Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 475/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Weder die Hessische Facharztordnung noch die autonomen Bestimmungen der Honorarverteilungsgrundsätze (Leitzahl 204 b) verstoßen gegen Bestimmungen des Grundgesetzes.
2) Ein Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde ist kassenarztrechtlich nicht befugt, über angefertigte EKG – Untersuchungen abzurechnen.
3) Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (Deutsche Verwaltungsblatt S. 917 ff.) steht nicht entgegen.
2) Ein Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde ist kassenarztrechtlich nicht befugt, über angefertigte EKG – Untersuchungen abzurechnen.
3) Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (Deutsche Verwaltungsblatt S. 917 ff.) steht nicht entgegen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichte Frankfurt/Main vom 22. März 1972 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist als Fachärztin für Röntgenologie und Strahlenheilkunde zur kassenärztlichen Versorgung Anspruchsberechtigter der RVO – und Ersatzkassen zugelassen.
Sie hatte mit ihrem am 5. Mai 1970 verstorbenen Ehemann, welcher in derselben Fachrichtung 42 Jahre lang eine Praxis geführt hatte, seit 15 Jahre zusammengearbeitet. Er hatte auf Grund der Besitzstandsklausel der Leitzahl 204 b der Honorarverteilungsgrundsätze (HVG) als sogenannter "auslaufender Fall” die Befugnis besessen, auch über durchgeführte EKG – Untersuchungen abzurechnen. Diese Untersuchungen hatte die Klägerin in seiner Vertretung vorgenommen. Eigene EKG – Leistungen der Klägerin aus dem III. Quartal 1961 waren von der Beklagten mit bindend gewordenem Bescheid vom 29. März 1962 als nicht honorarpflichtig zurückgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 23. März 1970 bat die Klägerin, ihr die Zulassung für EKG – Untersuchungen im Rahmen ihrer eigenen Praxis zu geben. Dabei wies sie auf eine im Raum F. und Umgebung sonst entstehende Lücke in der ärztlichen Versorgung hin. Unabhängig von der Entscheidung über diesen Antrag führte sie EKG – Untersuchungen seit dem Tode ihres Ehemannes weiter aus und rechnete darüber wieder selbst ab, erstmalig im II. Quartal 1970 ab 5. Mai bis 30. Juni 1970.
Mit Bescheid vom 23. Juli 1970 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Genehmigung zur Ausführung von EKGs könne nicht erteilt werden. Sie fielen nicht in das Fachgebiet. Ein eigner Besitzstand liege nicht vor. Die Übertragung der Berechtigung des Ehemannes sei nicht zulässig. Durch weitere Bescheide vom 30. September 1970 und 9. Februar 1971 wurden der Klägerin die eingereichten Abrechnungsunterlagen über EKG – Untersuchungen sowie Grundumsatzbestimmungen für das II. und III. Quartal 1970 unter Bezugnahme auf diese Entscheidung unhonoriert zurückgesandt. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. April 1971). Zur Begründung verwies die Beklagte auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).
Nachdem die Klägerin vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main Klage erhoben hatte, erging der Bescheid vom 2. Juli 1971, der die Abrechnungsbelege über EKG – Untersuchungen für die Quartale IV/70 und I/71 betraf und sich die vertretene Rechtsauffassung zu eigen machte. Hiergegen und gegen den negativen Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1971 hat sich die Klägerin gleichfalls mit der Klage gewandt, die das Sozialgericht mit der bereits anhängigen zur gemeinsamen Verhandlungen und Entscheidung verbunden hat.
Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, nach der Facharztordnung gebe es keine scharfe Abgrenzung des Leistungsbildes des Facharztes für Röntgenologie und Strahlenheilkunde. Die Bestimmungen stellen lediglich den Grundsatz auf, daß Fachärzte sich auf das Fach beschränken sollten, dessen Facharztbezeichnung sie führten. Auch der Bundesmantelvertrag und der Landesmantelvertrag Hessen verschafften für die zu klärende Frage der Abgrenzung von Facharztpraxen untereinander kein Bild. Eine Anzahl von ihr namentlich aufgeführten frei praktizierender Röntgenologen erhalte EKG – Leistungen honoriert. Das sei wegen des breiten Anwendungsbereichs und der Verwandtschaft zu der Röntgendiagnostik auch richtig und geboten. Sie sei seit 1954 Fachärztin und seit 1961 niedergelassen. Schon damals sei es üblich gewesen, daß Röntgenologen auch EKG – Untersuchungen durchführten. Sie habe mit den Jahren einen eigenen Besitzstand erworben, unbeschadet des Umstandes, daß sie seit Mitte 1962 in Vertretung für ihren kranken Ehemann gearbeitet habe. Einer Zulassung im Rechtssinne für die Anfertigung von EKGs bedürfe es deshalb nicht. Die Ablehnung der Beklagten, EKG – Leistungen zu honorieren, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Recht auf freie Berufsausübung, zumal es Internisten, Chirurgen und Gynäkologen gestattet sei, Röntgenleistungen zu verrechnen.
