L 3 SB 805/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 SB 4875/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 805/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 28. Januar 2008 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höherbewertung des beim Kläger vorliegenden Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Bei dem am 1947 geborenen Kläger hatte das Versorgungsamt Stuttgart mit Bescheid vom 18.01.1991 einen GdB von 80 seit 8/1990 wegen einer Hodenoperation festgestellt.

Mit Bescheid vom 24.01.1996 stellte der Beklagte den Grad der Behinderung ab 28.01.1996 mit 40 fest. Als Behinderungen wurden ein Schulter-Arm-Syndrom, Halswirbelsäulenbeschwerden mit Folgeerscheinungen (Teil-GdB 20), Bronchitis (Teil-GdB 10), Hörminderung links (Teil-GdB 10) und eine depressive Verstimmung mit multiplen Körperbeschwerden (Teil-GdB 30) festgestellt. Weiter wurde ausgeführt, hinsichtlich der Hodenoperation sei insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als nach Ablauf von fünf Jahren eine Heilungsbewährung eingetreten sei und jetzt nur noch die tatsächlich vorliegenden Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten seien. Hierdurch sei eine Behinderung nicht mehr bedingt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16.09.1996 zurück mit der Begründung, bei der inguinalen Orchiektomie rechts sei in den ersten fünf Jahren eine sog. Heilungsbewährung abzuwarten. Nach positivem Ablauf der Heilungsbewährung richte sich die Beurteilung des GdB nur noch nach der dann bestehenden Leistungsbeeinträchtigung oder Funktionsstörung.

Mit Bescheid vom 18.02.1998 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab mit der Begründung, die mit Bescheid vom 24.01.1996 festgestellten Behinderungen seien zutreffend bezeichnet und bewertet. Die Gesundheitsstörung "Kniebeschwerden" bedinge keine Funktionsbeeinträchtigung und keinen GdB von wenigstens 10. Die gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.1999 erhobene Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG - S 13 SB 397/99-) nahm der Kläger zurück.

Einen weiteren Erhöhungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2000 ab. Auf den dagegen erhobenen Widerspruch stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 27.08.2001 einen GdB von 50 seit dem 13.11.2000 fest. Dem lag die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 10.08.2001 mit folgendem Entscheidungsvorschlag zugrunde: 1. Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 20) 2. Chronische Bronchitis (Teil-GdB 10) 3. Schwerhörigkeit links (Teil-GdB 10) 4. Psychovegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden, Fibromyalgiesyndrom (Teil-GdB 50).

Im Februar 2004 stellte der Kläger Antrag auf Erhöhung des GdB. Dr. L., Versorgungsärztlicher Dienst, führte in Auswertung der beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte in der gutachtlichen Stellungnahme vom 30.03.2004 aus, es sei keine Änderung eingetreten. Eine Rückstufung sei nicht mehr möglich, da der Kläger auf seine Leiden fixiert sei und eine adäquate Therapie nicht akzeptiert werde. Mit Bescheid vom 07.04.2004 lehnte der Beklagte eine Änderung des GdB ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren wurde ein im Rentenverfahren erstattetes nervenärztliches Gutachten von Dr. A. vom 05.04.2003 mit den Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer dissoziativen Störung mit anankastischen Zügen vorgelegt, wodurch die Leistungsfähigkeit aufgehoben werde. Der Orthopäde Dr. H. teilte mit (Schreiben vom 05.05.2004), der Kläger leide an einer chronischen Encephalopathie bei Lösungsmittel-Abusus. Im beigefügten Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 02.02.2004 wird ausgeführt, differentialdiagnostisch bestehe die Frage, ob das vielschichtige Krankheitsbild durch organische Lösungsmittel zumindest mit verursacht worden sei. Aufgrund wiederholter Synkopen sei zuletzt eine stationäre neurologische Abklärung in der Klinik S. erfolgt. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 27.07.2004 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er leide maßgeblich unter einer toxischen Encephalopathie sowie chronischen Gesamtkörperschmerzen. Der Beklagte sei zur Anerkennung eines Gesamt-GdB von mindestens 80 zu verurteilen.

