Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 2305/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2724/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Bei dem 1946 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Karlsruhe mit Bescheid vom 19.07.2004 den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest. Eine nach erfolglosem Widerspruch vom Kläger hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 3 SB 1627/05) nahm der Kläger nach durchgeführten Ermittlungen des SG zurück.
Am 13.06.2006 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung berücksichtigter bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen beim zwischenzeitlich zuständig gewordenen Landratsamt Rastatt - Versorgungsamt - (VA). Das VA holte den ärztlichen Befundschein von Dr. A. vom 20.12.2006, der sich unter Vorlage weiterer Befundberichte äußerte, sowie von der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u. a vom 04.09.2006 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (Dr. G. vom 08.01.2007) lehnte das VA unter Berücksichtigung degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Funktionsbehinderung des Hüftgelenkes, Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 30), einer Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10), Bluthochdruck, Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 10), Sehbehinderung (Teil-GdB 10) und einem Schlafapnoe-Syndrom und seelische Störung (Teil-GdB 20) bei einem Gesamt-GdB von 40 den Verschlimmerungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 25.01.2007 ab.
Hiergegen legte der Kläger am 02.02.2007 Widerspruch ein. Der Kläger machte zur Begründung gelten, das Schlafapnoe-Syndrom sei unterbewertet. Er sei auf das Tragen einer Atemmaske angewiesen. Es sei ein Einzel-GdB von mindestens 20 zu berücksichtigen. Weiter sei die psychische Erkrankung unterbewertet. Es sei von leichteren psychischen Störungen mit einem Einzel-GdB von mindestens 20 auszugehen. Der Kläger legte Schlaflabor-Befundberichte der S.klinik B.-B. vor. Das VA holte den ärztlichen Befundschein des Dr. R. von der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u. a. vom 26.03.2007 ein. Nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes (Dr. Z.-C. vom 12.04.2007) wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 19.07.2004 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung, die eine Erhöhung des bisherigen GdB rechtfertigen könnte, nicht eingetreten. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien korrekt und zutreffend mit einem GdB von 40 bewertet und erreichten nicht das Ausmaß eines Gesamt-GdB von 50.
Hiergegen erhob der Kläger am 08.05.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er führte unter Vorlage medizinischer Befundunterlagen (Berichte der S.klinik B.-B., Attest des HNO-Arztes Dr. R.) zur Begründung aus, das Schlafapnoe-Syndrom und die psychische Erkrankung seien unterbewertet. Der Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht zu entnehmen, mit welchen Einzel-GdB das Schlafapnoe-Syndrom neben der seelischen Störung bewertet worden sei. Das Schlafapnoe-Syndrom und die psychiatrische Erkrankung seien jeweils mit einem Einzel-GdB von mindestens 20 zu berücksichtigen. Die geringgradige Schwerhörigkeit sei unter Berücksichtigung des Tinnitusleidens mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Unter Berücksichtigung der sonstigen Ansätze sei ihm die Schwerbehinderteneigenschaft zuzuerkennen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 22.10.2007 entgegen. Dr. B. gelangte in seiner Stellungnahme zu der Beurteilung: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - Teil-GdB 20 -, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke - Teil-GdB 10 -, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Teil-GdB 10 -, Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen - Teil-GdB 10 -, Bluthochdruck - Teil-GdB 10 -, Sehbehinderung - Teil-GdB 10 -, Schlafapnoe-Syndrom - Teil-GdB 20 - und depressive Verstimmung, Kopfschmerzsyndrom - Teil-GdB 20 -, Gesamt-GdB weiterhin 40.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Dr. C., K., vom 02.02.2008 ein. Dr. C. gelangte nach einer klinisch-orthopädischen und radiologischen Untersuchung und Auswertung der Akten zusammenfassend zu dem Ergebnis, auf orthopädischem Fachgebiet bestünden an Gesundheitsstörungen degenerative Veränderungen und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eine lumbosacrale Assimilationsstörung, Rundrücken, Hohlkreuz, eine nicht korrekturbedürftige Beinlängendifferenz (Teil-GdB 20); eine endgradige Funktionsbehinderung der rechten Schulter, Abriss der rechten langen Bicepssehne (Teil-GdB 10); eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke aufgrund einer Coxarthrose rechts im Stadium II, links im Stadium I - II nach KELLGREN, eine Dysplasie der Pfannenerker (Teil-GdB 10); eine muskulär kompensierte, unter I.