner anderen Nutzung zugeführt werden.

Darüber hinaus ist fraglich, ob das Haus des Klägers bereits vom Zuschnitt her ein selbstgenutztes Hausgrundstück ist. Er selbst bewohnt von dem Haus 40 qm. Die Stiefmutter wohnt in einer abgeschlossenen Wohneinheit von 70 qm, und die geschiedene Ehefrau hat in seiner Wohneinheit ein Zimmer von 18 qm inklusive Küchen- und Badbenutzung gemietet. Es gibt noch keine eindeutige Entscheidungspraxis dahingehend, ob ein solches Haus mit mehreren Wohnungen auch zum Schonvermögen gehört. So vertritt Wahrendorf (in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch SGB XII -, 2. Aufl. 2008, § 90 Rdn. 30) die Auffassung, dass ein Familienheim mit einer Einliegerwohnung bereits ein Mehrfamilienhaus und damit nicht geschützt sei. Zeidler/Daubler (in Merkler/Zink, Kommentar zum SGB II, Stand: April 2008, § 12 Rdn. 47) sehen ein Wohngebäude mit einer Einliegerwohnung noch als geschütztes Vermögen an. Wohngebäude mit zwei oder mehreren Wohnungen seien dagegen insgesamt nicht mehr geschützt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 12. Dezember 2007 – L 12 SO 12/07 -, recherchiert bei Juris, Orientierungssatz 2) zählt ein Familienheim mit zwei Wohnungen demgegenüber noch zum geschützten Vermögen. Durch das Bundessozialgericht ist insoweit noch keine Klärung erfolgt. In dem Urteil vom 16. Mai 2007 (Az.: B 11b AS 37/06 R, recherchiert bei Juris, Rdn. 25) wird unter Hinweis auf § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG)auf ein "Familienheim mit nur einer Wohnung" abgestellt. Das könnte darauf hindeuten, dass tatsächlich ein Heim mit mehreren Wohnungen nicht geschützt ist.

Das kann aber letztlich dahinstehen, denn Einigkeit besteht darin, dass abzustellen ist auf die Größe und die Personenzahl, die das Haus bewohnt (BSG, Urt. v. 7. November 2006 – B 7b AS 2/05 R -), und zwar unabhängig davon, ob nur eine oder mehrere Wohneinheiten zu berücksichtigen sind (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12. Dezember 2007 – a. a. O.). Dabei ist in Ermangelung landesrechtlich einheitlicher Regelungen zur Wahrung des Grundsatzes der bundeseinheitlichen Rechtsgewährung auf die Vorgaben des außer Kraft getretenen II. WobauG vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2137) abzustellen, wobei eine Differenzierung nach Eigentumswohnungen und Familienheime erfolgt (BSG, Urt. v. 7. November 2006 – B 7b AS 2/05 R; Urt. v. 16. Mai 2007 – B 11b AS 37/06 R -). Für Einfamilienhäuser ergibt sich somit bei vier Personen ein Grenzwert von 130 qm. Wird das Hausgrundstück von weniger Personen bewohnt, werden für jede Person 20 qm abgezogen. Bei dem Haus des Klägers ergibt sich bei drei Personen somit eine Obergrenze von 110 qm. Diese wird bei 128 qm Wohnfläche überschritten, sodass das Hausgrundstück nicht mehr geschützt ist und als Vermögen zu verwerten wäre.

Hilfebedürftigkeit liegt nach § 9 Abs. 4 SGB II (gültig bis März 2006, seit April 2006 § 23 Abs. 5 SGB II) auch dann vor, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder das für den Hilfebedürftigen eine besondere Härte bedeuten würde. Maßgeblich dafür ist, ob das Vermögen in angemessener Zeit, z. B. durch Kündigung, Veräußerung, Beleihung oder auf andere Weise zur Bedarfsdeckung in Geld umgewandelt werden kann (Brühl/Schoch in LPK, 2. Aufl. 2007, SGB II, § 9 Rdn. 51). In diesem Fall sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte davon ausgegangen ist, dass im Hinblick auf das Wohnrecht der Stiefmutter sowie den Zuschnitt des Hauses ein umgehender Verkauf oder eine Beleihung erschwert sein dürfte, und sie deswegen dem Kläger für das Jahr 2005 die Hilfeleistungen darlehensweise gewährt hat.

Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Leistungen in Form des Zuschusses hat der Kläger nicht.

Der Senat folgt nicht dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Dezember 2007 (Az.: B 14/7b AS 46/06 R). Nach diesem Urteil soll ein nicht geschütztes Hausgrundstück nicht zu verwerten sein, wenn darauf ein lebenslanges Nießbrauchsrecht in Form eines Wohnrechts lastet, denn eine Verwertung bzw. eine Verwertungsmöglichkeit sei dann nicht absehbar, wenn sie von dem Tod einer bestimmten Person abhänge. Zum einen stellt die Belastung mit einem lebenslangen Wohnrecht keinen Ausschluss der Verwertungsmöglichkeiten in Form des Verkaufs dar (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12. Dezember 2007 – a.a.O.). Selbst wenn ein dinglich gesichertes Nießbrauchsrecht auf dem Grundstück lastet, ist dieses verwertbar. Derartige dingliche Belastungen werden bei der Wertermittlung von Grundstücken nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung des Alters der Nießbrauchsberechtigten bewertet (vgl. Aust/Jacobs, Die Enteignungsentschädigung, 4. Aufl. 1997, S. 134 ff.). Zwar mindert ein bestehendes Nießbrauchsrecht den Wert eines Grundstücks und macht es weniger attraktiv für diejenigen Käuferschichten, die aus einem Grundstück sofort Mieteinnahmen erzielen oder es selbst bewohnen wollen. Indessen sind die wirtschaftlichen Abschläge, die im allgemeinen Grundstücksverkehr bei dem Erwerb von mit Nießbrauch belasteten Grundstücken gemacht werden, durchaus so beachtlich, dass es in Anbetracht eines eventuell fortgeschrittenen Alters der Nießbrauchsberechtigten wirtschaftlich von Interesse sein kann, ein derartiges Grundstück preiswert zu erwerben (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15. Januar 2008 – L 13 AS 207/07 ER -). Obwohl hier das Wohnrecht für die im April 1939 geborene Stiefmutter des Klägers eingetragen ist, stünde dies selbst einem Verkauf des Hausgrundstücks nicht entgegen. Der Kläger müsste lediglich einen erheblichen Abschlag vom Verkehrswert des Hausgrundstücks in Kauf nehmen.

Zum anderen hat das Urteil des Bundessozialgerichts aber nicht berücksichtigt, dass ein mit einem Nießbrauch belastetes Hausgrundstück auch beliehen werden kann. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 6. Dezember 2007 (Az.: B 14/7b AS 46/06 R) selbst ausgeführt, dass Vermögen dann verwertbar ist, wenn Vermögensgegenstände nicht nur verbraucht und übertragen, sondern auch wenn sie belastet werden können. In anderen Entscheidungen hat es diese Auffassung näher dargelegt (vgl. Urt. v. 16. Mai 2007 – B 11b AS 37/06 R -). Dort ist konkret ausgeführt, dass eine Verwertung auch in der Form erfolgen kann, dass zur Erlangung eines Darlehens zum Bestreiten des Lebensunterhalts das Grundstück belastet werden kann. Im Falle des Klägers spricht nichts dagegen, dass dieser das Grundstück beleiht, um durch die Aufnahme eines Darlehens mit diesen Mitteln den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Hausgrundstück ist gegenwärtig weder durch Grundschulden noch durch Hypotheken finanziell belastet. Bei einem Verkehrswert von ca. 148.000,00 EUR dürften im Jahr 2005 selbst bei Berücksichtigung des Wohnwertes, des Nießbrauches der von Diplomingenieur E. in seinem Gutachten vom 14. Februar 2001 mit 146.000,00 DM angegeben worden war und nunmehr erheblich niedriger liegen dürfte, keine Probleme bestanden haben, von der Bank einen Kredit gegen dingliche Absicherung zu bekommen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das nicht möglich gewesen sein sollte.