Das SG hat die im Verfahren S 6 U 3239/01 erhobenen medizinischen Unterlagen beigezogen (sachverständige Zeugenauskunft des Arztes für Innere Medizin/Umweltmedizin Dr. Meyer vom 01.10.2004, Stellungnahme Prof. Dr. N., Arbeitsmedizin/Pathologische Anatomie, vom 15.03.2005).

Das SG hat weiter Prof. Dr. E., Arzt für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 27.07.2005 hat dieser ausgeführt, der Kläger leide an einer anhaltenden mittelschweren somatoformen Schmerzstörung (seelische Störung) mit multiplen Organmanifestationen. Diese bedinge einen GdB von 50. Die Störung der linken Hüfte führe nicht zu einem Teil-GdB von 10. Der Zustand nach erfolgreicher Behandlung des Hodentumors habe keine Auswirkungen mehr. Weitere organbezogene und vom Kläger vorgebrachte Störungen seien der Hauptdiagnose zuzuordnen. Für eine Schwerhörigkeit, die sich im Alltag auswirken könnte, habe sich beim Untersuchungstermin kein Anhalt ergeben. In der ergänzenden Stellungnahme vom 06.09.2005 hat Prof. Dr. E. ausgeführt, das Vorliegen des definierten Krankheitsbildes einer toxischen Encephalopathie sei keinesfalls gesichert.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. G. mit der Erstattung eines psychiatrisch-psychologischen Fachgutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 07.02.2006 hat diese unter Einbeziehung des Zusatzgutachtens von Dipl.-Psych. R. die Diagnosen einer organischen Persönlichkeitsstörung, einer mittelgradigen Depression sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung genannt. Der Grad der Behinderung im psychiatrischen Bereich betrage unter Zusammensicht dieser Erkrankungen 70 seit 2004. Dieser Beurteilung ist der Beklagte unter Bezugnahme auf die von Dr. W. am 23.03.2006 erstattete versorgungsärztliche Stellungnahme entgegen getreten.

Weiter vorgelegt worden ist das für die Deutsche Rentenversicherung Bund am 13.01.2006 von Dr. Göhlich-Posininsky erstattete nervenfachärztliche Gutachten mit den Diagnosen eines dringenden Verdachts auf toxische Encephalopathie nach langjähriger Lackexposition, somatoformer Schmerzstörung und einer toxischen Polyneuropathie der Beine.

Mit Urteil vom 04.12.2007 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2004 verurteilt, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 60 ab dem 04.02.2004 festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ganz im Vordergrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers stünden dessen Funktionsstörungen im Bereich von Nervensystem und Psyche. Dr. G. habe die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen als zentrale vegetative Störung (Ausdruck eines Hirndauerschadens mittelgradiger Ausprägung), lang anhaltende Depression mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten und als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit bezeichnet. Den Ausprägungsgrad habe sie selbst als mittelschwer bezeichnet. Ausgehend von den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) sei eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 und die zentrale vegetative Störung als Ausdruck eines Hirndauerschadens mittelgradiger Ausprägung mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die Kammer habe ihrer Entscheidung jedoch die Bewertung für Hirnschäden mit psychischen Beeinträchtigungen zugrunde gelegt. Die Gesundheitsstörung des Klägers setze sich aus der organischen Persönlichkeitsstörung und darauf beruhenden psychischen Störungen zusammen. Dieser Kombination werde eine Bewertung entsprechend den Hirnschäden mit psychischen Störungen gerecht. Entsprechend der Beurteilung durch die Sachverständige Dr. G. sei von einer mittelgradigen Ausprägung und dem hierbei nach den AHP anwendbaren höheren Wert von 60 auszugehen.

Gegen das am 16.01.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.02.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das SG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die AHP gerade bei außerordentlich komplexen Beschwerdebildern keine starre Anwendung erlaubten. Es sei zu berücksichtigen, dass nach den AHP für schwere Hirnschäden ein Rahmen von 70 bis 100 vorgesehen sei. Aufgrund der Schwere der sich aus dem Gutachten Dr. G. ergebenden gesundheitlichen Störungen (einschließlich der von Dr. G. isoliert diagnostizierten mittelgradigen Depression und posttraumatischen Belastungsstörung) sei allein für das psychiatrische Fachgebiet ein GdB von 70 festzustellen. Hinzu komme, dass er auch unter einem chronischen Schmerzsyndrom, einem Fibromyalgiesyndrom sowie Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und der Schultergelenke leide. Allein für die chronischen Schmerzen und Funktionseinschränkungen sowie die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und der Schultergelenke sei ein Einzel-GdB von 40 angemessen.