-gradige Innenbandlockerung linkes Knie, allenfalls initiale degenerative Veränderungen am rechten Kniegelenk, jeweils ohne Funktionseinschränkung (Teil-GdB 10). Den Gesamt-GdB hat Dr. C. mit 40 bewertet.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.05.2008 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine wesentliche Änderung gemäß § 48 SGB X gegenüber den Befunden, die dem Bescheid vom 19.07.2004 zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten sei. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids wird Bezug genommen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.06.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, er sei nach wie vor der nachhaltigen Auffassung, dass ihm zu Unrecht die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft versagt werde. Die Beweiswürdigung des SG sei nicht nachvollziehbar. Das Gutachten des Dr. C. vom 02.02.2008 sei nicht schlüssig und überzeugend. Ein Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke könne nicht ausgeschlossen werden. Da degenerative Erscheinungen auf orthopädischem Gebiet generell zur Verschlechterung neigten, sei weitere Sachaufklärung zu betreiben. Auch die Ausführungen des SG hinsichtlich der Bewertung der beidseitigen Schwerhörigkeit und seines Tinnitusleidens sei weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Es sei ein Teil-GdB von 20 in Ansatz zu bringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm den Grad der Behinderung mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens S 3 SB 1627/05 und auf ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 25.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB von über 40 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 19.07.2004 mit einem GdB von 40 bewertete Behinderungszustand.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 S. 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend gelangt der Senat mit dem Beklagten und dem SG ebenfalls zu der Überzeugung, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung in seinen gesundheitlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, die eine Neufeststellung des GdB auf 50 (oder mehr) rechtfertigt.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist beim Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule aufgrund degenerativer Veränderungen zu berücksichtigen, die nach den VG (Teil B Nr. 18.9 S. 90) mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. C. bestehen beim Kläger an der Halswirbelsäule eine endgradige, an der Brustwirbelsäule und am Thorakolumbalübergang eine mittelgradige sowie an der Lendenwirbelsäule keine Funktionseinschränkung. Auch unter Berücksichtigung degenerativer Veränderungen an der unteren Lendenwirbelsäule kann beim Kläger bei diesen Befunden noch nicht von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ausgegangen werden, was aber nach den VG Voraussetzung für die Bewertung des GdB von mehr als 20 ist. Einwendungen hat der Kläger im Übrigen gegen die Bewertung des Dr. C. insoweit nicht erhoben.
Weiter ist bei der Bildung des Gesamt-GdB beim Kläger ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Teil-GdB von ebenfalls 20 zu berücksichtigen. Nach den VG (Teil B Nr. 8.7 S. 45) ist bei einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung, wie dies nach den vorgelegten Berichten der S.klinik B.-B. beim Kläger der Fall ist, einen Teil-GdB von 20 anzunehmen. Dass beim Kläger Besonderheiten vorliegen, die eine höhere Bewertung des Teil-GdB rechtfertigen, lässt sich den vorliegenden Berichten der S.klinik B.-B. und auch sonst nicht entnehmen.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist außerdem eine seelische Störung des Klägers mit einem Teil-GdB von 20 zu berücksichtigen. In dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundschein der neurologisch - psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u.a. vom 04.09.2006 wird mitgeteilt, dass der Kläger am 26.01.2006 resigniert und antriebsgemindert und am 08.06.2006 herabgestimmt gewirkt habe. Bei der Untersuchung durch Dr. C. hat der Kläger über psychische Beeinträchtigungen nicht geklagt. Danach ist beim Kläger von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen auszugehen, die unter Einbeziehung des Kopfschmerzsyndroms nach den VG (Teil B Nr. 3.7, S. 27) mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden können. Stärker behindernde Störungen, wie sie in den VG beschrieben sind, liegen beim Kläger nach den genannten Befunden - dauerhaft - nicht vor, zumal Dr. R. in seiner Stellungnahme vom 23.11.2005 an das SG im Verfahren S 3 SB 1627/05 therapeutische Maßnahmen beim Kläger als erfolgversprechend ansah und den Kläger am 15.01.2007 als entspannter wirkend befand (Befundbericht vom 26.03.2007), weshalb ein Teil-GdB von 30 oder mehr wegen der seelischen Störung des Klägers ausscheidet.