Demgegenüber hat die Beklagte sich auf das Urteil des BSG vom 28. Mai 1965 – 6 RKa 1/65 – berufen. Danach gestatte die Zulassung zur Kassenpraxis einem Facharzt die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung nur insoweit, als er Leistungen auf seinem Fachgebiet erbringe. Aus der für die Abgrenzung der Fachgebiete maßgebenden Berufs- und Weiterbildungsordnung für Ärzte in Hessen gehe klar hervor, daß die Durchführung von EKG – Untersuchungen auf keinen Fall zum Fachgebiet des Röntgenologen gehöre. Diesem Umstand trage auch die Leitzahl 204 HVG Rechnung.
Mit Urteil vom 22. März 1972 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist es der Auffassung der Beklagten gefolgt. Die in den Berufs- und Facharztordnungen des Bundes und Hessens getroffene Regelung der Berufsausübung beruhe auf einem Gesetz im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG). Da gemäß § 32 Abs. 2 der Facharztordnung von 1956 ein Facharzt nur in dem Fach tätig sein dürfe, dessen Bezeichnung er führe, dürfe die Klägerin lediglich auf dem Gebiet der Röntgenologie und Strahlenheilkunde arbeiten. Nach Ansicht des fachkundig besetzten Gerichtes gehöre die Anfertigung von EKGs nicht dazu, was die Leitzahl 204 b HVG zutreffend bestimme. Einen eigenen Besitzstand habe die Klägerin nicht. Der ihres Ehemannes sei mit dessen Tod ersatzlos erloschen. Die Frage der ausreichenden kassenärztlichen Versorgung sei nicht Streitgegenstand.
Gegen dieses Urteil, das am 19. April 1972 mittels eingeschriebenen Briefes an die Klägerin abgesandt worden ist, richtet sich ihre am 17. Mai 1972 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen und betont, daß sie sich mit der Anfertigung von EKGs nicht auf das Gebiet eines anderen Arztes oder Facharztes begebe. Der Ausschluß bestimmter Ärztegruppen von der Verwendung elektrokardiographischer Untersuchungen zu diagnostischen Zwecken sei nirgendwo geregelt. Zur weiteren Begründung nimmt sie auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), vom 9. Mai 1972 – 1 BvR 518/62 und 1 BvR 308/64 – Bezug.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 22. März 1972 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23. Juli 1970, 30. September 1970 und 9. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1971 sowie des Bescheides vom 2. Juli 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1971 zu verurteilen, die für die Quartale II/70 bis einschließlich I/71 eingereichten EKG – Abrechnungen zu honorieren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei nicht stützen, da die Sachverhalte verschieden gelagert seien.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144 Abs. 1 Ziff. 2, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). In der Sache konnte sie keinen Erfolg haben.
Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerin Anspruch darauf hat, überhaupt und insbesondere in den Quartalen II/70 sowie III/70 bis einschließlich I/71 abgerechnete EKG – Untersuchungen und auch Grundumsatzbestimmungen honoriert zu erhalten. Das ist nicht der Fall. Die Bescheide der Beklagten vom 23. Juli, 30. September 1970 und 9. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1971 sowie ihr Bescheid vom 2. Juli 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1971 entsprechen dem geltenden Recht. Die Beklagte hat der Klägerin die Honorierung insbesondere von EKG – Untersuchungen sowohl generell als auch in den zur Abrechnung eingereichten Einzelfällen zutreffend verweigert.
Rechtsgrundlage hierfür ist zunächst § 368 n der Reichsversicherungsordnung (RVO), nach welcher Vorschrift in Verbindung mit der Satzung die Beklagte dafür verantwortlich ist, daß ihre Mitglieder nur im Rahmen ihrer Zulassung, insbesondere auch unter Beachtung der Berufs- und Facharztordnungen, an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen. Hierbei handelt es sich um ein Gesetz im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, gleich wie bei der Vorschrift des § 368 f Abs. 1 RVO, auf Grund deren, wiederum in Verbindung mit der gültigen Satzung vom 17. Februar 1968, die Abgeordnetenversammlung für den Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen die Honorarverteilungsgrundsätze (HVG) in der Fassung vom 28. Februar 1970 – gültig ab 1. April 1970 – beschlossen hat. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen ist ebensowenig wie an der Verfassungskonformität derjenigen Vorschriften zu zweifeln, die das ärztliche Berufsrecht regeln. Dieses war erstmalig in der Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1433) und in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 (Deutsches Ärzteblatt S. 1031) reichseinheitlich zusammengefaßt worden. Nach dem 2. Weltkrieg lag die Gesetzgebungskompetenz hierfür bei den Bundesländern, wobei das Gesetz über die Berufsvertretungen und die Berufsberichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker vom 10. November 1954 in der Fassung vom 18. April 1966 die entsprechende Regelung für Hessen geschaffen hat.