Vorgelegt worden ist der Arztbrief des Städtischen Krankenhauses S. vom 26.06.2001. Darin wird ausgeführt, beim Kläger sei wegen rezidivierender Drehschwindelattacken unklarer Genese eine stationäre Behandlung erfolgt. Die Ultraschalldiagnostik der intra- und extracraniellen Gefäße habe einen unauffälligen Befund ohne Hinweise auf hämodynamisch relevante Stenosen ergeben. Die Ableitung der evozierten Potentiale habe einen Normalbefund ergeben ohne Anhalt für eine Störung der somatosensiblen Bahnen. Ein Anhalt für eine periphere vestibuläre Störung habe nicht gefunden werden können. Der Kläger hat weiter einen Bericht des Nervenarztes Dr. B. über eine Nachuntersuchung am 11.02.2008 vorgelegt, in welchem die Symptome "häufige Kopfschmerzen, oft Übelkeit und ständige Müdigkeit" genannt werden. Der Kläger hat schließlich ein Attest des Orthopäden Dr. H. vom 15.07.2008 vorgelegt, in welchem dieser angibt, der Kläger leide neben neurologischen Problemen, bedingt durch eine Lösungsmittelschädigung, an einem Wirbelsäulensyndrom, das wie folgt beschrieben werde: Der Kläger berichte immer wieder über massive Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, ausgehend von der Halswirbelsäule, ausstrahlend in beide Arme. Des weiteren würden Schmerzen in der Brustwirbelsäule angegeben, er habe oft Luftnot, könne oft nicht durchatmen, habe Bewegungsschmerzen im BWS-Bereich, des weiteren würden Schmerzen im LWS-Bereich, insbesondere nach langem Stehen, angegeben.

Der als sachverständiger Zeuge gehörte Neurologe und Psychiater Dr. K. hat unter dem 14.07.2008 mitgeteilt, der Kläger habe bei der ersten Untersuchung am 06.05.1996 vorwiegend über Gelenks- und Rückenbeschwerden berichtet. In weiteren Verlauf seien bis zum letzten Gespräch am 14.01.2008 kognitive Beeinträchtigungen in der Vordergrund getreten.

Der Senat hat schließlich das im Verfahren S 6 U 3239/01 eingeholte Gutachten von Prof. Dr. T. vom 01.08.2006 und das klinisch-psychologische Zusatzgutachten von Dr. O. vom 13.10.2006 beigezogen, auf die Bezug genommen wird.

Mit Ausführungsbescheid vom 28.01.2008 hat der Beklagte den GdB ab 04.02.2004 mit 60 festgestellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 04. Dezember 2007 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 07. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Juli 2004 sowie des Bescheides vom 28. Januar 2008 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 80 ab dem 04. Februar 2004 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 28. Januar 2008 abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Gegenstand des Verfahrens ist gem. § 96 SGG auch der Bescheid des Beklagten vom 28.01.2008, über den der Senat auf Klage entscheidet.

Die Berufung und die Klage sind jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60.

Hinsichtlich der Darstellung der Rechtsgrundlagen für die Feststellung des GdB und der dabei anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist festzustellen, dass zwischenzeitlich die im Wesentlichen mit den AHP 2004 gleichlautenden AHP 2008 in Kraft getreten sind, die ihrerseits seit 01.01.2009 durch die ebenfalls im Wesentlichen unveränderten Teile A und B der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 ersetzt werden. Eine andere Beurteilung der hier in Frage stehenden Funktionsbeeinträchtigungen im Vergleich zu den vom SG berücksichtigten AHP 2004 ergibt sich daraus nicht.

Beim Kläger besteht eine anhaltende mittelschwere somatoforme Schmerzstörung mit multiplen Organmanifestationen. Diese ist mit einem Teil-GdB von 50 zutreffend bewertet. Der Senat macht sich hierbei die Beurteilung von Prof. Dr. E. im Gutachten vom 27.07.2005 zu eigen.