Sonstige Funktionsbehinderungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen beim Kläger nicht vor.
Hinsichtlich der Schultergelenke rechtfertigt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. C. ein Teil-GdB von 10 nur aufgrund einer Ruptur der langen Bicepssehne rechts. Die beim Kläger bestehende geringfügige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes rechtfertigt für sich nach den VG (Teil B Nr. 18.13 S. 93) noch keinen Teil-GdB.
Entsprechendes gilt hinsichtlich einer endgradigen Beugebehinderung der beiden Hüftgelenke des Klägers, bei etwas stärker eingeschränkter Innendrehung rechts. Nach den im Gutachten von Dr. C. mitgeteilten Bewegungsmaßen rechtfertigen diese Bewegungseinschränkungen nach den VG (Teil B Nr. 18.14 S. 98f) für sich ebenfalls noch keinen Teil-GdB von 10. Unter weiterer Berücksichtigung eines Substanzschadens erscheint ein Teil-GdB von 10 für die Hüftgelenke des Klägers vertretbar, wie Dr. C. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Allein die bloße Möglichkeit der Verschlechterung degenerativer Erscheinungen rechtfertigt noch keinen höheren Teil-GdB und gibt auch keinen Anlass, deshalb den Sachverhalt von Amts wegen (fortlaufend) aufzuklären. Dass beim Kläger tatsächlich eine relevante Verschlimmerung an den Hüftgelenken seit der Begutachtung durch Dr. C. eingetreten ist, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
Weiter ist Dr. C. darin zu folgen, dass beim Kläger hinsichtlich der Kniegelenke beidseits einen Teil-GdB von 10 angemessen ist, wie er in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Beim Kläger waren beide Kniegelenke im Wesentlichen frei beweglich. Eine Meniskussymptomatik lag nicht vor. Klinisch ergab sich kein Hinweis auf einen relevanten retropatellaren Knorpelschaden. Lediglich am linken Kniegelenk war in 30° Beugung eine unter I.-gradige mediale Collateralbandlockerung festzustellen, die jedoch muskulär kompensiert wird. Bei diesen Befunden erachtet auch der Senat einen Teil-GdB von 10 für ausreichend und angemessen.
Nach dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundbericht des Augenarztes Dr. H. vom 16.11.2006 bestand eine im Vergleich zu den im Befundbericht vom 16.06.2005 verbesserte Sehkraft des Klägers beidseitig mit einem Visus von 0,80. Dieser Befund rechtfertigt nach den VG (Teil B Nr. 4.3 S. 30) keinen höheren Teil-GdB als 10, wie vom Beklagten angenommen.