Dessen § 13 Abs. 1 Nr. 4 legte die Beschlussfassung über die Berufsordnung in die Hand der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen. Damit war der Ermächtigung des Art. 80 Abs. 1 GG Genüge getan, insbesondere da Art. 74 Nr. 19 GG die Zuständigkeit des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung auf die Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen beschränkt hat (s. hierzu BVerfG 4, S. 74 ff.; BSGE 2, S. 201 ff.; Urteil des BSG v. 28.5.1965 – Az.: 6 RKa 1/65 –). Die aus der Beschlussfassung der Delegiertenversammlung resultierende Berufs- und Facharztordnung aus dem Jahre 1956 ist überdies auch deshalb als verfassungskonform anzusehen, weil sie sich – wie die entsprechenden Ordnungen der anderen Bundesländer gleichfalls weitgehend an das von der Bundesärztekammer empfohlene Muster einer solchen Berufs- und Facharztordnung anlehnt (s. Ärztliche Mitteilungen 1956, S. 943), das wiederum mit den herkömmlichen in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 kodifizierten Bestimmungen übereinstimmt (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 28.5.1965).
§ 32 Abs. 2 der Facharztordnung von 1956 bestimmt nun aber, daß ein Facharzt nur auf dem Gebiet tätig sein darf, dessen Facharztbezeichnung er führt. Für die Klägerin ist damit ausschließlich die Röntgenologie und Strahlenheilkunde angesprochen. Zwar ist mit dieser Vorschrift über Umfang und Grenzen dieses Fachgebietes nichts Näheres bestimmt, worauf sie mit Recht hingewiesen hat. Im Streitfall haben daher die sachlich zuständigen Gerichte den Begriff des Fachgebietes auszulegen (s. hierzu wiederum die Entscheidung des BSG vom 28.5.1965). Wie in diesem Urteil ausgesprochen, ergibt sich der Umfang des Fachgebietes Röntgenologie und Strahlenheilkunde indessen schon aus dem Wort selbst. Denn es handelt sich um die Anwendung von Röntgenstrahlen oder Strahlen anderer Art durch den Arzt zu diagnostischen oder Heilzwecken. Die Elektrokardiographie stellt dagegen eine diagnostische Methode zur Aufzeichnung der Aktionsströme des Herzens unter Benutzung von Elektrizität dar. Grundumsatzbestimmungen sind zur Erkennung von Erkrankungen der Schilddrüse notwendig, wobei die herkömmliche Art der Röntgendiagnostik gleichfalls nicht angewandet wird. Mit dieser Auslegung schließ sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 28. Mai 1965 an, in welchem auf Seite 14 und 15 ausführlich dargelegt worden ist, von wem und aus welchem Gründen voll zutreffend diese Meinung vertreten worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb vollinhaltlich darauf verwiesen. Wenn die Klägerin entgegen der Überwiegenden Auffassung der Ärzteschaft, daß die röntgenologische Darstellung des Herzens zusammen mit der im EKG aufgezeichneten Herzstromkurve keinesfalls als ausreichendes Diagnostikum eines in den vielfältigsten Formen auftretenden Bildes einer Erkrankung des Herzens angesehen werden kann und die Verbindung von Röntgenologie und Elektrokardiographie veraltet ist, auf ihrer Meinung beharrt, das Erstellen von EKGs falle in ihr Fachgebiet, dann kann sie damit hiernach nicht gehört werden. Sie hat dessen Grenzen vielmehr überschritten. Diese Art von Sachleistungen gehört nicht zur Röntgenologie und Strahlenheilkunde, erst recht nicht die Anfertigung von Grundumsatzbestimmungen. Das wirkt sich dahin aus, daß ihre dahingehenden ärztlichen Leistungen nicht als vertragsgerecht angesehen werden können, weshalb sie von der Beklagten auch nicht honoriert zu werden brauchen.