Schließlich kann eine Verwertung auch in Form der Vermietung erfolgen. Hier hat der Kläger bereits ein Zimmer an seine geschiedene Ehefrau vermietet. Hierfür erzielt er jedoch mit 55,00 EUR für ein 18 qm großes Zimmer mit Küchen- und Badbenutzung keine angemessene Miete, die einem sog. Fremdvergleich standhalten würde, sodass er auch gehalten war, die Miete anzuheben, um daraus zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Unerheblich ist – entgegen der Ansicht des Klägers – der Verkehrswert des Hausgrundstücks, denn darauf ist ausweislich des Wortlauts von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht abzustellen (vgl. BSG, Urt. v. 7. Nov. 2006 – B 7b As 2/05 R, a. a. O.).

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Verfahren S 7 AS 207/05 ER ein Vergleich dahingehend geschlossen worden sei, dass ihm Leistungen als Zuschuss gewährt werden sollten. Dass dieser Vergleich so auszulegen ist, dass nur Darlehensleistungen vereinbart worden sind, hat das Sozialgericht in Auswertung der durchgeführten Beweisaufnahme in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, sodass insoweit auf die Gründe des Urteils vom 11. September 2007 gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird. Zu ergänzen ist lediglich, dass dem Kläger bei Abschluss des Vergleichs bewusst gewesen sein musste, dass nur darlehensweise Leistungen gemeint gewesen sind. Mit Schreiben vom 20. April 2005 war eingeräumt worden, ihm bei Eintragung einer Sicherungsgrundschuld von 25.000,00 EUR Leistungen darlehensweise zu gewähren. Seinerzeit hat er sich noch gegen die Darlehensgewährung gewandt. Wenn in den Vergleichsverhandlungen sicherlich die Grundschuld von 25.000,00 EUR als Voraussetzung für die Hilfegewährung angesprochen und im Vergleich niedergelegt worden ist, ist daraus eindeutig ersichtlich, dass die Beklagte das zur Absicherung eines Darlehens verlangt hat. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass – wie im Berufungsverfahren vorgetragen – die Sicherungsgrundschuld nur deswegen vorgesehen gewesen sein sollte, um abgesichert zu sein, wenn nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens Leistungen zurückgefordert werden sollten. Ziffer 3 des Vergleichs, wonach die Vereinbarung in Abhängigkeit vom Hauptsacheverfahren steht, macht gerade deutlich, dass nur vorläufig Leistungen gewährt werden sollten, da der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu dem damaligen Zeitpunkt ungewiss war. Bei vorläufigen Leistungen handelt es sich aber grundsätzlich um Darlehen und nicht um Zuschüsse. Ziffer 4 des Vergleichs, in der die Antragsgegnerin die Zustimmung zur Löschung der Grundschuld bei für sie negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens feststellt, hat lediglich eine Vereinfachung zugunsten des Klägers zum Inhalt und berührt die Frage der darlehensweise Hilfegewährung nicht.

Sind richtigerweise die Leistungen darlehensweise gewährt worden, war der Kläger nicht zu versichern, wie in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt ist.

Auch der Hilfsantrag kann keinen Erfolg haben, denn in dem Vergleich vom 20. Juli 2005 waren – wie dargestellt - keine zuschussweisen Leistungen vereinbart worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (angemessenes Hausgrundstück mit einer oder mehreren Wohnungen) bzw. gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG (Abweichung vom Urteil des BSG vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R -) zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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