Der Nachweis einer für die Feststellung des GdB relevanten toxischen Encephalopathie des Klägers kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden. Insbesondere hat Prof. Dr. E., dem auch die Bevollmächtigten des Klägers bescheinigen, dass ihm als Arbeitsmediziner das in der Arbeitsmedizin anerkannte Beschwerdebild der lösemittelbedingten toxischen Encephalopathie hinreichend bekannt sein dürfte, nicht nur keine entsprechende Diagnose gestellt, sondern diese verneint und ausgeführt, für diese gebe es außer für den leichten Grad I aufgrund der hierfür symptomatischen Kopfschmerzen keinen klinischen Anhalt und keinen neurologischen bzw. bezüglich der Hirnleistung relevanten fassbaren Befund. Es liegen zwar Befunde vor, die in das Bild einer Encephalopathie und Polyneuropathie passen, wie z.B. die beschriebenen Störungen des Gleichgewichts oder/und die Ergebnisse einzelner psychologischer Tests. Die für die Feststellung einer toxischen Polyneuropathie unverzichtbare exakte Untersuchung der Nervenleitgeschwindigkeit ist jedoch nicht durchgeführt worden, und zwar auch nicht von Prof. Dr. G ... Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem beigezogenen nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. T. vom 01.08.2006. Soweit dieser darin ausgeführt hat, eine Encephalopathie sei mit ausreichender Sicherheit diagnostisch gesichert, gelangte Dr. O. im gleichzeitig erstellten klinisch-psychologischen Zusatzgutachten zu der Beurteilung, die testmäßig erfassten Leistungsbeeinträchtigungen seien nur geringgradig und auch nicht durchgängig, zumal nicht im Bereich der Merkfähigkeit. Aber auch zum Beispiel die Schilderung von Alltagstätigkeiten oder der recht genaue Bericht über die Herfahrt spreche gegen die vom Kläger selbst reklamierte "Encephalopathie". Der Kläger beschäftige sich offenbar seit Jahren vornehmlich mit den von ihm erlebten Symptomen. Alle seine Lebensbereiche seien davon beeinträchtigt, die Belastung durch die Symptome bestimme sein Leben in allen Bereichen. Er habe sich ein krankes Rollenverhalten angeeignet, seinen Alltag habe er sich entsprechend gestaltet. Durch den Krankheitsgewinn würden die Symptome verstärkt. Es ergebe sich aus klinisch-psychologischer Sicht ein klarer Hinweis auf eine reaktive Fehlverarbeitung seines Lebensschicksals im Sinne einer Somatisierungsstörung. Hingegen gebe es keine Hinweise auf ein encephalopathisches Geschehen, insofern dann auch nicht auf eine toxische Encephalopathie.

Letztlich kann vorliegend dahin gestellt bleiben, ob beim Kläger eine toxische Encephalopathie vorliegt. Die GdB-Bewertung erfolgt nämlich final, die Ursachen von Funktionsstörungen und Gesundheitsstörungen haben keine vorrangige Bedeutung. So sind nach Teil B Nr. 3.1.1. Versorgungsmedizinische Grundsätze Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung und nach Nr. 3.1.2 Hirnschäden mit mittelgradigen psychischen Auswirkungen (im Alltag sich deutlich auswirken) mit einem GdB von 50-60 zu bewerten. Nach den AHP 2008 erfasst die Bewertung des Funktionssystems Gehirn/Psyche mit einem GdB von 60 z.B. eine schwere psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bzw. einen Hirnschaden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung. Hierbei ist - unabhängig von der Ursache - eine mittelschwere neuropsychologische Leistungsbeeinträchtigung mitberücksichtigt. Damit sind die beim Kläger vorliegenden Funktionsstörungen angemessen berücksichtigt.

Auch die im Berufungsverfahren vorgelegten Berichte von Dr. B. und die sachverständige Auskunft von Dr. Kretschmer enthalten keine Befunde, die eine höhere Bewertung des GdB begründen könnten. Ebenso dokumentiert das Attest des Orthopäden Dr. H. insgesamt nur geringgradige Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und vermag keine Höherbewertung aufgrund des Wirbelsäulensyndroms zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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