Das um so weniger, als die HVO in ihrer Leitzahl 204 b ausdrücklich und in voller Übereinstimmung mit dem eben gesagten betonen, die Ausführung von EKGs gehöre grundsätzlich in das Fachgebiet der Ärzte, die auch klinische Untersuchungen von Patienten durchführen. Die Regelung für fachfremde Fälle nach Leitzahl 202 Satz 2 finde keine Anwendung. Auch diese autonome Bestimmung verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften, steht vielmehr gleichfalls in Übereinstimmung mit der zulässigen Beschränkung des Facharztes auf sein Fachgebiet, das im vorliegenden Fall die klinische Untersuchung ganz sicher nicht umfasst. Deshalb mußte der Umstand für die Entscheidung des Senats unbeachtlich bleiben, daß die Klägerin über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Elektrokardiographie verfügt. Ihre Qualifikation steht nicht im Zweifel. Sie ist bei der Art der zu entscheidenden Frage nicht relevant, ebenso der Einwand bezüglich eines eigenen Besitzstandes. Einen solchen hat die Klägerin gerade nicht, da sie nach ihrem Vortrag den Bescheid der Beklagten vom 29. März 1962, mit dem ihre EKG – Untersuchungen als nicht honorarpflichtige Leistungen zurückgewiesen worden sind, hat bindend werden lassen. Wegen der Vorschrift des § 77 SGG kann sie aus dem damaligen Vorgang heute kein Recht herleiten, zumal der innerhalb der Leitzahl 204 b erwähnte Stichtag mit hoher Wahrscheinlichkeit versäumt worden war. Daß der Ehemann der Klägerin zur Wahrung seines Besitzstandes die Befugnis erhalten hatte, nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in Anwendung dieser Leitzahl über EKGs abzurechnen, hilft ebenfalls nicht weiter. Diese Genehmigung beinhaltete ein höchstpersönliches und damit nicht übertragbares Recht. Daran kann nichts ändern, daß die Klägerin in Vertretung ihres Ehemannes tätig geworden ist und in Wahrheit selbstgefertigte EKGs zur Abrechnung eingereicht hat. Die Leitzahl 204 b läßt keine erweiternde Auslegung in der Weise zu, daß sie einen solchen Vertretungsfall mit der Folge deckt, daß die Klägerin nunmehr nach dem Tode ihres Ehemannes seinen Besitzstand wahrnehmen darf. Darüber ob eine Lücke in der kassenärztlichen Versorgung entsteht, wenn sie keine EKG – Untersuchungen mehr macht, war vom Senat ebensowenig wie vom Sozialgericht zu entscheiden. Zutreffend hat der Vorderrichter in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei Aufgabe der Beklagten, für eine umfassende ärztliche Versorgung der Versicherten zu sorgen, was jedoch nicht im Zusammenhang mit der vorliegend zu entscheidenden Frage stehe.
Das gefundene rechtliche Ergebnis ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (Deutsches Verwaltungsblatt S. 917 ff.) nicht zu erschüttern. Denn seine Ausführungen, die von der Klägerin in ihrem Sinne gedeutet werden, beziehen sich auf zwei konkrete Fälle, die mit ihrem Fall nicht zu vergleichen sind. Einmal war ein Facharzt vom Berufsgericht verurteilt worden, weil er die Grenzen seines Fachgebietes in einem einzigen Fall überschritten hatte. Hierzu hat das BVerfG festgestellt, daß die Facharztordnung die Beschränkung auf das betreffende Fachgebiet lediglich grundsätzlich anordne. Von einer systematischen Tätigkeit außerhalb desselben könne unter den gegebenen Umständen nicht die Rede sein. Zum anderen betrifft der Beschluss des BVerfG einen Facharzt, der für die Fachgebiete innere Krankheiten sowie Röntgenologie und Strahlenheilkunde gleichermaßen die Facharztanerkennung besaß. Hier wurden für zulässig gehalten, daß er beide Bezeichnungen führen dürfe, für die er die Anerkennung rechtmäßig erworben habe. Bei der Klägerin ist der Sachverhalt aber so gelagert, daß bei ihr ohne weiteres von einer systematischen und andauernden Tätigkeit außerhalb ihres Fachgebietes gesprochen werden muß und daß sie überdies die Facharztanerkennung eben nur für ein Gebiet besitzt. Schon aus diesen Gründen kann sie sich auf die Entscheidung des BVerfG nicht berufen. Überdies ist aber in dem Beschluss vom 9. Mai 1972 an anderer als von ihr zitierter Stelle gesagt, den für die Begrenzung der Facharzttätigkeit auf das eigene Fach vorgetragenen Gründen könne nicht jede sachliche Berechtigung abgesprochen werden. Es handelt sich hier um vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, die eine Einschränkung der freien Berufsausübung grundsätzlich rechtfertigen könnten. Diese Beschränkung sei dem Facharzt auch zuzumuten, wenn die Facharztbereiche vom fachlich medizinischen Standpunkt aus – wie hier sachgerecht abgegrenzt seien und angenommen werden könne, daß der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage finde. Die gegenwärtige Gliederung der Facharztbereiche scheine diesen Forderungen im wesentlichen zu entsprechen. Hieran muß sich die Klägerin festhalten lassen.