Weiter besteht beim Kläger nach dem von ihm im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Attest des HNO-Arztes R. mit Tonaudiogramm vom 13.03.2008 beidseitig eine geringgradige Schwerhörigkeit mit Tinnitus. Diese Gesundheitsstörungen sind nach den VG (Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D, S. 35) mit einem Teil-GdB von unter 20 (maximal 15) zu bewerten. Eine Höherbewertung des Teil-GdB wegen des Tinnitus (vgl. hierzu VG Teil B Nr. 5 S. 33) hält der Senat für nicht angemessen. Anhaltspunkte, dass beim Kläger wegen der Hörstörung mit Tinnitus auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen ist, liegen nicht vor. Beim Kläger ist nach dem Bericht der Dr. M. / Dr. G. vom 04.07.2006 an das VA eine Hörgeräteversorgung nicht notwendig, weshalb nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Klägers durch die Hörstörungen ausgegangen werden kann. Über die Hörstörungen hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. C. auch nicht geklagt. Dass der Beklagte früher die Schwerhörigkeit und den Tinnitus mit einem Teil-GdB von 20 bewertet hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Vertrauensschutz auf Beibehaltung einer Teil-GdB Bewertung steht dem Kläger nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht zu.
Schließlich ist auch der Bluthochdruck des Klägers mit einem Teil-GdB von 10 angemessen bewertet. Nach den Befundberichten des Dr. K. vom 18.11.2005 besteht beim Kläger ein unauffälliger Herz- und Lungenbefund (Belastungs-EKG bis 200 Watt ohne krankhafte Befunde). Auch eine radiologische Untersuchung des Thorax ergab beim Kläger nach dem Bericht der S.klinik B.-B. vom 23.12.2006 an Herz und Lunge kein pathologischer Befund.
Insgesamt besteht beim Kläger damit keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 jedoch vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Daher ist es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen (Urteile vom 20.04.2007 - L 8 SB 4424/05 - und 27.10.2006 - L 8 SB 2813/05 -). Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor. Damit wäre selbst dann, wenn hinsichtlich der Schwerhörigkeit des Klägers mit Tinnitus unverändert von einem Teil-GdB von 20 ausgegangen werden würde, die Feststellung des GdB mit 50 nicht gerechtfertigt.
Der Gesamt-GdB von 40 ist unter Berücksichtigung der drei Teil-GdB-Werte von 20 daher weiterhin angemessen eingestuft. Die Teil-GdB-Werte von 10 wirken sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X ist damit beim Kläger nicht eingetreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Bei dem 1946 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Karlsruhe mit Bescheid vom 19.07.2004 den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest. Eine nach erfolglosem Widerspruch vom Kläger hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 3 SB 1627/05) nahm der Kläger nach durchgeführten Ermittlungen des SG zurück.
Am 13.06.2006 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung berücksichtigter bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen beim zwischenzeitlich zuständig gewordenen Landratsamt Rastatt - Versorgungsamt - (VA). Das VA holte den ärztlichen Befundschein von Dr. A. vom 20.12.2006, der sich unter Vorlage weiterer Befundberichte äußerte, sowie von der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u. a vom 04.09.2006 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (Dr. G. vom 08.01.2007) lehnte das VA unter Berücksichtigung degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Funktionsbehinderung des Hüftgelenkes, Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 30), einer Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10), Bluthochdruck, Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 10), Sehbehinderung (Teil-GdB 10) und einem Schlafapnoe-Syndrom und seelische Störung (Teil-GdB 20) bei einem Gesamt-GdB von 40 den Verschlimmerungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 25.01.2007 ab.
Hiergegen legte der Kläger am 02.02.2007 Widerspruch ein. Der Kläger machte zur Begründung gelten, das Schlafapnoe-Syndrom sei unterbewertet. Er sei auf das Tragen einer Atemmaske angewiesen. Es sei ein Einzel-GdB von mindestens 20 zu berücksichtigen. Weiter sei die psychische Erkrankung unterbewertet. Es sei von leichteren psychischen Störungen mit einem Einzel-GdB von mindestens 20 auszugehen. Der Kläger legte Schlaflabor-Befundberichte der S.klinik B.-B. vor. Das VA holte den ärztlichen Befundschein des Dr. R. von der neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u. a. vom 26.03.2007 ein. Nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes (Dr. Z.-C. vom 12.04.2007) wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 19.07.2004 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung, die eine Erhöhung des bisherigen GdB rechtfertigen könnte, nicht eingetreten. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien korrekt und zutreffend mit einem GdB von 40 bewertet und erreichten nicht das Ausmaß eines Gesamt-GdB von 50.