Nach alledem war wie geschehen zu erkennen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist als Fachärztin für Röntgenologie und Strahlenheilkunde zur kassenärztlichen Versorgung Anspruchsberechtigter der RVO – und Ersatzkassen zugelassen.
Sie hatte mit ihrem am 5. Mai 1970 verstorbenen Ehemann, welcher in derselben Fachrichtung 42 Jahre lang eine Praxis geführt hatte, seit 15 Jahre zusammengearbeitet. Er hatte auf Grund der Besitzstandsklausel der Leitzahl 204 b der Honorarverteilungsgrundsätze (HVG) als sogenannter "auslaufender Fall” die Befugnis besessen, auch über durchgeführte EKG – Untersuchungen abzurechnen. Diese Untersuchungen hatte die Klägerin in seiner Vertretung vorgenommen. Eigene EKG – Leistungen der Klägerin aus dem III. Quartal 1961 waren von der Beklagten mit bindend gewordenem Bescheid vom 29. März 1962 als nicht honorarpflichtig zurückgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 23. März 1970 bat die Klägerin, ihr die Zulassung für EKG – Untersuchungen im Rahmen ihrer eigenen Praxis zu geben. Dabei wies sie auf eine im Raum F. und Umgebung sonst entstehende Lücke in der ärztlichen Versorgung hin. Unabhängig von der Entscheidung über diesen Antrag führte sie EKG – Untersuchungen seit dem Tode ihres Ehemannes weiter aus und rechnete darüber wieder selbst ab, erstmalig im II. Quartal 1970 ab 5. Mai bis 30. Juni 1970.
Mit Bescheid vom 23. Juli 1970 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Genehmigung zur Ausführung von EKGs könne nicht erteilt werden. Sie fielen nicht in das Fachgebiet. Ein eigner Besitzstand liege nicht vor. Die Übertragung der Berechtigung des Ehemannes sei nicht zulässig. Durch weitere Bescheide vom 30. September 1970 und 9. Februar 1971 wurden der Klägerin die eingereichten Abrechnungsunterlagen über EKG – Untersuchungen sowie Grundumsatzbestimmungen für das II. und III. Quartal 1970 unter Bezugnahme auf diese Entscheidung unhonoriert zurückgesandt. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. April 1971). Zur Begründung verwies die Beklagte auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).
Nachdem die Klägerin vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main Klage erhoben hatte, erging der Bescheid vom 2. Juli 1971, der die Abrechnungsbelege über EKG – Untersuchungen für die Quartale IV/70 und I/71 betraf und sich die vertretene Rechtsauffassung zu eigen machte. Hiergegen und gegen den negativen Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1971 hat sich die Klägerin gleichfalls mit der Klage gewandt, die das Sozialgericht mit der bereits anhängigen zur gemeinsamen Verhandlungen und Entscheidung verbunden hat.
Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, nach der Facharztordnung gebe es keine scharfe Abgrenzung des Leistungsbildes des Facharztes für Röntgenologie und Strahlenheilkunde. Die Bestimmungen stellen lediglich den Grundsatz auf, daß Fachärzte sich auf das Fach beschränken sollten, dessen Facharztbezeichnung sie führten. Auch der Bundesmantelvertrag und der Landesmantelvertrag Hessen verschafften für die zu klärende Frage der Abgrenzung von Facharztpraxen untereinander kein Bild. Eine Anzahl von ihr namentlich aufgeführten frei praktizierender Röntgenologen erhalte EKG – Leistungen honoriert. Das sei wegen des breiten Anwendungsbereichs und der Verwandtschaft zu der Röntgendiagnostik auch richtig und geboten. Sie sei seit 1954 Fachärztin und seit 1961 niedergelassen. Schon damals sei es üblich gewesen, daß Röntgenologen auch EKG – Untersuchungen durchführten. Sie habe mit den Jahren einen eigenen Besitzstand erworben, unbeschadet des Umstandes, daß sie seit Mitte 1962 in Vertretung für ihren kranken Ehemann gearbeitet habe. Einer Zulassung im Rechtssinne für die Anfertigung von EKGs bedürfe es deshalb nicht. Die Ablehnung der Beklagten, EKG – Leistungen zu honorieren, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Recht auf freie Berufsausübung, zumal es Internisten, Chirurgen und Gynäkologen gestattet sei, Röntgenleistungen zu verrechnen.
Demgegenüber hat die Beklagte sich auf das Urteil des BSG vom 28. Mai 1965 – 6 RKa 1/65 – berufen. Danach gestatte die Zulassung zur Kassenpraxis einem Facharzt die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung nur insoweit, als er Leistungen auf seinem Fachgebiet erbringe. Aus der für die Abgrenzung der Fachgebiete maßgebenden Berufs- und Weiterbildungsordnung für Ärzte in Hessen gehe klar hervor, daß die Durchführung von EKG – Untersuchungen auf keinen Fall zum Fachgebiet des Röntgenologen gehöre. Diesem Umstand trage auch die Leitzahl 204 HVG Rechnung.
Mit Urteil vom 22. März 1972 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist es der Auffassung der Beklagten gefolgt. Die in den Berufs- und Facharztordnungen des Bundes und Hessens getroffene Regelung der Berufsausübung beruhe auf einem Gesetz im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG). Da gemäß § 32 Abs. 2 der Facharztordnung von 1956 ein Facharzt nur in dem Fach tätig sein dürfe, dessen Bezeichnung er führe, dürfe die Klägerin lediglich auf dem Gebiet der Röntgenologie und Strahlenheilkunde arbeiten. Nach Ansicht des fachkundig besetzten Gerichtes gehöre die Anfertigung von EKGs nicht dazu, was die Leitzahl 204 b HVG zutreffend bestimme. Einen eigenen Besitzstand habe die Klägerin nicht. Der ihres Ehemannes sei mit dessen Tod ersatzlos erloschen. Die Frage der ausreichenden kassenärztlichen Versorgung sei nicht Streitgegenstand.
Gegen dieses Urteil, das am 19. April 1972 mittels eingeschriebenen Briefes an die Klägerin abgesandt worden ist, richtet sich ihre am 17. Mai 1972 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen und betont, daß sie sich mit der Anfertigung von EKGs nicht auf das Gebiet eines anderen Arztes oder Facharztes begebe. Der Ausschluß bestimmter Ärztegruppen von der Verwendung elektrokardiographischer Untersuchungen zu diagnostischen Zwecken sei nirgendwo geregelt. Zur weiteren Begründung nimmt sie auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), vom 9. Mai 1972 – 1 BvR 518/62 und 1 BvR 308/64 – Bezug.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 22. März 1972 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23. Juli 1970, 30. September 1970 und 9. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1971 sowie des Bescheides vom 2. Juli 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1971 zu verurteilen, die für die Quartale II/70 bis einschließlich I/71 eingereichten EKG – Abrechnungen zu honorieren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei nicht stützen, da die Sachverhalte verschieden gelagert seien.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144 Abs. 1 Ziff. 2, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). In der Sache konnte sie keinen Erfolg haben.
Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerin Anspruch darauf hat, überhaupt und insbesondere in den Quartalen II/70 sowie III/70 bis einschließlich I/71 abgerechnete EKG – Untersuchungen und auch Grundumsatzbestimmungen honoriert zu erhalten. Das ist nicht der Fall. Die Bescheide der Beklagten vom 23. Juli, 30. September 1970 und 9. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1971 sowie ihr Bescheid vom 2. Juli 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1971 entsprechen dem geltenden Recht. Die Beklagte hat der Klägerin die Honorierung insbesondere von EKG – Untersuchungen sowohl generell als auch in den zur Abrechnung eingereichten Einzelfällen zutreffend verweigert.
Rechtsgrundlage hierfür ist zunächst § 368 n der Reichsversicherungsordnung (RVO), nach welcher Vorschrift in Verbindung mit der Satzung die Beklagte dafür verantwortlich ist, daß ihre Mitglieder nur im Rahmen ihrer Zulassung, insbesondere auch unter Beachtung der Berufs- und Facharztordnungen, an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen. Hierbei handelt es sich um ein Gesetz im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, gleich wie bei der Vorschrift des § 368 f Abs. 1 RVO, auf Grund deren, wiederum in Verbindung mit der gültigen Satzung vom 17. Februar 1968, die Abgeordnetenversammlung für den Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen die Honorarverteilungsgrundsätze (HVG) in der Fassung vom 28. Februar 1970 – gültig ab 1. April 1970 – beschlossen hat. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen ist ebensowenig wie an der Verfassungskonformität derjenigen Vorschriften zu zweifeln, die das ärztliche Berufsrecht regeln. Dieses war erstmalig in der Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1433) und in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 (Deutsches Ärzteblatt S. 1031) reichseinheitlich zusammengefaßt worden. Nach dem 2. Weltkrieg lag die Gesetzgebungskompetenz hierfür bei den Bundesländern, wobei das Gesetz über die Berufsvertretungen und die Berufsberichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker vom 10. November 1954 in der Fassung vom 18. April 1966 die entsprechende Regelung für Hessen geschaffen hat.