Hiergegen erhob der Kläger am 08.05.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er führte unter Vorlage medizinischer Befundunterlagen (Berichte der S.klinik B.-B., Attest des HNO-Arztes Dr. R.) zur Begründung aus, das Schlafapnoe-Syndrom und die psychische Erkrankung seien unterbewertet. Der Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht zu entnehmen, mit welchen Einzel-GdB das Schlafapnoe-Syndrom neben der seelischen Störung bewertet worden sei. Das Schlafapnoe-Syndrom und die psychiatrische Erkrankung seien jeweils mit einem Einzel-GdB von mindestens 20 zu berücksichtigen. Die geringgradige Schwerhörigkeit sei unter Berücksichtigung des Tinnitusleidens mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Unter Berücksichtigung der sonstigen Ansätze sei ihm die Schwerbehinderteneigenschaft zuzuerkennen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 22.10.2007 entgegen. Dr. B. gelangte in seiner Stellungnahme zu der Beurteilung: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - Teil-GdB 20 -, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke - Teil-GdB 10 -, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Teil-GdB 10 -, Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen - Teil-GdB 10 -, Bluthochdruck - Teil-GdB 10 -, Sehbehinderung - Teil-GdB 10 -, Schlafapnoe-Syndrom - Teil-GdB 20 - und depressive Verstimmung, Kopfschmerzsyndrom - Teil-GdB 20 -, Gesamt-GdB weiterhin 40.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Dr. C., K., vom 02.02.2008 ein. Dr. C. gelangte nach einer klinisch-orthopädischen und radiologischen Untersuchung und Auswertung der Akten zusammenfassend zu dem Ergebnis, auf orthopädischem Fachgebiet bestünden an Gesundheitsstörungen degenerative Veränderungen und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eine lumbosacrale Assimilationsstörung, Rundrücken, Hohlkreuz, eine nicht korrekturbedürftige Beinlängendifferenz (Teil-GdB 20); eine endgradige Funktionsbehinderung der rechten Schulter, Abriss der rechten langen Bicepssehne (Teil-GdB 10); eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke aufgrund einer Coxarthrose rechts im Stadium II, links im Stadium I - II nach KELLGREN, eine Dysplasie der Pfannenerker (Teil-GdB 10); eine muskulär kompensierte, unter I.-gradige Innenbandlockerung linkes Knie, allenfalls initiale degenerative Veränderungen am rechten Kniegelenk, jeweils ohne Funktionseinschränkung (Teil-GdB 10). Den Gesamt-GdB hat Dr. C. mit 40 bewertet.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.05.2008 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine wesentliche Änderung gemäß § 48 SGB X gegenüber den Befunden, die dem Bescheid vom 19.07.2004 zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten sei. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids wird Bezug genommen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.06.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, er sei nach wie vor der nachhaltigen Auffassung, dass ihm zu Unrecht die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft versagt werde. Die Beweiswürdigung des SG sei nicht nachvollziehbar. Das Gutachten des Dr. C. vom 02.02.2008 sei nicht schlüssig und überzeugend. Ein Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke könne nicht ausgeschlossen werden. Da degenerative Erscheinungen auf orthopädischem Gebiet generell zur Verschlechterung neigten, sei weitere Sachaufklärung zu betreiben. Auch die Ausführungen des SG hinsichtlich der Bewertung der beidseitigen Schwerhörigkeit und seines Tinnitusleidens sei weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Es sei ein Teil-GdB von 20 in Ansatz zu bringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm den Grad der Behinderung mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens S 3 SB 1627/05 und auf ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 25.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2007 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB von über 40 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 19.07.2004 mit einem GdB von 40 bewertete Behinderungszustand.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 S. 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend gelangt der Senat mit dem Beklagten und dem SG ebenfalls zu der Überzeugung, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung in seinen gesundheitlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, die eine Neufeststellung des GdB auf 50 (oder mehr) rechtfertigt.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist beim Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule aufgrund degenerativer Veränderungen zu berücksichtigen, die nach den VG (Teil B Nr. 18.9 S. 90) mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. C. bestehen beim Kläger an der Halswirbelsäule eine endgradige, an der Brustwirbelsäule und am Thorakolumbalübergang eine mittelgradige sowie an der Lendenwirbelsäule keine Funktionseinschränkung. Auch unter Berücksichtigung degenerativer Veränderungen an der unteren Lendenwirbelsäule kann beim Kläger bei diesen Befunden noch nicht von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ausgegangen werden, was aber nach den VG Voraussetzung für die Bewertung des GdB von mehr als 20 ist. Einwendungen hat der Kläger im Übrigen gegen die Bewertung des Dr. C. insoweit nicht erhoben.
Weiter ist bei der Bildung des Gesamt-GdB beim Kläger ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Teil-GdB von ebenfalls 20 zu berücksichtigen. Nach den VG (Teil B Nr. 8.7 S. 45) ist bei einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung, wie dies nach den vorgelegten Berichten der S.klinik B.-B. beim Kläger der Fall ist, einen Teil-GdB von 20 anzunehmen. Dass beim Kläger Besonderheiten vorliegen, die eine höhere Bewertung des Teil-GdB rechtfertigen, lässt sich den vorliegenden Berichten der S.klinik B.-B. und auch sonst nicht entnehmen.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist außerdem eine seelische Störung des Klägers mit einem Teil-GdB von 20 zu berücksichtigen. In dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundschein der neurologisch - psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Drs. med. P. u.a. vom 04.09.2006 wird mitgeteilt, dass der Kläger am 26.01.2006 resigniert und antriebsgemindert und am 08.06.2006 herabgestimmt gewirkt habe. Bei der Untersuchung durch Dr. C. hat der Kläger über psychische Beeinträchtigungen nicht geklagt. Danach ist beim Kläger von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen auszugehen, die unter Einbeziehung des Kopfschmerzsyndroms nach den VG (Teil B Nr. 3.7, S. 27) mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden können. Stärker behindernde Störungen, wie sie in den VG beschrieben sind, liegen beim Kläger nach den genannten Befunden - dauerhaft - nicht vor, zumal Dr. R. in seiner Stellungnahme vom 23.11.2005 an das SG im Verfahren S 3 SB 1627/05 therapeutische Maßnahmen beim Kläger als erfolgversprechend ansah und den Kläger am 15.01.2007 als entspannter wirkend befand (Befundbericht vom 26.03.2007), weshalb ein Teil-GdB von 30 oder mehr wegen der seelischen Störung des Klägers ausscheidet.
Sonstige Funktionsbehinderungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen beim Kläger nicht vor.
Hinsichtlich der Schultergelenke rechtfertigt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. C. ein Teil-GdB von 10 nur aufgrund einer Ruptur der langen Bicepssehne rechts. Die beim Kläger bestehende geringfügige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes rechtfertigt für sich nach den VG (Teil B Nr. 18.13 S. 93) noch keinen Teil-GdB.
Entsprechendes gilt hinsichtlich einer endgradigen Beugebehinderung der beiden Hüftgelenke des Klägers, bei etwas stärker eingeschränkter Innendrehung rechts. Nach den im Gutachten von Dr. C. mitgeteilten Bewegungsmaßen rechtfertigen diese Bewegungseinschränkungen nach den VG (Teil B Nr. 18.14 S. 98f) für sich ebenfalls noch keinen Teil-GdB von 10. Unter weiterer Berücksichtigung eines Substanzschadens erscheint ein Teil-GdB von 10 für die Hüftgelenke des Klägers vertretbar, wie Dr. C. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Allein die bloße Möglichkeit der Verschlechterung degenerativer Erscheinungen rechtfertigt noch keinen höheren Teil-GdB und gibt auch keinen Anlass, deshalb den Sachverhalt von Amts wegen (fortlaufend) aufzuklären. Dass beim Kläger tatsächlich eine relevante Verschlimmerung an den Hüftgelenken seit der Begutachtung durch Dr. C. eingetreten ist, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen.