Dessen § 13 Abs. 1 Nr. 4 legte die Beschlussfassung über die Berufsordnung in die Hand der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen. Damit war der Ermächtigung des Art. 80 Abs. 1 GG Genüge getan, insbesondere da Art. 74 Nr. 19 GG die Zuständigkeit des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung auf die Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen beschränkt hat (s. hierzu BVerfG 4, S. 74 ff.; BSGE 2, S. 201 ff.; Urteil des BSG v. 28.5.1965 – Az.: 6 RKa 1/65 –). Die aus der Beschlussfassung der Delegiertenversammlung resultierende Berufs- und Facharztordnung aus dem Jahre 1956 ist überdies auch deshalb als verfassungskonform anzusehen, weil sie sich – wie die entsprechenden Ordnungen der anderen Bundesländer gleichfalls weitgehend an das von der Bundesärztekammer empfohlene Muster einer solchen Berufs- und Facharztordnung anlehnt (s. Ärztliche Mitteilungen 1956, S. 943), das wiederum mit den herkömmlichen in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 kodifizierten Bestimmungen übereinstimmt (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 28.5.1965).
§ 32 Abs. 2 der Facharztordnung von 1956 bestimmt nun aber, daß ein Facharzt nur auf dem Gebiet tätig sein darf, dessen Facharztbezeichnung er führt. Für die Klägerin ist damit ausschließlich die Röntgenologie und Strahlenheilkunde angesprochen. Zwar ist mit dieser Vorschrift über Umfang und Grenzen dieses Fachgebietes nichts Näheres bestimmt, worauf sie mit Recht hingewiesen hat. Im Streitfall haben daher die sachlich zuständigen Gerichte den Begriff des Fachgebietes auszulegen (s. hierzu wiederum die Entscheidung des BSG vom 28.5.1965). Wie in diesem Urteil ausgesprochen, ergibt sich der Umfang des Fachgebietes Röntgenologie und Strahlenheilkunde indessen schon aus dem Wort selbst. Denn es handelt sich um die Anwendung von Röntgenstrahlen oder Strahlen anderer Art durch den Arzt zu diagnostischen oder Heilzwecken. Die Elektrokardiographie stellt dagegen eine diagnostische Methode zur Aufzeichnung der Aktionsströme des Herzens unter Benutzung von Elektrizität dar. Grundumsatzbestimmungen sind zur Erkennung von Erkrankungen der Schilddrüse notwendig, wobei die herkömmliche Art der Röntgendiagnostik gleichfalls nicht angewandet wird. Mit dieser Auslegung schließ sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 28. Mai 1965 an, in welchem auf Seite 14 und 15 ausführlich dargelegt worden ist, von wem und aus welchem Gründen voll zutreffend diese Meinung vertreten worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb vollinhaltlich darauf verwiesen. Wenn die Klägerin entgegen der Überwiegenden Auffassung der Ärzteschaft, daß die röntgenologische Darstellung des Herzens zusammen mit der im EKG aufgezeichneten Herzstromkurve keinesfalls als ausreichendes Diagnostikum eines in den vielfältigsten Formen auftretenden Bildes einer Erkrankung des Herzens angesehen werden kann und die Verbindung von Röntgenologie und Elektrokardiographie veraltet ist, auf ihrer Meinung beharrt, das Erstellen von EKGs falle in ihr Fachgebiet, dann kann sie damit hiernach nicht gehört werden. Sie hat dessen Grenzen vielmehr überschritten. Diese Art von Sachleistungen gehört nicht zur Röntgenologie und Strahlenheilkunde, erst recht nicht die Anfertigung von Grundumsatzbestimmungen. Das wirkt sich dahin aus, daß ihre dahingehenden ärztlichen Leistungen nicht als vertragsgerecht angesehen werden können, weshalb sie von der Beklagten auch nicht honoriert zu werden brauchen.