Weiter ist Dr. C. darin zu folgen, dass beim Kläger hinsichtlich der Kniegelenke beidseits einen Teil-GdB von 10 angemessen ist, wie er in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Beim Kläger waren beide Kniegelenke im Wesentlichen frei beweglich. Eine Meniskussymptomatik lag nicht vor. Klinisch ergab sich kein Hinweis auf einen relevanten retropatellaren Knorpelschaden. Lediglich am linken Kniegelenk war in 30° Beugung eine unter I.-gradige mediale Collateralbandlockerung festzustellen, die jedoch muskulär kompensiert wird. Bei diesen Befunden erachtet auch der Senat einen Teil-GdB von 10 für ausreichend und angemessen.
Nach dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundbericht des Augenarztes Dr. H. vom 16.11.2006 bestand eine im Vergleich zu den im Befundbericht vom 16.06.2005 verbesserte Sehkraft des Klägers beidseitig mit einem Visus von 0,80. Dieser Befund rechtfertigt nach den VG (Teil B Nr. 4.3 S. 30) keinen höheren Teil-GdB als 10, wie vom Beklagten angenommen.
Weiter besteht beim Kläger nach dem von ihm im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Attest des HNO-Arztes R. mit Tonaudiogramm vom 13.03.2008 beidseitig eine geringgradige Schwerhörigkeit mit Tinnitus. Diese Gesundheitsstörungen sind nach den VG (Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D, S. 35) mit einem Teil-GdB von unter 20 (maximal 15) zu bewerten. Eine Höherbewertung des Teil-GdB wegen des Tinnitus (vgl. hierzu VG Teil B Nr. 5 S. 33) hält der Senat für nicht angemessen. Anhaltspunkte, dass beim Kläger wegen der Hörstörung mit Tinnitus auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen ist, liegen nicht vor. Beim Kläger ist nach dem Bericht der Dr. M. / Dr. G. vom 04.07.2006 an das VA eine Hörgeräteversorgung nicht notwendig, weshalb nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Klägers durch die Hörstörungen ausgegangen werden kann. Über die Hörstörungen hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. C. auch nicht geklagt. Dass der Beklagte früher die Schwerhörigkeit und den Tinnitus mit einem Teil-GdB von 20 bewertet hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Vertrauensschutz auf Beibehaltung einer Teil-GdB Bewertung steht dem Kläger nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht zu.
Schließlich ist auch der Bluthochdruck des Klägers mit einem Teil-GdB von 10 angemessen bewertet. Nach den Befundberichten des Dr. K. vom 18.11.2005 besteht beim Kläger ein unauffälliger Herz- und Lungenbefund (Belastungs-EKG bis 200 Watt ohne krankhafte Befunde). Auch eine radiologische Untersuchung des Thorax ergab beim Kläger nach dem Bericht der S.klinik B.-B. vom 23.12.2006 an Herz und Lunge kein pathologischer Befund.
Insgesamt besteht beim Kläger damit keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 jedoch vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Daher ist es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen (Urteile vom 20.04.2007 - L 8 SB 4424/05 - und 27.10.2006 - L 8 SB 2813/05 -). Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor. Damit wäre selbst dann, wenn hinsichtlich der Schwerhörigkeit des Klägers mit Tinnitus unverändert von einem Teil-GdB von 20 ausgegangen werden würde, die Feststellung des GdB mit 50 nicht gerechtfertigt.
Der Gesamt-GdB von 40 ist unter Berücksichtigung der drei Teil-GdB-Werte von 20 daher weiterhin angemessen eingestuft. Die Teil-GdB-Werte von 10 wirken sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X ist damit beim Kläger nicht eingetreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Aus
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