Das um so weniger, als die HVO in ihrer Leitzahl 204 b ausdrücklich und in voller Übereinstimmung mit dem eben gesagten betonen, die Ausführung von EKGs gehöre grundsätzlich in das Fachgebiet der Ärzte, die auch klinische Untersuchungen von Patienten durchführen. Die Regelung für fachfremde Fälle nach Leitzahl 202 Satz 2 finde keine Anwendung. Auch diese autonome Bestimmung verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften, steht vielmehr gleichfalls in Übereinstimmung mit der zulässigen Beschränkung des Facharztes auf sein Fachgebiet, das im vorliegenden Fall die klinische Untersuchung ganz sicher nicht umfasst. Deshalb mußte der Umstand für die Entscheidung des Senats unbeachtlich bleiben, daß die Klägerin über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Elektrokardiographie verfügt. Ihre Qualifikation steht nicht im Zweifel. Sie ist bei der Art der zu entscheidenden Frage nicht relevant, ebenso der Einwand bezüglich eines eigenen Besitzstandes. Einen solchen hat die Klägerin gerade nicht, da sie nach ihrem Vortrag den Bescheid der Beklagten vom 29. März 1962, mit dem ihre EKG – Untersuchungen als nicht honorarpflichtige Leistungen zurückgewiesen worden sind, hat bindend werden lassen. Wegen der Vorschrift des § 77 SGG kann sie aus dem damaligen Vorgang heute kein Recht herleiten, zumal der innerhalb der Leitzahl 204 b erwähnte Stichtag mit hoher Wahrscheinlichkeit versäumt worden war. Daß der Ehemann der Klägerin zur Wahrung seines Besitzstandes die Befugnis erhalten hatte, nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in Anwendung dieser Leitzahl über EKGs abzurechnen, hilft ebenfalls nicht weiter. Diese Genehmigung beinhaltete ein höchstpersönliches und damit nicht übertragbares Recht. Daran kann nichts ändern, daß die Klägerin in Vertretung ihres Ehemannes tätig geworden ist und in Wahrheit selbstgefertigte EKGs zur Abrechnung eingereicht hat. Die Leitzahl 204 b läßt keine erweiternde Auslegung in der Weise zu, daß sie einen solchen Vertretungsfall mit der Folge deckt, daß die Klägerin nunmehr nach dem Tode ihres Ehemannes seinen Besitzstand wahrnehmen darf. Darüber ob eine Lücke in der kassenärztlichen Versorgung entsteht, wenn sie keine EKG – Untersuchungen mehr macht, war vom Senat ebensowenig wie vom Sozialgericht zu entscheiden. Zutreffend hat der Vorderrichter in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei Aufgabe der Beklagten, für eine umfassende ärztliche Versorgung der Versicherten zu sorgen, was jedoch nicht im Zusammenhang mit der vorliegend zu entscheidenden Frage stehe.
Das gefundene rechtliche Ergebnis ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (Deutsches Verwaltungsblatt S. 917 ff.) nicht zu erschüttern. Denn seine Ausführungen, die von der Klägerin in ihrem Sinne gedeutet werden, beziehen sich auf zwei konkrete Fälle, die mit ihrem Fall nicht zu vergleichen sind. Einmal war ein Facharzt vom Berufsgericht verurteilt worden, weil er die Grenzen seines Fachgebietes in einem einzigen Fall überschritten hatte. Hierzu hat das BVerfG festgestellt, daß die Facharztordnung die Beschränkung auf das betreffende Fachgebiet lediglich grundsätzlich anordne. Von einer systematischen Tätigkeit außerhalb desselben könne unter den gegebenen Umständen nicht die Rede sein. Zum anderen betrifft der Beschluss des BVerfG einen Facharzt, der für die Fachgebiete innere Krankheiten sowie Röntgenologie und Strahlenheilkunde gleichermaßen die Facharztanerkennung besaß. Hier wurden für zulässig gehalten, daß er beide Bezeichnungen führen dürfe, für die er die Anerkennung rechtmäßig erworben habe. Bei der Klägerin ist der Sachverhalt aber so gelagert, daß bei ihr ohne weiteres von einer systematischen und andauernden Tätigkeit außerhalb ihres Fachgebietes gesprochen werden muß und daß sie überdies die Facharztanerkennung eben nur für ein Gebiet besitzt. Schon aus diesen Gründen kann sie sich auf die Entscheidung des BVerfG nicht berufen. Überdies ist aber in dem Beschluss vom 9. Mai 1972 an anderer als von ihr zitierter Stelle gesagt, den für die Begrenzung der Facharzttätigkeit auf das eigene Fach vorgetragenen Gründen könne nicht jede sachliche Berechtigung abgesprochen werden. Es handelt sich hier um vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, die eine Einschränkung der freien Berufsausübung grundsätzlich rechtfertigen könnten. Diese Beschränkung sei dem Facharzt auch zuzumuten, wenn die Facharztbereiche vom fachlich medizinischen Standpunkt aus – wie hier sachgerecht abgegrenzt seien und angenommen werden könne, daß der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage finde. Die gegenwärtige Gliederung der Facharztbereiche scheine diesen Forderungen im wesentlichen zu entsprechen. Hieran muß sich die Klägerin festhalten lassen.
Nach alledem war wie geschehen zu erkennen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved